r — 2 r 2 7 1217 E , 7 7 72. 2 a 75 2 1 2 a 2 3 1 n 1 - ä— a ERS] Pe IE er N 7 1 5 7 2 8 A* A * ra ne Dr. Benjamin Franklin's 1 Aus dem Eng liſchen uͤberſetzt. Erle Theil. Weimar, Im Verlage des Landes⸗Induſtrie Comptoirs. 1818. | 1 r * 7 Dr, Benjamin Franklin's nachgelaſſene Schriften und Correſpondenz, ne b ſt | 125 ſeinem Leben. Aus dem Engliſchen überfegt. Dritter Band, Franklin's Leben erſten Theil enthaltend, Weimar, Im Verlage des Landes ⸗Induſtrie Comptoirs. 1818. 8 9 A 4 er * Benjamin Franklin's Leben. Erſte Abtheilung. 1159 Franklin's Leben. I. Abth. 4 Benjamin Franklin Leben. Er ſte Abtheilung. An Wilhelm Franklin, Esg. Statthalter von Neu⸗Jerſey in Nordamerica. Twyford, beim Biſchof von St. Aſaph (Dr. Shipley) 1771. Lieber Sohn! Mich hat es immer gefreut, wenn ich irgend kleine Anekdoten uͤber meine Voraͤltern ſammeln konnte. Erin⸗ nere Dich nur der Erkundigungen, die ich, als Du mit mir in England warſt, bei meinen noch lebenden Ver⸗ wandten einzog, und wie ich bloß deßhalb eine Reiſe unternahm. Da ich mir nun denke, es moͤchte Dir wohl auch ſo angenehm ſeyn, meine Lebensumſtaͤnde, wovon Du viele noch nicht kenneſt, zu erfahren, und da ich auf einige Wochen ununterbrochener Muße rechne, ſo ſetze ich mich nieder, ſie Dir aufzuzeichnen. Dafuͤr habe ich auch noch andere Gruͤnde. Aus der Armuth und Dunkelheit, worinn ich geboren ward und meine fruͤheſten Jahre ver⸗ f A 2 4 l lebte, habe ich mich zu einer Art von Wohlhabenheit und Beruͤhmtheit erhoben. Da ich immerfort bis in ein hohes Alter Gluͤck gehabt habe, ſo wuͤnſchen vielleicht meine Nachkommen die Mittel kennen zu lernen, die ich brauch⸗ te, und die, Dank ſey der Vorſehung, mich ſo gut foͤr⸗ derten. Vielleicht finden fie dieſelben auch fuͤr ſich an⸗ wendbar, wenn ſte in aͤhnliche Lagen kommen ſollten. Wenn ich, wie gar oft geſchieht, dieß Gluͤck erwaͤge, fo habe ich wohl manchmal geſagt, ich wuͤrde, wenn es in meine Wahl gegeben waͤre, nichts dagegen haben, dieß ganze Leben vom Anfang bis zum Ende nochmals durch zumachen; nur wuͤrde ich mir ausbitten, wie ein Schrift⸗ ſteller bei der zweiten Auflage, die Fehler der erſten ver: beſſern zu duͤrfen. Auch wuͤnſchte ich wohl, einige Un⸗ faͤlle mit guͤnſtigern Erlebniſſen zu vertauſchen. Aber auch wenn mir dieß verſagt wuͤrde, wuͤrde ich dennoch nicht anſtehen, das Leben wieder von vorn anzufangen. Da jedoch eine ſolche Wiederhohlung nicht zu hoffen ſteht, ſo iſt immer die Erinnerung an alle Umſtaͤnde noch das, was nochmaliger Durchlebung am naͤchſten kommt; und, thun wir das in Schrift, ſo dauert die Erinnerung um ſo laͤnger. Mit dieſer Beſchaͤftigung befriedige ich zugleich den Greiſen ſo natuͤrlichen Hang, von ſich und ihren Handlungen zu ſprechen; und ich darf ihm wohl folgen, ohne damit denen langweilig zu werden, welche, vielleicht aus Ehrfurcht gegen mein Alter, auf mich hören zu muͤſſen glauben; denn am Ende ſteht es ihnen ja doch frei, mich zu leſen, oder auch nicht. Und endlich — ich will es nur bekennen, weil mir doch Niemand glaubte, wenn ich es laͤugnen wollte — endlich fuͤttere ich damit auch meine Eitelkeit nicht wenig. Fuͤrwahr, ich hoͤrte und ſah noch nie das Vorlaͤufige, „ich darf das ohne Ei⸗ telkeit fagen !“ — fo ſtolperte auch gleich unmittelbar eine Eis 3 5 telkeit hinterdrein. Die meiſten Menſchen ruͤgen Eitelkeit an Andern, auch wenn ſie ſelbſt ſtark damit behaftet: find; ich laſſe ſie leben, wo ich ſie finde, weil ich uͤberzeugt bin, fie hat für den damit Behafteten, und für Andere, die in ſeinen Wirkungskreis treten, auch manches Gute; und es waͤre mithin in gar vielen Faͤllen nicht ſo ganz abgeſchmackt, wenn Jemand unter andern Lebensgenuͤſſen Gott auch fuͤr 755 Aiketsnit dankte. 5 Da ich hier von Dank gegen Gott ſpreche, ſo er⸗ kenne ich in aller Demuth, daß ich das erwaͤhnte Gluͤck meines Lebens ſeiner goͤttlichen Fuͤrſehung zuſchreibe, welche mir die Mittel und das Gelingen gab. Dieſer mein Glaube giebt mir die Hoffnung, ohne daß ich deßhalb darauf pochen moͤchte, daß dieſelbe Liebe mir auch ferner dieß Gluͤck, oder doch Kraft verleihen wird, einen traurigen Umſchwung, den ich ſo gut, als ein An⸗ derer, erleben kann, zu ertragen, da der Inbegriff mei⸗ nes kuͤnftigen Geſchicks nur Ihm bekannt iſt, der uns auch in Truͤbſal noch zu ſeegnen vermag. | Manche einzelne Umſtaͤnde aus dem Leben unferer Altvordern verdanke ich einem meiner Oheime, der eben auch gern Familienanekdoten ſammelte. Aus dieſen Nachrichten erſah ich, daß ſie wenigſtens drei Jahrhun⸗ derte an einem und demſelben Orte, zu Eeton in Northamptonshire, auf einem Freigute von ohn⸗ gefaͤhr dreißig Morgen gelebt; ob laͤnger, a ſich Bin: ausmitteln. ) ) Vielleicht von der Zeit an, wo der Name Franklin, der früher Name einer Volksclaſſe war, ihr Zunahme ward. Daß Franklin vor alten Zeiten gewoͤhnlicher Name eines I Dieß kleine Eigenthum wäre zu ihrem Unterhalt nicht hinlaͤnglich geweſen, wenn nicht bis auf meines Oheims Zeit immer der aͤlteſte Sohn zum Schmiedehandwerk an⸗ gehalten worden waͤre, wie es denn mein Oheim und mein Vater mit ihren aͤlteſten Söhnen noch hielten. Bei meinen Nachforſchungen in den Kirchenbuͤchern von Eeton fand ich ihre Verehelichung und Todesfaͤlle nur von 1555 an, angegeben; weiter hinauf giengen die Buͤ⸗ cher nicht. Aber ſoviel erſah ich daraus, daß ich in fuͤnf Geſchlechtsreihen der juͤngſte Sohn des juͤngſten Sohnes war. Mein Großvater Thomas, geboren 1598, lebte zu Eeton, bis er Alters halber ſein Handwerk nicht mehr forttreiben konnte, und nach Banbury in Oß⸗ fordſhire zu ſeinem Sohn Johann zog, bei welchem mein Vater in der Lehre ſtand. Dort ſtarb und liegt mein Oheim begraben. 1758 fahen wir feinen Grabſtein. a Standes, oder einer, Claſſe in England war, beweiſet fol⸗ gende Stelle aus Fertescue: de laudibus legum Angliae, um das Jahr 1412 geſchrieben. „Regio etiam illa, ita respersa refertaque est possessoribus terrarum et agro- rum, quod in ea villula tam parva reperiri non pote- rit, in qua non est miles, armiger, vel pater familias, qualis ibidem Franklin vulgariter nuncupatur, magnis ditatus possessionibus, nec non libere tenentes et alii valecti plurimi, suis patrimoniis sufficientes ad facien- dum juratum in forma praenotata.“ Auch Chauger nennt feinen Dorfjunker einen Franklin, und ſchildert ihn for | This worthy Franklin bore a purse of silk Fix’d to his girdle white as morning milk. Knight of the Siren, first justice at th'Assize, To help the poor, the doubtful to advise. In all employments generous, just he proved, Renowned for courtesy, by all beloved. a ö 7 Sein aͤlteſter Sohn Thomas lebte in dem Haufe zu Ee⸗ ton und hinterließ es, nebſt dem zubehoͤrigen Felde, ſeiner einzigen Tochter, welche mit ihrem Manne, Fiſcher aus Wellinborough, es an Hr. Isted, den jetzi⸗ gen Eigenthiimer, verkaufte. Mein Großvater hatte vier Soͤhne, welche Alle heranwuchſen, Thomas, Johann, Benjamin und Joſias. Da ich meine Papiere nicht bei der Hand habe, ſo will ich, fo viel ich kann, aus dem Gedaͤchtniß beibringen; ſind meine Papiere in meiner Abweſenheit nicht verloren gegangen, ſo an du darin das Naͤhere finden. | 1 Thomas 4 der ältefte meiner Oheime, hatte bei ſeinem Vater das Schmiedehandwerk gelernt; da er aber Kopf hatte und, wie ſeine Bruͤder, eben auch von dem vornehmſten Einwohner des Kirchſpiels, einem Squire Palmer, zum Studieren ermuntert wurde, ſo bildete er ſich zum Sachwalter, ward ein bedeutender Mann in der Grafſchaft, und Hauptbefoͤrderer aller gemeinſinnigen Un⸗ ternehmungen in der Stadt und Grafſchaft Northamp⸗ ton, fo wie auf feinem eigenen Dorfe, wovon man. meh: rere Beiſpiele anfuͤhrte. Lord Hallifax achtete ihn ſehr und war fein Gönner. Er ſtarb am 6. Jan. 170, genau vier Jahre vor meiner Geburt. Ich erinnere mich, daß manches, was uns alte Leute von ſeinem Charakter erzaͤhlten, Dir, wegen der ungemeinen Aehnlichkeit mit dem, was Du von mir wußteſt, außerordentlich auffiel „Waͤr' er“, ſagteſt Du, „vier Jahr ſpaͤter an demſel⸗ ben Tage geltendes man haͤtte auf eine ae ee ſallen koͤnnen.“ Johann, mein zweiter Oheim, war, wenn ich nicht irre, ein Wollfaͤrber. Benjamin lernte in London die 8 Seidenfaͤrberei. Er war ein . Kopf. 800 er⸗ innere mich noch aus meiner Kindheit, wie er zu meinem Vater nach Boſton kam und mehrere Jahre bei uns wohnte. Mein Vater und er hatten immer beſondere Liebe fuͤr einander und ich war ſein Pathe. Er ward ſehr alt, und hinterließ zwei Quartbaͤnde handſchriftlicher Gedichte, meiſt Gelegenheitsgedichte an ſeine Freunde. Er hatte fuͤr ſich eine Geſchwindſchreibekunſt erfunden, die er mich lehrte, die ich aber jetzt vergeſſen habe, weil ich nicht Gebrauch davon machte. Er war ein frommer Mann, und hoͤrte fleißig die beßten Prediger, deren Pre⸗ digten er nach feiner erfundenen Weiſe nachſchrieb. So hatte er mehrere Baͤnde geſammelt. Auch ein ziemlich ſtarker Politiker war er, vielleicht fuͤr ſeinen Stand zu ſtark. Noch juͤngſt fiel mir in London eine Sammlung aller vorzuͤglichen politiſchen Flugſchriften von 1641 bis 1717, die er angelegt hatte, in die Hände, Es fehlen einige Baͤnde, wie ſich aus den Zahlenangaben ergiebtz aber dennoch find es acht Folio - und zwanzig Quart⸗ und Octavbaͤnde. Sie waren an einen Buͤchertroͤdler ges kommen, der, weil ich Buͤcher bei ihm gekauft hatte, meinen Namen wußte und ſie mir brachte. Vermuthlich hatte mein Oheim ſie zuruͤckgelaſſen, als er vor funfzig Jahren nach America gieng. Er hatte allerlei Randbe⸗ merkungen dazu gemacht. Sein Enkel Samuel lebt noch zu Boſton. Unſere arme Familie nahm fruͤh die Reformation an. Anſere Altvaͤter blieben ſelbſt unter Mariens Regierung Proteſtanten, wo ſie denn zuweilen wegen ihres Eifers gegen das Papſtthum, Verfolgung zu befuͤrchten hatten. Sie hatten eine Engliſche Bibel und dieſe zu verbergen und ſicher aufzuheben, hatten ſie dieſelbe mit Bindfaden inwen⸗ dig unter einem Schemel befeſtigt. Wollte mein Urgroß⸗ vater der Familie daraus vorleſen, ſo nahm er den Sche⸗ mel auf die Kniee und wendete die Blaͤtter unter den Fäden um. Eines von den Kindern ſtand an der Thuͤr, Kunde zu geben, wenn es den Schergen vom geiſtlichen Gericht kommen ſah. Da wurde der Schemel wieder auf ſeinen Fleck geſtellt und die Bibel blieb nach wie vor darunter. Dieſe Anekdote hoͤrte ich vom Oheim Ben⸗ jamin. Die ganze Familie blieb der Engliſchen Kir⸗ che zugethan bis gegen Ende der Regierung Karl's II. wo einige Geiſtliche, die als Nonconformiſten abgeſetzt worden waren, in Northamptonshire Zuſammen⸗ kuͤnfte hielten. Zu dieſen hielt ſich mein Oheim Benja⸗ min und mein Vater Joſiah, ſo lange ſie lebten. Die uͤbrigen Glieder der Familie n der een ae 55 zugethan. I Mein Vater heirathete jung und gieng um 1682 mit ſeinem Weibe und drei Kindern nach Neuengland. Da zu jener Zeit die Zuſammenkuͤnfte geſetzlich verboten waren und haͤufig aufgehoben wurden, ſo beſchloſſen eini⸗ ge bedeutende Maͤnner unter ſeinen Bekannten, dahin auszuwandern, wo fie ihre Religion frei zu bekennen und zu uͤben hofften. Mein Vater ließ ſich überreden, ſie zu begleiten. Mit derſelben Frau zeugte er dort noch vier Kinder und mit einer zweiten zehn, zuſammen ſieb⸗ zehn. Dreizehn erinnere ich mich noch um ſeinen Tiſch herumgeſehen zu haben. Alle gelangten zu reifen Jahren und waren verheirathet. Ich war der juͤngſte Sohn und, zwei Toͤchter ausgenommen, das juͤngſte Kind, geboren zu Boſton in Neuengland am 12. Januar 1706. Mei⸗ ne Mutter, meines Vaters zweite Frau, war Abiah Folgier, Tochter Peter Folgier's, eines der erſten An⸗ 10 ſiedler in PEN, Cotton Mather, hat 1 in der Kirchengeſchichte dieſes Landes, wenn ich mich recht erinnere, als eines frommen und gelehrten Englän- ders ehrenvoll gedacht. Er fol manche kleine Gelegenheits⸗ auffäge geſchrieben haben; davon iſt aber nur Einer ge⸗ druckt worden, den ich vor mehrern Jahren geſehen zu haben mich erinnere. Er war 1675 geſchrieben, in Knit⸗ telverſen, wie der damalige Zeit- und Volksgeſchmack mit ſich brachte und an die dortige Regierung gerichtet: Er ſpricht fuͤr die Gewiſſensfreiheit im Bezug auf Wie⸗ dertaͤufer, Quaͤker und andere Glaubenswegen Verfolgte. Dieſer Verfolgung ſchreibt er die Indiſchen Kriege und andere Drangſale des Landes zu, betrachtet fie als Strafe gerichte Gottes gegen ſolch liebloſes Verfahren und er⸗ mahnt zu Abſchaffung dieſer gegen alle Liebeshuld ſtrei⸗ tenden Geſetze. Das Ganze ſchien mir männlich freimuͤthig und gefaͤllig einfach geſchrieben. Die letzten ſechs Zeilen ſind mir noch gegenwaͤrtig; aber die vorhergehenden der Stanze hab' ich vergeſſen! Der Sinn derſelben war, ſeine Ruͤge ſey aus wohlwollender Meinung entſprungen und darum wolle er auch als Verfaſſer bekannt 0 Denn,, ſagte er, „ Pasquillant zu ſeyn Haß' ich von Herzensgrund. Aus Sherburne, * wo ich wohn’ anjegzt, Nenn’ ich mit Namen mich, Ohn' alles Arg Eu'r wahrer Freund, Genannt Peter Folgier. | Meine älteren Brüder lernten ſaͤmmtlich verſchiedene Handwerke. Ich ward im achten Jahre in die lateiniſche ) Stadt auf der Inſel Nantucket. 11 — Schule geſchickt? denn mein Vater wollte mich, als den Zehnten von ſeinen Soͤhnen, dem Dienſte der Kirche weihn. Meine Fertigkeit im Leſen — ich muß es ſehr fruͤh gelernt haben, denn ich erinnere mich der Zeit nicht, wo ich es noch nicht gekonnt haͤtte — und die Meinung aller feiner Freunde, daß ich gewiß ein tuͤchtiger Gelehr⸗ ter würde, beftärkten ihn nur in dieſem Vorſatze. Auch mein Oheim Benjamin war damit zufrieden und wollte mir ſeine geſchwindſchriftlichen Predigtbaͤnde geben, wenn ich dieſe ſeine Kunſt auch lernen wollte. Ich blieb aber doch kaum ein Jahr in der lateiniſchen Schule, obwohl ich in dieſer Zeit ſtufenweis aus der mittlern in die hoͤ⸗ here Claſſe dieſes Jahres geruͤckt war und in die naͤchſte kam, von wo ich am Ende des Jahres in die dritte verſetzt werden ſollte. Allein mein Vater hatte eine ſtarke Familie zu ernaͤhren und konnte fuͤglich die Koſten einer gelehrten Schulerziehung nicht beſtreiten. Dazu erwog er, wie er in meiner Gegenwart zu einem Freunde ſagte, wie wenig Aufmunterung dieſer Stand fände, gab alſo fei- nen erſten Vorſatz auf, nahm mich aus der lateiniſchen Schule und ſchickte mich in eine Schreib » und Rechnen⸗ ſchule zu dem damals berühmten Georg Brownwell. Das war ein geſchickter Lehrer, der, ſeiner ſanften und aufmunternden Methode wegen, ſich des beßten Erfolgs erfreute. Bei ihm lernte ich gar bald eine ſchoͤne Hand ſchreiben; im Rechnen aber wollte es durchaus nicht mit mir fort. Im zehnten Jahre half ich meinem Vater Thon in feinem Geſchaͤfte, er war Lichtzieher und Sei⸗ fenſieder. Dazu war er freilich nicht erzogen, hatte es aber, als er nach Neuengland kam, ergriffen, weil ſeine Faͤrberei gar wenig gieng und mithin ſeine Familie nicht naͤhrte. Da ſchnitt ich denn Dochte zu den Lichtern, goß Formen aus, huͤthete den Laden, beſorgte Aufträge u. ſ. w. 12 Das Gewerb war mir widrig, ich hatte große Luft, zu Schiffe zu gehen; aber mein Vater war dagegen. Da wir indeß am Waſſer wohnten, ſo war ich viel darauf und daran. Ich lernte gut ſchwimmen und Nachen re⸗ gieren; und wenn ich mit andern Knaben mich einſchiff⸗ te, ward ich meiſtens, bei bedenklichen Faͤlen, an das Steuer geſtellt. Auch bei andern Gelegenheiten war ich gewoͤhnlich Anfuͤhrer der Knaben und ſetzte ſie zuweilen in Verlegenheiten, wovon ich nur Ein Beiſpiel anfuͤhren will, weil es einen, freilich damals nicht gehoͤrig geleite⸗ ten, aber doch fruͤhzeitigen Hang zum öffentlichen Leben verräth. Der Muͤhlteich, an deſſen Rande wir, bei ho⸗ hem Waſſer, Gruͤndlinge ſiſchten, gieng zum Theil in ei⸗ nen Moorgrund aus. Durch das viele Herumwadten da⸗ rin hatten wir eine bloße Kothlache daraus gemacht. Ich ſchlug vor, einen Damm aufzufuͤhren, worauf wir ſte⸗ hen koͤnnten und zeigte meinen Spielgenoſſen einen gro⸗ ßen Haufen Steine, die zu einem neuen Hauſe am Sumpfe beſtimmt und uns recht zweckdienlich ſchienen. Sofort ſammelte ich Abends, als die Arbeiter Feierabend gemacht hatten, eine Anzahl meiner Geſpielen, und wir waren, oft zwei, drei an Einem Stein, fleißig und ge⸗ ſchaͤftig, wie die Ameiſen, bis wir alle zu unſerem klei⸗ nen Damm verbraucht hatten. Morgens darauf ſtaunten die Arbeiter nicht wenig, als ſie ihre Steine vermißten, die unſern Damm machten. Da ward denn nach den Urhebern dieſer Verſetzung geforſcht, wir wurden entdeckt, verklagt und von den Aeltern gezuͤchtigt; und ſo ſehr ich auch das Nuͤtzliche unſerer Arbeit darthat, uͤberzeugten mich doch die meinen, daß, was nicht ehrlich PR auch nicht wahrhaft nuͤtzlich ſeyn koͤnne. Unſtreitig wuͤßteſt Du gern, was fuͤr ein Schlag von Mann mein Vater war. Er hatte eine vortrefliche 5 Natut, war mittlerer Größe, wohlgebaut und ſehr ſtark. Er zeichnete recht hübſch und verſtand etwas Muſik. k. Sei⸗ ne Stimme war klangreich und angenehm, ſo daß, wenn er, wie gewoͤhnlich nach geendigter Arbeit, ſeine Geige ergriff und dazu ſang, es ſich gar angenehm zuhoͤrte. Auch von der Mechanik verſtand er etwas und konnte noͤthigen Falls ſich mit allerlei Handwerkszeug behelfen. Das Beßte an ihm war aber ſein geſunder Verſtand und fein tuͤchtiges Urtheil in Klugheitsfällen des häuslichen, wie des oͤffentlichen Lebens. Zwar wurde er im letztern nie gebraucht; denn feine bedraͤngten Umſtaͤnde, bei zahl⸗ reicher Familie, die er zu verſorgen hatte, feſſelten ihn ſtreng an fein Gewerb; doch erinnere ich mich gar wohl, daß ihn häufig Vorſteher beſuchten und in Stadt ⸗ oder auch Sprengelangelegenheiten um ſeinen Rath fragten, und ſein Urtheil, wie ſeinen Rath ſehr hoch hielten. Auch Privatleute befragten ihn uͤber ſchwierige Faͤlle und waͤhlten ihn oft zum Schiedsmann zwiſchen zwei ſtreiten⸗ den Partheien. Bei Tiſche hatte er gern, ſo oft er konn⸗ te, ein Paar verſtaͤndiger Freunde oder Nachbarn zur Unterhaltung und lenkte das Geſpraͤch immer auf geiſt⸗ reiche oder nuͤtzliche Gegenſtaͤnde, woran feine Kinder ih⸗ ren Verſtand uͤben konnten. Solchergeſtalt lenkte er un⸗ ſere Aufmerkſamkeit auf das Gute, Rechte und Kluge im Leben; von den aufgetragenen Gerichten war ſelten, oder nie die Rede, gleichviel ob ſie gut, oder ſchlecht zu⸗ bereitet, an oder außer der Jahreszeit, gut oder ſchlecht ſchmeckend, beſſer oder ſchlechter, als dieß oder jenes der Art, waren. Somit ward ich gegen derlei Dinge ſo durchaus gleichgültig, daß es mir völlig einerlei war, was mir eben vorgeſetzt wurde. Noch bis heutigen Tag gebe ich darauf ſo wenig Acht, daß ich ein Paar Stunden nach Tiſche kaum mehr weiß, welche Speiſen aufgetra⸗ 2 gen wurden. Dieß hat mir auf Neifen recht gute Dienfte gethan; meine Reiſegefaͤhrten waren zuweilen ſehr un⸗ gluͤcklich, weil ſie nichts fuͤr ihren zaͤrtern und wat tern Gaumen und Geschmack fanden; Auch meine Mutter war Poensefund: fie fäugte alle ihre zehn Kinder. Ich erinnere mich nicht, daß mein Vater oder meine Mutter je krank geweſen waͤren, als bis es zum Tode gieng; da war der Vater 89, die Mut⸗ ter 85 Jahr. Beide liegen zuſammen in Boſton begra⸗ ben, wo ich vor etlichen Jahren einen Marmor mit fol⸗ gender Inſchrift auf ihr Grab ſetzte: Hier ruhen Joſias Franklin und Abiah, feine Gattin. Sie lebten in Liebe vermaͤhlt zuſammen fuͤnf und funſzig Jahr; ernaͤhrten ohne Güter, oder eintraͤglichen Erwerb, durch ſtaͤte Arbeit und ehrſamen Fleiß, mit Gottes Segen, eine große Familie gemaͤchlich, und zogen dreizehn Kinder und ſieben Enkel groß mit Ehren. Dieß Beiſpiel, o Wanderer, ermuntere dich zum Fleiß in deinem Beruf und zum Vertrauen auf die Vorſehung! Er war ein frommer kluger Mann, Sie eine verſtaͤndige tugendhafte Frau. Ihr juͤngſter Sohn | ſetzte dieſen Stein aus kindlicher Achtung fuͤr ihr Gedaͤchtniß. J. F. geb. 1655, 7 1744 im 89. Jahr A. F. geb. 1667, 7 1752 im 85 Jahr. * ** An meinen Abfchweifungen merke ich ſelbſt, daß ich alt geworden bin. Sonſt ſchrieb ich gemeßner. Doch fuͤr einen häuslichen Kreis putzt man ſich ja nicht, wie zu einem oͤffentlichen Bal. Vielleicht iſt es nur Nach⸗ laͤſſigkeit. 72 Wieder zur Sache! Zwei Jahre lang, alſo bis in mein zwoͤlftes Jahr, blieb ich in meines Vaters Ge⸗ ſchaͤft und da mein Bruder Johann, der dazu auferzogen war, meinen Vater verließ, heirathete und ſich zu Rhode⸗ Island ſelbſt niederließ, ſo hatte es allen Anſchein, daß ich ſeinen Platz ausfuͤllen und ein Lichtgießer werden wuͤrde. Da aber mein Widerwille gegen dieß Gewerb fortdauerte, ſo fuͤrchtete mein Vater, ich moͤchte, wenn er mich nicht in ein angenehmeres verſetzte, davon und zur See gehen, wie mein Bruder Joſias, zu feinem großen Verdruß, gethan hatte. So nahm er mich denn mit zu Tiſchlern, Maurern, Drechslern, Kupferſchmieden u. ſ. w. um meine Neigung zu beobachten, und wo moͤglich auf ein Gewerb zu richten, das mich auf dem feſten Lande hielt. Seitdem hab ich immer gern geſchickte Handwer⸗ ker arbeiten ſehen, und es hat mir manchmal recht viel geholfen, daß ich dabei ſoviel gelernt habe, manche Klei⸗ nigkeit im Haufe zu boſſeln, wenn eben kein Handwer— ker in der Naͤhe war, und mir kleine Maſchinen zu mei⸗ nen Verſuchen zu bauen, wenn der Gedanke daran noch recht heiß in meiner Seele gluͤhte. Endlich beſtimmte mich mein Vater zum Meſſerſchmied, und gab mich auf einige Tage zu Samuel, dem Sohn meines Oheims Benjamin, der dieß Handwerk in London gelernt und ſich eben in Boſton niedergelaſſen hatte. Aber das Lehrgeld, welches er forderte, ſchien dem Vater uͤbermaͤßig und fo ward ich wieder nach Hauſe genommen. 16 f Von Kindheit an hatte ich einen leidenſchaftlichen Hang zum Leſen und alles Geld, das ich in die Haͤnde bekam, verwendete ich auf Buͤcherankauf. Auf Rei⸗ ſebeſchreibungen war ich ſehr erpicht. Mein erſter Ankauf war Bunyon's Sammlung in einzelnen klei⸗ nen Baͤnden. Nachher verkaufte ich ſie, um mir R. Burton's hiſtoriſche Sammlung anzuſchaffen; ſie ward ſelten gekauft und war wohlfeil. In Allem vierzig Baͤn⸗ de. Meines Vaters kleine Bücherei beſtand hauptſaͤchlich aus theologiſchen Streitſchriften, wovon ich die meiſten las. Ich habe oft bedauert, daß mir damals, als ich ſo wißbegierig war, nicht zweckmaͤßigere Buͤcher in die Haͤnde fielen, da ich einmal nicht Geiſtlicher werden ſoll⸗ te. Plutarch's Lebensbeſchreibungen waren darunter, die ich fleißig las, und noch jetzt halte ich die darauf ver⸗ wendete Zeit fuͤr ſehr gut angewendet. Auch ein Werk von Defoe war darunter, betitelt; Verſuch über die Projecte, und ein anderes von Dr. Mather: Ver⸗ ſuch uͤber Gutesthun, welche vielleicht meinem Geiſt eine Richtung gaben, die auf einige der nachherigen wich— tigſten Begebenheiten meines Lebens Einfluß hatte. Dieſe Neigung zu Buͤchern veranlaßte endlich mei⸗ nen Vater, mich Buchdrucker werden zu laſſen, obgleich bereits ein. Sohn, Jacob, dieſe Kunſt lernte. Im Jahr 1717 kam mein Bruder mit einer Preſſe und Schriften aus England, um ſich in Boſton niederzulaſſen. Dieß Ge⸗ ſchaͤft war mir freilich weit lieber, als das meines Vaters; aber fuͤr die See hatte ich doch eine große Vorliebe. Um den gefuͤrchteten Folgen dieſes Hangs vorzubauen, konnte es mein Vater gar nicht erwarten, daß ich zu meinem Bruder kam. Eine Weile widerſtrebte ich; endlich aber ließ ich mich uͤberreden und unterzeichnete — ich war nur zwölf Jahr alt — den Lehrvertrag. Ich ſollte bis in 17 mein ein und zwanzigſtes Jahr in der Lehre ſtehen, und nur im letzten Jahre Geſellenlohn bekommen. In kurzer Zeit machte ich große Fortſchritte in der Kunſt und wur⸗ de ein brauchbarer Gehuͤlfe meines Bruders. Nun konnte ich mir auch beſſere Buͤcher ſchaffen. Bekanntſchaft mit Buchhaͤndlerburſchen verſchaffte mir manchmal ein kleines Buch, welches ich reinlich hielt und bald wieder zuruͤck⸗ gab. Oft ſaß ich den groͤßten Theil der Nacht und las, wenn ich das Buch Abends geborgt hatte, um es fruͤh zuruck zu geben, damit es nicht vermißt wuͤrde. Einige Zeit darauf beſuchte ein verſtaͤndiger und geiſtreicher Kauf⸗ mann, Mathaͤus Adams, der eine ſchoͤne Bücher: ſammlung hatte, unſere Druckerei oft, ward aufmerkſam auf mich, lud mich ein, ſeine Buͤcher zu ſehen und war ſo guͤtig, mir Buͤcher, die ich gern leſen wollte zu leihen. Da faßte ich denn große Neigung zur Dichtkunſt und ſchrieb auch einige Kleinigkeiten. Mein Bruder hoffte, das koͤnne vielleicht etwas abwerfen, munterte mich auf und veranlaßte mich zu zwei Balladen. Die eine hieß: die Leuchtthurmtragoͤdie und ſchilderte Capitaͤn Worthilake's Schiffbruch mit ſeinen zwei Toͤchternz die zweite war ein Matroſenlied auf die Gefangenneh— mung des beruͤchtigten Seeraͤubers Teach, oder Schwarz⸗ bart. Es war ſchlechte Baͤnkelſaͤngerwaare, und als ſie gedruckt waren, ſchickte mich mein Bruder in der Stadt herum, ſie zu verkaufen. Die erſte gieng reißender, weil der Vorfall noch neu war und großes Aufſehen gemacht hatte. Das ſchmeichelte meiner Eitelkeit; mein Vater aber vertrieb mir den Kitzel, indem er meine Arbeiten durchmuſterte und mir ſagte, Verſemacher waͤren meiſt Bettler. So kam ich denn von der, vermuthlich ſchlech— ten, Dichterei ab; da mir aber die Proſa in meinem Leben fo gar viel Dienſte gethan hat und mein. Hauptz Tranftin's geben. I. Abth. 8 ; * 18 | | — — N befoͤrderungsmittel war, fo muß ich dir doch ſagen, wie ich in dieſer Lage die wenige Geſchicklichkeit, die ich viel⸗ Teiche darin habe, erworben, Es befand ſich in der Stadt noch ein leſeluſtiger Burſche, Johann Collins, mit welchem ich ſehr gut Freund war. Wir ſtritten oft mit einander und waren ganz auf das Beweiſen verſeſſen, feelig wenn wir einander widerſtreiten konnten. Dieſe Streitſucht kann, beilaͤuſig geſagt, eine recht uͤble Gewohnheit werden und Manchen in Geſellſchaft, des noͤthigen Widerſpruchs wegen, hoͤchſt unangenehm machen; auch abgeſehen von der Verbit⸗ terung und Stoͤrung der Unterhaltung, erzeugt ſie Verdruß, wohl gar Feindſchaft unter denen, die ſich gerade befreunden koͤnnten. Ich hatte mir dieß aus meines Vaters theologiſchen Streitſchriften ans gewoͤhnt. Leute von Verſtand fallen, wie ich in der Folge bemerkt habe, ſelten in dieſen Fehler, aus⸗ genommen Rechtsgelehrte, Profeſſoren und uͤberhaupt alle, die zu Edinburgh erzogen worden ſind. Eines Tages kam, ich weiß nicht wie, zwiſchen mir und Collins zur Sprache: ob man Frauen zur Gelehrſamkeit erziehen ſolle, und ob ſie zum Studieren gemacht waren. Er meinte, es zieme ſich nicht und ſie waͤren von Natur da⸗ zu untuͤchtig. Ich behauptete, vielleicht ein we enig aus Streitſucht, das Gegentheil. Er war an ſich beredter, es ſtanden ihm mehr Worte zu Gebote, und zuweilen, meinte ich, ward ich mehr durch ſeinen Redefluß, als durch die Kraft ſeiner Gruͤnde beſiegt. Da wir, ohne etwas ausgemacht zu haben, ſchieden, und einander nicht ſogleich wiederſehen konnten, fo ſchrieb ich meine Gruͤn⸗ de nieder und ſendete ihm eine Reinſchrift davon. Er antwortete; ich erwiederte. Wir hatten drei bis vier 19 Briefe gewechſelt, als mein Vater zufällig über meine Papiere gerieth und ſie las. Ohne auf den ſtreitigen Gegenſtand einzugehen, nahm er Anlaß, mir über meine Schreibart etwas zu ſagen. Er bemerkte, wiewohl ich hinſichtlich der Rechtſchreibung und der Unterſcheidungs⸗ zeichen meinen Gegner uͤbertraͤf — was er auf die Buche druckerkunſt rechnete — ſo ſtaͤnde ich ihm doch ſehr nach an Zierlichkeit des Ausdrucks, Gewandtheit, und Klär- heit. Er belegte dieß mit mehrern Beiſpielen. Ich ſah, wie richtig feine Bemerkungen waren, ward mithin auf⸗ merkſamer und ſuchte meine Schreibart zu verbeſſern. Um dieſe Zeit gerieth ich an einen einzelnen Band des Zuſchauers. Ich hatte noch keinen geſehn, kauf⸗ te, las ihn durch und freute mich ſehr daruͤber. Ich fand die Schreibart vortreflich und wuͤnſchte, wo moͤglich ſie nachzuahmen. In dieſer Abſicht nahm ich einige Auf⸗ ſaͤtze vor, deutete mir die Gedanken jedes Perioden kurz an, legte fie einige Tage bei Seite und verfuchte dann, ohne in das Buch zu ſehen, die Aufſaͤtze wieder herzuſtel⸗ len, und jeden angedeuteten Gedanken ſo lang und voll⸗ ſtaͤndig wiederzugeben, wie er urſprünglich war, mit den ſchicklichſten Worten, die mir zu Gebot ſtanden. Dann verglich ich meinen Zuſchauer mit der Urſchrift, entdeckte einige von meinen Fehlern und berichtigte ſie. Da fand ich nun aber, daß es mir an Wortvorrath, oder an der Fertigkeit, mich ihrer zu erinnern und ſie zu gebrauchen, fehlte; dieſe, meinte ich, haͤtte ich mir wohl fruͤher er⸗ worden, wenn ich fortgefahren haͤtte, Verſe zu machen. Denn das ſtete Forſchen nach gleichbedeutenden, nur dem Sylbenmaaß, oder dem Reime nach verſchiedenen Woͤr⸗ tern, hätte mich wohl immerfort auf Mannichfaltigkeit hingewieſen, dieſe mir feſter eingepraͤgt und gewaͤltigen - 2 WER - 20 RETTET gelehrt. Ich nahm alſo einige Erzählungen aus dem Zuſchauer und brachte ſie in Verſe; und einige Zeit dar⸗ auf, wenn ich die Profa fo ziemlich vergeſſen hatte, ver: wandelte ich die Verſe wieder in Proſa. Zuweilen warf ich auch meine Sammlung von Auszuͤgen unter einander und ſuchte ſie ein Paar Wochen darauf moͤglichſt in Ordnung zu bringen, eh ich die Perioden ganz ausbaute und den Vortrag vollendete. Dieß ſollte mir Gewandt⸗ heit und Tact in Anordnung der Gedanken geben. Ber glich ich nun meine Arbeit mit der Urſchrift, ſo fand ich manche Fehler und verbeſſerte ſie; manchmal hatte ich aber doch die Freude zu glauben, daß ich in dieſen und jenen unbedeutenden Einzelheiten gluͤcklicherweiſe die Methode, oder die Sprache etwas beſſer getroffen hätte, Dieß machte mir Muth, daß ich mit der Zeit doch ein leidlicher Engliſcher Schriftſteller werden koͤnnte, wonach ich nicht wenig geizte. Die Zeit zu dieſen Schreibuͤbun⸗ gen und zum Leſen war die Nacht, oder die Morgenſtunde vor der Arbeit, oder die Sonntage, wenn ich in der Druckerei ſeyn konnte und dem oͤffentlichen Gottesdienſte nicht immer beizuwohnen brauchte. Dazu hatte mich mein Vater, ſo lange ich unter ſeiner Aufſicht ſtand, ſtreng angehalten, und noch betrachtete ich es immer als Pflicht, nur daß ich nicht Zeit dazu gewinnen konnte. In meinem ſechzehnten Jahr ungefähr fiel mir ein Werk von einem gewiſſen Tryon in die Haͤnde, worin die Pflanzenkoſt empfohlen wurde. Da mein Bruder noch unbeweibt war, ſo hatte er keine Wirthſchaft, ſon⸗ dern ſpeiſete mit ſeinen Lehrlingen bei einer andern Fa⸗ milie. Meine Weigerung, Fleiſch zu eſſen, veranlaßte Ungelegenheit, und man verwies mir haͤufig meinen Ei⸗ genſinn. Ich machte mich mit Tryon's Zubereitung 21 mancher Gerichte bekannt, wie Erdaͤpfel oder Reiß zu ko⸗ chen, ſchnell einen Pudding und einiges Anderes zu ma⸗ chen, und nun trug ich meinem Bruder an, wenn er mir woͤchentlich halb ſo viel gaͤbe, als er fuͤr meinen Tiſch zahlte, ſo wollte ich mich ſelbſt bekoͤſtigen. Er nahm es ſogleich an, und ich fand, daß ich die Haͤlfte von dem Gelde, das er mir gab, ſparen konnte. Dieß war wie⸗ der ein Beitrag zum Buͤcherankauf; aber ich hatte noch einen andern Vortheil dabei. Wenn mein Bruder und die Uebrigen aus der Druckerei zu Tiſche giengen, blieb ich allein dort, fertigte meine leichte Koſt (die oft nur ein Zwieback, ein Brotſchnitt, eine Handvoll Roſinen, oder ein Stuͤck Kuchen vom Paſtetenbaͤcker und ein Glas Waſ⸗ ſer war) bald ab, und batte nun die Zeit, bis jene zu⸗ ruͤckkamen, für mein Studieren übrig. Darin machte ich um ſo groͤßere Fortſchritte, je mehr gewoͤhnlich Maͤßigkeit in Eſſen und Trinken Klarheit des Kopf's und Faſſungs— ſchnelligkeit fördern. Jetzt geſchah es, daß, als bei einer Gelegenheit meine Unwiſſenheit im Rechnen, das ich auf der Schule zweimal vergebens gelernt hatte, beſchaͤmt ward, ich Cocker's Rechnenkunſt vornahm und mit der groͤßten Leichtigkeit fuͤr mich durchmachte. Auch Seller und Sturny uͤber die Schiffahrt las ich und lernte gelegentlich das Bischen Geometrie, das darin vorkommt; weit aber brachte ich es in dieſer Wiſſenſchaft nie. Um dieſelbe Zeit las ich Locke über den menſch⸗ lichen Verſtand und die Kunſt zu denken von den Heren von Port- Royal. Waͤhrend ich an Bildung meines Styls arbeitete, ſtieß ich auf eine Engliſche Sprachlehre (ich glaube Greenwood's), welcher zwei kleine Aufſaͤtze über Rhe⸗ torik und Logik angehaͤngt ſind, und deren letzter mit — 22 einem Sokratiſchen Zweiſprach ſchloß. Bald nachher ſchaffte ich mir Xenophons Denkwuͤrdigkeiten des Sokrates an, wo ebenfalls viele Beiſpiele dieſer Methode ſind. Sie ent⸗ zuckte mich, ich nahm ſie an, gab meinen barſchen Wi⸗ derſprüch, und die entſchiedene Beweisart auf und machte den beſcheidenen Forſcher. Und weil ich damals durch Le⸗ fen‘ Syaftesburp’ s und Collin's Zweifler geworden, wie ich es ſchon in vielen Puncten unſerer Glaubensleh⸗ ren wär, ſo fand ich, daß dieſe Methode für mich die ſicherſte war, meine Gegner aber ſehr in Vetlegenheit ſetzte. Ich hatte alſo meine Luſt daran, wendete ſie beftändig an und lernte bald ſehr kunſtreich und gewandt ſelbſt mir an Kenntniſſen überlegenen Perſonen Einraͤumungen ab⸗ gewinnen, deten Folgerungen ſie gar nicht abſahen, ſo daß ich ſie in Schwierigkeiten verwickelte, woraus ſie ſich nicht finden konnten und Siege davon trug, die weder ich, noch meine Sache immer verdienten. Mehrere Jahre behielt ich dieſe Methode bei; allmaͤhlich aber legte ich fie ab, und behielt nur die Gewohnheit, mich mit be: ſcheidenem Mißtrauen zu aͤußern; ſo daß, wenn ich etwas, das doch wohl noch bei: ritten werden koͤnnte, behaupte, ich nie die Worte gewiß, unſtreitig, oder andere der Art, die eine Anſicht entſchieden und abſprechend hinſtel⸗ len, brauche, ſondern 5 ſage: ich denke, oder fuͤrch⸗ te, dieß verhaͤlt ſich ſo; mir ſcheint, oder ich wuͤrde aus den und den Gruͤnden dieß nicht ſo denken, oder ich bilde mir ein, das ſey fd, oder irre ich ncht, fo verhält ſich das o. Diefe Angewöhnung iſt mir, glaube ich, von großem Nutzen geweſen, wo ich Gelegenheit hatte, meine Meinungen einzuſchaͤrfen, und zu Maaßregeln zu überreden, die ich von Zeit zu Zeit habe foͤrdern muͤſſen. Und, da der Hauptzweck des Geſprachs iſt, zu belehren, oder belehrt zu werden, zu 23 gefallen, oder zu überreden, fo wuͤnſche ich, wohlmel⸗ nende und verſtaͤndige Maͤnner moͤchten ihre Macht, Gu⸗ tes zu foͤrdern, nie durch entſcheidendes Abſprechen ver: wirken, was faſt immer mißfaͤllt, Widerſtand erregt und die meiſten Zwecke, wozu uns die Sprache verliehen iſt, aufhebt. Fuͤrwahr, ſo du andere belehren willſt, wird entſchiedener, dogmatiſcher Ton Widerſpruch veranlaſſen und unbefangener Aufmerkſamkeit Eintrag thun. Willſt du von Andern belehrt und zurechtgewieſen werden, ſo mußt du nicht auf deine Meinungen verfeffen ſeyn; ſonſt laſſen beſcheidene und verſtaͤndige Maͤnner, die den Streit nicht lieben, dich im ungeſtoͤrten Beſitz deiner Irrthu⸗ mer. Mit ſolchem Verhalten, darfſt du ſelten hoffen, deinen Hoͤrern zu gefallen, oder den gewuͤnſchten Beitritt zu erhalten. Pope bemerkt ganz richtig: Bei'm Lehren meide ſelbſt des Lehrens Schein, Das Unbekannte muß ee feyn, Auch n et Scheinbares Mißtraun ſelbſt bei Sicherheit Und hier haͤtte er einen Vers anſchließen ſollen, den er anderwaͤrts, wie mich duͤnkt, minder ſchicklich anhieng: den wo Verſtand fehlt, fehlt Beſcheidenheit, Fragſt du mich, warum ich, meine, minder ſchicklich, fo muß ich die Verſe wiederhohlen Anmaßung findet nie Verzeihlichkeit, Denn wo Verſtand fehlt, fehlt Beſcheidenheit. Iſt nun aber nicht Ve rſtandesmangel, wenn er unglück⸗ licherweiſe eintritt, einigermaaßen Entſchuldigung für Unbeſcheidenheit? und hieß es alſo nicht beſſer ſo? Anmaßung findet nur Verzeihlichkeit, 905 Weil, wo Verſtand fehlt, fehlt Beſcheidenheit. Doch dieß ſey Schar'finnigeren Überlaffen! - ar — 24 Im Jahr 1720 oder 21 hatte mein Bruder eine Zeitung zu drucken angefangen. Es war die zweite die in America erſchien und ſie hieß der Neuengliſche Eil⸗ bote. Die frühere einzige hieß: Der Boſtoner Corre⸗ ſpondent. Ich exinnere mich, daß einige Freunde ihm das Unternehmen mißriethen, weil, da ihrer Mei⸗ tung nach, Eine Zeitung für America genügte, es nicht viel verſpreche. Jetzt, 1771, giebt es deren nicht weniger, als fuͤnf und zwanzig. Er ließ ſich aber nicht abrathen. Nachdem ich Setzer und Drucker gemacht, mußte ich die Blaͤtter bei den Kunden herumtragen. Er hatte unter ſeinen Freunden einige geiſtreiche Maͤnner, die zu ihrem Vergnuͤgen kleine Aufſaͤtze dafur arbeiteten. Dieß brachte das Blatt in Aufnahme; es fand mehr Abnehmer, und jens Herten beſuchten uns häufig, Ich hoͤrte was fie ſprachen und wie gut die Zeitung gienge, und bekam da⸗ durch Luſt, mich auch daran zu verſuchen. Da ich aber noch ein Knabe war und erwarten konnte, daß mein Bru⸗ der nichts von mir aufnehmen wuͤrde, wenn er wuͤßte, daß es von mir waͤre, ſo kam ich auf den Einfall, meine Hand zu verſtellen, ſchrieb alſo einen Aufſatz ohne Na⸗ men des Verfaſſers und legte ſolchen Abends vor die Thuͤre der Druckerei. Fruͤh ward er gefunden und den ſchriftſtelleriſchen Freunden, als ſie, wie gewoͤhnlich vorſprachen, mitgetheilt. Sie laſen ihn, machten in meinem Beiſeyn Bemerkungen daruͤber, und ich hatte die große Freude, ihn mit ihrem Beifall gekroͤnt zu ſehen. Als man auf den Verfaſſer rieth, wurden lauter, ihrer Gelehrſamkeit und Offenheit wegen unter uns ausgezeich⸗ nete Männer genannt. Freilich mochte ich wohl mit meinen Richtern viel Gluck haben und ſie mochten wohl nicht in alle Wege ſo treflich ſeyn, als ſie mir damals ſchienen. Judeß munterte mich der Verſuch auf; ich 7 3 | 25 ſchrieb und ſendete auf demſelben Wege manche andere Aufſaͤtze zum Druck, welche eben auch Beifall fanden. Mein Geheimniß beobachtete ich ſo lange, bis mein gan⸗ zer Vorrath von Ideen für Arbeiten dieſer Art erſchoͤpft war; jetzt entdeckte ich es und wurde von meines Bru⸗ ders Bekannten etwas mehr beachtet. Dieß wollte ihm aber nicht gefallen; denn er meinte, das muͤſſe mich zu eitel machen. Hierin lag nun wohl ein Grund zu dem Mißverhaͤltniß, welches um dieſe Zeit zwiſchen uns trat. Obgleich mein Bruder, betrachtete er doch immer ſich als Meiſter, mich als Lehrburſchen, und erwartete mithin von mir dieſelben Dienſte, wie von einem Andern; ich dage⸗ gen fühlte mich durch manche Anforderungen zu ſehr herab- gewuͤrdiget, weil ich doch von einem Bruder mehr Nach: ſicht erwartete. Unſere Zwiſte kamen oft vor den Vater; und, hatte ich nun im Ganzen Recht, oder konnte ich meine Sache beſſer fuͤhren, kurz der Spruch fiel meiſtens zu meinen Gunſten aus. Aber mein Bruder war heftig und hatte mich oft gepruͤgelt, was ich hoͤchſt uͤbelnahm; und, da mir meine Lehrjahre ſehr widerwaͤrtig waren, ſo wuͤnſchte ich immer Anlaß ſie abzukuͤrzen, der ſich denn endlich auch ganz unerwartet fand. Vielleicht hat dieſe harte und herriſche Behandlung mir den Abſcheu vor willkuͤhrlicher Macht eingefloͤßt, der mich durch mein gan⸗ zes Leben begleitet hat. Ein Aufſatz unſerer Zeitung uber einen Staatsgegenſtand, den ich jetzt vergeſſen habe, be⸗ leidigte die Staatsverſammlung. Mein Bruder ward vers haftet, verurtheilt und, auf Antrag des Sprechers, einen Monat gefangen geſetzt, vermuthlich weil er den Ver⸗ faſſer nicht entdecken wollte. Auch ich ward verhaftet und vernommen; wiewohl ich aber auch keine Auskunft gab, begnuͤgte man ſich doch damit, mich zu warnen und ent⸗ ließ mich, weil man vermuthlich mich als Lehrling ver⸗ 26 bunden achtete, des Herren Geheimniſſe zu bewahren. Waͤhrend meines Bruders Einſperrung, die mich, unge⸗ achtet unſerer perfönlichen Mißhelligkeiten, doch ſehr aͤr⸗ gerte, hatte ich die Zeitung zu beſorgen, und war ſo kuͤhn, unſerer Regierung einige Stiche zu verſetzen. Mein Bruder nahm dieß ſehr gut auf; Andern dagegen erſchien ich in ſehr unguͤnſtigem Lichte, als ein Buͤrſch⸗ gen, das Hang zu Schmaͤhſchriften und Satyren hätte, Meines Bruders Loslaſſung war mit dem ſehr unziem⸗ lichen Befehl begleitet, „daß Jacob Franklin die Zeitung, betitelt: Neuengliſcher Eilbote, nicht weiter drucken ſolle.““ Bei einer Berathung, die er in unſerer Druckerei mit ſeinen Freunden daruͤber hielt, was wohl in dieſer Lage zu thun ſey, ward vorgeſchlagen, den Befehl durch Titelaͤnderung zu umgehen. Da aber mein Bruder darin Ungelegenheiten witterte, ſo fiel endlich die Sache dahin aus, die Zeitung künftig, lieber unter Benjamin Frank⸗ lin's Namen zu drucken, und um der wahrſcheinlichen Ruͤge der Staatsverſammlung zu entgehen, daß er ſie ja doch immer durch ſeinen Lehrburſchen drucke, kam er auf den Einfall, mir meinen alten Contract mit einer Entlaſſung auf der Ruͤckſeite wieder zuzuſtellen, um ihn nöthigen Falls vorzuzeigen; und um ihm meine erſprieß⸗ lichen Dienſte zu ſichern, ſollte ich fuͤr meine noch uͤbrige Zeit einen neuen Contract unterzeichnen, der geheim ge⸗ halten werden ſollte. Dieſer Plan war denn ziemlich matt und ſchwach, ward aber ſofort ausgefuͤhrt und die Zei⸗ tung mehrere Monate unter meinem Namen fortgedruckt. Endlich entſtand wieder ein Zwiſt zwiſchen mir und mei⸗ nem Bruder. Da trotzte ich auf meine Freiheit, weil ich glaubte, er wuͤrde ſich nicht getrauen, den Contract aufzuzeigen. Es war meinerſeits nicht fein, daß ich dieß benutzte, und ich ſehe dieß für einen der erſten Druck⸗ fehler meines Lebens an; aber damals, wo ich mich uͤber die Schlaͤge erboßte, die er mir in ſeiner Hitze nur zu oft ertheilte, hatte dieß wenig Gewicht bei mir. War er uͤbrigens kein boͤßartiger Menſch, ſo war ich vielleicht zu ſtörrig und reizte ihn wohl zu ſehr. Als er erfuhr, daß ich ihn verlaſſen wollte, ſuchte er mein Unterkommen in andern Druckereien zu hinter⸗ treiben und gieng, gegen mich ſprechend bei allen Her⸗ ren umher. So nahm mich denn keiner an. Da faßte ich den Gedanken, nach Neuyork, als dem naͤchſten Ort, wo eine Druckerei war, zu gehen. Boſton war ich um ſo mehr zu verlaffen geneigt, weil ich doch bereits bei der Regierung etwas anrüchig war, und, nach dem will⸗ kuͤhrlichen Verfahren der Staatsverſammlung gegen mei: nen Btuder zu urtheilen, mich, wenn ich blieb, wohl auf Verdruͤßlichkeiten gefaßt machen durfte. Dazu mach! ten meine unvorſichtigen Aeußerungen uͤber Religion, daß fromme Seelen mich mit Schauder als einen Unglaubi⸗ gen, oder Gotteslaͤugner betrachteten. Ich beſchloß alſo, nach Ni uyork zu ziehen. Da ober jetzt mein Vater mei⸗ nem Bruder beipflichtete, ſo ſah ich wohl voraus, daß, wenn ich offen und geradezu fortgehen wollte, man mir Hinderniſſe in den Weg legen wuͤrde. Darum ſuchte mein Freund Collins meine Flucht zu leiten. Er ver⸗ abredete mit dem Capitaͤn eines Neuyorker Fahrzeugs, daß er mich mitnaͤhme, gab mich fuͤr einen jungen Menſchen von ſeiner Bekanntſchaft aus, der mit einem ſchlechten Maͤdchen einen Liebeshandel gehabt haͤtte, den nun des Mädchens Aeltern zwingen wollten, ſie zu Heiz rathen, und der weder öffentlich ſich ſehen laſſen, noch fortreiſen duͤrfe. Ich verkaufte meine Buͤcher, um etwas Geld in die Haͤnde zu bekommen, wurde ſtill am Bord 28 aufgenommen, hatte guten Wind und war in drei Tagen in Neuyork, beinahe 300 Meilen vom Hauſe, ſiebzehn Jahr alt, ohne die mindeſte Empfehlung, ohne irgend Jemand zu kennen, und mit wenigem Geld in der Taſche. U Meine Luſt zur See war nunmehr ſchon verraucht, ſonſt hätt! ich ihr jetzt gemuͤthlich folgen koͤnnen. Da ich aber ein anderes Gewerb hatte und mich fuͤr einen ziemlich geſchickten Arbeiter hielt, ſo trug ich meine Dienſte einem dortigen Buchdrucker an, dem alten Herrn N. Bradford, der der erſte Drucker in Pennſylvanien geweſen, aber, wegen eines Streits mit dem Statthalter, Georg Keith fortgezogen war. Er konnte mir, da er mes nig zu thun und ſchon Leute genug hatte, keine Arbeit geben; doch ſagte er: „mein Sohn in Philadelphia hat neulich ſeinen beßten Arbeiter Aquila Roſe, durch den Tod verloren. Wollt Ihr dahin gehen, ſo ſtellt er euch wohl an.“ Philadelphia war 100 Meilen weiter; aber ich ſetzte mich in ein Boot nach Amboy, und ließ mei⸗ nen Saumſchrein (Mantelſack) und andre Habſeligkeiten zu Lande nachkommen. Als wir durch die Bucht fuhren, zerriß uns ein Windſtoß unſere ohnedieß verrotteten Segel, ließ uns nicht in den Kill einlaufen, ſondern trieb uns auf Long⸗ Island. Unterwegs fiel ein betrunkener Holländer, der mit uns fuhr, uͤber Bord; als er ſinken wollte, faßte ich ihn unterm Waſſer bei'm Schopf, und zog ihn wieder herein in das Boot. Das Bad machte ihn etwas nuͤch— terner, und er ſchlief ein; vorher aber zog er ein Buch aus der Taſche, das er mich bat, trocknen zu laſſen. Es fand ſich, daß es mein altes Lieblingsbuch war, Bu⸗ nyan's Pilgerſchaft, Hollaͤndiſch ſchön gedruckt auf gu⸗ tes Papier, mit Kupfern, anſtaͤndiger, als ich es noch in ſeiner Mutterſprache geſehen hatte. Ich habe nachher 29 gefunden, daß es in die meiſten Europäifchen Sprachen uͤberſetzt worden, und glaube, es iſt im Ganzen, die Bi⸗ bel etwa ausgenommen, mehr als irgend ein Buch ge⸗ leſen worden. Der ehrliche John war, ſo viel ich weiß, der Erſte, der Erzaͤhlung und Geſpraͤch miſchte, was den Leſer allerdings ſehr anſprechen muß, da er in den an⸗ ziehendſten Vorfaͤllen ſich gleichſam zur Geſellſchaft und in das Geſpraͤch gezogen ſieht. Defoe hat dieß gluͤcklich in ſeinem Robinſon Cruſoe, ſeinem Moll Flen⸗ ders und andern Werken ne eben m Richard⸗ ſon in ſeiner Pamela u. A. Als wir der Inſel nahten, fanden wir, daß wegen ſtarker Brandung an der Felſenkuͤſte nicht zu landen war. Wir warfen alſo Anker und warfen unſer Kabel nach der Kuͤſte hin. Es kamen einige Leute an die Küfte und riefen uns zu, wie wir ihnen; aber der Wind war fo ſtark, die Brandung brauſte ſo laut, daß wir einander nicht verſtehen konnten. Kleine Boote waren am Ufer, wir gaben ihnen Zeichen, daß ſie uns hohlen ſollten; aber entweder verſtanden ſie uns nicht, oder es war unaus⸗ fuͤhrbar und ſo entfernten ſie ſich. Da die Nacht ein⸗ brach, ſo blieb uns nichts, als Gedult, bis der Wind ſich legte; unterdeß wollte ich und der Steuermann, wo moͤglich, ſchlafen. Und ſo krochen wir denn in den Hin⸗ terraum, wo wir den noch immer naſſen Hollaͤnder tra⸗ fen; der Schaum ſpruͤtzte uͤber unſer Boot hin und durch⸗ weichte uns, daß wir faſt eben ſo naß waren, als er. Auf dieſe Weiſe konnten wir natuͤrlich die ganze Nacht nur wenig ruhn; als aber am folgenden Morgen der Wind ſich legte, fo gluͤckte es uns, Amboy vor Nacht zu erreichen, nachdem wir dreißig Stunden ohne Lebens⸗ mittel, ohne einen andern Trunk, als ſchlechten Rum, 30 ET NR zu Waſſer geweſen; denn das Waſſer, worauf wir ef ten, war ſalzig. Abends ſpürte ich ein ſtarkes Fieber und legte mich nieder; weil ich aber einmal geleſen hatte, kaltes Waſſer, reichlich getrunken, ſey gut gegen das Fieber, ſo befolgte ich die Vorſchrift, ſchwitzte ſtark darauf, mein Fieber verließ mich, fruͤh ſetzte ich in der Faͤhre uͤber, und gieng zu Fuß weiter. Es waren funfzig Meilen bis Burling⸗ ton, wo ich Boote finden ſollte, die mich vollends nee Philadelphia brächten. Es regnete heftig den ganzen Tag, ich war durch und durch naß und Mittags ſo tuͤchtig muͤde, daß ich in einem armſeligen Gaſthof einkehrte und uͤbernachtete. Jetzt wunſchte ich, ich hätte meine Heimath nie verlaſſen. Auch war mein Anzug ſo klaͤglich, daß ich aus den vor⸗ gelegten Fragen ſah, man hielt mich fuͤr einen Außer der Zeit entlaufenen Bedienten, und ich konnte wohl gar auf dieſen Verdacht hin feſtgehalten werden. Indeß gieng ich Tags darauf weiter und kam Abends acht oder zehn Meilen vor Burlington in das Wirthshaus eines ge⸗ wiſſen Dr. Brown. Er ließ ſich, waͤhrend ich eine Mahlzeit einnahm, mit mir in ein Geſpraͤch ein, und, da er fand, daß ich ein wenig beleſen war, ſo ward er ſehr verbindlich und freundlich. Unſere Bekanntſchaft dauerte, ſo lange er lebte. Vermuthlich war er ein her⸗ umziehender Quackſalber geweſen; denn es war keine Stadt in England, kein Land in Europa, wovon er nicht in das Einzelne gehende Kunde geben konnte. Er war etwas wiſſenſchaftlich gebildet und ein Mann don Kopf; aber ein Unglaubiger, der einige Jahre darauf den ver⸗ ruchten Einfall hatte, die Bibel in Knittelverſe zu brin⸗ 31 gen, wie Cotton fruͤher den Virgil. Auf dieſe Weiſe ſtellte er Manches in ein laͤcherliches Licht, und hätte, wohl bei ſchwachen Gemuͤthern Schaden anrichten koͤnnen, wenn ſein Werk gedruckt worden waͤre. Dieß geſchah aber nicht. Bei ihm uͤbernachtete ich und erreichte Burlington am folgenden Morgen; zu meinem Verdruß aber waren 115 gewöhnlichen Boote kurz zuvor abgegangen und vor Dienſtag — es war Sonnabend — kamen keine anderen. Ich kehrte alſo nach der Stadt zuruck zu einer alten Frau, welcher ich etwas Pfefferkuchen fuͤr meine Fahrt abgekauft hatte und fragte fie um Rath. Sie trug mir an, mich zu beherbergen, bis wieder Gelegenheit nach Philadelphia kaͤme. Ich nahm dieß an, weil meine Fuß⸗ reiſe mich ſehr ermuͤdet hatte. Als ſie hörte, daß ich ein Buchdrucker war, hätte ſie mich lieber dort bleiben und mein Geſchaͤft treiben ſehn; ſie wußte nicht, welche Aus⸗ lagen das fordert. Uebrigens war ſie ſehr gaſtlich, ſetzte mir mit dem beßten Willen ein Gericht Ochſenkinnbacken vor, und nahm dafür nur ein Maas Ale. Ich glaubte nun bis Dienſtag hier zu bleiben. Abends jedoch als ich dem Fluß entlang gieng, kam ein Boot, welches mit mehrern Perſonen nach Philadelphia gieng. Man nahm mich auf und, da Windſtille war, ruderten wir die ganze Fahrt; um Mitternacht hatten wir die Stadt noch nicht geſehen, und einige aus der Geſellſchaft waren der feſten Meinung, wir muͤßten ſchon vorbei ſeyn, wollten alſo nicht mehr rudern; die uͤbrigen wußten nicht, wo wir waren; ſo zogen wir uns nach dem Ufer, kamen in eine Bucht, landeten an alten Graͤnzpfaͤhlen, die wir zur Feuerung brauchten, weil es eine kalte Octobernacht war und blieben nun bis Tagesanbruch. Da erkannte ein Reiſegenoß den Ort fuͤr Cooper's Bucht, etwas ober⸗ halb Philadelphia, welches wir ſahen, ſobald wir aus der * 3 / 32 N —————r— Bucht waren. Wir kamen daſelbſt gegen acht oder neun Uhr Sonntags früh an, und landeten neee im e ging 19 „Mad Bub itt echten ned d ar “4 Ich habe dieſe Reiſe ſo genau beiseite: Spie ich auch meinen erſten Eintritt in die Stadt beſchreiben wer⸗ de, damit Du im Gemuͤth einen ſo unſcheinbaren Anfang mit meinem nachherigen Auftritt daſelbſt vergleichen kannſt. Ich war in meinem Arbeitsanzug, weil meine beßten Kleider mir zu Waſſer nachgeſendet wurden. So lange auf dem Boot war ich natuͤtlich ſchmutzig; die Taſchen ſtrotzten von Hemden und Struͤmpfenz ich kannte Niemand, und wußte nicht, wo ich mich nach einer Wohnung um thun ſollte. Vom Gehen, Rudern und; Nachtwachen ermuͤdet, war ich ſehr hungrig, und meine ganze Baar⸗ ſchaft beſtand aus einem Hollaͤndiſchen Thaler und unge⸗ faͤht einem Schilling Kupfermuͤnze, die ich den Boots⸗ maͤunern fuͤr die Ueberfahrt gab. Hupen ſchlugen ſie das aus und meinten, ich hatte ja mit gerudert; aber ich drang darauf daß ſte es nähmen. Man iſt. zuweilen großmüthiger) wenn man wenig, als wenn man viel Geld hat, vielleicht um ſich es nicht merken zu laſſen, daß man nur wenig hat. Ich wandelte die Straße hin? auf, und gaffte umher bis nahe an die Marktſtraße (Market Street); wo mir ein Knabe mit Brot begegnete! Ich hatte gar oft zur Mahlzeit trocken Brot! genoſſen⸗ fragte, wo er es gekauft haͤtte und gieng ſogleich nach dem angezeigten Baͤckerladen. Ich fragte nach Zwieback, wie wir ihn in Boſton hatten; aber dieſe Art kannte man, wie es ſchien, in Philadelphia nicht.“ Da forderte ich ein Groſchenbrot; das hatte man auch nicht. Da ich die Preiſe ſo wenig als die verſchiedenen Brotarten kannte, ſo ſagte ich zum Backer er folle mir nur fuͤr einen Gros ſchen geben, gleichviel von Pak meg So 14 * ER 33 gab er mir denn drei große, hoch aufgegangene Stud. Ich erſtaunte uͤber die Menge, nahm ſie aber, und weil ich in den Taſchen nicht Platz hatte, ſo gieng ich mit einem Stuͤck unter jedem Arme fort, und vom drit⸗ ten aß ich. So zog ich die Marktſtraße bis zur Fourthstreet am Haufe Hr. Read's, meines nachmali⸗ gen Schwiegervaters, vorbei. Die Tochter ſtand an der Thuͤr und dachte, als ſie mich ſah, ich ſpielte doch eine recht linkiſche, laͤcherliche Figur, wie es freilich auch wohl ſeyn mochte. Darauf wendete ich mich, gieng die Chesnut Street und ein Stuck der Walnut Street hinunter, unterwegs immer eſſend; und als ich hinunter war, befand ich mich wieder auf dem Marktſtraßenwerft, bei'm Boote, worin ich gekom⸗ men war; da gieng ich hinein, nahm einen Schluck Flußwaſſer, und weil ich mich an einem meiner Brote ſatt gegeſſen hatte, gab ich die andern beiden einer Frau und ihrem Kinde, die mit uns auf dem Boote herab⸗ geſchwommen waren und weiter wollten. So erfriſcht gieng ich wieder nach der Straße, wo ich nun viel ſau⸗ ber gekleidete Leute fand, die alle deſſelben Wegs zogen. Ich folgte ihnen und kam in das große Verſammlungs⸗ haus der Quaͤker am Markte, ſetzte mich unter ihnen nie⸗ der, und als ich mich eine Weile umgeſehen und nichts ſagen gehoͤrt hatte, auch von Anſtrengung und Schlaflo⸗ ſigkeit ſehr ſchlaͤfeig war, fo fiel ich in einen tiefen Schlaf, und ſchlief bis zum Aufbruch der Verſammlung, wo einer ſo artig war, mich zu wecken. Das war alſo das erſte Haus in Philadelphia, wo ic war, und wo ich Taler, Hierauf gieng ich an den Fluß hinab, und ſah je⸗ dem, der mir begegnete, in's Geſicht. Da ſtieß ich auf Franklin's Leben I. Abth. C 34 6 8 — nz einen jungen Quaker, deſſen Geſicht mit geſtel; dem nahte ich und bat ihn, mir zu 3 wo ein Fremder eine Wohnung bekommen koͤnnte. Wir waren eben an dem Gaſthof zu den drei Seeleuten! „Hier“, ſprach er, „iſt ein Haus, wo Fremde aufgenommen werden; doch ſteht es nicht in gutem Ruf; willſt du mit mir gehen, fo zeig' ich dir ein beſſeres.“ Und fo fuhrte er mich nach dem krummen Aſt in der Waſſerſtraße. Hier ließ ich mir Eſſen geben und uͤber Tiſch ergiengen allerlei Fragen an mich; denn meiner Jugend und meinem Anſehn nach hielt man mich wohl fuͤr einen Landſtreicher. Nach dem Eſſen wies mir mein Wirth ein Bett an; ich legte mich unentkleidet darauf und ſchlief bis Abends ſechs Uhr, wo man mich zum Abendeſſen rief. Dann legte ich mich wieder bald ſchlafen und ſchlief tuͤchtig bis früh” Nun zog ich mich ſo ſauber, als ich konnte, an und gieng zum Drucker Andreas Bradford. Im Laden fand ich den alten Vater, den ich in Neuyork geſehen hatte und der zu Pferde früher, als ich, in Philadelphia ein⸗ getroffen war. Er ſtellte mich ſeinem Sohne vor, der mich hoͤflich empfieng, mir ein Fruͤhſtuͤck vorſetzte , aber mir auch ſagte, daß er gegenwaͤrtig Niemand brauche, weil er vor kurzem einen Arbeiter bekommen habe; es ſey aber noch ein anderer Drucker, Namens Kei mer in der Stadt, der erſt vor kurzem angefangen habe und mich vielleicht brauchen koͤnne; wo nicht, ſo ſolle ich ihm in ſeinem Hauſe willkommen ſeyn und er wolle mir vor der Hand eine Kleinigkeit zu kein en bis A Bad | eh fande: 0 ˖ Der alte Mann erbot ſich, mit mir von Drucker zu gehn und, als wir hinkamen, ſagte er: „Nachbar, da bringe ich Euch einen jungen Mann von Euerm Ge⸗ 35 werb; vielleicht braucht Ihr einen ſolchen.“ Er that einige Fragen an mich, gab mir einen Winkelhaken in die Hand, zu fehen, wie ich arbeitete, und ſagte, er wolle mich bald anſtellen, wiewohl er jetzt eben nichts fuͤr mich zu thun habe. Da er den alten Bradford, den er vorher nie geſehen, für einen Buͤrger aus der Stadt hielt, der es wohl gut mit ihm meinte, ſo ließ er ſich mit ihm auf ein Geſpraͤch über: ſeine gegenwaͤrtige Unter nehmung und Ausſicht ein. Bradford ließ ſich nicht mer; ken, daß er des andern Druckers Vater war, und als Keimer ihm ſagte, er hoffe bald die meiſte Kundſchaft in ſeine Haͤnde zu bekommen, ſo veranlaßte er ihn durch liſtige Fragen und kleine aufgeworfene Zweifel, all' ſeine Ausſichten herzuzaͤhlen, worauf er beſonders fußte, und wie er zu verfahren gedaͤchte. Ich ſtand dabei, hoͤrte Alles mit an und ſah ſogleich, daß der eine ein alter verſchmitz⸗ ter Fuchs und der andere recht eigentlich ein Neuling war. Bradford ließ mich bei ihm; und Keimer Rae hoͤchlich als ich hm ſagte, wer der alte Mann war. 5 1 6 Die Bene die ich 1 ene aus einer alten ſchadhaften Preſſe, und einem kleinen abgenutzten Schriftenvorrath, den er ſelbſt zu einer Elegie auf den obenerwaͤhnten Aquila Roſe brauchte, einen jungen geiſtreichen Mann von treflichem Charakter, der in der Stadt ſehr geachteter Geheimſchreiber der Stadtverſamm⸗ lung und ein leidlicher Dichter war. Keimer machte auch Verſe, die aber nicht viel ſagen wollten. Man konnte eigentlich nicht ſagen, daß er fie ſchrieb; denn er ſetzte ſie gleich aus dem Kopfe; da nun keine 9 85 ſchrift vorlag, nur ein Paar Schriftkaͤſten vorhanded wa⸗ ren und zur Elegie doch alle Buchſtaben erforderlich ſeyn mochten, ſo konnte ihm Niemand helfen. Ich ind Ca ihm ſeine Preſſe, die er noch nicht gebraucht hatte, und wovon er nichts verſtand, in Ordnung zu bringen, ver⸗ ſprach ihm wieder zu kommen und ſeine Elegie abzuziehen, ſobald er ſie ausgeſetzt haͤtte, und gieng nun wieder zu Bradford, der mir fuͤr's erſte eine Kleinigkeit zu thun, und Wohnung und Eſſen gab. Einige Tage darauf ſen⸗ dete Keimer nach mir, ſeine Elegie abzuziehen. Und jetzt hatte er noch einen Schriftkaſten und ein Flugblatt, das er ane erg 0 er en nun W e nN 747 5 5 1 7 Nie 5 | Gelbe Drucker waren ihrem u Geſchöſt v nur wenig ge⸗ Eat Bradford war nicht dazu erzogen und ohne wiſſenſchaftliche Bildung; Keimer hatte zwar einen An⸗ ſtrich von Bildung, war aber bloß Setzer und verſtand vom Druck nichts. Er war einer der Franzoͤſiſchen Pro⸗ pheten geweſen und konnte ihre ſchwaͤrmeriſchen Entzuͤk⸗ kungen recht gut nachmachen. Jetzt eben bekannte er ſich zu keiner beſtimmten Religion; ſondern gelegentlich zu jeder; kennte die Welt ganz und gar nicht und hatte) wie ich nachher fand, einen ziemlichen Grad von Nie drigkeit. Daß ich bei ihm arbeitete und bei Bradford wohnte, behagte ihm nicht. Ein Haus hatte er zwar, aber ohne Geraͤth, und ſo konnte er mich nicht beher⸗ bergen, machte mir aber bei dem obenerwaͤhnten Hrn. Read, der Beſitzer ſeines Hauſes war, eine Wohnung aus. Da mein Kleiderſchrein unterdeß angekommen war ſo erſchien ich vor Miß Read etwas anſtaͤndiger, als da ſie 225 zuerſt mein Brot ai der e eſſen geſehn e 14 5 705 8 2 904 3 fire ok 10 ide ah Ai ai Aumähuch lunte ich auch Wan junge Leute in der Stadt kennen, die gern laſen, mit denen ich meine Abende recht ee zubrachte, und verdiente durch A beitfamkeit und Sparſamkeit mein Stuck Geld. 80 lebte ſehr zufrieden und vergaß Boſton, fo gut es gieng, wuͤnſchte auch, daß Niemand erfuͤhre / wo ich mich auf⸗ hielt, außer mein Freund Collins, der um mein Ge⸗ heimniß wußte und es treulich bewahrte. Endlich aber ereignete ſich doch ein Vorfall, der mich fruͤher / als ich dachte, nach Hauſe rief. Ich hatte einen Schwager, Robert Holmes, Eigner einer Sloop) die Kauſmanns⸗ guͤter nach Boſton und dem Delawate verfuͤhrte. Zu Neu⸗ Caſtle, vierzig Meilen unterhalb Philadelphia hoͤrte er von mir und ſchrieb mir einen Brief, worin er den Schmerz meiner Verwandten und Freunde uͤber mein ploͤtzliches Entweichen ſchilderte, mich ihres Wohlwollens, und wie ſie Alles nach meinem Sinn ausgleichen wuͤr⸗ ben, wenn ich zuruͤckkehren wollte, verſicherte. Dieß rieth er mir nun ernſtlich an. Ich antwortete, dankte ihm fuͤr ſeinen Rath, legte ihm aber meine Gründe, warum ich Boſton verlaſſen, fo vollſtaͤndig und klar vor, daß er uͤberzeugt wurde, ich waͤre doch wohl nicht 5 f ee ee 12 er ee gedacht Dan: Sir Wil lam Keith, der Statthalter der Proving wat damals in Neu⸗Caftle und Capitaͤn Holm es, der zufällig‘ bei ihm war, als er meinen Brief erhielt, ſprach von mir und zeigte ihm den Brief. Der Statthaltet las ihn und ſchien erſtaunt, als er mein Alter erführ! Er meinte, ich waͤre wohl ein junget Mann, der etwas verſpraͤche und ſollte alſo Aufmunterung bekommen; die Drucker in Philadelphia taugten nichts und, wollte ich mich daſelbſt nieberlaſſen, ſo zweifele er gar nicht, daß es mir gelingen werde; er ſeinerſeits wolle mir alle Staatsdruckſachen verſchaffen und was in ſeinen Kräften ſtuͤnde, für mich thun. Das ſagte mir mein Schwager * ſpaͤter in Boſton; für jetzt wußte ich nichts davon. Und eines Tages, als ich und Keimer am Fenſter zuſammen arbeiteten, ſahen wir den Statthalter und einen andern Herrn — es war der Oberſt French von Neu: Caſtle in der Provinz Delaware — zierlich gekleidet uͤber die Straße gerade auf unſer Haus zugehen und hoͤrten ſie an der Thuͤr. Keimer ſprang ſo leich hinunter, in der Meinung, der Beſuch gelte ihm. Der Statthalter aber fragte nach mir, kam herauf, ſagte mir mit einer mir ganz befremdlichen Herablaſſung und Feinheit allerlei Ar⸗ tiges, wünſchte mich kennen zu lernen, tadelte mich ſanft, daß ich mich ihm nicht bekannt gemacht, als ich ange⸗ kommen waͤre, und wollte mich in ein Weinhaus mit⸗ nehmen, wo er eben mit Oberſt French hingieng, einen koͤſtlichen. Madera, wie er ſagte, zu verſuchen. Ich war nicht wenig erſtaunt und Keimer blieb vor Verwunderung ganz ſteif. Ich gieng aber mit dem Statthalter und dem Oberſt French nach dem Weinhaus an der Drittſtra⸗ ßenecke, und bei'm Madera trug er mir an, mich einzurichten. Er zeigte mir die Wahrſcheinlichkeit ei⸗ nes gluͤcklichen Erfolgs, und er ſowohl, als Obriſt French verſicherten mich, ihrerſeits Alles zu thun, daß ich die oͤffentlichen Arbeiten fuͤr beide Regierungen bekaͤ⸗ me. Als ich Bedenken aͤußerte, daß mein Vater mich doch wohl nicht unterſtuͤtzen moͤchte, ſagte Sir William, er wolle mir einen Brief an ihn mitgeben, worin er die Vortheile auseinander ſetzen wolle, und zweifle gar nicht, daß er ſich willig finden laſſen werde. So ward denn beſchloſſen, daß ich mit dem erſten Schiff, mit dem Briefe des Statthalters an meinen Vater, nach Boſton abgehen follte. Bis dahin ſollte es geheim gehalten wer⸗ den und ſo gieng ich wieder wie gewoͤhnlich, zu Keimer in die Arbeit. Der Statthalter ließ mich von Zeit zu | Zeit bei ſich eſſen, was ich fuͤr eine große Ehre achtete, zumal da er BAR: he vertraut und kasse i mit eee re ar Ir Era 77 N funken ende 83 1724 gieng ein 1 Schiß nach Boſton. Ich beurlaubte mich von Keimer, um meine Freunde zu beſuchen. Der Statthalter gab mir einen langen Brief an meinen Vater, worin er viel Schoͤnes uͤber mich ſagte und ihm den Plan, mich in Philadelphia niederzulaſſen, als mein Gluͤck begruͤndend, an's Herz legte. Als wir die Bucht herabfuhren, ſtießen wir auf eine Untiefe und das Schiff ward leck; wir hat⸗ ten eine ſtuͤrmiſche Fahrt und mußten ſaſt unausgeſetzt pumpen, wo ich denn auch an die Reihe kam. Indeß kamen wir ungefaͤhr in vierzehn Tagen wohlbehalten in Boſton an. Ich war ſieben Monate fort und meine Freunde hatten nichts von mir gehoͤrt; denn mein Bru⸗ der Holmes war noch nicht wieder zuruͤck und hatte auch nichts von mir geſchrieben. Mein unerwartetes Erſchei⸗ nen uͤberraſchte die Familie; indeß freuten ſich Alle, mich wieder zu ſehen, und hießen mich willkommen, bis auf meinen Bruder, den ich in ſeiner Druckerei beſuchte. Ich war beſſer gekleidet, als ehemals in ſeinen Dien⸗ ſten; denn ich hatte einen ganz neuen, huͤbſchen Anzug, eine Uhr, und beinahe 8 Pf. Sterling Silbergeld in der Taſche. Er nahm mich nicht ſonderlich artig auf, maaß mich von Kopf zu Fuß und gieng wieder an ſeine Arbeit. Die Arbeiter erkundigten ſich, wo ich geweſen, was es fuͤr ein Land waͤre, wie ich mir da gefallen haͤtte? Ich ruͤhmte es gar ſehr und wie gluͤcklich ich dort gelebt haͤtte, auch entſchloſſen wäre, wieder hin zu gehen. Als einer fragte, was fuͤr Geld dort gaͤnge ſey, zog ich eine Hand voll Silber hervor und zeigte es ihnen; 40 ——ů— was denn fuͤr ſie, die nur Papiergeld kannten, eine Art von Seltenheit war. Dann nahm ich Gelegenheit, auch meine Uhr ſehen 75 laſſen, und endlich — mein Bru⸗ der blieb immer muͤrriſch und unfreundlich — gab ich ihnen einen Thaler Trinkgeld und gieng. Dieſer mein Beſuch beleidigte ihn gar ſehr. Denn als einige Zeit darauf meine Mutter von Ausſoͤhnung ſprach und wuͤnſchte, daß wir in gutes Vernehmen treten und kuͤnftig als Bruͤder leben moͤchten, ſagte er, ich haͤtte ihn vor ſeinen Leuten ſo verhoͤhnt, daß er mir es nie vergeſſen, noch e werde. ee! 9 hatte er Unrecht. 8 1 1 88 Wun vg Leute i eim ziehen SR Mein Vater nahm ben Brief des Sehen e etwas Aden in die Hand; ſprach aber eine Zeitlang wenig davon: Als Capitaͤn Holmes zuruͤckkehrte, zeigte er ihm denſelben und fragte, ob er Sir William Keith kenne, und was es fuͤr ein Mann ſey. Er muͤſſe doch, fuͤgte er hinzu, nicht ſonderlich uͤberlegſam fein, da er einen Jungen in ein Geſchaͤft ſetzen wolle, der noch drei Jahre bis zum Mannsalter hin habe Holmes ſprach, ſo gut er immer konnte, fuͤr den Plan; aber mein Vater war entſchieden dagegen und ſchlug es zuletzt rund ab. Er ſchrieb einen hoͤflichen Brief an Sir William dankte ihm fuͤr die, mir ſo guͤtig angetragene, Goͤnner⸗ ſchaft, lehnte aber ſeinerſeits die Unterſtuͤtzung fuͤr jetzt ab, weil ich, feiner Meinung nach, noch zu jung fe), als daß man mir ein ſo wichtiges Geſchaͤft anvertrauen könne, wozu die erſte Einrichtung rag and bedeu⸗ tende dene n, 90 0 Ne ru eien an en 50 nn meet asi e e Altern Bekannten en detu bei um vn. amt angeſtellt war, freute ſich ſehr uͤber die Kunde, d ich ihm von meinem neuen Vaterlande gab, und beſgleß⸗ — — * 7 4¹ Entſchluß wartete, reiſete er fruͤher als ich, zu Lande nach Rhodeisland ab, ließ aber ſeine Buͤcher, eine huͤbſche Sammlung mathematiſcher und naturphiloſophiſcher Schrif⸗ ten zuruck, die ich nebſt den meinigen nach Neuyork, wo er mich erwarten wollte, mit nene ane N acht 7 . 7 mich einem ſo vornehmen Manne, wie dieſem, an mei⸗ nem neuen Wohnort, ſo empfohlen und durch Fleiß und Sparſamkeit in ſo kurzer Zeit ſo huͤbſch herausgeputzt hatte. Da er nun keine Ausſicht auf Verſoͤhnung zwi⸗ ſchen meinem Bruder und mir hatte, ſo willigte er ein, daß ich wieder nach Philadelphia gienge, rieth mir, den Sit Obi nun e mein „Voter Sir Williams ae | nicht genehmigte, ſo ſchmeichelte es ihm doch, daß ich Leuten dort mit Achtung zu begegnen, die allgemeine Ach⸗ tung zu gewinnen, und mich des Spottens und Schmaͤh⸗ ſchriftelns zu enthalten, wozu ich ihm ſtark geneigt ſchien Mit anhaltendem Fleiß, meinte er, und kluger Spar⸗ ſamkeit, könnte ich doch in meinem ein und zwanzigſten Jahre wohl ſo viel geſpart haben, daß ich mich einzu⸗ richten im Stande waͤre, und, kaͤm' es dazu, ſo wolle er mir mit dem Uebrigen aushelfen. Dieß war alles, was ich, außer einigen kleinen Geſchenken, als Zeichen ‚Alters. licher Liebe erhalten konnte, als ich mich wieder nach Neupork einſchiffte, nur daß es dießmal mit ihrer Be⸗ willigung und ihrem Segen geſchah. Da die Sloop in Rhodeisland bei Newport anlegte, ſo beſuchte ich meinen Bruder Johann, der ſich dort vor drei Jahren niedergelaſſen und verheirathet hatte. Er nahm mich recht liebend auf; denn er liebte mich immer. Einer ſeiner Freunde, Namens Vernon, hatte in Pennſylvanien eine Schuld von ungefaͤhr 38 Pf. zu fordern, und erſuchte mich, \ ſie fuͤr ihn einzutreiben und bis auf weitere Verfugung zu bewahren. Er gab mir alſo eine Anweiſung. Dieß Gerhäft 50g ee viel ODER iu. | e een > In e nahmen wir eine Anzahl Reiſege⸗ vo mit, worunter zwei junge Frauenzimmer und ein verfänbines matronenartiges Quaͤkerweib mit ihren Leu⸗ ten waren. Ich hatte der Letzteren mit verbindlicher Hoͤf⸗ lichkeit einige kleine Dienſte zu erweiſen geſucht und deß⸗ halb wahrſcheinlich hatte ſie ſehr wohlwollende Geſinnun⸗ gen gegen mich gefaßt. Denn als ſie die taͤglich ſteigende Vertraulichkeit zwiſchen mir und den beiden jungen Frauen⸗ zimmern ſah und bemerkte, daß man mich dazu anfeuerte, nahm ſie mich beiſeite, und ſagte: „Ich nehme Theil an Dit, junger Mann, da Du keinen Freund bei Dir haſt, und die Welt, wie die Schlingen, die man der Jugend legt, nicht zu kennen ſcheinſt. Verlaß dich darauf, das ſind gar ſchlechte Frauen; ich ſeh es aus ihrem ganzen Benehmen und, ſo Du nicht auf deiner Hut biſt, ziehen ſie Dich in irgend eine Gefahr. Sie ſind Dir fremd und ich rathe Dir aus feeundlicher Theilnahme an deinem Wohl, mache Dir nichts mit ihnen zu thun.“ Da ich ihr Anfangs nicht ſo ſchlimm, als ſie ſelbſt, von ihnen zu denken ſchien, ſo erwaͤhnte ſie Einiges, was ſie bemerkt und gehoͤrt, ich abet überſehen hatte, und uͤberzeugte mich, daß ſie Recht habe. Ich dankte ihr fuͤr den freund⸗ lichen Rath und verſprach, ihn zu befolgen. Als wir in Neuyork ankamen, ſagten ſie mir, wo ſie wohnten und luden mich ein, ſie zu beſuchen. Ich vermied es aber, und that wohl daran. Denn am folgenden Tage ver⸗ mißte der Capitaͤn einen ſilbernen Löffel und einige ans dere Sachen, die ihm aus der Kajuͤte entwendet waren, und, weil er erfuhr, daß es ein Paar feile Dirnen waͤ⸗ # “ N 1 8 5 ß 1 1 + 59 a 3 — ren, ſo wirkte er ſich einen Befehl aus, Hausſuchung zu thun, fand die geſtohlenen Sachen und ließ die Diebin⸗ nen beſtrafen. Obgleich wir einer eingeſunkenen Klippe, an die wir unterwegs ſtreiften, entgangen waren, ſo war mir doch, dieſen entgangen zu ſeyn, weit wich⸗ tiger 22 BEE ; Zu Neuyork traf ich meinen Freund Collins, der etwas fruͤher, als ich eingetroffen war. Wir waren von Kindheit auf innig vertraut, und hatten zuſammen die⸗ ſelben Buͤcher geleſen; nur daß er mehr Zeit zum Leſen und Studieren, und eine wunderſame Anlage zur Mathe⸗ matik hatte, worin er mir weit uͤberlegen war. In Bo⸗ ſton hatte ich meine Mußeſtunden groͤßtentheils im Um⸗ gange mit ihm verlebt; er war damals ein ordentlicher und betriebſamer Burſche, ward wegen ſeiner Kenntniffe von mehrern Geiſtlichen und Weltleuten ſehr geachtet, und ſchien etwas Rechtes zu verſprechen. Aber waͤhrend mei: ner Abweſenheit hatte er ſich das Branntweintrinken ange⸗ woͤhnt und war, wie er ſelbſt und auch Andere mir ſag⸗ ten, ſo lange er in Neuyork war, alle Tage betrunken geweſen, uͤberhaupt hatte er ſehr luͤderlich gelebt, ges ſpielt und ſein Geld verloren, ſo daß ich ſeine Wohnung und unterwegs, wie in Philadelphia, die Reiſe fuͤr ihn bezahlen mußte, was mir ſehr laͤſtig war. Der dama⸗ lige Statthalter von Neuyork, Burnet, Sohn des Bi⸗ ſchofs Burnet, hoͤrte vom Capitaͤn, daß einer der Mei: ſenden viel Buͤcher am Bord haͤtte, und bat ihn, mich zu ihm zu bringen. Ich ſprach vor und hätte gern Col⸗ lins mitgenommen, wenn er nur nuͤchtern geweſen waͤre. Der Statthalter empſieng mich ſehr hoͤflich, zeigte mir ſeine Buͤcherſammlung, die bedeutend war, und wir ſpra⸗ chen viel uͤber Bücher und Schriftſtell'r. Dieß war nun der zweite Statthalter, der mir die Ehre erwies, von mir Kunde zu nehmen; für einen armen Jungen, wie ich, ein ſehr angenehmes Ereigniß. Wir fuhren fort nach Philadelphia; unterwegs wurde mir Vernon's Schuld ausgezahlt, ohne welche wir unſere Reiſe nicht haͤtten beendigen koͤnnen. Collins wuͤnſchte in einer Bank angeſtellt zu werden; ob man aber ſein Brannt⸗ weintrinken gerochen, oder aus dem Benehmen erra⸗ then hatte, trotz allen Empfehlungen kam er nirgends an, und wohnte und zehrte immerfort auf meine Koſten bei mir. Da er wußte, daß ich das Geld fuͤr Vernon hatte, ſo borgte er nur ſtets, und verſprach, mich, ſo⸗ bald er in ein Geſchaͤft kaͤme, wieder zu bezahlen. End⸗ lich hatte er mir ſo viel abgenommen, daß ich mit Angſt daran dachte, was ich nun wohl anfangen wollte, wenn ich an Ablieferung gemahnt würde: Er trank immer fort, woruͤber wir uns bisweilen zankten; denn in der Trunkenheit war er ſehr reizbar. Eines Tages wollte er auf einem Boot auf dem Delaware mit einigen andern jungen Leuten, als die Reihe ihn traf, nicht rudern. „Ich will mich heimrudern laſſen,“ ſagte er. „Wir wollen nicht fuͤr dich rudern,“ ſagt ich. „Ihr muͤßt,“ ſagte er, oder ihr bleibt die ganze Nacht auf dem Waſſer wie's euch gefallt.!“ Die Andern ſagten; „Laßt uns immer rudern! was thut es?“ Da ich aber ohnedieß eine Bitterkeit gegen ihn hatte, ſo weigerte ich mich ſtandhaft. Nun ſchwor er, er wolle mich rudern lehren, oder uͤber Bord werfen; kam auch wirklich ſchraͤg auf mich los und ſchlug nach mir; ich aber faßte ihn bei den Beinen, hob ihn auf, und ſtuͤrzte ihn haͤuptlings in den Fluß. Da ich wußte, daß er ein guter Schwimmer war, fo kümmerte ich mich nicht viel darum; ſondern eh er noch das Boot erfaſſen konnte, drehten wir es mit ein Paar ng „ 5 e ab, und wenn er in die Nähe des Boots kam, fragten wir, ob er rudern wollte, und lenkten wie⸗ der ab. Er erſtickte beinahe vor Aerger, wollte aber durchaus nicht zu rudern verſprechen. Da wir endlich ſahen, daß er matt wurde, zogen wir ihn in das Boot und brachten ihn triefend nach Hauße. Nach dieſem Vorfall wechſel⸗ ten wir kaum ein freundliches Wort. Endlich fand ihn ein Weſtindienfahrer Capitaͤn, der Auftrag hatte, fuͤr eine Familie in Barbadoes einen Lehrer zu ſchaffen, und trug ihm dieſe Stelle an. Collins nahm ſie an und ver⸗ ſprach, mir das ſchuldige Geld von dem erſten, was er einnaͤhme, zu bezahlen; aber ich habe nichts wieder von ihm gehoͤrt. Meine Veruntreuung des Vernonſchen Gel⸗ des war einer der erſten großen Druckfehler in meinem Leben, und bewies, daß mein Vater doch nicht ſo gar Unrecht hatte, wenn er mich fuͤr zu jung hielt, um einem Geſchaͤft vorzuftehen Sir William aber, als er ſei⸗ nen Brief las, meinte, er ware zu krittlich und man muͤſſe nur feine Leute unterſcheiden; das Alter ſey darum auch nicht immer klug, noch die Jugend unklug. „Da Er Sie aber nicht einrichten will, ſo will ich es. Geben Sie mir ein Verzeichniß deſſen, was Sie aus England brauchen, und ich laſſe es kommen. Sie bezahlen mich wieder, wenn Sie koͤnnen; ich muß einen guten Drucker hier haben, und bin gewiß, es muß Ihnen gluͤcken.“ Das war dem Schein nach ſo herzlich geſprochen, daß ich nicht im mindeſten an dem, was er ſagte, zweifelte. Ich hatte meine Niederlaſſung in Philadelphia bisher ge⸗ heim gehalten, und that dieß auch noch. Waͤre es be⸗ kannt geweſen, daß ich mich auf den Statthalter ver⸗ ließ, ſo haͤtten mir vielleicht einige Freunde, die ihn befa \ fer kannten, abgerathen, weil, wie ich nachher erfuhr, er mit Verſprechungen ſehr freigebig war, aber nichts hielt. Da ich ihn aber nicht aufgefordert hatte, wie konnte ich fein großmuͤthiges Anerbieten fuͤr unaufs richtig halten? HERE war er der bravyſte Wand von der Mi N N en 3 er en 80 Ae n ein Berzeichnig von einem klei⸗ nen Druckerreigeraͤth, das, nach meiner Berechnung, un⸗ gefahr 100 Pf. St; betrug. Er genehmigte es, fragte mich aber, ob es vielleicht nicht noch vortheilhafter waͤre, wenn ich ſelbſt in England auf dem Platze die Schriften wählen: und Alles beſichtigen koͤnnte. „Sind Sie dann,“ ſagte er, „einmal dort, nun ſo koͤnnen Sie auch zugleich, Bekanntſchaften machen und Briefwechſel mit Buchhaͤnd⸗ lern und Papiermachern einleiten.“ Ich gab zu, daß dieß freilich wohl vortheilhaft ſeyn wuͤrde. „Nun, fo ma⸗ chen Sie ſich fertig,“ ſagte er, „mit Anims abzugehen,“ welches das jaͤhrlich abgehende einzige Schiff war, das damals gewöhnlich von London nach Philadelphia und zuruͤck ſegelte. Da es jedoch einige Monate waͤhrte, ehe Anims abgieng, ſo arbeitete ich bei Keimer fort, immer ſehr beſorgt um das Geld, das mir Collins abgeliehen hatte, und in Furcht, daß Vernon es zuruͤckverlangte. Zum n geſchah dieß erſt einige Jahre ane u Ich habe wohl nei daß auf meiner erſten Reiſe von Boſton nach Philadelphia, als uns eine Wind⸗ ſtille jenſeits Block Island aufhielt, unſer Schiffsvolk viel Kabliaue in Menge fieng. Bisher war ich meinem Vorſatz, nichts, das lebendig geweſen, zu eſſen, treu ge⸗ blieben; und bei dieſer Gelegenheit noch, betrachtete ich, nach meinem Meiſter Tyron, den Fiſchfang als eine Art von muthwilligem Mord, da uns ja doch kein Fiſch irgend etwas zu Leid thaͤte, oder thun könnte, was die⸗ 42 ſen Motd rechtfertigte. Das klang recht vernuͤnftig. Aber ich war fruͤherhin ein großer Liebhaber von Fiſchen gewe⸗ ſen, und ſie rochen ganz vortreflich, wenn ſie aus der Schmorpfanne kamen. Da ſchwankte ich denn eine Weile zwiſchen Grundſatz und Neigung, bis ich mich erinnerte, daß ja aus geoͤffneten Fiſchen kleinere herausgenommen wurden. Nun, dachte ich, „koͤnnt ihr euch einander ſelbſt auffreſſen, ſo ſehe ich nicht ein, warum wir euch nicht eſſen ſollen ?“ So ſpeißte ich denn den Kabliau mit vielem Behagen und habe ſeitdem, wie andere Leute, zu eſſen gepflegt, nur daß ich von Zeit zu Zeit, wenn es ſich eben trifft, zur Pflanzenkoſt zuruͤckkehre. So be: quem iſt es, ein vernuͤnftiges Geſchoͤpf zu ſeyn! Man findet, oder macht fuͤr alles, was Einen eben zu dert geluͤſtet, einen Grund: Ar J00 lebte mit ee 1 einem RER vertrauten Fuße und wir vertrugen uns leidlich; denn, daß ich mich niederlaſſen wollte, ahnete er nicht. Er ſchwaͤrmte und fuͤhrte ſeine Beweiſe nach wie vor. So hatten wir denn manchen Wortwechſel. Ich bearbeitete ihn mit meiner So⸗ kratiſchen Methode, und uͤberliſtete ihn mit ſcheinbar ſo gar fern von dem ſtreitigen Gegenſtande liegenden Fragen, die doch allmaͤhlich darauf hinkamen und ihn in Verlegenhei⸗ ten und Widerſpruͤche ſetzten, ſo ſehr und fo oft, daß er am Ende bis zur Laͤcherlichkeit vorſichtig ward und mir die alltaͤglichſte Frage kaum beantwortete, ohne zuvor zu fragen: was gedenkt Ihr aber daraus zu folgern? Bei all' dem gab ihm das einen ſo hohen Begriff von meiner Streitbarkeit, daß er mir alles Ernſtes antrug, ich ſollte ihm zu Stiftung einer neuen Sekte behuͤlflich ſeyn. Er wollte Lehren predigen, ich ſollte alle Gegner beſtreiten. Als er ſich nun mit mir uͤber die Lehrſaͤtze * ſelbſt beſprach, fand ich verſchiedene ſpaß hafte Auswüͤchſe darunter, denen ich widerſprach, wenn ich nicht auch ein wenig meinen eigenen Weg gehen, und manche von mir ſollte aufbringen duͤrfen. So trug Keimer ſeinen ER ganz lang, weil irgendwo im Moſaiſchen Geſetz fteht: follſt die Spitzen deines ss e auch den ſiebenten Tag, den Sabbath; und dieß Beides war ihm weſentlich⸗ Beides ſtand mie nicht an; doch wollte ich es alles auf die Bedingung gelten laſſen, daß er die Lehre von Vermeidung der Fleiſchkoſt annahme. Ich fuͤrchte, ſagte er, meine Koͤrperbeſchaffenheit vertraͤgt das nicht. Ich verſich erte ihm, ſie vertruͤge es, und er werde ſich vielmehr dabei nur beſſer befinden. Er war in der Megel ein ſtarker Eſſer und mir machte nes Spaß, ihn halb auszuhungern. Doch wollte er es verſuchen, wofern ich ihm Geſellſchaft leiſtete. Das that ich und wir hiel; ten es drei Monate „Gewoͤhnlich wurden uns unſere Lebensmittel von einer Nachbarin eingekauft, gekocht und gebracht, die von mir ein Verzeichniß von vierzig Gerich⸗ ten verhielt, die ſie fuͤr uns herzurichten hatte, wo kein Sleiſch, noch Fiſch, noch Geflügel chineinkam. Da der Einfall, ſo wohlfeil war, daß er uns jedem wöchentlich nicht guͤber achtzehn Pence ( 12 Gr. iakoſtete, ſonbehagte er mir damals zum ſoß mehr. Ich habe ſeitdem manch⸗ mal ſtrenge Faſten gehalten, die gewoͤhnliche Lebensart, damit vertauſcht, und umgekehrt, wie es mir eben einfiel, > sahne den mindeſten Nachtheil. Ich denke mithin, es hat mit dem Rathe, dergleichen Abwechſelungen nur all⸗ maͤhlich vorzunehmen; nicht eben viel auf ſich. Ich bez fand mich koͤſtlich; aber der arme. Keimer „litt ſchmerz⸗ lich, wurde der Sache uͤberdruͤßig, luͤſterte nach den Fleiſch⸗ doͤpfen Aegyptens und beſtellte ein gebratenes Spanfer⸗ KR Dazu lud ec mwichsund Roch zwei Saunen; da A N rns lin: 49 aber der Braten unglüͤcklicherweiſe etwas zu früh aufge⸗ tragen ward, konnte et der Verſuchung nicht wider ſtehen und gi abe aan, RR e wir ir 1. auf. 511126 10 e 5 Ba. ;3 ib SE ig diefe — batte ic Miß Read 4 den 75 gemacht, ich hatte viel Achtung und Zaͤrtlichkeit fur ſie und einigermaaßen Grund, daſſelbe auch von ihr in Bezug auf mich zu glauben. Da ich aber eine lange Reife zu machen im Begriff ſtand und wie beide noch ſehr jung (etwas uͤber achtzehn Jahr) waren, ſo hielt die Mutter fuͤr's kluͤgſte, vor der Hand uns nicht zu weit einzulaſſen; weil doch eine Heirath, wenn ſie etwa Statt finden ſollte, ſchicklicher nach meiner Ruͤckkehr zu Stande kommen koͤnnte, wo ich, wie ich hoffte, mich felbſt haͤuslich niederließ. Vielleicht hielt fie auch meine Hoffnungen nicht fer ſo begründet, als ich mir eins Kal Nor 2 Mein Bein: war damals Karl ee Joſeph Watſon und Jakob Ralph, alle Liebhaber vom Leſen. Die beiden erſtern waren Schreiber bei einein angeſehenen Sachwalter der Stadt, Karl Brogdonz der dritte Handelsdiener; Wat ſon ein frommer, verſtaͤndi⸗ ger, höchſt rechtſchaffener junger Mann; die andern in ihren religiöͤſen Anſichten etwas ſchlaffer, zumal Ralph, der, wie Collins, don mir wankend gemacht worden war; wofür mir auch beide zu ſchaffen gemacht und ver⸗ golten haben. Osborne war verſtaͤndig, aufrichtig und offen, gegen Freunde liebend und offenherzig, aber in litetariſchen Dingen etwas hofmeiſterlich; Ralph geiſt⸗ reich, artig von Betragen und hoͤchſt beredtſam; ich Haus be, ich habe nie einen beſſern Sprecher gekannt. Beide Franklin's Leben. I. Akth. D g 50 f ö waren große Verehrer der Dichtkunſt, und verſuchten ſich auch in Kleinigkeiten. Sonntags hatten wir manchen angenehmen Luſtgang zuſammen in der Waldung an den Ufern des Schuylkill, wo wir einander vorlaſen und über Geleſenes uns mittheilten. Ralph war geneigt, ſich der Dichtkunſt ganzlich zu ergeben und zweifelte gar nicht, große Fortſchritte darin, und ſelbſt ſein Gluͤck dadurch zu machen. Er behauptete, die groͤßten Dichter müßten Anfangs eben fo ſehr gefehlt haben, als er. Os⸗ borne ſuchte ihm abzurathen, verſicherte ihn, er habe keinen Genius zur Dichtkunſt und rieth ihm, an nichts, als das Geſchaͤft, wozu er erzogen wurde, zu denken; als Kaufmann koͤnne er, wenn er auch kein Vermoͤgen hätte, durch Fleiß und Puͤnctlichkeit als Rechnungsfuͤhrer ankommen, und mit der Zeit auf eigne Hand zu handeln anfangen. Ich meinerſeits erlaubte gern, ſich zuweilen, ſoweit als es zur Ausbildung der Sprache diente, mit der Dichtkunſt zu vergnuͤgen; aber auch weiter nicht Somit wurde vorgeſchlagen, daß Jeder von uns bei der naͤchſten Zuſammenkunft ein Stück von eigener Arbeit mitbringen ſollte, um durch gegenſeitige Bemerkung, Mufterung und Beſſerung uns zu bilden. Da wir Spra⸗ che und Ausdruck zum Zweck hatten, ſo ſchloſſen wir al⸗ les was die Erfindung angieng, aus und kamen uͤberein, eine Ueberſetzung des achtzehnten Pſalms, worin das Herabkommen der Gottheit beſchrieben wird, ſolle die Aufgabe ſeyn. Als der Tag der Zuſammenkunft nahte; beſuchte mich Ralph zuvor und ſagte, feine Arbeit fen fertig; ich ſagte, ich hätte zu thun und wenig Luft gehabt. Hierauf zeigte er mir ſeine Arbeit, um mein Urtheil daruͤber zu hoͤren; und ich lobte ſie, weil ſie mir allerdings verdienſtlich ſchien. Nun ſagte er, Osborne laͤßt mir nie auch das geringſte Verdienſt, ſondern macht ia aus bloßem Neid tauſend Ausſtellungen. Auf Sie iſt er ſchon nicht ſo eiferſuͤchtig; ich wuͤnſchte alſo, Sie gaͤben die Arbeit fuͤr ihre aus; ich gaͤbe vor, ich haͤtte keine Zeit gehabt und alſo nichts geſchrieben, da wollen wir ein⸗ mal hoͤren, was er dazu meint. Das gieng ich ein und ſchrieb das Stuͤck ſogleich eigenhaͤndig ab. Wir kamen zuſammen. Watſon's Arbeit ward vorgeleſen; ſie hatte einiges Gute, aber viel Fehler. Osborne's Arbeit war beſſer. Ralph ließ ihr Gerechtigkeit wiederfahren, bemerkte einige Fehler, lobte aber die Schoͤnheiten. Er ſelbſt hatte nichts vorzuzeigen. Ich war noch zuruͤck, ſtellte mich, als beduͤrfe ich der Entſchuldigung, ich haͤtte nicht Zeit zur Verbeſſerung gehabt ꝛc aber da half keine Entſchul⸗ digung, ich mußte herausruͤcken. Das Gedicht ward vor⸗ geleſen und wieder vorgeleſen: Watſon und Osborne traten vom Kampfplatz ab und lobten einſtimmig. Nur Ralph ſtellte Einiges aus und ſchlug einige Verbeſſerungen vor; ich aber vertheidigte meinen Text. Osborne war ſtreng gegen Ralph und ſagte zu mir, er koͤnne eben ſo wenig Verſe kunſtrichtern, als fertigen. Als nun die Beiden nach Hauſe giengen, erklaͤrte ſich Osborne noch weit guͤnſtiger über meine angebliche Arbeit; er habe vor⸗ hin nur deßhalb ſich gehalten, damit ich nicht glaubte, er ſchmeichle mir? Wer haͤtte ſich aber auch einfallen laſſen,“ ſagte er, „daß Franklin ſo etwas leiſten koͤnnte? Welche Darſtellung! welche Kraft! welch' Feuer! Er hat das Urbild noch verſchoͤnert. In der gewoͤhnlichen Un⸗ terhaltung ſcheint er die Worte gar nicht waͤhlen zu koͤn⸗ nen, er ſtockt und verſtoͤßt; aber mein Gott! wie ſchreibt er“, Als wie das naͤchſte Mal zuſammenkamen, entdeckte Ralph den Schwank, und Osborne ward ausgelacht. Dieß beſtaͤtigte Ralph in ſeinem Vorſatz, ein Dichter zu werden. Ich ſuchte ihm ſo viel moͤglich abzurathen, aber D 2 er verſelte ſo kange, bis ihn Pope heilte. *) Er ward abet ein ziemlich guter Proſaiker. Mehr von ihm nach⸗ her! Da ich die beiden Andern zu erwaͤhnen nicht wieder Anlaß haben duͤrfte, ſo will ich gleich hier bemerken, daß Watſon vielbeklagt, weil er der beßte in unſerer Geſell⸗ ſchaft war, einige Jahre darauf in meinen Armen ſtarb. Osborne gieng nach Weſtindien, ward dort ein angeſe⸗ hener Sachwalter und verdiente viel Geld, ſtarb aber jung! Er und ich verabredeten ernſtlich, daß, wer zuerſt ſtuͤrbe, wo moͤglich dem Andern einen freundlichen Beſuch abſtatten und ihm Kunde geben ſollte, wie er es da druͤ⸗ 3 Ee or aber Inne Wort gehalten. Ace % Der eee fhien an mir ee zu ae lud mich alſo oft zu ſich, und meine Einrichtung war immer ein ſtehender Artikel des Geſpraͤchs. Ich ſollte Empfehlungsſchreiben an eine Menge ſeiner Freunde mit⸗ nehmen, dabei auch Beglaubigungsbriefe, das noͤthige Geld zum Ankauf der Preſſe, der Schriften, des Papiers ꝛc. zu erheben. Ich ward mehrmal dieſe Briefe abzuhohlen beſtellt, aber immer auf eine naͤchſte Friſt wieder beſchie⸗ den. So gieng es, bis das Schiff, deſſen Abgang auch ſchon einigemal verſchoben worden war, abzuſegeln im Boßriff ſtand. Als ich nun da vorſprach, um Abſchied zul nehmen und meine Briefe zu hohlen, kam fein Geheime ſchreiber, Dr Baird heraus und ſagte, der- Statthal⸗ ter fey überhäuft mit Schreiben, werde aber noch früher“ als das Schiff in Neucaſtle ſeyn, und n wolle er mir die date jet: use nod (ee Ram F 8 Fü 4341 79. 8 55 Aan 45 3 * Schweigt e k Wand v vor ernte baue, sh und Nacht verleiden! gebt ihm Antwort; Eulen! ine en en n do no hn unciade. 9 ER 53 Auf dieſer Reife wollte mich Ralph, wiewohl er ver⸗ heirathet war und ein Kind hatte, begleiten. Man glaubte, er habe die Abſicht, Verbindungen anzuknuͤpfen, und Waaren im Verkauf zu übernehmen; ich erfuhr aber nach⸗ her, daß er mit ſeiner Frauen Verwandten unzufrieden war, fie ihnen uͤberlaſſen und nie wieder nach Amexien zuruͤck wollte. Nachdem ich von meinen Freunden Ab⸗ ſchied genommen und mich mit Miß Read verſprochen, verließ ich Philadelphia auf dem Schiffe, das nach Neu⸗ Caſtle abgieng. Der Statthalter war dortz als ich aber nach ſeiner Wohnung gieng, kam mir der Geheimſchrei⸗ ber entgegen, und bedauerte recht ſehr, daß er mich nicht ſprechen koͤnne, weil er eben in einer hoͤchſt wichti⸗ gen Angelegenheit zu thun haͤtte; er wuͤrde mir aber die Briefe an Bord ſenden, wuͤnſche mir von Herzen gluͤckliche Reiſe und baldige Ruͤckkehr ic. Ich kehrte etwas ver⸗ druͤßlich nach dem Schiffe zuruͤck, ue aber n. im⸗ mer nicht. Auf dem Schiffe a ſich noch Mr. Andreas Hamilton, ein beruͤhmter Philadelphiſcher Sachwalter mit ſeinem Sohn; Mr. Denham, ein Quaͤkerkaufmann und die Herrn Onian und Ruſſel, Beſitzer eines Ei⸗ ſenhammers in Maryland. Sie hatten die große Ka⸗ juͤte in Beſchlag genommen, ſo daß Ralph und ich mit einem Platz am Steuer vorlieb nehmen mußten, und, da uns Niemand am Bord kannte, fuͤr gemeine Leute galten): Hamilton aber kehrte mit feinem Sohne (Jacob, dem nachherigen Statthalter) von Neu⸗Caſtle nach Phi⸗ ladelphia zuruͤck, weil der Vater mit großen Koſten zu⸗ ruͤckberufen wurde, eine Klage wegen eines weggenom⸗ menen Schiffs anzuſtellen. Und da kurz zuvor, ehe wir abgiengen, Oberſt French an Bord kam und mic mit 54 Achtung begegnete, fo nahm man mehr Kunde von mir, und lud meinen Freund Ralph und mich in die Kajuͤte, wo nunmehr Platz war. Wir giengen alſo hinein. Als ich hoͤrte, Oberſt French habe Staatsbriefe des Statthalters an Bord gebracht, ſo fragte ich den Capitaͤn nach den Briefen, die mir uͤbergeben werden ſollten. Er ſagte, ſie waͤren alle im Sack beiſammen, er koͤnne jetzt nicht dazu; ehe wir aber in England lan⸗ deten, ſollte ich ſie noch herausſuchen. So war ich denn für’, erſte beruhigt und wir ſetzten unſere Reife fort. In der Kajuͤte hatten wir recht angenehme Geſellſchaft und befanden uns recht wohl, zumal da wir Hamilton's Vorrath hatten, der in Fuͤlle da lag. Auf dieſer Fahrt faßte Denham eine Freundſchaft fuͤr mich, die ſo lange er lebte, dauerte. Uebrigens war die Reiſe nicht ange⸗ nehm; denn wir hatten meiſt ſchlechtes Wetter. Als wir in den Canal kamen, hielt der Capitaͤn Wort und ließ mich den Sack nach den Briefen des Statthalters durchſuchen. Ich fand einige, worauf mein Name, als gefaͤllig Beſorgenden, ſtand; nahm ſechs bis ſieben heraus, die nach der Aufſchrift für mich zu ſeyn ſchienen, beſonders da einer an den koͤniglichen Drucker Basket und ein anderer an einen Papierhaͤndler war, Wir kamen am 24. Deebr. 1724 in London an. Ich ſprach bei'm Papierhaͤndler vor, der mir zuerſt in den Weg kam, und haͤndigte ihm den Brief als vom Statt⸗ halter Keith ein. „Den kenne ich nicht,“ ſagte er; als er aber den Brief öffnete: „ach, der iſt von Riddles denz den hab ich juͤngſt als einen ausgemachten Schurken ken⸗ nen gelernt, mag nichts mit ihm zu thun haben und keine Briefe von ihm annehmen.“ So gab er mir den — zn. A Brief zuruͤck, drehte ſich um und verließ mich, um einen Kunden zu bedienen. Ich ſtaunte, daß die Briefe nicht vom Statthalter waren und nach einigem Nachdenken und Vergleichen der ‚Umstände fieng ich doch an, an fei: ner Aufrichtigkeit zu zweifeln. Ich ſuchte meinen, a Denham auf und eröffnete ihm die ganze, Sache, gab mir Aufſchluß über, Keith's Charakter, ſagte, es = auch nicht im mindeſten wahrſcheinlich, daß er Briefe ‚fü r mich geſchrieben;, Niemand, der ihn kenne, verlaffe 16 auf ihn; und lachte dann über den Einfall des Statthal⸗ ters, mir einen Beglaubigungsbrief zu geben, da er. gor nicht ſo viel Vertrauen genöffe, Als ich ihm nun, meine Verlegenheit geſtand, und fragte was ich wohl anfangen ſollte, rieth er mir, eine Stelle in meinem Geſchaͤft an⸗ zunehmen. Unter den hieſigen Druckern koͤnnen, Sie ſich dervollkommnen und, kehren Sie dann wieder nach, Ame⸗ rica, ſo koͤnnen Sie ſich nur um fo vortheilhafter nie⸗ derlaſſen.“ Wir wußten beide ſo gut, als der Papierhaͤndler, daß der Anwalt Riddlesden ein ausgemachter Schurke war. Er hatte Miß Read' s Vater halb zu Grunde gerich⸗ tet, indem er ihn zu einer Bürgſchaft verleitet. Aus „feinem Briefe ergab fi, daß ein geheimer Anſchlag ge⸗ gen Hamilton im Werke fey, der nach Vorausſetzung. mit uns uͤbergefahren, und daß Keith mit Riddlesden darein verflochten war. Denham, der Hamilton's Freund war, meinte, man, muͤſſe ihn damit bekannt machen; und als letzterer bald darauf nach England kam, gieng ich, theils aus Rache und Unwillen gegen Keith und Riddlesden, theils aus Wohlwollen fuͤr ihn, zu ihm und gab ihm den Brief. Er dankte mir herzlich, weil die Nachricht ihm wichtig war, und ward von, Stund an mein Freund, was mit nachher bei ern Arne Ir Ban haft war. aba 1800 “or D sn; Was ſoll man aber von einem e Water der ſo elende Streiche ſpielt und einen armen unwiſſen⸗ den Juͤngling fo groͤblich hintergeht? Es wat eine Ange⸗ woͤhnung. Er wollte Jedem gefaͤllig ſeyn und, da er we⸗ nig geben konnte, fo gab er wenigſtens Hoffnung Sonſt war er ein geiſtreicher, verſtaͤndiger Mann, ein ziemlich guter Schriftſteuer und ein guter Statthalter fuͤr die Bürger, weniger aber für feine Conſtituenten, die Eignen, deren Verhaltungsbefehle er zuweilen nicht beachtete“ Mehrere unſerer beßten Geſetze waren von 920 N und Hansen unter ee ee, durch. r 3931 177 Bi Ralph 200 ich waren PRORTNREOE Kane Wi mietheten uns in Kleinbritannien fuͤt 3 Schill. 6 Den. wöchentlich ein; fo viel konnten wir eben aufbringen. Er fand etliche Verwandte; ſie waren aber arm und konnten ihm nicht beiſtehen. Jetzt entdeckte er mir ſein Vorhaben, in London zu bleiben und nie wieder nach Philadelphia zu kommen. Geld hatte et nicht mitgebracht; denn Alles, was tet aufgetrieben hatte, war fuͤr die Reiſe aufgegan⸗ gem Ich hatte funfzehn Piſtolen; alſo borgte er mir zuweilen etwas zum Leben ab, in Ausſicht auf Arbeit.“ Anfangs ſuchte er an der Bühne anzukömmen; weil er glaubte er hätte: Anlage zum Schauſpleler; Wilkes aber, an den er ſich wendete, rieth ihm offen, daran nicht zu denken, weil er darin unmöglich viel Gluͤck machen koͤnne. Hierauf tiug er Roberts, einem Verleger in Pater: Noſter n Row an, ihm eine Wochenſchrift, wie den Zuſchauer, zu ſchreiben. Roberts nahm aber ſeine Bedingungen nicht an: Darauf wollte er als Ab⸗ > . 57: ſchreiber bei Buchhaͤndlern und Sachwaltern um den Temple herum inn, W aber 50 hier alarm! 3 ze. / . Wü en ei 5 Nr Sch meines Tbelle t kam gleich bei id | einen 4 Buchdrucker in Bartholomew Close an, wo ich beinahe ein Jahr blieb. Ich war ziemlich fleißige verthat aber meinen Erwerb großentheils mit Ralph in Spiel und offentlichen Luſtbarkeiten; wir hatten beinahe alle meine Piſtolen aufgezehrt und brachten uns nun ſo durch, daß wir eben aus der Hand in den Mund hatten Er ſchien Weib und Kind ganz vergeſſen zu haben, ich meine Verbindlichkeit gegen Miß Read, welcher ich nur Einmal ſchrieb und noch dazu, daß ich ſobald nicht zu⸗ ruͤckkehren wuͤrde. Dieß war denn abermals ein ſtarker Druckfehler meines Lebens, den ich verbeſſerte, wenn ich noch einmal lebte. Unſer Aufwand machte mir die e re en eannadgtihe ne sie a binchen Bei ne ſetzte ich die zweite e Aua von Boni: laſton's natürlicher Religion. Da mir fein Unterſuch⸗ ungsgang nicht ſo recht begruͤndet ſchien, ſo ſchrieb ich einen) kleinen metaphyſiſchen -Aufſatz, worin ich Bemer⸗ kungen daruͤber machte. Er war betitelt: Abhandlung uͤber Freiheit und No thwendigkeit, Freud und Leide Ich eignete fie meinem Freund Ralph zu und druckte wenig Exemplare. Palmer lernte mich 55 achten, und ſah mich als einen jungen Mann von guten Anlagen an, wirwohl er meine darin vorgetragenen Grund⸗ ſaͤtze abſcheulich fand. Dieſer Druck meiner Flugſchrift war wieder ein Druckfehler“ Als ich in Kleinbritannien wohnte lernte ich einen Buchhaͤndler Wilcox, der ſei⸗ nen Laden am Thor hatte, kennen. Er halte einen un⸗ I geheuern Sortimentshandel. + Leihblichereien gab es da⸗ mals noch nicht; wir wurden aber einig, daß ich fuͤr einen maͤßigen Preis, den ich jetzt vergeſſen hade, alle feine Bücher nehmen, leſen und zuruͤckgeben konnte. Dieß ſchien mir ſehr eee und Mr Mur es, 5 gut ich konnt. WI ‚di Dea meine Flugſchrift in die 9 beben Wund⸗ arztes, Namens Lyons, fiel, der ein Buch: uber die Unfehlbarkeit des menſchlichen Verſtandes, geſchrieben hatte, fo entſpann ſich eine Bekanntſchaft unter uns; er hielt viel auf mich, beſuchte mich oft, um uͤber dieſe Gegenſtaͤnde mit mir zu ſprechen, fuͤhrte mich in die Hörner, ein Alehaus in Cheapſide, und machte mich mit Dr. Mandeville, dem Verfaſſer der Bie⸗ nenfabel bekannt, der dort ein Gelag hatte, wovon er die Seele war, ein hoͤchſt ſpaßhafter, unterhaltender Geſell! Lyons führte mich auch bei Dr. Pemberton, auf Batſon's Kaffeehauſe, ein, der mir Gele⸗ genheit ſchaffen wollte Sir Iſaac Newton zuwei⸗ len zu ſehen, was ich ſehr wuͤnſchte. Es geſchah aber niemals. | 15 8c hatte einige Seltenheiten mit eee 1 unter andern eine Boͤrſe von Asbeſt, der ſich im Feuer reinigt Das hoͤrte Hans Sloane, beſuchte mich und lud mich zu ſich in das Bloomsbury viertel, zeigte mir alle feine Seltenheiten und uͤberredete mich, ihm auch dieß Stuͤck eee et wofuͤr er mich reichlich be⸗ een 1 f "Sn unſerm Hauſe e eine junge Pughändlerin, 5 wo ich nicht irre, einen Laden unter den Kreuzgaͤn⸗ | | 39 gen hatte. Sie war wohl erzogen, verſtaͤndig, lebhaft und hoͤchſt angenehm im Umgange. Ralph las ihr Abends Schauſpiele vor, ſie wurden vertraut; ſie mie⸗ thete eine andere Wohnung und er zog ihr nach. Eine Zeitlang lebten ſie zuſammen; da er aber immer gewerb⸗ los blieb und ihr Geſchaͤft nicht ſoviel trug, daß ſie ihn, ein Kind und ſich ernaͤhren konnte, ſo beſchloß er, von London weg zu gehen und eine Landſchule anzulegen, wozu er ſich gar wohl zu ſchicken glaubte, weil er eine vortrefliche Hand ſchrieb und Rechnen und Buchhaltung aus dem Grunde verſtand. Dieß Geſchaͤft hielt er aber unter ſeiner Würde und im Vertrauen auf ein beſſeres Loos, wo er es nicht gern kund werden laſſen mochte, daß er ehemals ein ſo niedriges Gewerb getrieben, ver⸗ tauſchte er ſeinen Namen und erzeigte mir die Ehre, den meinen zu fuͤhren. Denn kurz nachher ſchrieb er mir, er habe ſich in einem kleinen Dorfe in Berkshire, glaub' ich, niedergelaſſen, wo er zehn bis zwölf Knaben woͤchentlich fuͤr 6. D. im Leſen und Schreiben unterrichte, empfahl Mrs. T *. meiner Sorge und, wenn ich ihm ſchreiben wollte, ſollte die Aufſchrift ſeyn: an Hrn. Frank⸗ lin, Schulmeiſter da und da. Er ſchrieb mir oͤfter, ſen⸗ dete mir große Proben von einem Heldengedicht, woran er damals ſchrieb und wuͤnſchte meine Bemerkungen und Verbeſſerungen. Dieſe theilte ich ihm von Zeit zu Zeit mit, ſuchte ihm aber mehr abzurathen. Damals war eben eine Satyre von Young erſchienen (die zweite feiner Epiſteln 3. Bd. S. 70). Dieſe ſchrieb ich groͤßtentheils ab und ſendete ſie ihm. Darin war die Thorheit, ſich den Muſen zu ergeben in ein grelles Licht geſtellt; aber Alles war vergebens: alle Poſttage kamen Lagen von dem Gedicht! Mrs. T. hatte unterdeß ſeinetwegen Freunde und Kundſchaft eingebuͤßt, und war oft in Verlegenheit, 60 | wo fie denn zu mir zu ſenden pflegte und mir abborgte, was ich zu ihrer Unterſtuͤtzung erübrigen konnte. Ich fand immer mehr Behagen an ihrem Umgang und, da ich damals keinen Zwang von Seiten der Religion kannte, auch meine Unentbehrlichkeit fuͤr ſie benuͤtzte, ſo nahm ich mir einige Freiheiten gegen ſie heraus — wieder ein Druckfehler! — die ſie mit geziemender Empfindlichkeit zuruͤckwies. Sie ſchrieb Ralph wie ich mich auffuͤhrte. Dieß veranlaßte einen Bruch unter uns, und als er wieder nach London kam, erklaͤrte er mir, daß er alle Verbindlichkeiten gegen mich fuͤr null und nichtig anſehe; woraus ich ſchloß, daß ich das ihm geliehene, oder fuͤr ihn vorgeſchoſſene Geld nie wieder erhalten wuͤrde. Dieß machte denn eben nicht viel aus; denn er war durchaus nicht zu zahlen im Stande, und ſeiner Freundſchaft Verluſt nahm mir zugleich eine ſchwere Buͤrde ab. Jetzt dachte ich darauf, wie ich etwas zuruͤcklegen wollte, und verließ in Hoffnung einer beſſeren Stelle Palmer, um bei Watts (in der Nähe von Linncoins = inn: field) einen groͤ⸗ ßern Buchdrucker, zu arbeiten. Hier blieb ich auch, ſs . ich in London t war. | 4 0 u | Ga BOT ANGER TIL im 0 DERETIR, ST Als ich in die N Sihahel trat —— zan der preſſe; weil ich mir einbildete, es fehle mir an koͤrper⸗ licher Bewegung, die ſchü doch aus America gewohnt war, wo Preßarbeit mit Satz verbunden wird. Ich trank bloß Waſſer; die uͤbrigen Arbeiter, beinahe funfzig, waren ſtarke Biertrinker. Ich trug noͤthigenfalls Trepß auf und nieder eine große Form in jeder Hand, wenn Andere nur Eine mit beiden Haͤnden trugen. Sie wunderten ſich darüber mehrmals, daß der Wuaſetämeritu der f. wie ſie mich nannten, ſtarker als ſie war, die doch Doppelbier tranken! Wir hatten einen Brauerjungen, der die Arbei⸗ ter immer verforgte. Mein Mitarbeiter, an der Preſſe trank täglich vor dem Fruͤhſtuͤck eine Pinte, zum Fruͤh⸗ ſtuͤck mit Brot und Kaͤſe wieder eine, zwiſchen Fruͤhſtuͤck und Mittag eine, zu Mittag eine, Nachmittag gegen 6 Uhr eine und wieder eine, wenn ſein Tagwerk zu Ende war. Mir war das eine abſcheuliche Gewohnheit; er aber hielt es fuͤr noͤthig, um tuͤchtig arbeiten zu koͤnnen. Ich ſuchte ihm zu beweiſen, daß die Leibeskraft, die das Bier gaͤbe, doch nur im Verhaͤltniß zu dem Korn, oder der Gerſte in Waſſer aufgelöft, woraus es bereitet werde, ſtehen koͤnne; daß in einem Pfennigbrote mehr Kraft- mehl ſey, und, wenn er alſo dieß mit einer Pinte Waſſer aͤße, es ihm mehr Kraft geben muͤſſe, als ein Maaß Bier. Er trank aber immer fort und hatte jeden Sonnabend vier bis fuͤnf Schillinge von ſeinem Lohn fuͤr dieſen ſchlechten Trank zu zahlen; eine Ausgabe, die ich nicht hatte! So bleiben dieſe Leute zeitlebens durch dene Schund kame Taue \ 65 > wich Watts nach A „ Wochen in die Setzer⸗ ſtube verlangte, ſo verließ ich die Drucker; die Setzer verlangten von mir ein Antrittstrankgeld, 5 Schilling. Ich hielt dieß fuͤr Prellerei, da ich ſchon bei den Druk⸗ kern gezahlt hatte. Der Herr dachte auch ſo und verbot mir, es zu erlegen So ſtand ich vierzehn Tage bis drei Wochen, wie ein Geaͤchteter und erfuhr, wenn ich ein⸗ mal hinausgieng, allerlei kleine boßhafte Neckereien; man warf mir die Schriften unter einander, verſetzte und brach mir die Zeilen ze. Alles wurde dem Drucke reigeiſte zu⸗ geſchrieben, der, wie fie ſagten, immer mit den nicht herkoͤmmlich Aufgenommenen ſeinen Spuk triebe. So mußte ich denn endlich, trotz des Herrn Schutz, nach⸗ gehen: und zahlen, weil ich doch einſah, daß es thoͤ⸗ a: | ticht war, mit denen ſchlecht zu ſtehen, mit welchen man täglich zu thun hat. Nunmehr aber ſtand ich ſehr gut bei ihnen, und gewann bald bedeutenden Einfluß. Ich ſchlug einige vernünftige Aenderungen in ihren Drudereis geſetzen vor und ſetzte ſie, trotz allem Widerſtande, durch! Nach meinem Beiſpiel gaben viele ihr haͤßliches Fruͤhſtuͤck von Bier, Brot und Kaͤſe auf, weil ſie ſahen, daß ſie, wie ich, aus einem benachbarten Hauſe einen tuͤchtigen Napf warmer Gruͤtze mit Pfeffer, Brotſchnitten und et⸗ was Butter für denſelben Preis, wie eine Pinte Bier, haben konnten. naͤmlich drei Halbpennys (1 Gr.) Dieß war ein kraͤftigeres und wohlfeileres Fruͤhſtuͤck, wobei der Kopf freier blieb. Die, welche den ganzen Tag in Bier ſich toll und voll tranken, bekamen oft, wenn ſie nicht zählen konnten, nichts mehr geliehen und brauchten mich, um Bier zu bekommen, wenn, wie ſie es nannten, ihr Licht ausgegangen war. Sonnabends Abends war⸗ tete ich am Zaͤhltiſch und trieb das fuͤr ſie Ausgelegte wieder ein, wo ſie denn zuweilen woͤchentlich an dreißig Schillinge zu bezahlen hatten. Dieß und daß ich ein verteufelter Spottvogel war, erhielt mich in Anſehen. Meine Anhaltſamkeit — ich machte nie blauen Montag — empfahl mich bei'm Herrn, und mein ungemein ſchnelles Setzen verſchaffte mir immer dringende Arbeiten, die ge⸗ woͤhnlich auch beſſer bezahlt wurden. So ſtand ich mich denn recht gut. — Da meine Wohnung in Kleinbritannien zu entlegen war, ſo ſuchte ich mir eine andere in der Herzogſtraße, der Roͤmiſchen Kapelle gegenuͤber. Es war hinten hinaus drei Treppen hoch in einem Italieniſchen Waarenlager. Eine Wittwe hatte das Haus, eine Tochter, eine Magd und einen Ladendiener, der aber auswärts wohnte. Als „„ 63 — ; ſie fih in dem Haufe, wo ich vorher gewohnt hatte, nach mir erkundigen ließ, nahm ſie mich fuͤr denſelben Preis, 3 Sch. 6 D. woͤchentlich ein; wohlſeiler, wie ſie ſagte, weil ſie mit einem Manne doch eine Art Schutz im Hauſe haͤtte. Sie war Wittwe und aͤltlich, als Tochter, eines proteſtantiſchen Geiſtlichen erzogen, von ihrem Manne aber, deſſen Andenken ſie ſehr ehrte, zur katholiſchen Kir⸗ che bekehrt worden, hatte viel unter Leuten von Stande gelebt und wußte bis auf Karl des II. Zeiten hinauf tauſend Anekdoten von ihnen zu erzaͤhlen. Sie hatte die Kniegicht und kam ſelten aus dem Zimmer. Da fehlte es ihr denn oft an Geſellſchaft; mir war die Ihrige ſo hoͤchſt angenehm, daß ich, wenn. fie es wuͤnſchte, den gan» zen Abend bei ihr zubrachte. Unſer Abendeſſen war da eine halbe Sardelle auf den Mann, ein ganz winziges Butterſchnittchen und eine halbe Pinte Ale zuſammen. Der Schmaus war eigentlich ihre Unterhaltung. Weil ich immer zur rechten Zeit nach Hauſe kam und der Fa⸗ milie wenig Muͤhe machte, ſo ließ ſie mich ungern von ſich; und als ich von einer Wohnung ſprach, die meiner Druckerei näher lag, woͤchentlich 2 Schillinge koſtete, wo⸗ bei ich denn erwuͤnſchtermaaßen erſparte, bat fie mich, das aufzugeben, denn fie wolle mir kuͤnftig woͤchentlich zwei Schillinge erlaſſen. Und ſo blieb ich, ſo lange ich in London war, fuͤr 1 Schilling, 6 D. bei ihr. i In einem Dachſtuͤbchen ihres Hauſes lebte in der ſtrengſten Eingezogenheit eine ſiebzigjaͤhrige Jungfrau, von welcher meine Wirthin mir Folgendes erzaͤhlte. Sie ware Roͤmiſchkatholiſch, in ihrer Jugend aus ihrer Hei⸗ math in ein Nonnenkloſter geſendet worden, um daſelbſt Nonne zu werden; da ihr aber das Land nicht gefiel, gieng ſie nach England zurück, und weil es dort keine K —— Kloͤſter giebt, hatte ſie ein, ſoviel unter dieſen Umſtaͤnden moͤglich, kloͤſterliches Leben zu fuͤhren gelobt. Sofort hatte fie ihr ganzes Vermoͤgen zu Werken der Liebe ver⸗ wendet und jaͤhrlich nur 12 Pf. fuͤr ſich behalten, wovon ſie aber immer noch einen Theil zu Liebthaͤtigkeit verwen⸗ dete, indem ſie bloß von Gruͤtze lebte und nur, dieſen zu kochen, Feuer brauchte. Sie hatte viele Jahre in dieſem Dachſtuͤbchen gelebt, weil die auf einander folgenden ka⸗ tholiſchen Hausbeſitzer es fuͤr einen Segen hielten, ſie im Hauſe zu haben und alſo umſonſt darin wohnen ließen. Taͤglich beſuchte ſie ein Prieſter, um ſie zu beichtigen. „Deßhalb fragte ich ſie,“ ſprach meine Wirthin, „wie ſie denn bei ſolcher Lebensweiſe einem Beichtvater doch Etwas zu thun geben koͤnne?“ „O“ ſagte fie, „es iſt unmöglich, alle eitle Gedanken zu meiden.“ Ich durfte ſie einmal beſuchen. Sie war heiter und fein und un⸗ terhaltend. Das Zimmer war reinlich, der ganze Haus⸗ rath eine Matiatze, ein Tiſch mit einem Kreuz und Bu⸗ che, ein Stuhl, worauf ich mich ſetzen mußte, und uͤber dem Kamin ein Gemaͤlde der heiligen Veronica, wie ſie ihr Tuch ausbreitet, worauf ſich Chriſti blutiges Geſicht wunderſamlich abdruckte, welches fie mir mit großem Ernſt erklaͤrte. Sie ſah blaß, war aber nie krank, und ich führe ſie wieder als Beiſpiel an, wie wenig man zu Leben und Geſundheit braucht. In Watt's Druckerei machte ich mit einem geiſtreichen jungen Manne Bekanntſchaft, Wygate, der wohlhaben⸗ de Verwandte hatte und beſſer, als die meiſten Drucker erzogen war; denn er verfiand ziemlich Latein, ſprach Franzoͤ⸗ ſiſch und las gern. Ich lehrte ihn und einen ſeiner Freunde ſchwimmen. Nur zweimal nahm ich ſie mit in den Fluß und ſie wurden bald gute Schwimmer. Sie vl 3 — . Aube bim ieyl pw einigen Freunden vom Lande mit! die zu Wuſſer nach Chelſea giengen um dort die Schute und Don Salterbs Seltenheiten zu ſehen. Auf dem Ruͤckwege zog ich mich auf Verlangen der Geſellſchaft, welche Wygate neugierig! gemacht hatte, aus, ſprang in den Fluß und ſchwamm beinah von Chelſea bis zue Blackftiasbruͤckeß wo ich unterwegs uͤber und unter dem Waſſer, zum Staunen und Vergnuͤgen der Geſell⸗ ſchaft, welcher dieß etwas Neues war, allerlei kleine Kunſtſtuͤcke machte Dieſe Uebung hatte mir von Kindheit auf diel“ Freude gemacht, ich hatte Thevenots Schwen⸗ kungen und Lagen geuͤbt, auch eigene dazu erfünden, welche eben ſowohl auf Anmuth und Leichtigkeit, als auf Nuͤtzlichkeit betechnet waren. Dieſe alle tiſchte ich. bei dieſer Gelegenheit“ der Geſellſchaft auf unde drittes wiel Bewünderung. Wygate, der Meiſter darin werden wollte, ſchloß ſich deßhalb nur feſter an mich, auch weil wir außerdem daſſelben trieben“ Er ſchlug mir endlich vob, ganz Europa zu durchreiſen und uͤberall uns durch unſebe Kunſt fortzuhelfen. Einmal war ich ſchon geneigkz; als ich es aber meinem Denham mittheilte mit welchem ich manches Mußeſtundchen zubrachte, mißrieth er mir's und ermahnte mich; lieber auf meine Ruͤckkehr nach Pennſyt⸗ vanten zu denken / wis er ſelbſt im "Begriff ſtand.“ b. wu i redn ang 1565 Von dieſem guten Menſchen muß ich hier einen Zug erzählen Et war Feiner zu Btiſtol Händelsmann geweſen, bankbrüchig geworden, hatte ſich mit ſeinen Gläubigeru geſeer und gieng nach Ametica. Hier erwarb er ſich in wenig Jahren durch Anhaltſamkeit ein bedeu⸗ tendes Vermögen. Als er wieder mit mir nach England Fam) lud et ſeine ehemaligen Gläubiger zu einem Gaſt⸗ mal, dankte ihnen für enn die ſie 188 erwieſen, E | FTranklin's Leben. I. Abth. und als fie nichts außer den Gerichten erwarteten, fanden ſie bei'm erſten Tellerwechſel jeder einen Bankzettel vom vollen Betrag der noch unbezahlten Schuld, nebſt Zinſen. Jetzt, ſagte er mir, wolle er wieder nach Philadel⸗ phia, und viel Waaren mitnehmen, um dort eine große Niederlage zu eröffnen. Er trug mir an, mich als ſei⸗ nen Geheimſchreiber mitzunehmen, daß ich ihm Buch ‚führte, worin er mich unterweiſen wollte, ſeine Briefe abſchrieb und Aufſicht über das Magazin fuhrte. Dabei ſagte er, ſobald ich nur den Handel verſtaͤnde, wollte er mich mit einer Ladung Kraftmehl und Brot ꝛc., nach Weſtindien ſenden, auch mir vortheilhafte Auftraͤge von Andern verſchaffen, und, machte ich meine Sache gut, ſo koͤnnte ich dann einen recht huͤbſchen Handel fuͤr mich anfangen. Das gefiel mir; denn London war ich uͤber⸗ druͤßig; an die in Pennſylvanien gluͤcklich verlebten Mo⸗ nate dachte ich mit Vergnuͤgen. Mithin nahm ich ſogleich den Antrag an, auf 50 Pf. Pennſylvaniſcher Waͤhrung jaͤhrlich. Das war freilich weniger, als ich mit mei⸗ nem Satz verdiente; aber es gab auch beſſere Aus⸗ ſichten. | | | So nahm ich denn, wie ich meinte, für; immer Ab⸗ ſchied von der Buchdruckerkunſt und warf mich ganz in mein neues Geſchaͤft, gieng mit Denham unter den Kaufleuten herum, verſchiedene Artikel einzukaufen, ver⸗ packen zu laſſen, Bothſchaften zu bringen, Handwerker anzu⸗ treiben ꝛc. und als Alles am Bord war, hatte ich einige Tage Muße. Da ſendete einmal, zu meinem Erſtaunen, ein großer Mann nach mir, den ich nur dem Namen nach kannte (Sir Will. Windham). Ich gieng zu ihm. Er hatte irgendwo gehoͤrt, daß ich von Chelſea j | | 67 nach der Blackfriarsbrücke geſchwommen, daß ich Wy⸗ gate und einen andern jungen Mann in wenig Stunden ſchwimmen gelehrt. Er hatte zwei Soͤhne, die eben auf 5 Reiſen gehen, zuvor aber ſchwimmen lernen ſollten; er trug mir dieß an, und verſprach mich reichlich dakuͤr zu belohnen. Aber ſie waren noch nicht in der Stadt, und, wie lange ich noch blieb, war ungewiß; alſo konnte ich es nicht annehmen. Doch ſchloß ich aus dem Vorfall, daß, wenn ich in England bliebe und eine Schwimmſchule eroͤffnete, ich mir ein huͤbſches Stuck Geld verdienen koͤnnte. Dieß fiel mir doch ſo auf's Herz, daß, waͤre mir der Antrag fruͤher gemacht worden, ich vermuthlich nicht ſobald wieder nach America gekommen waͤre. Viele Jahre nachher hatten wir beide, Du und ich, etwas Wichtigeres mit einem dieſer Soͤhne Wyndham's zu thun, der Earl von Egremont geworden war. Davon an ſeinem Orte! So brachte ich ungefaͤhr achtzehn Monate in London zu. Die meiſte Zeit trieb ich meine Kunſt eifrig, und fuͤr mich brauchte ich wenig, außer daß ich das Schau⸗ ſpiel beſuchte und mir Buͤcher anſchaffte. Mein Freund Ralph hatte mich doch ausgebeutelt; er war mir an 27 Pf. ſchuldig, worauf nicht zu rechnen und was doch ein großer Theil meines maͤßigen Erwerbs war. Dennoch hatte ich ihn lieb; denn er hatte viel gute Eigenſchaften. An Kenntniſſen hatte ich, wenn auch nicht an Vermögen ge: wonnen, hatte manchen geiſtreichen Mann kennen gelernt, deſſen Umgang mit nuͤtzlich war, und ſehr viel ge⸗ leſen, Am 23. Julius 1726 ſegelten wir von Graveſand ab. Die Reiſebegegniſſe anlangend, verweiſe ich Dich auf € 2 | * 68 — mein Tagebuch *), wo fie alle genau erzaͤhlt find. Das wichtigſte Stuͤck darin iſt vielleicht der auf der See ge⸗ machte Entwurf, mein Leben in Zukunft gehoͤrig zu len⸗ ken und zu ordnen. Er iſt um ſo merkwuͤrdiger, da ich ihn ſo jung entwarf, und dennoch treu bis in mein Alter befolgte ) | Am 11. Oct. landeten wir in Philadelphia, wo ich gar Vieles veraͤndert fand. Keith war nicht mehr Statthalter, ſondern Major Gordon. Ich begegnete je⸗ nem auf der Straße, wie einem ſchlichten Buͤrger. Er ſchien ſich ein wenig zu ſchaͤmen, als er mich erblickte und gieng, ohne ein Wort zu ſagen, an mir voruͤber. Auch ich wuͤrde mich wohl eben ſo, Miß. Read gegenuͤber, geſchaͤmt haben, wenn ihre Freunde, die mit Recht an meiner Ruͤckkehr zweifelten, nach Empfang meines Briefs ihr nicht gerathen haͤtten, einen Andern zu heirathen, einen Toͤpfer, Namens Rogers, was auch wirklich in mei⸗ nem Abweſen geſchehen war. Sie war aber nicht glüds lich mit ihm, trennte ſich, wollte nicht mit ihm zuſam⸗ menwohnen, noch ſeinen Namen fuͤhren, weil die Sage gieng, er haͤtte eine zweite Frau. Er war ein ſchlechter Menſch, aber in ſeinem Fache geſchickt, was denn auch ihre Freunde beſtochen haben mochte. Er machte Schul⸗ den, gieng 1727 oder 1728 durch, nach Weſtindien und ſtarb dort. Keimer hatte ein beſſeres Haus gemiethet, einen guten Papiervorrath, viel neue Schriften, viele, aber keinen guten Arbeiter, und ſchien viel zu thun zu haben. *) Anhang Nr. r. *) Er iſt nicht unter Franklin's Papieren befindlich, Mr. Denham miethete eine Niederlage in der Waſſerſtraße, wo wir unſere Waaren auslegten. Ich wartete das Geſchaͤft fleißig ab, ſtudierte die Buchhaltung und lernte in kurzer Zeit gut verkaufen. Wir wohnten und fpeifeten zuſammen; er rieth mir vaͤterlich; denn er achtete mich aufrichtig. Ich liebte und achtete ihn und wir haͤtten recht gluͤcklich zuſammen leben koͤnnen; aber im Anfang Februars 1727, gerade als ich mein ein und zwanzigſtes Jahr zuruͤckgelegt, wurden wir beide krank. Meine Krankheit war ein Seitenſtechfieber, das mich bei- nah aufrieb; ich litt gewaltig, gab mich ſchon ſelbſt auf und war, als ich nun wieder genas, eher verdruͤßlich, daß ich nun doch uͤber kurz oder lang dieſe Unannehmlich⸗ keit noch zu uͤberſtehen hätte. Denham's Krankheit weiß ich nicht mehr; er lag lange und ſtarb endlich daran. In ſeinem letzten Willen hinterließ er mir ein kleines Vermaͤcht⸗ niß, als Zeichen ſeiner Liebe und ſo war ich wieder in die weite Welt hinausgeſtoßen, denn das Waarenlager nahmen die Vollſtrecker ſeines Willens in Beſchlag und mein Geſchaͤft mit ihm war zu Ende. Mein Schwager Holme, der jetzt in Philadelphia war, rieth mir, mein Geſchaͤft wieder vorzunehmen, und Keimer lockte mich mit einem ſtarken Jahrgehalt, ſeine Druckerei zu ver⸗ walten, damit er feinen Papierhandel deſto beſſer betreiben koͤnnte. Ich hatte aber von ſeiner Frau und ihren Freun⸗ den ihn nachtheilig ſchildern gehoͤrt und mochte nichts wieder mit ihm zu thun haben. Ich wuͤnſchte vielmehr wieder als Handelsdiener anzukommen; da ich indeß keine Gelegenheit fand, ſchloß ich doch mit Keimer ab. Fol⸗ gende Arbeiter fand ich bei ihm: Hugh Meredith, einen Pennſylvanier, 30 Jahr alt, zur Landwirthſchaft erzogen, ehrlich, verſtaͤndig, erfahren, leſeluſtig, aber dem Trunk ergeben. Stephen Potts, einen jungen, muͤn⸗ { 70 dig gewordenen Mann, zu gleichem Gewerb erzogen, von ungemeinen Naturgaben, vielem Witz und Laune, aber etwas eitel. Dieſe hatte er für wenig Wochengeld anges nommen, das vierteljaͤhrlich um 3 Schillinge erhoͤht wer⸗ den ſollte, wenn ſie mehr lernten; mit dieſer Ausſicht auf hohen Gehalt in der Folge hatte er ſie gekoͤrnt. Meredith ſollte an der Preſſe arbeiten, Potts Bücher binden, was er ihnen nach Verabredung lehren wollte, wiewohl er keines von beiden verſtand. Johann —, ein wilder Irelaͤnder, zu nichts angehalten, deſſen Dienſte Keimer auf vier Jahre von einem Schiffscapitaͤn erkauft hat⸗ te. Auch dieſer ſollte an der Preſſe arbeiten. Georg Webb, ein Oxforder Student, den er auch auf vier Jahr als Setzer erkauft hatte, von welchem ich ſogleich mehr ſa— gen werde, und David Harry, ein Bauerjunge, der als Lehrburſche angenommen war. — Ich merkte bald, daß er mir nur darum ſo unge⸗ wohnlich hohen Gehalt gab, damit ich dieſe rohen und wohlfeilen Arbeiter ausbildete; und haͤtte ich fie nun uns terwieſen und ganz für ihn eingerichtet, fo konnte er auch ohne mich weggekommen. Ich gieng aber ganz hei— ter und willig daran, brachte ſeine Druckerei in Ordnung und ſtutzte ihm allmaͤhlich ſeine Arbeiter zu. Einen Oxforder Studenten als erkauften Diener zu ‚finden, war etwas Seltſames. Er war erſt 18 Jahre alt, und erzaͤhlte mir Folgendes: Er ſey in Glouceſter geboren; in einer gelehrten Schule erzogen, habe er ſich bei Aufführung von Schauſpielen merklich ausgezeichnet, ſey in den dortigen Gelehrtenverein gekommen und habe mehrere Sachen in Proſa und Verſen eſchrieben, welche in den Glouceſter Zeitungen abgedruͤckt waͤren. Von da N 5 a f 71 kam er, wie er ſagte, nach Oxford, blieb daſelbſt unge⸗ faͤhr ein Jahr, war aber nicht ſonderlich zufrieden, wuͤnſchte vor Allem London zu ſehen und Schauſpieler zu werden. Endlich, als er fein Vierteljahrgeld, 18 Guineen, erhielt, gieng er, ſtatt ſeine Schulden zu be⸗ zahlen, aus der Stadt, verſteckte ſeinen Rock in eine Hecke und gieng nach London. Da er hier keinen war⸗ nenden Freund hatte, fiel er in ſchlechte Geſellſchaft, verthat feine Guineen bald, fand kein Unterkommen als Schauſpieler, verſetzte ſeine Kleider und hatte nichts zu eſſen. Als er ſehr hungrig durch die Straßen gieng und nicht wußte, was er anfangen ſollte, bekam er einen Werbebrief, worin denen, welche ſich in America zu die⸗ nen anheiſchig machten, ſofort Unterhalt und ein ermu⸗ thigendes Kaufgeld geboten wurde. Er gieng ſogleich hin, unterzeichnete den Vertrag, wurde eingeſchifft und kam ſo heruͤber, ohne ſeinen Freunden auch nur mit einer Zeile zu melden, was aus ihm geworden. Er war leb— haft, witzig, gutartig und angenehm, aber eitel, Wa kenlos und hoͤchſt unbeſonnen. Der Irelaͤnder John lief bald davon. Mit den Uebrigen lebte ich recht angenehm; denn ſie achteten mich um ſo mehr, da ſie von mir taͤglich etwas lernten, von Keimern aber nichts lernen konnten. Meine Bekannt⸗ ſchaft mit geiftreichen Menſchen in der Stadt mehrte ſich. Sonnabends arbeiteten wir niemals, weil dieß Keimer's Sabbath war Folglich konnte ich zwei Tage leſen. Kei⸗ mer behandelte mich ſehr hoͤflich und mit ſcheinbarer Ach⸗ tung; nichts kuͤmmerte mich, als meine Schuld an Vernon, die ich doch nicht bezahlen konnte, da ich bie: her nicht ſonderlich viel geſpart hatte. Indeß war er ſo gut, mich nicht zu mahnen. | 72 Anſerer Druckerei fehlte es oft an Schriftarten, in America war keine Schriftgießerei. In London hatte ich zwar bei James Schrift gießen ſehen, doch nicht ſonder⸗ lich darauf Acht gegeben. Jetzt aber brachte ich eine Form zu Stande, brauchte die Schriften, die wir hatten, zu Staͤmpeln, goß die Matrizen in Blei, und half dadurch ſo ziemlich dem Mangel ab. Gelegentlich ſchnitt ich auch mancherlei, machte Druckerfarbe, beſorgte die Niederlage, kurz ich war Alles in Allem! a So dienſteifrig ich aber auch war, bemerkte ich doch, daß je weiter die uͤbrigen Arbeiter fortruͤckten, deſto un⸗ wichtiger meine Dienſte von Tag zu Tag wurden; und als Keimer mir mein zweites Vierteljahrgeld auszahlte, ſagte er mir, es falle ihm zu ſchwer und er hoffe, ich werde etwas fallen laſſen. Nach und nach ward er min der hoͤflich, nahm immer mehr den Herrenton an, fand haͤufig etwas auszuſetzen, war ſpitzig und ſchien geneigt, mit mir zu brechen. Deſſenungeachtet hielt ich geduldig aus, weil ich glaubte, ſeine bedraͤngte Lage ſey wohl zum Theil Schuld. Endlich zerſchlug ſich unſer Verhaͤltniß an einer Kleinigkeit. Es entſtand einſt unweit unſeres Hauſes ein großer Laͤrm; ich ſah zum Fenſter hinaus, was es gaͤbe. Keimer ſtand auf der Straße, ſah hinauf, erblickte mich und rief mir laut in zornigem Tone zu, ich moͤchte mich doch um meine Arbeit bekuͤmmern. Da⸗ bei ließ er noch einige aͤrgerliche Worte fallen, die mich um ſo mehr verdroſſen, da ſie ſo oͤffentlich geſprochen wurden, und alle Nachbarn, die herausſahen, Zeugen meiner Behandlung waren. Er kam ſogleich in die Druk⸗ kerei herauf, zankte fort, es fielen von beiden Seiten harte Worte; er kündigte mir fuͤr das naͤchſte Viertel⸗ jahr auf, und aͤußerte den Wunſch, daß er nicht ſo lange 73 vorher kuͤndigen müßte, Ich ſagte, das habe er nicht noͤthig, denn ich wolle augenblicks gehen. So nahm ich meinen Hut und gieng, und bat Meredith, den ich unten traf, einige Sachen, die ich dort ließ, an ſich zu e, und nach meiner Wohnung zu bringen. Abends kam denn auch Meredith, und wir ſprachen uͤber meine Angelegenheit. Er hatte viel Achtung fuͤr mich, und ſah ungern, daß ich, ſo lange er noch dort bliebe, das Haus verlaſſen ſollte. Er rieth mir alſo ab, in mein Vaterland zurüdzugehen, was ich im Sinne hatte und gab mir zu bedenken, daß Keimer ganz in Schul⸗ den ſtecke, feine Gläubiger unruhig zu werden anfiengen, daß ſein Handel elend gienge, er oft nur um Geld zu bekommen, ohne allen Gewinn verſchleuderte, oft, ohne Buch zu halten, liehe, und mithin durchaus fallen muͤßte, wodurch denn etwas erledigt würde, wobei ich gewinnen muͤßte. Ich wendete dagegen ein, daß es mir an Geld fehle. Jetzt ſagte er, ſein Vater halte viel auf mich und nach einem Geſpraͤche, das er mit ihm gehabt, wolle er ſicherlich behaupten, er werde mir Geld zur Einrichtung vorſchießen, wenn ich mit ihm in Geſchaͤfts-Verbindung treten wollte. Meine Zeit bei Keimer, ſagte er, iſt kuͤnftigen Fruͤhling um; bis dahin koͤnnen wir unſere Preſſe und Schrift, aus London beziehen, Ich weiß wohl, ich bin kein ſonderlicher Arbeiter. Wollen Sie aber, ſo verguͤtet Ihre Geſchicklichkeit meine vorgeſchoſſene Baarſchaft und den Gewinn theilen wir. Dieſer Antrag war mir recht und ich ſchlug ein. Sein Vater war in der Stadt und war es zufrieden, um ſo mehr, da ich, wie er meinte, ſo viel Einfluß auf ſeinen Sohn hatte, ihn bereits vom Branntweintrinken abgebracht und hoffentlich, wenn wir ſo eng verbunden wuͤrden, noch ganz und gar davon ab⸗ 74 bringen würde. Ich gab dem Vater ein Verzeichniß, er trug es zu einem Kaufmann, die Sachen wurden ver⸗ ſchrieben, Alles, bis es zu Stande war, geheim gehalten und ich ſollte, wo 90 einſtweilen in einer andern Druckerei arbeiten. Da fand ich aber keine Stelle offen, blieb alſo einige Tage muͤßig, als Keimer, der Ausſicht hatte, in New⸗Jerſey Papiergeld zu drucken, wozu mehrere Stoͤcke und Schriften nöthig waren, die ich nur liefern konnte, der aber fuͤrchtete, Bradford moͤchte mich anftellen und ihm den Verdienſt wegſchnappen, mir hoͤflich ſagen ließ, alte Freunde muͤßten nicht um ein Paar in der Hitze ausgeſtoßene Worte ſich verfeinden, er wuͤnſchte, ich moͤchte wiederkommen. Meredith redete mir auch zu, weil er unter meiner Aufſicht täglich mehr lernen würde, So gieng ich denn wieder hin und wir lebten beſſer, als lange Zeit vorher. Keimer bekam das Newjerſeyer Geſchaͤft; ich legte dazu eine Kupferdruckerpreſſe an, die erſte, die man dort ſah, und ſchnitt allerlei Stoͤcke und Zierathen. Wir giengen zuſammen nach Burlington, wo ich Alles nach Wunſch ausfuͤhrte und er gewann da⸗ bei ſoviel, daß er ſich noch laͤnger halten konnte. In Burlington lernte ich die vornehmſten Leute der Provinz kennen. Mehrere davon waren als Aus⸗ ſchuß der Stadtverſammlung zur Preßaufſicht angeſtellt, damit nicht mehr Zeddel als das Geſetz angab, gedruckt wuͤrden. Sie waren alſo abwechſelnd bei uns, und ge⸗ woͤhnlich brachte der, welcher an der Reihe war, einen oder zwei Freunde zur Geſellſchaft mit. Da ich durch Leſen gebildeter war, als Keimer, ſo mochte man wohl darum meine Unterhaltung lieber haben. Sie luden mich zu ſich, führten mich bei ihren Freunden auf, und erwieſen mit viel Hoͤflichkeit. Er wurde, obſchon Meiſter und Herr, doch etwas zuruͤckgeſetzt. Und in der That war er auch ein als berner Kauz, unkundig des gemeinſten Lebensverkehrs, gro⸗ ber Widerſacher aller angenommenen Meinungen, aͤußerſt unſauber und ſchmutzig, in manchen Religionspuncten ein Schwaͤrmer, und im Ganzen ein wenig Schurke. Wir blieben faſt drei Monate dort, und in der Zeit konnte ich zu meinen neugewonnenen Freunden rechnen: Richter Allen, Samuel Buſtill, den Geheimſchrei⸗ ber der Provinz, Iſaac Pearſon, Joſeph Cooper und mehrere von den Smiths, Mitgliedern der Stadtver⸗ ſammlung, ingleichen Sfaac Decow, den Oberlandmeſſer. Letzterer war ein feiner und verſchmitzter Greis, der mir erzaͤhlte, er habe in ſeiner Jugend Lehm fuͤr Ziegelſtrei⸗ cher gekarnt, ſpaͤterhin ſchreiben gelernt, Meßketten fuͤr Feldmeſſer getragen, die ihn das Feldmeſſen gelehrt haͤt⸗ ten, jetzt habe er durch Betriebſamkeit ein huͤbſches Ver⸗ moͤgen. Und, ſagte er, ich ſeh' es kommen, daß Sie die⸗ ſen Mann auch ausſtechen und Ihr Gluͤck in Philadel⸗ phia machen. Er wußte damals nicht im mindeſten um meine Abſicht, mich dort, oder ſonſtwo niederzulaſſen. Dieſe Freunde waren mir ſpaͤterhin ſehr nuͤtzlich, wie ich gelegentlich ihnen. Alle achteten mich ſo lange ſie lebten. Eh ich nun aber mein öffentliches Auftreten erzähle, muß ich Dich mit meinem damaligen Seelenzuſtand, bins ſichtlich meiner Sittlichkeit bekannt machen, damit Du ſiehſt, welchen Einfluß dieſe Grundſaͤtze auf mein nachhe⸗ riges Leben hatten. Meine Aeltern hatten fruͤher religioͤſe Gefuͤhle in mir geweckt und mich fromm in kalviniſchen Grundſaͤtzen auferzogen. Kaum war ich aber funfzehn Jahr, fo zweifelte ich nach und nach an mehrern Pune⸗ ten, weil ich fie in manchen Büchern, die ich las, beſtrit⸗ ten fand, und endlich auch an der Offenbarung ſelbſt. * 76 Da fielen: mir einige Bücher: gegen den Deismus in die Haͤnde, welche angeblich das Weſentlichſte der in Boyles Vorleſungen gehaltenen Predigten waren. Sie machten zufällig einen ganz andern Eindruck auf mich, als den bei abſichtigten. Denn die Beweiſe der Deiſten, welche hier widerlegt werden ſollten, ſchienen mir weit buͤndiger, als die Widerlegungen, kurz ich ward bald ein völliger Deiſt. Meine Beweiſe verkehrten auch manche Andere, beſonders Collins und Ralph; da aber dieſe beide, öhne ſich im mindeſten etwas anfechten zu laſſen, ſo ſehr ſich an mir vergangen hatten, da ich Keith's Verfahren mit mir — er war auch ein Freigeiſt — und meines mit Vernon und Miß Read erwog, welches mich zuweilen ſehr beunruhigte, fo fieng ich an zu vermuthen, daß dieſe Lehre, wenn ſie auch wahr waͤre, doch nicht eben nuͤtzlich ſeyn moͤchte. Meine Londoner Flugſchrift vom Jahr 1725, die fade ne Drydens zum a Allah hatte: Was iſt, iſt recht, ob auch der Menſchen Bloͤdſicht Die Kette nur zum Theil, ihr nächftes Glied, ſieht, ft Sein Auge nicht den Arm der Waag' erreicht, | Der oben Alles waͤgt — und aus den Eigenſchaften Gottes, ſeiner unendlichen Weisheit, Guͤte und Macht ſchloß, daß nichts Boͤſes in der Welt fen, daß Tugend und Laſter leere Unterſcheidun⸗ gen, keineswegs wirklich vorhandene Dinge waͤren, ſchien mir jetzt kein ſo trefliches Werk wie fruͤher, und ich fuͤrch⸗ tete, es könnte ſich mir unvermerkt, doch wohl ein Irr⸗ thum eingeſchlichen haben, der, wie dieß in metaphyſiſchen Beweisfuͤhrungen zu gehen pflegt, alle nachfolgenden Beweiſe anſteckte. Ich uͤberzeugte mich, daß Wahrheit, Aufrichtigkeit und Rechtſchaffenheit im Verkehr mit Men⸗ ſchen für Lebensgluͤck hoͤchſt wichtig wären, und ſchrieb meinen Entſchluß nieder, wie er noch in meinem Tage⸗ buch ſich findet, ſie Zeitlebens zu uͤben. Offenbarung, als ſolche, hatte freilich kein Gewicht fuͤr mich; aber die Anſicht ſtand feſt, daß, wenn auch manche Handlungen nicht darum gut, oder boͤſe waͤren, weil ſie dieſelben em⸗ pfähle, oder verboͤte, fie doch von ihr empfohlen, oder verboten wuͤrden, weil ſie an ſich und unter allen Umſtaͤn⸗ den fuͤr uns wohlthaͤtig oder nachtheilig waͤren. Und dieſe Ueberzeugungen, wie die guͤtige Hand der Vorſehung, oder irgend ein Schutzengel, oder zufällig günſtige Um⸗ ſtaͤnde und Lagen, oder dieß Alles zuſammen, bewahrte mich in der ſo gefahrvollen Jugendzeit und den mißlichen Lagen, worin ich zuweilen unter Fremden, fern von Auf⸗ ſicht und Rath meines Vaters war, vor aller vorſfaͤtz⸗ lichen groben Unſittlichkeit oder Ungerechtigkeit, die ſonſt, bei meinem Mangel an Religion, wohl zu erwarten ſtan⸗ den. Ich ſage, vorfaͤtzlicher, weil die angeführten Faͤlle, bei meiner jugendlichen Unerfahrenheit und fremder Niedertraͤchtigkeit, doch eine Art von Nothwendigkeit mit ſich fuͤhrten. Ich hatte mithin fuͤr meinen Eintritt in die Welt ziemlich viel Gemuͤthsſtaͤrke, ich wuͤrdigte ſie ge⸗ hörig und war entſchieden ſie zu bewahren. Nicht lange waren wir wieder in Philadelphia, als die neuen Schriften aus London ankamen. Da ſetzten wir uns mit Keimer auseinander und ſchieden mit ſeiner Bewilligung von ihm, eh er etwas davon hoͤrte. Am Markte fand ſich ein Haus zu vermiethen; wir nahmen es. Um die Miethe zu verringern — ſie betrug damals nur 24 Pf., wiewohl ich erfuhr, daß ſie nachher auf 70 ſtieg — nahmen wir einen Glaſer, Tho. Godfrey, mit Familie hinein, welche uns um ein Betraͤchtliches 3 8 übertrugen, und wir giengen bei ihm zu Tiſche. Kaum hatten wir unſere Schriften ausgepackt und unſere Preſſe in Ordnung gebracht, ſo brachte Georg Houſe, einer meiner Bekannten, einen Landmann zu uns, den er un⸗ terwegs getroffen, und der nach einem Drucker fragte. Unſere ganze Baarſchaft ſteckte jetzt in der Menge Klei⸗ nigkeiten, die wir hatten anſchaffen müffen und die fünf Schillinge dieſes Landmanns, unſere erſte und fo gelegen kommende Einnahme machte mir mehr Freude, als manche ſpaͤterhin erworbene Krone. Aus Dankbarkeit gegen Houſe bin ich auch oft bereitwilliger geweſen junge An⸗ faͤnger zu unterſtuͤtzen, als ich vielleicht ohne dieß an se Aoeberall giebts Unglück kraͤchzende Raben. Ein ſol⸗ cher lebte auch in Philadelphia, ein angefehener, Alt licher Mann mit weiſer Miene und feierlicher Sprache. Samuel Mickle hieß er. Dieſer, mir fremde Mann, hielt mich eines Tages an meiner Thuͤr an und fragte, od ich der junge Mann wäre, der juͤngſt eine Druckerei angelegt? Als ich es bejahte, ſagte er, ihn bange um mich, das ſey doch ein koſtſpieliges Unternehmen und das Geld ſey weggeworfen, denn Philadelphia ſey im Sinken, die Einwohner bereits, oder doch beinahe halb banks bruͤchig; was nicht dieſen Anſchein habe, wie neue Gebäude, und das Steigen der Miethen, ſey, wie er gewiß wiſſe, truͤalicher Schein, denn das gerade waͤre, was uns ſtuͤrzte. Dann machte er mir eine fo umſtaͤnd⸗ liche Beſchreibung aller vorhandenen, oder naͤchſtens ein⸗ brechenden Unglüdsfälle, daß er mich halb muthlos ver ließ. Haͤtte ich ihn gekarnt, eh ich mein Geſchaͤft an⸗ fieng, ich wäre vermuthlich nie daran gegangen. Gleichwohl blieb dieſer Mann an dieſem verfallenden Orte, und ſprach in 1 79 dieſem Tone fort, wollte auch mehrere Jahre kein Haus daſelbſt kaufen, weil Alles zu Grunde gienge; am Ende aber erlebte ich gar den Spaß, daß er fuͤnfmal mehr fuͤr eins gab, als wenn er es damals gekauft haͤtte, als er ſeine Klaglieder anſtimmte. Ich haͤtte fruͤher erwaͤhnen ſollen, daß ich im Herbſte des vorigen Jahres meine geiſtreichen Bekannten meiſten⸗ theils zu einem Verein fuͤr gegenſeitige Bildung geſam⸗ melt hatte, den wir Junto nannten. An den Freitags⸗ abenden kamen wir zuſammen. Die Geſetze, die ich ent⸗ warf, *) verlangten, daß jedes Mitglied der Reihe nach eine, oder mehrere Streitfragen aus der Sittenlehre, Staatslehre oder Naturphiloſophie aufwerfen, und von der Geſellſchaft eroͤrtern laſſen ſollte; auch ſollte Jeder alle drei Monate etwas Selbſtverfertigtes uͤber irgend einen beliebigen Ge⸗ genſtand vorleſen. Unſere Eroͤrterungen ſtanden unter Leitung eines Vorſitzers und mußten mit jenem aufrichti⸗ gen Forſchungsgeiſte ohne Streitluſt, oder Siegerſtolz ge⸗ fuͤhrt werden; um aller Erhitzung zu ſteuern, wurden alle Ausdruͤcke von beſtimmter Gewißheit uͤber eine Anſicht, und aller offenbare Widerſpruch nach einiger Zeit fuͤr un⸗ zuläffig erklaͤrt und mit kleinen Geldbußen belegt. | Die erſten Mitglieder waren Joſeph Breintnal, ein Actenabſchreiber für Sachwalter, ein gutartiger freund⸗ ſchaftlicher Mann in mittleren Jahren, großer Liebhaber der Dichtkunſt, der alles las, was er nur bekommen konnte, auch ſelbſt leidlich ſchrieb, ſehr ſinnreich in klei⸗ nen Taͤndeleien, im Umgang ſehr verſtaͤndig. 9) Anhang Nr. 2. | 80 - — Thomas Godfrey, ein ſelbſt gelernter Mathe⸗ mathiker, groß in ſeinem Fach, nachheriger Erfinder des ſogenannten Hadleyiſchen Quadranten. Außer ſeinem Fach wußte er aber wenig und war kein angenehmer Ge⸗ ſellſchafter; denn wie die meiſten mir bekannten großen Mathematiker, verlangte er in allem, was geſprochen ward, eine durchgaͤngige Beſtimmtheit, widerſprach, oder unterſchied in Geringfuͤgigkeiten, ſo daß er nen nen ran ſtoͤrte. Er verließ uns bald. Niklas Set, ein Feldmeſſer, 8 5 enen las N und machte ern 8 9226 „Wilhelm EEE ein gelte lee Ye ſich bedeutende Kenntniſſe in der Mathematik erwor⸗ ben, die er Anfangs der Sterndeuterei wegen trieb, 2 er er - lachte Auch er ward wann 0 Wilhelm ge, RER sh FRE ahnen „ e re und eg. zuverlaͤſſiger ain 5 J 4 TR, 72) nieren ch. 1971 7 Hugh Meredith, ; Geigen pos ua Georg Webb, habe ich e oben auen hits Robert Grace, ein junger Mann von gen Vermoͤgen, großmuͤthig , lebhaft, wii e i zn und feiner een Endlich Wilhelm Coleman, damals ein Se . ungefähr meines Alters,’ der Fünfte) hellſte Kopf, das beßte Herz, und die ſtrengſte Sittlichkeit, die ich je geſehen. Er ward nachher ein feht bedeutender Kaufmann und einer unſerer Provinzialrichter. Mir wa⸗ ten Freunde bis an feinen Tod, wohl 40 Jahr; fo lange beſtand auch unſere Geſellſchaft, als die beßte damalige Schule der Provinz fuͤr Philoſophie, Sittlichkeit, und Staatswiſſenſchaft. Unſere Streitfragen, welche immer eine Woche vor ihrer Eroͤrterung vorgeleſen wurden, machten, daß wir uͤber die fraglichen Gegenſtaͤnde auf⸗ merkſam nachlaſen, um- gehörig zu ſprechen; und auch beſſern Vortrag gewannen wir, weil Alles nach unſern Vorſchriften behandelt ward, die jedem Verdruß ſteuerten. Daher beſtand dieſe Geſellſchaft, wovon ich noch oͤfter ſprechen werde, ſo lange. Hier erwaͤhnte ich ſie nur um des Vortheils willen, den ſie mir brachte, weil Jeder darin uns Arbeit zuwies. Beſonders ſchaffte uns Breintnal von den Quäfern den Druck von 40 Bogen ihrer Ge⸗ ſchichte; das Uebrige war ſchon Keimern zugeſagt; und wir hatten ſchwere Arbeit dabei, denn der Lohn war ges ring. Es war in Folio auf Propatria, mit Cicero, und langen Noten. Ich ſetzte taͤglich einen Bogen und Me⸗ redith zog ihn ab; es war oft Nachts eilf Uhr und oft ſpaͤter, eh ich meine Einrichtung fuͤr den folgenden Tag getroffen hatte: denn die kleinen Arbeiten, die uns an⸗ dere Freunde zuwieſen, brachten uns manchmal auch zu⸗ ruͤck. Ich ließ mich aber fo wenig davon abbringen, alle Tage Einen Bogen in Folio zu ſetzen, daß eines Nachts, als ich meine Formen abgeſetzt hatte und nun mein Tagewerk vollendet glaubte, eine davon zufällig brach und zwei Seiten verdorben waren. Sofort ſetzte ich ſie gleich wieder vor Schlafengehen und dieſer, von unſern Nachbarn bemerkte, Fleiß ſchaffte uns Achtung und Credit. Beſonders hoͤrte ich, daß, als einmal in der allabendlichen Kaufmannsgeſellſchaft von der neuen Druckerei die Rede geweſen, und man allgemein behaup⸗ Franklin's Leben 1. Abth. F f 92 tet hatte, ſie muͤſſe A hel, da bereits zwei Drucke reien, Keimer und Bradford, am Orte waͤren, Dr. Baird, den Du und ich viele Jahre nachher in ſeiner Vaterſtadt, St. Andrews in Schottland beſuchten, das Gegentheil behauptet hatte: „Denn Franklin' s Fleiß,“ ſagte er, „uͤberſteigt alles, was ich nur in dieſer Art kenne; wenn ich aus der Geſellſchaft nach Hauſe gehe, ſehe ich ihn noch immer bei der Arbeit, und früh iſt er ſchon daran, ehe ſeine Nachbarn aufſtehn.“ Dieß fiel den Uebrigen auf und bald darauf bot uns Einer Papier an, aber wir wollten uns noch nicht auf Ladengeschäfte : einlaſſen. Dieſen Fleiß erwaͤhne ich darum ſo umſtaͤndlich und frei, wenn ich gleich damit zu meinem Lobe ſpreche, da⸗ mit die Nachwelt, die dieß lieſet, den Werth dieſer Tu⸗ gend an den erſprießlichen Folgen fuͤr mich ermeſſe. Georg Webb, der von einer Freundin einen Vor⸗ ſchuß bekam, Keimern feine Mieth Zeit abzukaufen, bot ſich uns nun ſelbſt zur Arbeit an. Wir konnten ihn damals nicht brauchen; ich ließ ihm aber thoͤrichterweiſe als ein Ge⸗ heimniß wiſſen, daß ich bald eine Zeitung anfangen wurde, und dann Arbeit fuͤr ihn haͤtte. Meine Hoffnung eines gluͤcklichen Erfolgs gruͤndete ſich, wie ich ihm ſagte, da⸗ rauf, daß die einzige, bei Bradford gedruckte Zeitung ein elendes, ſchlecht eingerichtetes, ganz ununterhaltendes Blatt und doch eintraͤglich wäre; ich glaubte alſo, ein gutes Blatt muͤſſe durchaus gut aufgenommen werden. Ich erſuchte Webb, nicht davon zu ſprechen; er fagte es aber Keimer, der, um mir zuvorzukommen, ſelbſt eine ankündigte, wobei Webb angeſtellt werden ſollte. Das aͤrgerte mich, und, um ihnen entgegen zu wirken, ſchrieb 2 N i 83 ich, da ich unſer Blatt noch nicht anfangen konnte, meh⸗ rere unterhaltende Aufſaͤtze fuͤr Bradford's Blatt, unter der Aufſchrift: Hans Ueberall, welche Breintnal einige Monate fortſetzte. Auf dieſe Weiſe ward die Auf⸗ merkſamkeit des Publicums auf dieß Blatt geleitet und Keimer's Ankuͤndigung, welche wir laͤcherlich machten, ward mißachtet. Er fieng aber ſein Blatt doch an, und ehe noch drei viertel Jahr um waren, und er hoͤchſtens go Unterzeichner hatte, trug er mir es fuͤr ein Weniges an. Da ich meine Anſtalten gemacht hatte, nahm ich es gleich an und in einigen Jahren ward es mir ſehr eintraͤglich. Ich merke, daß ich immer in der Einzahl ſpreche, obgleich unſere Genoſſenſchaft noch fortgieng; wahrſchein⸗ lich, weil in der That das ganze Geſchaͤft auf mir lag. Meredith war kein Setzer, nur ein armſeliger Drucker und ſelten nuͤchtern. Meine Freunde beklagten mich deß⸗ halb; ich mußte aber ſehen, wie ich mit ihm durchkam. Unſere erſten Blaͤtter nahmen ſich ganz anders, als die bisherigen in der Provinz, aus; beſſere Schrift, beſ⸗ ſer gedruckt; nur einige Bemerkungen von mir uͤber den damaligen Streit zwiſchen dem Statthalter Burnet und der Maſſachuſettiſchen Volksverſammlung fielen hoͤhern Perſonen auf, machten, daß von dem Blatte und dem Herausgeber viel geſprochen ward und in wenig Wochen unterzeichneten Alle. ; Ihrem Beiſpiel folgten Viele und unfere Liſte wuchs immerfort. Dieß war eine der erſten guten Folgen da⸗ von, daß ich mich mit der Feder behelfen konnte. Eine zweite, daß, als die Erſten der Stadt eine Zeitung in ſolchen Haͤnden ſahen, ſie mich zu verbinden und aufzu⸗ 5 2 80 untern fuchten. Bradford druckte noch die ih bungen, Geſetze und andere oͤffentliche Papiere. Eine Eingabe der Stadtverſammlung an den Statthalter, hatte er ſchlecht und fehlerhaft gedruckt; wir druckten ſie zier⸗ lich und richtig ab und ſendeten jedem Mitglied eine, Sie ſahen den Unterſchied; dieß mehrte unſere Freunde im Hauſe und fuͤr das folgende Jahr wurden wir n fei: nen Druckern ernannt. f Unter meinen Freunden im Hauſe, darf ich Hrn. Hamilton nicht vergeſſen, deſſen ich ſchon fruͤher ge⸗ dachte, der damals aus England zuruͤckgekommen und Mitglied des Hauſes war. Er verwendete ſich in dieſem Falle, wie in andern lebhaft fuͤr mich und blieb lebens⸗ lang mein Goͤnner. Um dieſe Zeit erinnerte mich Vernon an meine Schuld, ohne mich jedoch zu draͤngen. Ich ſchrieb ihm einen aufrichtigen Dankſagungsbrief und bat noch um einige Nachſicht, die er mir auch zugeſtand. Sobald ich konnte, zahlte ich Stammgeld und Zinſen mit vielem Dank. Und ſomit war dieſer Druckfehler nene verbeſſert. | Jetzt aber gerieth ich in eine andere Verlegenheit, deren ich mich auch nicht im mindeſten verſah. Mere⸗ diths Vater, welcher unſere Druckerei, nach getroffener Verabredung haͤtte bezahlen ſollen, konnte nur hundert Pfund bezahlen, die er auch wirklich gezahlt hatte; es ſtanden aber noch hundert Pfund und der Kaufmann ward ungedultig und verlangte Alles. Wir ſtellten Buͤrg⸗ ſchaft, ſahen aber wohl, wenn wir das Geld nicht bei Zeiten auftrieben, es zu Verurtheilung und Execution kom⸗ 95 men und unſere ſchoͤnſten Ausſichten mit uns zu Grunde gehen müßten; denn Preſſe und Schriften mußten dann viel⸗ leicht um die Haͤlfte verkauft werden. In dieſer Verlegenheit beſuchten mich zwei wahrhafte Freunde, deren Guͤte ich nie vergeſſen habe und, ſo lange ich denken kann, nie vergeſſen werde. Beide kamen, Jeder für ſich und dem Andern unbekannt, ohne daß ich mich an ſie gewendet hatte und erboten ſich, mir ſo viel vorzuſchießen, als ich brauchte, um das ganze Geſchaͤft, wo moͤglich, allein zu uͤbernehmen. Mit Meredith mochten ſie mich nicht gern in Gemeinſchaft laſſen; er wuͤrde, ſagten ſie, oft be⸗ trunken auf der Straße gefunden, ſpielte in Bierhäufern ſchlechte Spiele und ſetzte uns ſo in der guten Meinung herunter. Dieſe beiden Freunde waren Wilhelm Co leman und Robert Grace. Ich ſagte, ſo lange noch eine Ausſicht vorhanden wäre, daß die Merediths ihrers ſeits ihre Verbindlichkeit vollzoͤgen, koͤnnte ich durchaus nicht auf Trennung antragen; denn ich fuͤhlte mich ihnen gar ſehr für das, was ſie gethan, und vielleicht noch thun wuͤrden, verbunden: ſollten ſie aber am Ende ihre Schuldigkeit nicht thun und unſere Handelsgenoſſen⸗ ſchaft ſich aufloͤſen muͤſſen, ſo würde ich fo frei ſeyn und von ihrem freundſchaftlichen Anerbieten Gebrauch ma⸗ chen. So blieb es einige Zeit. Da ſprach ich zu mei⸗ nem Genoſſen: „vielleicht gefaͤllt Ihrem Vater die Rolle nicht, die Sie in unſerem Geſchaͤft uͤbernommen haben und er will nicht gern fuͤr Sie und mich vorſtrecken, was er fuͤr Sie wohl thaͤte. In dieſem Falle ſagen Sie mir es nur, ich uͤberlaſſe Ihnen das Ganze und arbeite fuͤr mich.“ „Ja,“ ſagte er, „mein Vater hat ſich wirklich verrechnet und kann in der That nicht zahlen; auch mag ich ihm nicht laͤnger Sorge machen. Ich ſehe wohl, ich bin fuͤr dieß Geſchaͤft nicht gemacht. Zum 86 Landwirth war ich erzogen und war ein Thor, daß ich in die Stadt gieng und im dreißigſten Jahre Lehrling in einem neuen Gewerbe ward. Viele von unſern Lands⸗ leuten laſſen ſich in Nordcarolina nieder, wo Laͤndereien wohlfeil ſind. Ich habe Luſt mit ihnen zu ziehen und mein fruͤheres Gewerb wieder vorzunehmen. „Sie koͤnnen vielleicht Freunde finden, die Sie unterftügen. Wollen Sie nun die gemeinſamen Schulden übernehmen, meinem Vater die vorgeſchoſſenen 100 Pf. erſtatten, meine weni: gen beſondern Schulden zahlen und mir 30 Pf. und ei⸗ nen neuen Sattel geben, ſo trete ich aus unſerm Ge⸗ ſchaͤft und uͤberlaſſe Ihnen das Ganze.“ Das gieng ich ein; der Vertrag ward niedergeſchrieben, unterzeichnet und unterſiegelt. Ich gab ihm das Verlangte und er gieng bald darauf nach Carolina. Von dorther ſchrieb er mir ein Jahr darauf zwei lange Briefe, welche die beßten Nachrichten über Land, Himmelsſtrich, Boden, Land⸗ wirthſchaft ꝛc. enthielten, die man davon geben konnte; denn dergleichen verſtand er gar wohl. Ich ruͤckte ſie in die Zeitung ein und ſie wurden ſehr gut aufge⸗ nommen. | | RR Sobald er num fort war, wendete ich mich an meine beiden Freunde, und, weil ich Keinen durch Vorzug des Andern verletzen wollte, ſo nahm ich von Jedem die Haͤlfte des mir Angetragenen und Noͤthigen, bezahlte die Geſchaͤftsſchulden und fuͤhrte es nun auf meinen Namen fort, nachdem ich bekannt gemacht, daß die Genoſſenſchaft aufgeloͤſ't fey: Es war, glaub' ich, im Jahr 1729. Um dieſe Zeit verlangte das Volk mehr Papiergeld, weil nur 15,000 Pf. in der Provinz vorhanden und noch — dazu bald getilgt werden mußten. Die Wohlhabenden erklaͤrten ſich gegen alle Vermehrung des Papiergeldes, weil ſie beſorgten, es wuͤrde, wie in Neuengland, zum Nachtheil aller Glaͤubiger, im Werth fallen. Wir hat⸗ ten dieſen Gegenſtand in unſerm Junto erörtert, wo ich für die Vermehrung war, überzeugt, daß die erſte kleine, im Jahr 1723 gemachte, Summe, Handel, Ge⸗ werb und Bevoͤlkerung in der Provinz gehoben hatte; denn alle alte Haͤuſer waren jetzt bewohnt, und neue wurden gebaut. Dagegen erinnerte ich mich gar wohl, daß, als ich das erſtemal mit meinem Brot durch die Straßen von Philadelphia gieng, ich viele Haͤuſer auf der Wallnußſtraße, zwiſchen der Zweiten und Border: ſtraße ), ſah, wo „zu vermiethen“ an der Thuͤr ſtand, viele ebenfalls in der Caſtanien⸗ *) und andern Stra⸗ ßen. Ich kam alſo auf den Gedanken, die Einwohner muͤßten Einer nach dem Andern die Stadt verlaſſen. Durch unfere Eroͤrterungen ward ich der Sache fo mächtig, daß ich eine Flugſchrift ohne Namen ſchrieb und druckte: uͤber Weſen und Nothwendigkeit des Papier⸗ geldes. Von dem gemeinen Mann wurde ſie gut auf⸗ genommen; die Reichen aber waren unzufrieden damit, denn das Geſchrei nach Papiergeld wurde dadurch ver⸗ mehrt und verſtaͤrktz und da ſie keine Schriftſteller hatten, die darauf haͤtten antworten koͤnnen, ſo ward ihr Wi⸗ derſtand ſchwaͤcher und die Mehrheit ſetzte es durch. einiges Verdienſt erworben, wollten mich dafuͤr belohnen \ Meine Freunde im Haufe. meinten, ich hätte mir damit und uͤbertrugen mir den Druck. Dieß war ein ſehr er⸗ * 9 Walnut, Second und Front Street, -**) Chesnut Street. 88 kleckliches Geschäft, das mir viel half. Wieder ein Vor⸗ hau den 36 von meiner N zog! r W . und Eibe bewiesen den Nutzen des Pa⸗ piergeldes fo augenſcheinlich, daß die Grundfäse, worauf er beruhte, ſpaͤter nie ſonderlich beſtritten wurden: ſo daß es bald zu 55,000 und im Jahr 1739 zu 80,000 Pf. ſtieg, Handel, Bauen und Bevölkerung aber auch. Indeß denke ich jetzt, giebt es wohl Graͤnzen, uͤber wel⸗ che hinaus die Uebermenge doch nachtheilig wird. | Bald darauf erhielt ich durch meinen Freund Has milton den Druck des New⸗Caſtler Papiergeldes; wies der ein eintraͤgliches Geſchaͤft, wie mir es damals ſchienz denn Kleinigkeiten werden in geringern Verhaͤltniſſen wichtig; und vortheilhaft war es allerdings fuͤr mich, weil es mich aufmunterte. Hamilton verſchaffte mir auch den Druck der Geſetze und Stimmgebungen in der Statthal⸗ terſchaft; und ich behielt ihn ſo lange, als ich mein Ge⸗ ſoaſe fü. 0 Jetzt eröffnete ich auch einen kleinen Popitrlubett Ich hatte alle Arten von Zeddeln, wie ſie in Handel und Wandel noͤthig ſind, richtiger, als man ſie je hier hatte. Hierin gieng mir mein Freund Breintnal zur Hand. Auch hatte ich Papier, Pergament, Handlungsbuͤcher ice. Jetzt kam auch ein Setzer, Namens Whitemash, den ich in London kennen gelernt, ein treflicher Arbeiter zu mir und half mir ſtaͤtiglich und fleißig. Auch einen Lehrbur⸗ ſchen nahm ich mir, einen Sohn von Aquila Roſe. | Nun zahlte ich allmaͤhlich die Schuld ab, die auf meiner Druckerei lag. Um meinen Credit und mein An⸗ = 98 fehn als Handelsmann zu ſichern, ſtrebte ich, nicht bloß in der That betriebſam und ſparſam zu ſeyn, ſondern auch den Schein des Gegentheils zu vermeiden. Ich kleidete mich ſchlicht, gieng an keine Luſtoͤrter, nicht auf den Fischfang, oder die Jagd; zuweilen verlockte mich wohl ein Buch von meiner Arbeit, aber das geſchah doch ſel⸗ ten, in der Stille und ohne Aergerniß zu geben; und um zu zeigen, daß ich nicht uͤber mein Gewerb hinaus⸗ trachtete, fuhr ich zuweilen mein, in den Niederlagen ein⸗ gekauftes, Papier auf dem Schubkarren ſelbſt durch die Straßen nach Haufe. Da ich nun fo für einen betrieb⸗ ſamen, fleißigen jungen Mann galt, der redlich zahlte, ſo bewarben ſich die Kaufleute, welche Papier einfuͤhrten, um meine Kundſchaft. Keimer's Credit und Geſchaͤft fiel unter deſſen taglich, und endlich mußte er, ſeine Gläubiger zu befriedigen, ſeine Druckerei verkaufen. Er gieng nach Barbados, und lebte dort einige Jahre ſehr arm⸗ ſelig. a Statt ſeiner ſtand nun ſein Lehrling, David Harry auf, den ich, als ich dort arbeitete, unterrichtet hatte und kaufte fein Geraͤth. Anfangs fuͤrchtete ich in Harry eis nen maͤchtigen Nebenbuhler: denn er hatte vermoͤgende Freunde und ziemlich zu thun. Ich trug ihm alſo Han⸗ delsverbindung an, die er aber, zum Gluͤck fuͤr mich, hoͤh⸗ niſch ablehnte. Er war ſehr ſtolz, kleidete ſich vornehm, machte Aufwand, hieng ſeinem Vergnuͤgen auswaͤrts nach, ſtuͤrzte ſich in Schulden und vernachlaͤſſigte ſein Geſchaͤft. Da kam er denn um alle Kundſchaft und gieng mit ſei⸗ ner Druckerei Keimern nach Barbados nach. Dort nahm der Lehrling ſeinen fruͤhern Herrn als Geſellen an; ſie zankten ſich oft, Harry kam immer mehr zuruͤck, mußte endlich ſeine Schriften verkaufen und nach Penn⸗ 90 8 ſylvanien zum Landbau zuruͤckkehren. Der Käufer ſetzte Keimern in die Arbeit, der aber einige Jahre darauf ſtarb. air | RN So war denn nur at eine Druckerei in Philadel⸗ phia, der alte Bradford. Dieſer aber war reich und bequem, uͤbernahm nur dann und wann ein Geſchaͤft, ohne ſich ängftlich darum zu bewerben. Da er aber auch Poſtbeamteter war, und, als ſolcher, wie man meinte, mehr Gelegenheit hatte, Neuigkeiten zu erhalten, ſo hielt man ſein Blatt fuͤr Ankuͤndigungen weit geeigneter, und fo hatte er weit mehr, als ich, was gar eintraͤglich für ihn, für mich aber ſehr nachtheilig war. Denn, wiewohl ich Zeitungen mit Poſt verſendete und erhielt, ſo war das Publicum doch anderer Meinung; was ich verſendete, gieng bloß durch Beſtechung der Poſtreiter, die es ver⸗ ſtohlen mitnahmen, weil Bradford kleinlich genug war, es zu verbieten, was mich etwas gegen ihn erdittette. Sein Verfahren ſchien mir fo veraͤchtlich, daß ich, als ich nachher in feine Stelle trat, mich in Acht nahm, es ihm nie nachzuthun. Bis jetzt hatte ich bei Godfrey geſpeiſet, der Ne mir mit Weib und Kind unſer Haus bewohnte, und die Haͤlfte des Gewoͤlbes fuͤr ſeine Glaswaaren inne hatte, wiewohl er wenig arbeitete, immer nur in ſeine Mathe⸗ matik vertieft. Mrs. Godfrey wollte mich an die Toch⸗ ter eines Verwandten von ihr verheirathen, und brachte uns oft zuſammen; bis meinerſeits, weil das Maͤdchen al⸗ lerdings wohl der Muͤhe werth war, eine ernſte Liebſchaft ſich entſpann. Die Alten munterten mich immer auf; luden mich zum Eſſen, ließen uns zuſammen, bis es endlich Zeit ward, ſich zu erklaͤren. Mrs. Godfrey ver⸗ handelte unſer kleines Geſchaͤft. Ich kuͤndigte ihr an, daß ich mit lier 1800 ſo viel Geld erwartete, um meine Schuld für die Druckerei vollends abzuzahlen, was, wenn ich nicht irre, damals nicht uͤber 100 Pf. betrug. Ich erhielt zur Antwort, ſo viel haͤtten ſie nicht uͤbrig. So moͤchten ſie, ſagte ich, ihr Haus auf dem Leihamt verpfaͤnden. Nach einigen Tagen erfolgte die Antwort, ſie gaͤben die Heirath nicht zu; nach eingezogener Er⸗ kundigung bei Bradford, haͤtten ſie gehoͤrt, daß das Buchdrucken nicht eintraͤglich, die Schriften bald abge⸗ nuͤtzt und neue nöthig werden würden; Keimer und Harıy wären nach einander gefallen, und wahrſcheinlich wuͤrde ich ihnen bald nachfolgen. Man verbot mir alſo das Haus und ſperrte das Maͤdchen ein. Ob dieß nun wirklich veraͤnderte Geſinnung, oder bloß ein Kunſtgriff war, auf die Vorausſetzung, daß wir uns ſchon zu tief eingelaſſen haͤtten und vielleicht uns heimlich heirathen moͤchten, wo ſie denn nach Belieben gewaͤhren, oder ver⸗ ſagen koͤnnten, weiß ich nicht. Ich vermuthete aber den Grund, aͤrgerte mich und gieng nicht wieder hin. Nach⸗ her brachte mir Mrs. Godfrey etwas guͤnſtigere Nachrich⸗ ten, und haͤtte mich gern wieder angezogen; aber ich er⸗ klaͤrte rund heraus, daß ich nichts mit der Familie zu ſchaffen haben moͤchte. Dieß verdroß Godfreys, wir ent⸗ zweiten uns, ſie zogen aus, uͤberließen mir das ganze Haus, und ich beſchloß, keine Miethsleute wieder einzu: nehmen. Da mich aber dieſer Handel einmal auf das Heirathen gebracht hatte, ſo ſah ich mich um und ſuchte anderwaͤrts Bekanntſchaften, fand aber gar bald, daß die Buchdruckerkunſt durchgehends für ein armſeliges Geſchaͤft angefehen ward und ich mit einer Frau, wenn fie nicht anderwaͤrtig vielleicht unannehmlich waͤre, wohl kein Geld erheirathen wurde. Mittlerweile hatte mich die ſo ſchwer zu beherrſchende Leidenſchaft der Jugend haͤufig in Lie⸗ 92 3 beshaͤndel mit ſchlechten Weibern, die mir in den Wurf kamen, verflochten; das war koſtſpielig und ſehr nachthei- lig, auch abgeſehen davon, daß es meine Geſundheit zu zerruͤtten drohte, was ich vorzüglich fuͤrchtete, zu in großen Gluͤck aber doch vermied. | Zwiſchen mir und Miß Reads Familie war immer, ein freundnachbarliches Verhaͤltniß geblieben; denn ſie ach⸗ teten mich von der Zeit an, wo ich zuerſt bei ihnen ge⸗ wohnt hatte, luden mich oft zu ſich, und fragten mich in ihren Angelegenheiten um Rath, wo ich ihnen denn zuweilen auch Dienſte erwies. Miß Read's ungluͤckliche Lage dauerte mich. Sie war meiſt niedergeſchlagen, ſelten hei⸗ ter und vermied alle Geſellſchaft. Ich ſah meinen Flat⸗ terſinn und Unbeſtand, als ich in London war, großen⸗ theils fuͤr die Urſache ihres Ungluͤcks an, obwohl die Mut⸗ ter guͤtig genug war, die Schuld mehr ſich, als mir bei⸗ zumeſſen, weil ſie unſere Verheirathung, eh' ich dahin gieng, hintertrieben und die nachherige in meinem Abwe⸗ ſen betrieben hatte. Unſere Neigung zu einander lebte wieder auf; aber da zeigten ſich nun viele Schwierigkei⸗ ten. Zwar war jene Heirath fuͤr unguͤltig anzuſehen, weil noch eine fruͤhere Gattin in England leben ſollte. Dieß ſtand aber nicht leicht zu erweiſen, wegen Entfer⸗ nung ꝛc. Es gieng zwar auch das Geruͤcht von feinem Tode, aber dieß war doch auch nicht gewiß. Und, wenn daſſelbe auch wahr war, ſo hatte er viel Schulden hinterlaſſen, um welche ſein Nachfolger belangt werden konnte. Dennoch wagten wir's auf all' dieſe Schwierigkeiten hin und am I. Sept. 3730 nahm ich fie zur Frau. Keine der befuͤrchteten Ungele⸗ genheiten trat ein; ſie ward eine gute und treue Gefaͤhrtin, half mir viel in meinem Laden; wir gediehen und Jedes ſuchte das Andere gluͤcklich zu machen. So verbeſſerte 1 dieſen groben Druckfehler, ſo gut ich konnte. Ä en 18 Da um dieſe Zeit unſere Geſellſchaft nicht in einem Gaſthauſe, ſondern einem eigends dazu beſtimmten Zim⸗ mer bei Grace zuſammen kam, ſo that ich den Vor⸗ ſchlag: da wir uns; bei Erörterung. unſerer Streitfragen, oft auf unſere Bucher bezoͤgen, fo. moͤcht' es wohl gut ſeyn, wenn wir ſie alle an dem Ort unſerer Zuſammen⸗ kunft beiſammen haͤtten; und wenn wir dergeſtalt Eine Buͤcherſammlung aus allen einzelnen bildeten; ſo koͤnnten wir ja, ſo lange es uns beliebte, Jeder den Vortheil ha⸗ ben, die Buͤcher der uͤbrigen Mitglieder zu brauchen, wel⸗ ches beinahe eben fo viel werth waͤre, als wenn Jeder die ganze Sammlung beſaͤße. Der Vorſchlag ward be⸗ liebt und bewilligt und fo fuͤllten wir ein Ende der Stube mit Büchern an, die wir am erſten miſſen konnten. Die Zahl war nicht ſo groß, als wir gedacht hattenz und wiewohl es uns ſehr nuͤtzlich geweſen war, traten doch auch manche Unannehmlichkeiten wegen vernachlaͤſſigter Aufſicht ein, ſo daß wir ſie endlich wieder trennten und Je⸗ der die Seinigen zuruͤck nahm. Jetzt entwarf ich mein erſtes Unternehmen oͤffentli⸗ cher Art, eine Buͤcherei auf Unterſchrift. Ich ſetzte die Vorſchlaͤge auf; ließ ſie von unſerm großen Sachwalter, Brockden, in die gehoͤrige Form bringen und bekam mittelſt meiner Freunde im Junto funfzig Unterzeichner, Jeden mit 40 Schilling zum Anfang, und zehn Schilling jaͤhrlich nachtraͤglich auf funfzig Jahr; ſo lange ſollte un⸗ ſere Geſellſchaft beſtehen. Wir erhielten nachher ei— nen Freibrief, weil die Geſellſchaft zu hundert ange⸗ wachſen war. Dieß war die Mutter aller Nordamerica⸗ niſchen Buͤchereien auf Unterſchrift, deren jetzt ſo viele ‘find. Es iſt etwas Großes geworden und waͤchſt im: mer mehr. Dieſe Buͤchereien haben den Verkehr der 94 Ren I 3 Americaner mehr ausgebildet, die gemeinen Hand⸗ werker und Landleute ſo einſichtig gemacht, als an⸗ derwaͤrts die ſogenannten höhern Staͤnde und vielleicht einigermaaßen zu der, durchgängig in den Niederlaſſun⸗ gen waltenden, Vertheidigung ihrer Freiheiten mitge⸗ wirkt. Zweite Abtheilung. (So viel war für den, am Eingang geäußerten Zweck niederge⸗ ſchrieben, wo denn auch manche, nicht für Alle gleich anziehende, Familienanekdoten vorkommen. Das Folgende ward viele Jahre nachher, zufolge der in beifolgenden Briefen enthaltenen, Auffor⸗ derung geſchrieben und mithin fuͤr das Publicum beſtimmt. Die Americaniſche Umwaͤlzung war Schuld an der Unterbrechung.) 4 Brief von Abel James, mit Bemerkungen uͤber mein Leben. (Erhalten in Paris.) Mein theurer, geehrter Freund! Ich wollte Dir ſchon oft ſchreiben, konnte mich aber nicht mit dem Gedanken verſoͤhnen, daß doch der Brief vielleicht den Englaͤndern in die Haͤnde fiele, und ein Drucker oder ſonſtiger Viel⸗ geſchaͤftiger aus unzeitiger Dienſtfertigkeit den Inhalt zum Theil bekannt machte, unſerm Freunde Verdruß und mir ſelbſt Tadel zuzoͤge. Vror einiger Zeit fielen mir, zu meiner großen Freude, etwa drei und zwanzig Bogen, von Dir ſelbſt geſchrieben, in die Hände, welche Nachrichten von Deiner Herkunft und Deinem Leben enthalten, an Deinen Sohn gerichtet ſind und mit dem Jahre 1730 ſchließen, dabei Bemerkungen auch von Deiner Hand. Davon leg’ ich eine Abſchrift bei, ob Du vielleicht, wenn Du es weiter fortführteſt, beide Theile verbinden könnteſt; und, haſt Du es noch nicht fortgeſetzt, ſo wirſt Du es hoffentlich nicht verſchie⸗ den. Das Leden iſt ungewiß, ſagt uns der Predigerz und was wuͤrde die Welt dazu ſagen, wenn der milde, menſchliche, wohlwollende Franklin ſeine Freunde und die Welt um ein ſo anmuthiges und nuͤtzliches Werk brachte? ein Werk, das nicht nur Einigen, ſondern Millionen an⸗ genehm und erſprießlich ſeyn konnte? Der Einfluß von ſolcherlei Schriften auf jugendliche Gemärher,, iſt ſehr groß, und mir nirgends, als in unſeres Freundes oͤf⸗ fentlichem Tagebuche, anſchaulicher geworden. Es fuͤhrt die Jugend faſt unvermerkt dazu an, ſo gut und ansge⸗ zeichnet werden zu wollen, als der Verfaſſer des Tage⸗ buchs ſelbſt. Sollte z B. das Deine, wenn es gedruckt würde — und das kann doch, glaub' ich, nicht fehlen — die Jugend anreizen, auch fo betriebſam und maͤßig, wie Du in fruͤhſter Jugend, zu werden, welch ein Segen waͤre ein ſolches Buch! Ich kenne keinen lebenden Mann von Be⸗ deutung, auch nicht mehrere zuſammen genommen, der es ſo ſehr , als Du, in ſeiner Gewalt hätte, den Geiſt der Betrieb⸗ ſamkeit und fruͤher Hingebung an ein Geſchäft, der Spar⸗ ſamkeit und Maͤßigkeit unter der Americaniſchen Jugend zu fordern. Nicht als ob ich dem Werk auch nicht noch anderweitige Verdienſte und Nuͤtzlichkeit in der Welt einraͤumte — das ‚fen. ferne! — ſondern weil ſchon jenes Erſtere ſo ungeheuer wichtig iſt, daß ich Ns Gleiches wen e e ROHR Ni L. 3 173702 g ee An 151 72 7 r 2 *. N 97 Als ich vorſtehenden Brief nebſt Beat einem ee mitgetheilt, erhielt ich folgenden. u Bf von Bann * a u 9 han. > bei Fri 1228 55 e Paris, 31. Sam, 1783. Wertheſter Herr! Als ich Ihre Blaͤtter uͤber die einzelnen Hauptvorfaͤlle Ihres Lebens, die Sie durch Ihre Quaͤkerbekanntſchaften wieder erhalten, durchgeleſen hatte, ſagte ich, ich wollte Ihnen meine Grunde ſchriftlich mit⸗ theilen, warum ich die gewunſchte Beendigung und Her: ausgabe dieſes Werks fuͤr nuͤtzlich hielt. Davon haben mich allerlei Umſtaͤnde abgehalten, und ich weiß auch nicht, ob dabei eben viel verloren worden. Da ich aber jetzt Muße habe, To will ich mindeſtens mich ſelbſt durch Schreiben unterhalten und belehren. Da jedoch die Art, wie ich dieß thun möchte, einen Mann von Ihren Sitten beleidigen konnte, ſo will ich Ihnen bloß fagen, wie ich mich an irgend einen andern wenden wuͤrde, der eben ſo gut und groß, nur minder mißtrauiſch in ſich wäre, als Sie. Nämlich fo: Mein Herr! Ich dringe auf Eu Lebensgeschichte aus bigenden Gründen. | 3 4 440 ö „Ihe Geschichte iſt ſo merkwuͤrdig, daß, wenn Sie dieſelbe nicht bekannt machen, gewiß ein Anderer es thut, und ſomit vielleicht mehr ſchadet, als Sie nuͤtzen konnen.“ „Dazu giebt fie eine Ueberſicht der innern Verhaͤlt⸗ niſſe Ihres Landes, welche tugendhafte und maͤnnliche Gemuͤther genug einladen wird, ſich dort anzuſiedeln. Wenn ich nun überlege, wie eifrig man nach ſolchen Nachrichten trachtet und wie ausgebreitet Ihr Ruf iſt Franklin 's Leden. I. Atp. G 30 ſo wuͤßte ich nicht, was krͤftiger einwirken 1 * i Ihre Lebenebeſchbelbung. In a 2 Alles, was Ihnen begegnet iſt, hängt auch mit dem Einzelnen in Sitten und Lage eines entſtehenden Volks zuſammen; und in dieſer Hinſicht, glaube ich, koͤnnen Caͤſars und Tacitus Schriften für einen wahr⸗ haften Beurtheiler der menſchlichen Natur und erregt De anziehendet ſeyn. 5 m | Ä Dies . mein en find meiner Meinung en nur unbedeutende Gruͤnde, im Vergleich mit dem, was Ihr Leben auf Bildung kuͤnftiger großer Männer, und, verbunden mit Ihrer Tugendkunſt, welche Sie her⸗ auszugeben gedenken, auf Bildung des, Privatcharakters mithin auf apache und Dane Gluͤck. wirken kann und wird. Beide angedeutete Werke werden insbeſondere ein edles Geſetz und Beiſpiel von Selbſterziehung geben. Schule und ſonſtige Erziehung verfahren immer nach falſchen Grundſaͤtzen und ſtellen eine ungeſchlachte ſchwerfällige Zurüͤſtung zu einem ſalſchen Bielpunct auf: aber Ihre Zuruͤſtung iſt einfach, und Ihr Ziel ein wahres, und da Aeltern und jungen Leuten andere ſchickliche Mittel fehlen, einen vernünftigen Lebens⸗ gang zu würdigen und ſich darauf vorzubereiten, fo muß Ihre Entdeckung, daß dieß in eines jeden Menſchen 8 Macht gegeben iſt, unſchaͤtzbar ſeyn. Einfluß auf Privatcharakter im en Leben iſt nicht nur ein ſpaͤter, ſondern ein ſchwacher Einfluß. In der Jugend pflanzen wir unſere Hauptgewoͤhnungen und Borurtheile an; in der Jugend entſcheiden wir uns fuͤr » A 99 Gewerb, Strebungen, Heirath. In der Jugend alſo wird der Umſchwung gegeben; in der Jugend wird der oͤffent⸗ liche und Privatcharakter beſtimmt; und da das Leben nur von der Jugend bis zum Alter reicht, ſo ſollte doch das Leben natürlich mit der Jugend anfangen, hauptſaͤch⸗ lich eher, als wir uns uͤber unſere Hauptgegenſtaͤnde entſcheiden. | 255 ! BERN, Allein Ihre Lebensbeſchreibung wird nicht bloß Selbſterziehung, ſondern auch Erziehung zum Weiſen lehren; und der Weiſeſte wird Licht erhalten und gefoͤr⸗ dert werden, wenn er das Verfahren eines andern Wei⸗ ſen vor ſich ausgelegt ſieht. Wie moͤchte man denn aber Schwaͤcheren dergleichen Huͤlfe entziehen, wenn man ſieht, wie unſer Geſchlecht im Finſtern faſt fuͤhrerlos gerade hierin ſeit den fruͤheſten Zeiten tappt? Zeigen Sie alſo, wie viel zu thun iſt für Söhne und Vaͤter, und laden Sie alle Weiſen ein zu werden, wie Sie, Andere aber, Weiſe iu werden. Sehen wir, wie grauſam Sagte ne und Krie⸗ ger gegen Niedere, wie abgeſchmackt ausgezeichnete Maͤn⸗ ner gegen ihres Gleichen werden koͤnnen, fo muß es lehrreich ſeyn, die Beiſpiele friedlich milder Sitte verviel⸗ faͤltigt zu ſehen und zu begreifen, wie gut es ſich ver⸗ traͤgt, groß und haͤuslich, beneidenswerth und doch aufgelaunt zu ſeyn. 7 Die kleinen Privatvorfaͤlle, die Sie auch zu erzaͤh⸗ len haben werden, werden bedeutend nuͤtzlich ſeyn, da es uns hauptſaͤchlich an Klugheitsregeln für den Alltags⸗ Verkehr fehlt, und merkwuͤrdig muß es ſeyn, zu ſehen, — wie Sie ſich darin benommen. Inſofern wird es eine G 2 sig | Air von Lebensſchlüͤſfel ſeyn und manche Dinge erklären, die ſich Jeder einmal erklaren laſſen ra e er FR Bern weiſe werden lernte. 3 Der nüchſte Weg Stibſtetfahrung zu Fade if, wenn uns fremde Angelegenheiten in anziehender Geſtalt vorgefuͤhrt werden. Dieß wird aus Ihrer Feder gewiß der Fall ſeyn. Ihre Angelegenheiten und Ihre Behand⸗ lung derſelben wird ganz unfehlbar Einfalt, oder Wich⸗ tigkeit athmen, und ich bin uͤberzeugt, Sie haben fie fo eigenthuͤmlich und urbildlich behandelt, wie ſtaatiſche, oder philoſophiſche Erörterungen; und was verdient wohl mehr Verſuche und Syſtem, wenn man ſeine Wichtigkeit und ſeine Verirrungen ih als das een Mancher iſt bündlings tugendhaft N ein An⸗ derer hat traͤumeriſch ſpeculirt, wieder Andere ſind argli⸗ ſtig fuͤr ſchlechte Zwecke geweſen; Sie aber, mein Herr, geben unter Ihrer Firma nichts, als was zugleich Weiß, Wend und gut iſt. Ihre . über ſich ſelbſt — denn ich nehme an, die Vergleichung, die ich mit Dr. Franklin mache, wird nicht nur hinſichtlich auf Charakter, ſondern auch auf Privatgeſchichte ſich bewaͤhren — wird zeigen, daß Sie ſich keiner Abkunft ſchaͤmen; was um ſo wichtiger iſt, da ſie beweiſen, wie wenig zum Gluͤck, zur Tugend und Groß en eine Went beitraͤgt. Da kein Zweck FR Mittel ift, fo den wir ein den, daß Sie ſelbſt einen Plan entwarfen, durch welchen Sie bedeutend wurden; aber auch zugleich, daß, wie ſchmeichelhaft der Ausgang iſt, die Mittel doch ſo ein⸗ 101 fach ſind, als die Weisheit ſie nur immer gebraucht, nämlich auf Natur, e en, und ene N 8 ae ne nis Noch Supa wird ſich Abt daß naͤmlich Jedem geziemt/ die Zeit ſeines Auftrittes auf der Weltbuͤhne, abzuwarten. Da wie uns nur zu ſehr von dem Au⸗ genblicke beſtimmen laſſen, ſo vergeſſen wir daruͤber leicht, daß dem erſten noch mehrere folgen, daß folglich Jeder ſein Verhalten der Geſammtheit eines Lebens gewaͤß einzu⸗ richten habe Ihr Leben ſcheint Ihre Empfehlung geweſen zu ſeyn, und die voruͤbergehenden Augenblicke deſſelben waren von Zufriedenheit und Genuß belebt, ſtatt von thoͤrichter Ungeduld oder Reue gequaͤlt zu ſeyn. Das wird denen leicht, welche die Tugend fuͤr ſich zum Pa⸗ | nier machen und durch Beifpiele anderer 1 großer Männer) deren Hauptzug fo a Geduld # Haltung gewinnen. 5 n: Ihr Qudterbriefſteler- (denn hier will ic wieder an⸗ nehmen, Franklin und die Perſon, an welche mein Brief ge⸗ richtet iſt, feien Eins) — pries Ihre Sparſamkeit, Maͤßigkeit und Ihren Fleiß, die er als Muſter fuͤr die Jugend anſahz ſonderbar aber iſt es, daß er Ihre Beſcheidenheit, und Ihren Uneigennutz vergaß, ohne welche Sie nie Ihre Befoͤrderung haͤtten erwarten, oder ihre jedesmalige Lage erfreulich finden koͤnnenz eine ſtarke Weiſung, welche Atm⸗ ſeligkeit der Ruhm und wie ns. es ſe, 5 Ge⸗ müth 10 ordnen! f Hätte 1 7 EHE Ihre Biel t d dem We⸗ fen nach ſo gut, als ich, gekannt, er hätte geſagt: Ihre ftuͤhern Schriften und Maaßregeln müßten Ihrer Lebens⸗ 102 | — beſchreibung und Tugendkunſt Aufmerkſamkeit verbürgen, und umgekehrt. Das iſt ja eben ein Vortheil, den ein vielfach durchgearbeiteter Charakter gewaͤhrt und der alles Zugehoͤrige in groͤßere Wirkſamkeit verſetzt; und das iſt um ſo nuͤtzlicher, da vielleicht mehrere um die Mittel zu | Ausbildung Ihres Gemuͤths und Charakters, als um 5 Zeit oder Neigung Ba! verlegen fi 8 rn Aber Eine Bemerkung beweiſet REN wie nützlich Ihre Lebensbeſchreibung ſeyn muß. Ihre Schreib; ark iſt zwar, wie es ſcheint, eben nicht mehr voͤllig gaͤng und gebe, gleichwohl iſt fie doch ſehr nuͤtzlich; und Ihre gegebene Probe kann beſonders verdienſtlich ſeyn, da ſie eine Vergleichung mit dem Leben verſchiedener oͤffent⸗ licher Gurgelabſchneider und Raͤnkeſchmiede, oder abges Magee uch cher Selbſtfolterer und eitler literariſcher⸗ Kleinigkeitskraͤmer an die Hand geben wird. Wenn ſie mehrere Beſchreibungen ihrer Art veranlaßt und mehrere Menſchen anreizt, ein der Beſchreibung werthes Leben zu fuͤhren, ſo iſt fie ſchon uni werth, als alle e zuſammen. Doch ich bin es muͤde, mir einen Charakter vorzu⸗ halten, wo jeder Zug nur Einem Manne in der Welt gleicht, ohne ihn deſſen zu beloben, will aſo, liebſter Dr., meinen Brief mit einer perfünlichen Anrede an Sie | ſchließen. Alſo: ich wünſ e recht ſehr, theurer Herr, daß Sie die Welt in die Züge Ihres achten Charakters blicken laf- ſen, weil ſonſt buͤrgerliche Zwiſte ihn zu verdecken, oder zu entſtellen ſuchen moͤchten. Bei Ihrem hohen Alter, Ihrer Bedaͤchtigkeit und eigenthuͤmlichen Denkar iſt nicht nu 103 wahrſcheinlich, daß Jemand außer Ihnen hinlaͤnglich Meiſter der dee bee Lebens, oder At e gen Ihres Geiſtes bey. er 1. an Ueber dieß Alles siehe bie . „ 5 waͤlzung nothwendig unſere Aufmerkſamkeit auf ihren Ur- heber; und, hat man dabei tugendhafte Grundſaͤtze vor⸗ gegeben, ſo muß es hoͤchſt wichtig ſeyn zu zeigen, daß dergleichen wirklich Einfluß gehabt haben. Und da Ihr Charakter hauptſaͤchlich einer Forſchung unterworfen wird, ſo geziemt es ſich, ſowohl der Folgen wegen fuͤr Ihr weites und erſtehendes Land; als fuͤr England und Euro⸗ pa, daß er achtungswuͤrdig und ewig ſtehe. Zu Foöͤrde⸗ rung menſchlicher Gluͤckſeligkeit iſt, wie bereits erwaͤhnt, zu erweiſen noͤthig, daß der Menſch nicht gerade ein la⸗ ſterhaftes, abſcheuliches Thier iſt, und noch mehr, daß gute Behandlung ihn gar ſehr beſſern kann; und aus dieſem Grunde wuͤnſche ich gar ſehnlich, dargethan zu ſehen, daß es unter den Einzelnen des Geſchlechts doch wackere, biedere Maͤnner giebt; denn ſobald alle Menſchen ohne Ausnahme fuͤr verlaſſen gelten, ſo geben ſich die Guten weiter keine, doch einmal verlorene, Muͤhe um fie, ſon⸗ dern ſuchen ſich etwa aus dem Lebensgewirr ihr Theil her⸗ auszunehmen, oder mindeſtens es ſich vor Aalen RN zu machen. 129 Nehmen Sie alſo, theurer Herr, dieß Werk ſchleu⸗ nig vor! Stellen Sie ſich ſo gut und beſonnen maͤßig hin, als Sie ſind, und vor Allem als einen, der von Kindheit auf Gerechtigkeit, Freiheit und Eintracht derge⸗ ſtalt liebte, daß es ihm zur Natur und Gewohnheit ward ſo zu handeln, wie wir Sie in den letzten ſiebzehn Jahren Ihres Lebens handeln ſahen! Machen Sie, daß die Engländer Sie nicht nur achten, ſondern auch lieben. Lernen ſie von Einzelnen in Ihrem Vaterlande gut den⸗ ken, ſo ſind fie auch nahe daran, von Ihrem Vaterlande gut zu denken; und, ſehen dieß Ihre Landsleute, ſo werden ſie allmaͤhlich von England gut denken lernen. Ja gehen Sie noch weiter, bleiben Sie nicht bei denen, welche die Engliſche Sprache reden, ſtehen, fondern denken Sie, nachdem Sie ſo Manches in Natur⸗ und Staats⸗ wiſſenſchaft a auf eee der geſammten FFF Os ich N von ee . e eee En habe, ſondern nur den Mann kenne, ſo ſchreibe ich ſo auf's Gerathewohl hin. Ich bin aber gewiß, dieß hier gemeinte Leben und die Abhandlung uͤber die Tu⸗ gendkunſt wird durchaus meinen ſchoͤnſten Erwartungen entſprechen, um ſo mehr wenn Sie die oben angegebe⸗ nen Geſichtspuncte dabei feſthalten. Sollten ſie aber auch nicht ſo gedeihlich wirken, als ein herzinniger Be⸗ wunderer von Ihnen hofft, ſo werden Sie doch minde⸗ ſtens etwas aufſtellen, was den Menſchengeiſt anzieht; und wer dem Menſchen eine unſchuldige Freude macht, hat die durch Angſt allzu ſehr verdunkelte und durch Kummer beeintraͤchtigte Lichtſeite des Lebens 770 etwas enn g In Boffomg alſo, daß Sie dieſe, an Sie hier er⸗ A Bitte gewaͤhren, erlauben Sie eng Aa ce 10 unterzeichnen Ihr 2c. am enn dan ie . Wöng an * 5 4 — * 15 une 3 1 7 äh: 2 Bontung kat "Reben tnadriihten, angefangen zu Paſſy, bei Paris, 1784 pr 5 65 if ſchon etwas lange her, daß ich obige Bulefe erhielt; aber ich war bisher zu uͤberhaͤuft, als daß ich an. Erfüllung deſſen, was Sie verlangen, haͤtte denken koͤnnen. Es, wäre auch wohl uberhaupt beſſer, wenn ich daheim unter meinen Papieren wäre, welche meinem Ge⸗ daͤchtniß zu Hülfe kommen und die Angaben berichtigen wuͤrden. Da jedoch meine Ruͤckkehr ungewiß iſt und ich eben etwas Muße habe, ſo will ich mich zu erinnern ſu⸗ chen und was ich kann, niederſchreiben; lebe ich noch fon lange, daß ich wieder in mein Vaterland zuruͤckkehre, fo: kann es ja dort berichtigt und verbeſſert werden. 4 Da ich das bereits Geſchriebene nicht abſchriftlich vor mir habe, ſo weiß ich nicht, ob ich der Mittel gedacht habe, die ich waͤhlte, in Philadelphia eine Buͤcherei anzulegen, die von einem kleinen Anfang an jetzt ſo bedeutend ge⸗ worden iſt; wiewohl ich mich erinnere, bis auf die Zeit jener Verhandlung (1230) gekommen zu ſeyn. Ich will alſo hier damit beginnen, und, ſollte ſich Manches niczethehie, ſo 1599 es dane werden.“) a Als ich mich in 5 niederließ, war in allen Colonien, ſuͤdwaͤrts von Boſton, nicht Ein guter Buchladen. In Neuyork und Philadelphia verkauften die Drucker zwar Papier ꝛc. Almanache, Balladen und eini⸗ ge wenige Schulbuͤcher. Liebhaber des Leſens aber muß⸗ — * Der umſtaͤndlichere Bericht ſchien nicht wegbleiben zu dürfen. 106 — „ 9 J ten ihre Buͤcher aus England beziehen; die Mitzlieder des Junto hatten nur wenige. Wit hatten das Gaſthaus, wo wir uns fruͤher verſammelten, verlaſſen und mietheten ein Zimmer dazu. Ich ſchlug vor, daß wir ſaͤmmtlich un⸗ ſere Buͤcher dahin ſchafften, wo wir ſie nicht nur bei un⸗ ſeren Zuſammenkuͤnften zu Rathe ziehen, ſondern auch ge⸗ meinnuͤtzig machen konnten, indem Jeder von uns, was er daheim leſen wollte, borgen Könnte. Dieß geſchah denn und wir waren eine Zeitlang damit zufrieden. Da ich das Vortheilhafte dieſer kleinen Buͤcherei ſah, ſo kam ich. auf den Gedanken, das Buͤcherweſen noch gemeinnütziger zu machen und. eröffnete auf Unterſchrift eine Buͤcherei. Ich ſetzte den noͤthigen Plan und die Geſetze auf, und ließ einen erfahrnen Sachwalter, Hrn. Carl Brogden, das Ganze in gehoͤrige Form bringen. Jeder Unterzeich⸗ ner machte ſich anheiſchig, zum erſten Buͤcherankauf eine gewiſſe Summe zu zahlen, und zur Vermehrung jährlich einen Beitrag zu geben. Damals wurde noch ſo wenig in Philadelphia geleſen, und die Mehrheit von uns war ſo arm, daß ich trotz aller Mühe doch nicht mehr als funfzig Perſonen, meiſt junge Gewerbsleute, aufbringen konnte, die jeder vierzig Schillinge legen und zehn Schillinge jaͤhrlich nachzahlen mußten. Mit dieſer ge⸗ ringen Baarſchaft fiengen wir an. Die Buͤcher wurden angeſchafft; die Buͤcherei war wöchentlich einen Tag offen, um den Unterzeichnern die Buͤcher zu leihen, deren Werth fie auf den Fall der Nichtzuruͤckgabe, dem Vertrag gemäß, erfegen mußten. Die Anſtalt bewährte ihren Nutzen gar bald und wurde auch in andern Staͤdten und Provinzen getroffen. Durch Schenkungen mehrten ſich die Buͤchereien; Leſen ward Mode, und, da unſer Volk keine oͤffent⸗ lichen Luſtbarkeiten und Zerſtreuungen hatte, ſo lernte es wehr Buͤcher kennen und in wenig e fanden * — / 107 | Fiümbe; daß es beſſer eee e und aher per, - andskwwärts' e e As wir die obenerwaͤhnten Puncte unterzeichnen wollten, um uns gegenſeitig auf 50 Jahre zu binden, s ſagte Brogden: „Sie ſind zwar jung, meine Herren; es iſt aber doch kaum wahrſcheinlich, daß einer von Ihnen den Ablauf des angegebenen Zeitraums erlebt.“ Aber noch leben Viele von uns; nur die Urkunde ward einige Jahre darauf durch eine andere erſetzt, welche die Ge ſellſchaft zur ſtehenden ‚Öffentlich, weihte. Die Einwürfe und Einreden, welche ich bei Gele genheit der Unterzeichnung erfuhr, überzeugten mich bald, wie unklug es ſey, ſelbſt auftretend irgend einen nuͤtzli⸗ chen Entwurf vorzulegen, der nur im mindeſten unſern Ruf uͤber den der Nachbarn erhebt, wenn man zu feiner Ausführung ihren Beiſtand braucht. Ich ſtellte mich alſo ſo viel moͤglich zurück und gab das Ganze als einen Entwurf mehrerer Freunde hin, die mich erſucht hätten, umherzugehen und ihn den Liebhabern des Leſens vorzulegen. So gieng meine Sache leichter von Statten; und ſo verfuhr ich bei ahnlichen Gelegenheiten nachher im⸗ mer, darf es daher aus Erfahrung empfehlen. Das kleine augenblickliche Opfer unſerer Eitelkeit, wird fpäterhin reich⸗ lich verguͤtet. Bleibt es eine Weile ungewiß, wer ei⸗ gentlich das Verdienſt hat, ſo wird Einer, der eitler iſt, als wir, angefeuert, ſich es zuzueignen, und dann laͤßt uns ſelbſt der Neid Gerechtigkeit widerfahren, reißt die angeſteckten Federn aus und ſtelt ‘fie dem rechtmaͤßigen Eigenthümer zu. Dieſe Vücherſommlung AR mir Gela hen, mich durch anhaltſamen Fleiß zu bilden. Ich beſtimmte dazu 108 täglich ein Paar Stunden und hohlte fo die gelehrte Er⸗ ziehung, die mir mein Vater Anfangs hatte geben wol; len, nach. Leſen war mein einziges Vergnuͤgen, das ich mir erlaubte. In Schenken, bei Spielen, oder Luſtbar⸗ keiten, wie ſie auch hießen, brachte ich keine Zeit hin, und in meinem Geſchaͤft war ich eben fo unermüͤdet flei⸗ ßig, wie zuvor. Ich hatte noch Schulden auf meiner Druckerei, Kinder die erzogen werden ſollten, ziel Ne: benbupler im Geſchaͤft, die ſich früher am Orte niederge⸗ laſſen hatten, als ich. Dennoch ward meine Lage von Tag zu Tag gemaͤchlicher. Da ich meine früher ſchon gewohnte Sparſamkeit fortſetzte, und mein Vater in mei: ner Jugend mir unter feinen. Lehren fleißig auch den Spruch Salomons eingeſchaͤrft hatte: „ ſiehſt du einen Mann, der fleißig in ſeinem Beruf, ein folder ſoll vor Koͤnigen ſtehen und nicht vor gemeinen Menſchen,“ ſo ſah ich Fleiß als Mittel, wohlhabend und ausgezeichnet zu werden, an. Dieß munterte mich ſehr auf, wiewohl ich darum nicht eben dachte, daß ich je buchſtablich vor Koͤnigen ſtehen wuͤrde, was aber doch geſchehen iſt; denn ich bin vor fuͤnf geſtanden, ja ich hatte die Ehre, neben einem (dem König von RAHMEN an ‚bob e zu Ja 98 In England haben wir ein Sprichwort: willſt du gedeihen, ſo mußt du freien. Ein Gluͤck fuͤr mich, daß ich eine Frau hatte, die eben fo fleißig und ſparſam war, als ich! Sie ſtand mir heiter in meinem Geſchaͤft bei, falzte und heftete Flugſchriften, verſah den Laden, kaufte Lumpen für die Papiermacher ic. Unnuͤtze Bedienung hielten wir nicht; unſer Tiſch war ſchlecht und recht, un⸗ fer Hausgeraͤth fo wohlfeil, als moͤglich. Mein Fruͤhſtuͤck z. B. war lange Zeit Brot und Milch, kein Thee, und dieß aß ich aus einem irdenen Napf fuͤr zwei Penny, mit einem zinnernen Löffel. Nun ſehe man aber, wie ſich die Ueppigkeit in Familien einſchleicht und trotz allen Grundſaͤtzen verbreitet! Eines Morgens ward ich zum Fruͤh⸗ ſtuͤck gerufen und fand es in einer Porzellan ſchaale, da⸗ bei einen ſilbernen Loͤffel. Das hatte meine Frau, ohne mein Vorwiſſen eingekauft, und die ungeheure Summe von drei und zwanzig Schilling dafuͤr bezahlt. Dafuͤr hatte fie. keine Entſchuldigung, noch Nechtfertigung, als die, ſie haͤtte gemeint, ihr Mann waͤre doch wohl ſo gut, als die Nachbarn, eine Porzellainſchgale und einen ſilber⸗ ‚nen, Löffel werth. So kam das erſte Silber und Porzel⸗ lan in unſer Haus, und vermehrte ſich im Verlauf der Zeit mit wachſendem Wohlſtande auf e Hunde vn ume | je eg . 00 war als re in aller Brink 5 erzogen; wiewohl aber einige Lehrſaͤtze derſelben, wie die ewigen Rathſchluͤſſe Gottes, Gnadenwahl und Verwer⸗ fung u. a. mir unverſtaͤndlich, andere zweifelhaft waren, und ich ſchon fruͤh nicht in den ‚öffentlichen Verſammlun⸗ gen erſchien, weil der Sonntag mein Studiertag war, fo war ich doch nie ohne alle religioͤſe Grundſaͤtze⸗ So zweifelte ich z. B. nie am Daſeyn Gottes, nie, daß er die Welt geſchaffen und durch ſeine Vorſicht lenke; daß der beßte Gottesdienſt ſey, Menſchen Gu⸗ tes zu thun, daß unſere Seelen unſterblich ſeyen; alle Verbrechen beſtraft, alle Tugenden belohnt werden, hier oder jenſeits. Dieß hielt ich fuͤr die weſentlichſten Lehren jeder Religion und, da ich ſie in allen unſern Landesre⸗ ligionen fand, ſo achtete ich fie alle, obgleich in verſchie⸗ denen Graden, je nachdem ich ſie mehr, oder weniger mit andern Saͤtzen gemiſcht fand, welche, ohne unſere Sitt⸗ 110 5 — — lichkeit zu begeiſtern, zu fordern, oder zu beflätigen, haupt⸗ fachlich uns zu trennen und lieblos gegen einander zu machen dienten. Dieſe Achtung vor allen, nebſt der An⸗ ſicht, daß auch die ſchlimmſten noch gute Folgen haͤtten, machte, daß ich jedes Geſpraͤch vermied, wodurch viel⸗ leicht die Ueberzeugung eines Andern von ſeiner Religion koͤnnte herabgeſtimmt werden; und, wie unſere Provinz an Bevoͤlktrung gewann und immer mehr Plaͤtze zur Gottesverehrung noͤthig, und durch freiwillige Beitraͤge errichtet wurden, ſo hat mein Scherflein, fuͤr welche Sele es N immer ſeyn en nie gefehlt. FERN! W 10 auch dem öffentlichen Gottesdienste nicht beiwohtite, ſo hielt ich ihn doch fuͤr geziemend und, wenn er recht geleitet wuͤrde, fuͤr nuͤtzlich, und ſo zahlte ich meinen jaͤhrlichen Beitrag zum Unterhalt des einzigen Presbyteriſchen Pfarrers und Bethhauſes, die wir in Philadelphia hatten. Er beſuchte mich zuweilen als Freund und ermahnte mich, ſeinem Gottesdienſte beizuwohnen; ich that dieß denn wohl auch von Zeit zu Zeit, einmal fuͤnf Sonntage nach einander. Waͤr er ein guter Pre⸗ diger, wie ich ihn wuͤnſchte, geweſen, vielleicht haͤtte ich es immer gethan, wiewohl ich den Sonntag ſtets zu mei⸗ nen Studien brauchte; aber ‚feine Reden waren vorzuͤg⸗ lich entweder polemiſchen Inhalts, oder. Erklärungen. der eigenthuͤmlichen Lehren unſerer Sekte, fuͤr mich alle gar; trocken, ununterhaltend und unerbaulich. Da wurde kein einziger ſittlicher Grundſatz eingeſchaͤrft, oder erhaͤrtetz Alles ſchien darauf abgeſehen, uns lieber zu Presbyteria⸗ nern, als zu guten Buͤrgern zu machen. Endlich nahm er einmal den Vers aus dem 4. Cap. des Briefs an die Philipper zum Text: „Endlich, lieben Brüder) was wahrhaftig iſt, was ehrbar, was gerecht, was keuſch, was lieblich, was wohllautet, iſt etwa eine Tugend, iſt etwa ein Lob, dem denket nach.“ Da meinte ich nun, in ei⸗ ner Predigt uber dieſen Tert koͤnne es an Sittenlehre durchaus nicht fehlen. Aber er beſchraͤnkte ſich auf fuͤnf Puncte lediglich, die der Apoſtel im Auge gehabt haben ſollte 1) den Sabbathtag zu heiligen, 2) die heilige Schrift fleißig zu leſen, 3) dem oͤffentlichen Gottesdienſt gebührend beizuwohnen, 4) zum Abendmahl zu gehen 5) den Dienern Gottes die gebuͤhrende Achtung zu er⸗ weiſen. Das mochte Alles recht gut ſeyn, nur war es nicht das Gute, das ich gerade nach dieſem Texte er⸗ wartete. So verzweifelte ich denn, dieß auch bei einem Andern zu finden, war verſtimmt und kam nicht wieder in ſeine Predigten. Einige Jahre fruͤher hatte ich ſelbſt zu meinem Gebrauch mir ein kleines Gebetbuch entwor⸗ fen, betitelt: Glaubenslehren und Religionsge⸗ brauche — es war im Jahr 1728 — dieß ſuchte ich wieder vor ünd gieng nicht mehr in die oͤffentlichen Ver⸗ ſammlungen. Das war wohl zu tadeln; allein ich laſſe es immerhin ſtehen, ohne es etwa zu entſchuldigenz denn ich will hier nur Thatſachen erzaͤhlen, mit nichten aber e n bea ee een e um diefe Zeit faßte ich den kühnen und ferien Entſchluß, es zur ſittlichen Vollendung zu bringen. Ich wuͤnſchte ſo zu leben, daß ich nie einen Fehler begienge und alle bekaͤmpfte, wozu mich natuͤrliche Neigung, Ge⸗ wohnheit, oder Umgang verleitete. Da ich, was Recht und Unrecht war, wußte, oder doch zu wiſſen meinte, ſo begriff ich gar nicht, warum man nicht ſtets das Eine thun und das Andere ſollte laſſen koͤnnen. Ich fand aber bald, daß dieß denn doch ſchwieriger fen, als ich gemeint hatte: während ich auf einen Fehler aufmerkſam war und mich vor ihm huͤ⸗ — 4 x thete, uͤherraſchte mich oft ein anderer. Die Gewoͤhnung machte ſich die Unaufmerkſamkeit zu nutz, und die Nei⸗ gung war zuweilen der Vernunft zu uͤberlegen. Am En⸗ de ſchloß ich, daß die bloße Ueberzeugung des Wiſſens, daß es uns heilſam ſey, durchaus tugendhaft zu ſeyn, uns doch wohl nicht vor dem Ausgleiten ſichere, und daß widerſtrebende Gewoͤhnungen gebrochen, gute erworben und befeſtigt werden muͤßten, ehe wir auf beſtaͤndige gleichfoͤrmige Rechtſchaffenheit in unſerm Leben fußen Auen. Zu BR Endzweck verſuchte ich Folgendes. S5 weit I; nach dem was ich geleſen das Ver⸗ zeichniß aller ſittlichen Tugenden kannte, fand ich es groͤßer, oder kleiner, je nachdem die Sittenlehrer mehr oder we⸗ niger Ideen unter demſelben Namen befaßten. Maͤßig⸗ keit z. B. beſchraͤnkte ſich nach Einigen bloß auf Eſſen und Trinken; Andere dehnten es auf Maͤßigung jeglicher andern Lüfte, Neigung, Leidenſchaft, Hangs, er mochte geiſtig oder leiblich ſeyn, aus, ſelbſt auf Habſucht und Ehrgeiz. Um hierin klar zu werden, nahm ich mir vor, lieber mehr Benennungen zu brauchen und weniger Ideen damit zu verknuͤpfen, als wenig Benennungen mit mehrern Ideen, und ſo befaßte ich unter dreizehn Tugendbenennungen alle mir damals bekannte noͤthige und erwuͤnſchenswerthe, und zu jeder fuͤgte ich ein kurzes Ge⸗ bot, das den Umfang, den ich wollte, genau angab. N women dieſer ee nebſt ua Gebot 8 „ Mähigteit — BR dich nicht toll und vol; trink nicht bis zur Ueberreizung. 4 5119 8 4 N 1 v J $ - 5 > want, 78 . k Lr a et 2. Schweigſamkeit. — Sprich nur was dit 1 een bedeutendes Geſpraͤch meide! Be | ge Orbnung. 9. Gieb jeder Sache ihren va, a Theil deines Gicht feine. Zeit. | | FA Entſchloſſ enheit. Sey entſchloſſen zu test di; du ſollſt; 7 ji aa von barem Ape abs a ‘ mu 3 15 | e a 5˙ Sparſamkeit. Mache keinen Aufwand, als um Andern, oder dir, gut zu thun, d 1 e e 5 444 | Sur fa Ns 557 steh anteils Vecllert keine getz ed PR dich immer mit etwas ak rer r mer en ee rel . | 6 7. Aufrichtigkeit. Handle ( 5 nachtheitigen Hinterhalt; ſey unſchuldig und gerecht Aeſhontz wenn du ſprichſt, ſprich dem gemäß. 8. Gerechtigkeit. Thu' Niemand mage, Fan terlaß keine Wohlthat, die Pflicht iſt. | 1 Maͤßigung. Vermeide das Aeußerſte; ahnde dir widerfahrenes Unrecht nicht ſo ſcharf, als es . zu verdienen ſcheint! | 14 er 10. Reinlichkeit. Leide niche uneins an Ri per, Kleidern, oder Wohnung. 11. Ruhe. Laß dich nicht von Kleinigkeiten, oder durch gewoͤhnliche oder unvermeidliche Vorfaͤlle beun⸗ tuhigen. a Sasanı RN 12. Keuschheit, Fleiſchesluſt geneuß ſelten, außer ö um der Geſundheit und der Nachkommen halber; nie bis Franklin's Leben. I. Abth. H 114 8 zur Ermattung oder 8 a auch zum Scha⸗ den eigen oder fenden Friedens und Mufts en 13. Demuth. Ahme Jeſus und Sokentes nach. Da ich mir eine Fertigkeit in 8 dieſen Tugenden ee wollte, ſo hielt ich fuͤr caͤthlich, nicht auf alle mit einemmale meine Aufmerkſamkeit zu richten, ſondern nur Eine jedesmal im Auge zu haben, und, wenn ich dieſer Meiſter geworden, zu einer anderen uͤberzugehen, fo lange bis ich durch alle dreizehn durch ware. Und da die vorläufige Erwerbung einiger den Erwerb der andern er: leichtern muͤßte, ordnete ich ſie, wie ſie oben angegeben 2 ſind. Zuerſt die Maͤßigkeit, weil ſie zu jener Kaͤlte und Klarheit des Kopfes verhilft, welche, fo noͤthig iſt, wo es ſtaͤte Wachſamkeit gilt und man gegen die unab- laͤſſige Anziehung alter Gewohnheiten, und die Macht anhaltender Verſuchungen auf der Huth ſeyn muß. War man mit dieſer zu Stande, fo moͤchte Schweigſam⸗ keit wohl leichter ſeynz und weil ich auch zugleich wiſſen wollte, ob ich in dieſer Tugend zugenommen, und uͤberlegte, daß ſie im Geſpraͤch mehr mit dem Ohren, als mit der Zunge erworben wuͤrde, mithin eine Angewoͤh⸗ nung zu ſchwatzen, zu witzeln und zu ſcherzen ablegen wollte — was mich doch nur in werthloſer Geſellſchaft angenehm machen koͤnnte — ſo gab ich der Schweigſam⸗ keit die zweite Stelle. Dieſe, wie die zunaͤchſtfolgende Ordnung ſollte mir hoffentlich mehr Zeit fuͤr meinen Entwurf und meine Studien gewinnen. Entſchloſſen⸗ heit, einmal zur Gewohnheit geworden, ſollte mich im Streben nach allen folgenden Tugenden feſtigen; Spar: ſamkeit und Betriebſamkeit, oder Aemſigkeit ſollte mir meine Schulden abtragen, Wohlſtand und Unabhaͤn⸗ — 1 er 115 gigkeit fi fichern helfen und ſo mir Aufrichtigkeit und Gerechtigkeit ꝛc. ꝛc. erleichtern. Da ich nun einfah, daß nach Pythagoras Rath in feinen goldenen Spruͤch⸗ lein, taͤgliche Pruͤfung noͤthig ſey, ſo erſann ich in 1 Abſicht e Ich ale mir ein Büchlein, wo jeder Tugend eine Columne beſtimmt war. Jede Columne zeichnete ich mit rother Tinte ab, ſo daß ich ſieben Columnen hatte, jeden Wochentag eine, und jede mit dem Tagesbuchſtaben bezeichnet. Durch dieſe Columnen zog ich dreizehn rothe Linien, und bezeichnete den Anfang einer jeden mit dem erſten Buchſtaben der Tugenden. Auf dieſer Linie und der ihr zubehoͤrigen Columne konnte ich mit einem kleinen ſchwarzen Zeichen jeden Verſtoß gegen dieſe Tugend an 5 dem Tage bemerken. *) Auf ſolgende Weiſe. | 1 ) Das Büchlein iſt vom 1. Jul. 1733. und noch in des Her⸗ 7 ausgebers Haͤnden. 116 S | se" : N aͤ 5 i 9 keit | Iß dich nicht toll und voll, unk nicht bis zur 75 Ucberteizung. Keuſchh. Dem. — —— EEE EEE TEE R u. * Auf jede dieſer Tugenden beſchloß ich, eine Woche lang genau Acht zu haben. So war denn in der erſten Woche mein Hauptaugenmerk darauf gerichtet, auch den mindeſten Verſtoß gegen Maͤßigkeit zu vermeiden. Die uͤbrigen Tugenden uͤberließ ich ihrem guten Gluͤck, außer daß ich jeden Abend die Verſtoͤße am Tage anmerkte. Konnte ich nun in der erſten Woche meine erſte, mit M. bezeichnete Linie rein erhalten, ſo glaubte ich, in der Fer⸗ | — 117 tigkeit dieſer Tugend ſoweit gediehen zu ſeyn, und ihr Gegentheil ſo abgeſchwaͤcht zu haben, daß ich meine Aufmerkſamkeit auf die naͤchſte richten zu duͤrfen glaubte, und in der naͤchſten Woche beide Linien weiß laſſen koͤnnte. Wenn ich ſo bis zur letzten fortfuͤhre, ſo koͤnnte ich in dreizehn Wochen ganz durchkommen, und dieß jaͤhrlich viermal. Und wie, wer einen Garten zu jaͤten hat, nicht alles Unkraut mit einem Male ausrodet, was nicht moͤg⸗ lich und uͤber ſeine Kraͤfte waͤre, ſondern einmal an einem, dann wieder einmal an einem andern Beete arbeitet, ſo hoffte ich die aufmunternde Freude zu erleben, an mei⸗ nen Columnen die Fortſchritte in Tugend an der allmaͤ. lichen Weißlaſſung zu ſehen, bis ich am Ende nach mehr⸗ maligen Gaͤngen, nach dreizehn Wochen langer, täglicher Hef mein Buch rein zu ſehen auc genug waͤre. Dieß mein Buͤchlein hatte folgende Stelle aus Mn. diſons Cato zum Wahlſpruch: Ä * Hier bleib ich ſtehn; giebt's eine hoͤhere Macht (Und dieß bezeuget laut in allem Werk Natur) ſo muß ſie ſich der Tugend freun, und weſſen ſie ſich freut, muß ſelig ſeyn. Eine Andere aus Cicero: O Phbiloſophie, du Lebensfuͤhrerin! du Ausſorſcherin der Tugenden und Laſtervertreiberin! Ein Tag gut und nach deinen Vorſchriften verlebt, iſt einer Tinkiaemben d Un⸗ Winken vorzuziehen! 11 Wieder einer aus Salomo, wo es von Weisheit oder Tugend heißt: s ieee At 218 „Tagelaͤnge ift in ihrer Rechten, in ihrer Linken | Reichthum und Ehre. Ihre Wege find Wege der nd und all' ihre Pfade Friede.“ Weil ich nun Gott als Quell der Weisheit dachte, 0 hielt ich fuͤr recht und nothwendig, ſeinen Beiſtand dazu anzuflehen und entwarf folgendes Gebetlein, das ich meinen Prüfungs: Tafeln zum täglichen Gebrauch bei— ſchrieb: „Maͤchtige Gottheit! guͤtiger Vater! erbarmungs⸗ voller Fuͤhrer! Mehre in mir die Weisheit, welche mein wahres Heil entdeckt! Staͤrke meinen Vor⸗ ſatz, zu vollziehen, was dieſe Weisheit vorſchreibt. Nimm meine liebreichen Dienſte, die ich deinen übrigen Kindern leiſte, als den einzig möglichen Dank für beine fortgeſetzte Guͤte an!“ ER brauchte ich auch eine Stele aus Shane als Gebet: Des Lichts und Lebens Vater, hoͤchſter Gott, Lehr mir das Gute, lehre dich mir ſelbſt! Bewahr' vor Thorheit, Eitelkeit und Laſter, Vor allem niedern Hange mich, erfuͤlle | Die Seele mir mit Kenntniß, Ruh' und Tugend, Unwelkbar heil'gem, e pe Seegen! Da das Gebot der Wee Aide, daß ine Theil meines Geſchaͤfts feine angewieſene Zeit habe, fo enthielt eine Columne meines Buͤchleins folgenden Ent— wurf zum Gebrauch der vier und zwanzig Stunden eines natürlichen PN: | | | En Entwurf er Stunden Hr Be Früh. 5] Aufſtehen, wüſchen an die mid; . Fr. Was hab' ich 6ſtige Gottheit mich wenden; an heute Gutes zu J mein Tage werk gehn, und meinen thun! 2 7 Es ag für heute zu faſſenz die jetzi⸗ gen Studien fortf. u. eee 10 Yebeiten, = 1 I % 5129 Leſen oder meine nen Mittag. 11 eden und eſſen. 2 Nachmittag. Arbeiten. Rn > w Abend. fi 5 Sachen an Ort gelegt. Abend⸗ Fr. Was hab ich! 8 ‚effen. Muftk, Zerſtreuung, Ge⸗ Gutes gethan? 9 ſpraͤch. e des note fo) 11 Nacht Schlaf 120 Dieſen Plan einer Selbſtpruͤfung ſieng ich auszufüh⸗ ren an und ſetzte ihn eine Zeitlang, mit einigen Unter⸗ brechungen fort. Ich erſtaunte, weit mehr Fehler an mir zu. finden, als ich gedacht hatte; ſah ſie aber mit Freu⸗ den abnehmen. Um nicht von Zeit zu Zeit ein neues Buch anlegen zu muͤſſen, weil das alte durch Auskratzen der Zeichen, um fuͤr neue Platz zu bekommen, löͤcherf t ward, verwandelte ich meine Tafeln und Gebote in El⸗ fenbeinblätter eines Tagebuchs, wo die Linien mit rother Tinte gezogen waren, die nicht verloſch, und auf dieſe Linien zeichnete ich meine Fehler mit Bleiſtift, den ich leicht mit einem feuchten Schwamme wegwiſchen konnte. Nach einiger Zeit machte ich den Gang jaͤhrlich einmal, dann in mehrern Jahren nur einmal; und endlich unter⸗ ließ ich es ganz, weil ich unterwegs war, oder auswaͤrts viel zu thun hattez aber mein Buͤchlein fuͤhrte ich immer bei mir. Die Ordnung machte mir am meiſten zu ſchaffen; und ich ſah ein, daß, wenn ſie auch anwendbar waͤre, wo das Geſchaͤft mit der Zeit zu ſchalten geſtat⸗ tete, wie z. B. bei einem Drucker, ſie doch unmoͤglich von einem Herrn genau beobachtet werden koͤnnte, der mit der Welt verkehren und oft Geſchaͤftsleute zu ihrer gehoͤ— rigen Zeit annehmen muͤßte. Auch fand ich Ordnung hinſichtlich des Platzes fuͤr Sachen, Papiere 7c. hoͤchſt ſchwierig. An Methode war ich ohnehin nicht fruͤh ge⸗ woͤhnt worden, und da ich ein vorzuͤgliches Gedaͤchtniß hatte, ſo bemerkte ich das Mißſtaͤndige des Mangels an Methode nicht ſehr. Dieſer Punct alſo koſtete mir eine peinliche Aufmerkſamkeit und meine Fehler dagegen plag⸗ ten mich ſo, ich machte ſo wenig Fortſchritte in der Beſ⸗ ferung, und hatte fo häufige Ruͤckfaͤlle, daß ich den Ver⸗ ſuch beinahe aufgegeben und mich hierin mit einem fehler⸗ haften Charakter begnuͤgt hätte. | Es ergieng mir, wie * 121 dem Manne, is bei meinem Nachbar, dem Schmied, eine Axt kaufte und die ganze Fläche fo glaͤnzend und glatt, haben wollte, als die Schneide. Der Schmied er⸗ 0 bot ſich, ſie ihm glatt zu ſchleifen, wenn er dazu drehen wollte. Er drehte auch, indeß der Schmied die breite Flaͤche der Axt derb und ſchwer auf den Schleifſtein hielt, welches das Drehen ſehr beſchwerlich machte. Der Mann ließ von Zeit zu Zeit vom Drehen ab, um zu ſehen, wie weit es nun mit der Arbeit waͤre, und am Ende wollte er ſeine Axt doch lieber nehmen, wie ſie war, ohne ſie weiter ſchleifen zu laſſen. Nein, nein, ſagte der Schmied, dreht nur immer fort, nach und nach bekom⸗ men wir ſie ſchon glatt; ſtellenweis iſt fie ſchon geſpren⸗ kelt. Ja, ſagte der Mannz ich meine aber, ich will doch lieber eine geſprenkelte Axt behalten!“ Und ſo denk ich, mag es wohl Vielen ergangen ſeyn, die ſolche Mittel, wie ich, noͤthig hatten und fanden, wie ſchwer man Gu⸗ tes annimmt, und Schlechtes tilgt, mithin den Kampf aufgaben und ſchloſſen, eine geſprenkelte Axt ſey doch die beßte. Denn etwas, das ſich fuͤr Vernunft ausgab, fluͤ⸗ ſterte mir von Zeit zu Zeit zu, ſolch' eine Genauigkeit, wie ich ſie von mir forderte, waͤre eine Ungereimtheit im Sittlichen, die, wenn ſie ruchtbar wuͤrde, mich laͤcherlich machte; ein vollkommener Charakter führe das Unange— nehme mit ſich, daß man beneidet und gehaßt werde; ein wohlwollender Mann muͤſſe ſich einige Fehler zu gute hal⸗ ten, um ſeine Freunde bei Gutem zu erhalten. In der That, ruͤckſichtlich der Ordnung fand ich mich unverbeſſerlich; und jetzt, da ich alt bin und mein Gedaͤchtniß gelitten hat, fuͤhle ich den Mangel gar ſehr. Wiewohl ich aber im Ganzen nie die Vollkommenheit erreichte, die ich ſo ſehnlich gewuͤnſcht hatte, ſondern gar weit davon abkam, ſo wurde ich doch durch dieß Streben beſſer und gluͤck⸗ 122 — licher, als ich ohne daſſelbe geworden ware; wie diejeni⸗ gen, welche nach geſtochenen Vorſchriften gut ſchreiben lernen wollen, zwar nie die angeſtrebte Treflichkeit des Vorbilds erreichen, aber doch immer beſſer io Su hübsch und . ſchreiben klauen | Mögen Vit meine Machkeb men hieraus erſehen, bah diefer kleinen kuͤnſtlichen Nachhuͤlfe naͤchſt Gottes Seegen ihr Ahn das ſtaͤte Gluͤck ſeines Lebens bis in das 79. Jahr hinauf, worin er dieß ſchrieb, verdankte! Wel⸗ cher Wechſel dem noch übrigen bevorſteht, ruht in der Hand der Vorſehung; kommt er aber, fo wird der Ge: danke an früher genoſſenes Gluͤck ihn mit mehr Ergebung tragen helfen. Der Maͤßigkeit ſchreibt er ſeine lange ausdauernde Geſundheit und die ihm noch immer geblie⸗ bene gute Leibes beſchaffenheit zu; der Aemſigkeit und Sparſamkeit ſeine frühe Gemaͤchlichkeit und Wohlha⸗ benheit mit allen Kenntniſſen, der ihn zum nuͤtzlichen Buͤrger machten, und ihm unter den Gelehrten einigen Ruf erwarben. Der Aufrichtigkeit und Gerechtig⸗ keit das Vettrauen feines Vaterlandes und die ehren⸗ vollen Aemter, die es ihm ertheilte; und dem Geſammt⸗ verein dieſer Tugenden, wie unvollkommen er ſie ſich auch aneignete, jene gleichmaͤßige Ruhe und Heiterkeit im Um: gang, um welcher willen man ihn noch immer ſucht und ſelbſt jüngere, Bekannte ihn lieb haben. Hoffentlich wer⸗ den alſo einige meiner Abkoͤmmlinge mein Beiſpiel befol⸗ gen und das Wohithätjge Ku LE aͤrnten. 0 Zu bemerken iſt 11575 daß, wiewohl mein Entwurf nicht ganz ohne Religion gemacht war, doch keine Spur von den auszeichnenden Lehrfaͤtzen irgend einer beſondern Glaubensverbruͤderung darin ſichtbar war. Dieß hatte ich geben. „ W 1 abſichtlich vermieden; denn da ich vom Nutzen und von der Treflichkeit meiner Methode, wie von ihrer Anwendbarkeit auf jedes Volk in jeder Reli⸗ gion, vollkommen uͤberzeugt und mit der Zeit ſie her⸗ auszugeben geſonnen war, ſo mochte ich nichts darin haben, was irgend Einen, in irgend einer Glaubens⸗ verbruͤderung dagegen einnehmen koͤnnte. Ich wollte eine kleine Erlaͤuterung zu jeder Tugend ſchreiben, worin ich die Vortheile derſelben und die Nachtheile des gegenüber⸗ ſtehenden Laſters dargelegt haͤtte; ich haͤtte mein Buch Tugendkuünſt genannt, weil es die Mittel und Wege zur Tugend gezeigt hätte, welche von der bloßen Ermah⸗ nung zum Guten verſchieden geweſen waͤre, die nicht be⸗ lehrt und die Mittel aufweiſet, ſondern dem Maulwohl⸗ thaͤtigen bei'm Apoſtel Jakob (2, 18. f.) gleicht, der zu den Nackten und Hungrigen ſpraͤche, waͤrmet und ſaͤttiget euch, ohne ihnen, was des Leibes Nothdurft iſt, zu Indeß fügte es ſich, daß dieſer mein Vorſatz nie aus gefuͤhrt ward. Zwar hatte ich von Zeit zu Zeit allerlei Gedanken, Eroͤrterungen ꝛc. die ich darin brauchen wollte, hingeworfen, wovon ich einige noch aufbewahre; aber die unumgängliche < genaue. Aufmerkſamkeit auf mein Geſchaͤft ; in der fruͤhern, und die öffentlichen Geſchafte in der fpätern Zeit haben mich nicht dazu kommen laſſen. Denn, da es in meiner Seele mit einem großen und ausgedehn⸗ ten Entwurfe zuſammenhieng, deſſen Ausfuhrung den geſammten Menſchen verlangte, und wovon unvorherge⸗ ſehene, auf einander folgende Beſchaͤftigungen mich obrieſen, ſo if es bis jetzt unausgefuͤhrt geblieben. 0 Meine Abſicht war, darin die Lehre zu endet und feſtzuſtellen: daß Laſterthaten nicht nachtheilig , 124 ‚an weil fie r fondern, verboten (even, weil fie nachtheilig ſind, lediglich in Rüͤckſicht auf die Natur des Menſchen; daß alſo Jeder der ſelbſt in dieſer Welt gluͤcklich zu ſeyn wuͤnſche, ſich die Tugend angelegen ſeyn laſ⸗ ſen muͤſſe. Von hier aus — es giebt ja in der Welt viel reiche Kaufleute, Adeliche, Standesperſonen und Fuͤrſten, welche zu Fuͤhrung ihres Geſchaͤfts ehrliche Mit⸗ telsperſonen noͤthig haben, die doch ſo ſelten ſind — haͤtte ich die Jugend zu Überzeugen geſucht, daß ein armer Mann durch nichts ſo leicht ſein Gluͤck macht, als durch Ehr⸗ lichkeit und Rechtſchaffenheit. | Anfangs hatte ich auf meinem Verzeichniß nur zwölf Tugenden; da mir aber ein Freund unter den Quaͤkern mit Liebe ſagte, man halte mich durchgehends fuͤr ſtolz, mein Stolz ‚äußere ſich haͤufig im Geſpraͤch, ich begnuͤge mich bei Eroͤrterungen nicht damit, Recht zu haben, ſon⸗ dern ſey übermüthig, ja wohl uͤbermuͤthig beleidigend, wozu er mir einige Belege brachte, fo beſchloß ich, wo moͤglich auch dieß Laſter, oder dieſe Thorheit nebſt den übrigen abzulegen, fuͤgte alſo noch die Demuth in ei: nem gar weiten Sinne hinzu. Dieſe Tugend wirklich er⸗ reicht zu haben, kann ich mich eben nicht ruͤhmen; doch merkte ich ziemlich ſcharf auf, wo ſie ſich blicken ließ. Ich machte mir zur Regel, keiner fremden Anſicht gerade⸗ hin zu widerſprechen, oder meine eigene unumwunden zu behaupten. Ich erlaubte mir ſogar nach den alten Geſe⸗ Gen unſerer Junto kein Wort, keinen Ausdruck, der eine feſtgewordene Anſicht verrieth, z. B. gewiß, unſtrei⸗ tig 2%, und brauchte dafuͤr lieber, ich denke, ich fuͤrch⸗ te, ich bilde mir ein, oder, ſo duͤnkt mich jetzt. Behauptete ein Anderer etwas, das ich fuͤr irrig hielt, ſo verſagte ich mir die Fu ihm ohne Weiteres zu ; were und das Alberne in En Behauptung ſofort nachzuweiſen, ſondern bemerkte etwa zufoͤrderſt, in gewiſſen Fallen, unter manchen Umſtaͤnden, koͤnne er wohl Recht haben, im gegenwartigen Falle aber ſchiene mir doch, es ſich anders zu verhalten ie. Wie gut ich bei dieſer Weiſe fuhr, ſah ich gar bald ein; die angeknuͤpf⸗ ten Geſpraͤche ſpannen ſich luſtiger aus; die Beſcheiden⸗ heit, womit ich meine Anſichten vortrug, verſchafften ih⸗ nen leichteren Eingang und weniger Widerſpruch; wenn ich ſah, daß ich Unrecht hatte, kraͤnkte ich mich weniger, und es gelang mir, auch Andere gar bald von ihren Irr⸗ thuͤmern abzubringen und fuͤr meine richtigere Anſicht zu gewinnen. Anfangs mußte ich mir freilich etwas Gewalt dabei anthun; aber am Ende ward es mir leicht und ſo zur Gewohnheit, daß vielleicht funfzig Jahre Niemand ei⸗ nen dogmatiſchen Ausdruck von mir gehoͤrt haben mag. Dieſer Gewoͤhnung danke ich es wohl, naͤchſt meiner Rechtſchaffenheit, daß ich früh ſchon bei meinen Mitbuͤr⸗ gern ſo viel Gewicht bekam, wenn ich eine neue Einrich⸗ tung, oder Veraͤnderungen in den alten vorſchlug, und daß ich bei oͤffentlichen Berathungen ſo viel Einfluß ge⸗ wann, als ich Mitglied derſelben ward; denn ich war nur ein ſchlechter Sprecher, nie beredſam, ſehr verlegen in der Wahl meiner Worte, kaum daß ich mich richtig und rein ausdruͤckte; und dennoch feste id) meine, 3 54 meiſtens durch. | | Fuͤrwahr, es iſt wohl keine unſerer natuͤrlichen Leis den ſchaften fo ſchwer zu gewaͤltigen, als der Stolz., Man bemaͤntle, bekuͤmpfe, daͤmpfe, ertödte ihn noch fo ſehr, er iſt und bleibt lebendig und blickt unterweilen doch klar durch. Vielleicht wird man ihn oft in dieſer Geſchichte bemerken. Denn, koͤnnte ich auch glauben HM. 126 ihn ganz ende zu haben, ſo wuͤrde ich doch wahr⸗ ae noch auf meine Be ſtolz ſeyn. (Hier endet bus in Paſſy Geſchriebene.) j 8 oedenfbuch. Ich will nun Wei in Philadelphia ſchreiben, im Auguſt 1788, kann aber nicht, wie ich hoffte, meine Papiere benutzen, da viele im Kriege verloren gegangen tan Noc habe ich noch Folgendes aufgefunden. Da ich oben meines großen und weit ausgedehnten Entwurfs gedacht habe, ſo muß ich darüber wohl etwas naͤhere Auskunft geben. Seine erſte Entſtehung in mei⸗ nem Geiſte zeigt ſich in dem oben gedachten kleinen Pas pier, das zufällig gerettet worden iſt, naͤmlich: Bemerkungen bei meinen Geſchichtsſtudien, in der Bücherſammlung, den 9. Mai 1731. „Große Weltbegebenheiten, Kriege, Staatsumwaͤl⸗ zungen ꝛc. verlaufen und wirken durch Partheien.“ Zweck dieſer Partheien iſt ihr gegenwaͤrtiges allgemei⸗ nes Anliegen, oder was ſie eben dafuͤr halten. Die verſchiedenen Zwecke dieſer berſchiedenen Pat- | ‚theien veranlaffen alle Verwirrung. Waͤhrend eine Parthei einen allgemeinen Zweck verfolgt, hat jeder Einzelne ſeinen White Vortheil vor "Hagen, | | Sobald eine Parthei ihren allgemeinen Zweck erreicht 2 iſt Jeder auf feineh beſonderen Vortheil bedacht, der andere durchkreuzt, fo bie Partheien ſpaltet und allerlei Verwirrung veranlaßt. | Nur wenig Menſchen handeln in öffentlichen Ange legenheiten aus reinen Abſich ten fuͤr das Beßte ihres Lan⸗ des, wie fie ſich auch stellen; und, bringen auch ihre Handlungen. dem Lande wirklich Vortheil, ſo bemerkten ſie doch zufoͤrderſt, daß ihr eigener und des Landes Vor⸗ theil Eins waren, und handelten alſo nicht aus reinem Wohlwollen, N Noch weniger ® Menſchen handeln in oͤffentlichen An⸗ gelegenheiten fuͤr das Bete der 1 Es ſcheint mir an der Zeit zu ſeyn, einen 1379 bund zu ſtiften, ſo daß man die Guten und Tugendhaf⸗ ten aus allen Voͤlkern zu einer ordentlichen Koͤrperſchaft vereinte, die durch angemeſſene gute und weiſe Ge— ſetze regiert werden, welchen gute und weiſe Maͤnner wahr⸗ ſcheinlich einmuͤthiger ſich unterwerfen, als das gemeine Volk den gewoͤhnlichen Geſetzen ſich e Mich duͤnkt, wer dieß fee, und ſonſt da⸗ zu geeignet iſt, muß Gott gefallen und darf f ich glück. Re Erfolg verfprechen, « 8. F. Indem ich nun dieß mit mir im Gemuͤthe, als ein kuͤnftig Ausfuͤhrbares, wofern meine Verhaͤltniſſe mir die erforderliche Muße goͤnnten, herumtrug, ſchrieb ich dahin gehörige, Gedanken von Zeit zu Zeit auf Papierſtückchen. * Davon Fb: die Wü verloren gegangen; ; eines aber finde ich welches der Kern eines beabſi chtigten Glaubensbe⸗ kenntniſſes iſt, indem es das Weſentliche aller bekannten Religionen und nichts enthielt, was den Bekenner irgend sine: Kaya e ant 1 Es lautete ſo s us r an 138 4 Pub ne „Es if ein Gott, dur alle Fa Rt be. & kegiert durch feines Vorſorge die Welt. 7 Y 4 Er muß durch Ane Gebet und banda, verehrt ae | 1 | 1115 sr mg Aber der aaa. Dienf . Seen Gu⸗ 1 zu thun. f In 7 7 ‘ Die Seele itt enfesi, RN wird gewiß, hier oder einſt, die Tugend beloh⸗ un und das eis Besen 1 | Mein Gedanke war damals, daß dieſer RS bund zuerſt nur unter jungen und einzelnen Leuten an⸗ „fangen und ſich verbreiten ſollte, daß jeder, der ihm bei⸗ traͤte, nicht bloß ſich zu dieſem Glauben bekennen, ſonde rn auch nach oberwaͤhntem Muſter durch dreizehnwoͤchige Pruͤfung und Tugenduͤbung ſich einige Fertigkeit erwor⸗ ben haben ſollte; daß das Daſeyn einer ſolchen Geſell⸗ ſchaft zuvoͤrderſt ein Geheimniß. bliebe, bis ſie ſtark ge⸗ nug waͤre, um jeden Untauglichen abzuweiſen; daß aber jedes Mitgled unter feinen Bekannten ſich nach geiſt⸗ reichen, gutartigen Juͤnglingen umthun ſollte, denen allein der Plan mit gehoͤriger Vorſicht mitgetheilt wer⸗ den konnte; daß die Mitgtieder ſich anheiſchig machten, . 9 mit Rath, Beiſtand und Unterſtuͤtzung, das gegenſeitige Anliegen, Geſchaͤft, Fortkommen im Leben zu foͤrdern. Die Geſellſchaft ſollte den Namen der freien und frohen fuͤhren. Frei, weil ſie durch allgemeine Uebung und Fertigkeit in den Tugenden von der Herrſchaft des Laſters frei ſeyn ſollte; beſonders aber durch Fleiß und Sparſamkeit ſchuldenfrei, weil ſonſtß man dem Zwange und einer Art von Knechtſchaft unter den enen un⸗ By u BET, 1 e So diel erinnere uch mich ib PPERFIRRRN dieſes Plans, und daß ich ihn zum Theil zwei jungen Mäns nern mittheilte, die ihn mit Begeiſterung aufnahmen; aber meine damaligen beſchraͤnkten Umſtaͤnde, und das nothwendige Verſinken in mein Geſchaͤft machten, daß ich damals ihn nicht weiter verfolgen konnte; und ſo mußte ich denn meiner vielfachen, offentlichen und haͤusli⸗ chen Geſchaͤfte wegen ihn hintanſetzen, bis jetzt, wo ich zur Ausfuͤhrung weder Kraft noch Thaͤtigkeit mehr habe. Ich halte ihn aber noch fuͤr ausfuͤhrbar und er hätte ges wiß durch Heranbildung vieler guter Burger ſich bewährt. Auch ſchreckte mich das ſcheinbar Große des Unternehmens nicht ab; denn ich habe immer gemeint, ein leidlich be⸗ gabter Mann vermag gar große Veraͤnderungen unter den Menſchen zu bewirken und Großes zu vollenden, wenn er zuvor einen guten Plan entworfen, alle Vergnuͤgungen, oder ſonſtige Beſchaͤftigungen, die ſeine Aufmerkſamkeit ablenken koͤnnten, beſeitigt hat und die Ausfuͤhrung die⸗ ſes ſeines Plans zum Hauptgeſchöft ir Streben ſeines Lebens ere f Im Jahre 1731 120 ich aft meinen Almanach unter dem Namen Richard Saunders heraus. Ich Franklin's Leben. II, Abth. J 130 \ feste ihn wohl fuͤnf und zwanzig Jahre fort; er hieß der arme Richard's Almanach. Ich ſuchte ihn un⸗ terhaltend und nuͤtzlich zu machen und ſo fand er eine ſolche Aufnahme, daß ich viel damit verdiente; ich ſetzte jaͤhrlich an zehntauſend ab. Da ich nun ſah, daß er all⸗ gemein geleſen ward, und faſt keine benachbarte Provinz ohne ihn ſeyn konnte, ſo hielt ich ihn fuͤr ein Mittel, auch gemeine Leute, die ſonſt kaum ein anderes Buch kauften, dadurch zu bilden. Ich fuͤllte demnach alle kleine Zwiſchenraͤume zwiſchen den merkwuͤrdigen Kalendertagen mit ſprichwoͤrtlichen Gedanken an, vorzuͤglich ſolchen, die Fleiß und Sparſamkeit als Mittel zu Wohlhabenheit und Tugend einſchaͤrfen; indem es einem Duͤrftigen ſchwerer wird, ſtets ehrlich zu handeln, wie — um hier eines jener Sprichwoͤrter zu brauchen — ein leerer Sack ſchwer aufrecht ſteht. Dieſe, die Weisheit vieler Zei⸗ ten und Voͤlker enthaltenden Sprichwoͤrter ſammelte und geſtaltete ich zu einem, dem Almanach von 1757 vorge⸗ ſetzten Geſpraͤch, als Rede eines weiſen Greiſes an Leute in einer Verſteigerung. Daß ich alle dieſe einzelnen Rathſchlaͤge in einen Brennpunct zuſammendraͤngte, machte ſie um ſo eindringlicher. Der Aufſatz fand allgemeinen Beifall, ward in alle Zeitungen des Americaniſchen Feſt⸗ landes eingeruͤckt und in England auf einen großen Bogen abgedruckt, um ihn in den Haͤuſern anſchlagen zu koͤn⸗ nen. In Frankreich erſchienen zwei Ueberſetzungen davon, die Geiſtlichkeit und der Adel kauften viele Exemplare, um ſie unentgeltlich unter ihre armen Pfarrkinder und Bauern zu vertheilen. In Pennſylvanien ſchreckte er von unnützen Ausgaben für auswaͤrtige Entbehrlichkeiten ab, und ſo meinten manche, er habe viel zu der wachſenden Geldfuͤlle beigetragen, welche mehrere Jahre auch Kinn Erſcheinung aua ward. a 131 Auch meine Zeitung ſah ich als Belehrungsmittel an und druckte darum oft Auszuͤge aus dem Zuſchauer und andern ethiſchen Schriften ab. Zuweilen rückte ich auch eigene, fuͤr den Junto geſchriebene kleine Auffäge ein, Das hin gehoͤrt ein Sokratiſches Geſpraͤch, worin erwieſen ward, daß ein Laſterhafter, wie angeſehen und begabt er immer ſey, fuͤglich nicht ein vernuͤnftiger Mann genennt wer⸗ den koͤnne; und ein Geſpraͤch uͤber Selbftverläugs nung, worin gezeigt ward, daß man dieſer Tugend nicht eher gewiß ſeyn koͤnne, als bis ſie zur Fertigkeit und von allem Widerſpruch entgegengeſetzter Neigungen frei ge: worden. Sie ſtehen beide in der Zeitung vom Anfang des Jahres 1735. Sorgfaͤltig ſchleß ich von meiner Zeitung alle ſchnoͤde und perſoͤnliche Verunglimpfung aus, die unſerm Vaterlande in den letzten Jahren ſo viel Nach⸗ theil zugezogen haben. Wenn ich fo etwas aufzunehmen erſucht ward und die Schriftſteller, wie ſie denn pflegten, ſich auf Preßfreiheit beriefen, und meinten, eine Zeitung ſey wie ein Poſtwagen, wo jeder, der zahlte, ein Recht auf einen Platz haͤtte, ſo antwortete ich, ich wollte, wenn es verlangt würde, den Aufſatz beſonders drucken, und der Verfaſſer ſollte ſo viel Abdruͤcke haben, als ihn nur zu vertheilen beliebte; ich aber moͤchte ſeinen boͤſen Leumund nicht verbreiten; und da ich mit meinen Un⸗ terzeichnern den Vertrag gemacht haͤtte, ihnen Nuͤtzliches, oder Unterhaltendes zu liefern, ſo koͤnnte ich ihre Blaͤtter nicht mit Privathader, um welchen fie ſich nicht kuͤmmer—⸗ ten, fuͤllen, ohne offenbar ungerecht gegen ſie zu handeln. Jetzt tragen viele unſerer Drucker kein Bedenken, der Boßheit Einzelner zu willfahren, falſche Beſchuldigungen der Treflichſten unter uns aufzunehmen und fo die Erbi'⸗ terung bis zu Zweikaͤmpfen zu reizen; ja ſie ſind wohl gar fo unbeſonnen, poſſenreißeriſche Bemerkungen über ber f J 2 132 nachbarte Regierungen, ja uber die Lenkung unſerer beß⸗ ten Verbuͤndeten zu drucken, was die verderblichſten Fol⸗ gen haben kann. Dergleichen erwaͤhne ich nur zur War⸗ nung fuͤr junge Drucker, damit ſie die Preſſen nicht be⸗ flecken und ihr Gewerb nicht durch ſo ſchnoͤdes Verfahren entehren, ſondern ſtandhaft es abweiſen, weil, wie mein Beiſpiel lehren kann, dabei ihr Vortheil nicht im min⸗ deſten leiden wird. ö 81 EN Im Jahr 1733 ſendete ich einen meiner Arbeiter nach Charlestown in Suͤdcarolina, wo ein Drucker fehlte. Ich gab ihm eine Preſſe und Schriften auf die Bedin⸗ gung, gegen ein Drittel Beitrag zum Geſchaͤft, ein Drit⸗ tel Ertrag zu bekommen. Er war ein geſchickter Mann, aber im Rechnungsweſen unwiſſend; und wiewohl er mir Sendungen machte, konnte ich doch, ſo lange er lebte, nie eine Rechnung, oder eine hinlaͤngliche Ueberſicht vom Beſtand unſerer Genoſſenſchaft bekommen. Nach feinem Tode ſetzte die Wittwe das Geſchaͤft fort, die in Holland geboren und erzogen war, wo, wie man mir geſagt hat, das Rechnen ein Hauptſtuͤck der weiblichen Erziehung aus⸗ 5 macht. Sie uͤberſendete mir nicht nur eine, fo. viel nach den vorhandenen Papieren moglich war, genaue "Ueber: ſicht des Beſtandes, ſondern rechnete auch in der Folge hioͤchſt puͤnctlich alle Vierteljahre ab und führte das Ge: ſchaͤft fo gluͤcklich, daß ſie nicht allein ihre Kinder an⸗ ſtaͤndig erzog, ſondern, als die Zeit um war, mir die Druckerei abkaufte und ihren Sohn hineinſetzte. Dieß 0 erwaͤhne ich hauptſaͤchlich, um dieſen Zweig der Erzie⸗ hung für unfere Mädchen zu empfehlen, da er ihnen und hren Kindern, falls fie Wittwen werden ſollten, unſtrei⸗ 5 tig mehr nützen wird, als Muſik und Tanz. Denn er ; wird ſie vor Einbuße an liſtige Betruͤger ſchuͤtzen und ſie 133 in den Stand fegen, vielleicht einen vortheilhaft ange- brachten Handel mit Briefwechſel fortzuſetzen, bis ein Sohn heranwaͤchſt und ihn uͤbernehmen kann, zum bleib⸗ enden Vortheil und Gewinn der Familie. | 0 Um das Jahr 1734 kam ein 179 presbyteriſcher Prediger, Namens Hemphill zu uns, der mit einer guten Stimme, und ſcheinbar ſtegreiflich, vortrefliche Reden hielt, woruͤber denn allerlei Meinungen in Gang, alle aber doch in Bewunderung uͤbereinkamen. Unter andern ward auch ich ſein beſtaͤndiger Zuhoͤrer; ſeine Predigten gefielen mir, weil ſie nichts Dogmatiſches enthielten, ſon⸗ dern nur die Uebung der Tugend, oder, religiös zu ſpre⸗ chen, guter Werke, ſtreng einſchaͤrften. Die rechtglaͤubi⸗ gen Pres byterianer aber unter uns verwarfen feine Lehre, und wurden von den meiſten alten Predigern, die ihn vor der Synode der Irrlehre bezuͤchtigten, um ihn zum Schweigen zu bringen, aufgehetzt. Ich ward ſein eifriger Anhaͤnger und that, was ich konnte, ihm eine Parthei zu machen, ſtritt auch lange fuͤr ihn mit den beßten Hoffnungen. Es wurde viel fuͤr und wider geſchriebenz und da er, wenn gleich ein guter Prediger, doch ein ſchlechter Schriftſteller war, ſo ſchrieb ich zwei oder drei Flugſchriften für ihn, und im Aprilſtuͤck der Zeitung von 1735 einen Aufſatz. Dieſe Flugſchriften kamen, wie es mit Streitſchriften zu gehen pflegt, wie eifrig ſie auch geleſen wurden, bald aus dem Gange und ich zweifle, ob lebt noch ein Exemplar davon vorhanden iſt. Ein ungluͤcklicher umſtand verſchlimmerte fine Sache waͤhrend des Streits ausnehmend. Einer unſerer Gegner hatte eine vielbewunderte Predigt von ihm gehoͤrt, und meinte, ſie ganz, oder doch zum Theil irgendwo fruͤher 134 geleſen zu haben. Bei'm Nachſuchen fand er auch die Stelle der Laͤnge nach aus Dr. Foſter's Predigt in den Britiſchen Ueberſichten ausgezogen. Dieſe Entdeckung verdroß Viele von unſerer Parthei, welche alſo abfielen, und unſern Fall in der Synode beſchleunigten. Ich hielt aber doch zu ihm; ich meinte, er thaͤte beſſer, uns frem⸗ de, gute, als eigene ſchlechte Predigten zu halten, obwohl unſere gewöhnlichen Prediger das Letztere zu thun pflegten. Nachher geſtand er mir, keine einzige ſeiner gehaltenen Predigten ſey von ihm, er habe ein ſo gutes Gedaͤchtniß, daß er jede Predigt auf einmaliges Durchleſen behalten und herſagen koͤnne. Nachdem wir verloren hatten, ver— ließ er uns, ſein Gluͤck anderwaͤrts zu ſuchen, und ich verließ die Verſammlung, und kam nachher nie wieder hin, obwohl ich meinen Beitrag zum Unterhalt der 2. diger 5 viele Jahre gab. 1733 hatte ich Sprachen zu lernen angefangen. Des Franzoͤſiſchen ward ich bald fo maͤchtig, daß ich Buͤ⸗ cher darin leicht leſen konnte. Nun nahm ich Italieniſch vor. Ein Bekannter, der es auch lernte, pflegte mich oft zum Schachſpiel mit ihm zu verleiten. Da ich ſah, daß mir dieß zu viel Zeit wegnahm, die ich zu meinem Studieren brauchte, ſo wollte ich am Ende nur unter der Bedingung mit ihm ſpielen, daß der Sieger in jedem Spiele das Recht haͤtte, ein Penſum aufzugeben, entwe⸗ der Stuͤcken aus der Sprachlehre auswendig zu ler⸗ nen, oder Ueberſetzungen zu liefern ic, welche Aufgaben der Verlierer auf Ehre vor unſerer naͤchſten Zuſammen⸗ kunft loͤſen mußte. Da wir ziemlich gleich ſpielten, ſo trieben wir einander mit Gewalt in dieſe Sprache. Nach⸗ her lernte ich auch mit wenig Muͤhe ſo viel Spaniſch, daß ich Spaniſche Buͤcher leſen konnte. Erwaͤhnt habe — „ ich bereits, daß ich im Latein nur ein Jahr, und noch dazu in fruͤheſter Jugend, Unterricht genoß, worauf ich dieſe Sprache ganz vernachlaͤſſigte. Als ich aber mit dem Franzoͤſiſchen, Spaniſchen und Italieniſchen mich bekannt gemacht hatte, uͤberraſchte es mich bei Erblickung eines Lateiniſchen Teſtaments, daß ich mehr verſtand, als ich dachte. Dieß feuerte mich wieder zum Studium derſelben an, und es gieng nun um ſo leichter, da mir obige Sprachen den Weg gar ſehr geebnet hatten. Hieraus habe ich geſchloſſen, unſere gewoͤhnliche Art, Sprachen zu lehren, habe etwas Folgewidriges. Man ſagt uns, mit Latein muͤſſe angefangen werden, und koͤnne man dieß, ſo werden die abgeleiteten Sprachen leichter; gleichwohl fangen wir nicht mit dem Griechiſchen an, um leichter La⸗ tein zu lernen. Wahr iſt es, wenn wir klettern und eine Treppe, ohne die Stufen zu brauchen, hinaufkommen koͤnnen, ſo gehen wir ſie leichter herab; fangen wir aber mit der unterſten an, ſo gelangen wir auch gemaͤchlicher auf die oberſte; und darum moͤchte ich doch Erziehern zu erwaͤgen rathen, ob, da viele von denen die mit Latein anfangen und es nach mehrern Jahren liegen laſſen, obne ſonderliche Fortſchritte gemacht zu haben, wo dann das Er⸗ lernte faſt unnuͤtz wird, mithin die Zeit verloren iſt, ob, ſage ich, es nicht beſſer waͤre, mit Franzoͤſiſchem anzu⸗ fangen, dann Italieniſch und endlich Latein zu lernen. Denn wenn ſie nun auch nach eben ſo viel aufgewende⸗ ter Zeit die Sprachen aufgaͤben, und nie an das Latein kaͤmen, ſo haͤtten ſie doch eine oder zwei neuere, fuͤr das gemeine Leben ihnen weit brauchbarer, Sprachen ge: lernt. 5 ̃ Nach zehnjaͤhrigem Abweſen von Boſton, als ich et⸗ was wohlhabender war, machte ich eine Reiſe zu meinen 136 Anverwandten dahin, was mir früher nicht möglich war. Auf dem Ruͤckwege beſuchte ich meinen Bruder Jacob, der ſich mit feiner Druckerei in New⸗Port niedergelaſſen hatte. Unſer fruͤherer Zwiſt war vergeſſen, und unſere Zuſammenkunft war ſehr herzlich und liebevoll; er hatte ſehr an ſeiner Geſundheit gelitten und erſuchte mich, auf ſeinen Todesfall, der, wie er fuͤrchtete, nicht gar fern mehr waͤre, ſeinen damals zehnjaͤhrigen Sohn zu mir zu neh⸗ men und zum Drucker zu erziehen. Dieß that ich denn auch, ſendete ihn aber einige Jahre in die Schule, ehe ich ihn in die Lehre nahm. Seine Mutter fuͤhrte das Geeſchaͤft fort, bis er herangewachſen war, wo ich ihn mit einem Satz neuer Schriften verſah, weil die ſeines Vaters verbraucht waren. So verguͤtete ich meinem Bru⸗ der reichlich die, fruͤher durch mein Davonlaufen en nen Dienſte. Im Jahr 1736 verlor ich einen meiner Soͤhne, ei⸗ nen huͤbſchen vierjaͤhrigen Buben, an den gewöhnlichen Blattern. Ich beklagte ihn lange bitterlich und bedauere noch, daß ich ihn nicht impfen gelaſſen. Dieß erwaͤhne ich der Aeltern wegen, die dieß unterlaſſen, weil ſie es ſich nie vergeben zu koͤnnen meinen, wenn ein Kind daran flüche. Mein Beiſpiel aber zeigt, daß in beiden Fällen der Schmerz derſelbe iſt, und man alſo doch das net ea ſollte. Unſere Geſellſchaft, der Junto, ward ſo nuͤtzlich be⸗ funden und gewährte den Mitgliedern fo viel Freude, daß manche ihre Freunde mitzubringen wuͤnſchten, was aber freilich nicht geſchehen konnte, ohne die feſtgeſetzte Zahl zwoͤlf zu uͤberſchreitenn Wir hatten es gleich Anfangs zum Geſetz gemacht, unſere Anſtalt geheim zu halten, 137 was auch recht ſtreng beobachtet wurde. Es ſollten damit Geſuche unpaßlicher Perſonen vermieden werden, en wir es vielleicht doch ungern abgeſchlagen haͤtten. Ich war einer von denen, die gegen alle Erweiterung ſich ‚eve klaͤrten, ſchlug aber in einem Schreiben vor, jedes Mit- glied in's beſondere ſollte eine untergeordnete Geſellſchaft nach denſelben Geſetzen hinſichtlich der Streitfragen ne gruͤnden, ohne ſie jedoch von dem Zuſammenhang mit der Junto zu unterrichten. Die angegebenen Vortheile waren die Bildung mehrerer jungen Leute nach unſexer Anſtalt, unſere genauere Kunde von der herrſchenden Anſicht der Bewohner in jedem Vorkommniß, da ja das Juntomitglied Streitfragen, wie wir ſie wuͤnſchten, vorlegen und dem Junto berichten koͤnnte, was in ſeiner Geſellſchaft durchgegangen; die Foͤrderung in unſerm Ge⸗ ſchaͤft durch ausgebreitetere Empfehlung und der vermehrte Einfluß auf oͤffentliche Angelegenheiten; endlich unſere Macht Gutes durch Verbreitung unſerer Juntogrundſaͤtze zu wirken. Der Vorſchlag ward genehmigt und jedes Mitglied ſuchte ſich eine Geſellſchaft zu bilden; aber nicht jedem gelang es. Nur fuͤnf bis ſechs kamen zu Stande, die nun verſchiedene Namen bekamen, wie der Wein⸗ ſtock, der Verein, das Band ꝛc. Sie nutzten ein⸗ ander, uns aber gewaͤhrten ſie Vergnuͤgen, Belehrung und Kunde. Dazu entſprachen ſie unſerm Zweck, auf die oͤffentliche Meinung gelegentlich Einfluß zu gewinnen, nicht wenig; wovon ich im Pena einige Miſpitle an⸗ fuͤhren werde. 1 Meine erſte Befoͤrderung war, daß ich im Jahr 1736 zum Schreiber in der allgemeinen Verſammlung ge⸗ wählt ward. Dießmal war die Wahl ohne Widerſpruch durchgegangen; aber als ich im Jahre darauf wieder vor⸗ \ * * 138 geſchlagen ward — denn die Wahl ward nur auf Ein Jahr getroffen — ſo hielt ein neues Mitglied eine lange Rede gegen mich, um einen andern Mitwerber zu begün⸗ ſtigen. Dennoch ward ich gewaͤhlt. Dieß war mir um ſo lieber, da ich außer dem Gehalt auch mehr Gelegen— heit bekam, mir die Mitglieder geneigt zu erhalten, wo— durch ich mir den Druck der Stimmgebungen, Geſetze, des Papiergeldes und anderer oͤffentlicher Papiere ſicherte, der im Ganzen genommen ſehr erklecklich war. Der Wi⸗ derſpruch des neuen Mitglieds war mit folglich nicht lieb, zumal da er ein Mann von Vermögen und Erziehung war, der mittelſt ſeiner Gaben mit der Zeit großen Ein⸗ fluß im Hauſe gewinnen konnte, wie auch nachher der Fall war. Indeß bemuͤhte ich wich nicht, durch knechti⸗ ſche Hoͤflichkeit ſeine Gunſt zu gewinnen, ſondern ſchlug einen andern Weg ein. Da ich gehoͤrt hatte, daß er in ſeiner Buͤcherſammlung ein ſehr ſeltenes und merk— wuͤrdiges Buch hatte, ſo ſchrieb ich an ihn, wie ich dieß Buch gar zu gern leſen moͤchte, und ihn erſuchte mir es auf ein Paar Tage zu leihen. Er uͤberſchickte mir es ſogleich, und eine Woche darauf ungefaͤhr ſendete ich es ihm wieder mit einem andern Briefe, worin ich mich hoͤf— I lichſt für die erwieſene Gefälligkeit bedankte. Als wir nun das naͤchſtemal uns im Haufe trafen, ſprach er, was er zuvor nie gethan hatte, mit mir, und zwar ſehr artig; auch nachher war er immer bereit, mir gefaͤllig zu ſeyn, ſo daß wir recht gute Freunde wurden und es bis an feinen Tod blieben. Dieß iſt wieder ein Beleg für die Wahrheit jenes alten Grundſatzes, den ich gelernt hatte: „awer dir einmal Etwas zu Liebe gethan, thut dir eher wieder etwas, als der, den du ſelbſt dir verbindlich gemacht.“ Und es zeigt zugleich, wie viel vortheilhafter es iſt, klug zuruͤckzutreten, als Feindſeligkeiten zu ahnden, zu vergelten und fortzu⸗ ſetzen. | Im Jahr 1737 war Oberſt Spotswood, ehe⸗ mals Statthalter von Virginien, nachher Oberpoſtmeiſter, mit ſeinem Abgeordneten in Philadelphia wegen Nachlaͤſ— ßigkeit und Ungenauigkeit in ſeinen Rechnungen unzuftie⸗ den, nahm ihm alſo das Amt ab und uͤbertrug es mir. Ich nahm es bereitwilligſt an und fand es ſehr vortheil⸗ haft; denn, war auch der Gehalt gering, ſo erleich⸗ terte es doch den Briefverkehr für meine Zeitung, | ver: mehrte den Abſatz derſelben und die Einruͤckungen, ſo daß ſie mir eine bedeutende Summe eintrug. In demſelben Verhaͤltniß ſank meines alten Nebenbuhlers Blatt und ich freute mich, ohne ihm ſeine Weigerung, meine Zei⸗ tung mit der Reitpoſt fortzuſenden, als er noch Poſtmei⸗ ſter war, zu vergelten. So hatte er ſich durch ſeine Nach— laͤſſigkeit im Rechnungsweſen geſchadet, und ich erwaͤhne dieß zur Lehre fuͤr junge Maͤnner, die in Auftraͤgen Anderer arbeiten, daß ſie ſtets Rechnungen ablegen und ihre Sendungen mit der größten Klarheit und Puͤnctlich— keit machen. Dieß iſt die eindrin lichſte Empfehlung fuͤr neue Auftraͤge und Geſchaͤftsfoͤrderniß. Jetzt richtete ich meine Gedanken auch auf öffent: liche Angelegenheiten, Anfangs jedoch nur auf Kleinig⸗ keiten. Die Stadtſchaarwacht war das Erſte, das mir einer Ordnung zu bedürfen ſchien Sie ward von den Unterhauptleuten der verſchiedenen Wachen nach der Reihe beſorgt. Der Unterhauptmann entbot eine Anzahl Haus: väter als fein naͤchtliches Gefolg. Die ihm nicht folgen woll⸗ ten, zahlten ihm jaͤhrlich ſechs Schillinge, um ſich ent⸗ ſchuldigen zu laſſen. Angeblich geſchah es, um ſtatt 140 ihrer, Andere zu miethen, war aber bei weitem zu viel fuͤr dieſen Zweck und machte dieſe Stelle zu einem ſehr eintraͤglichen Poſten; auch hielt der Unterhauptmann oft fuͤr ein kleines Trinkgeld ſolch Lumpengeſindel um ſich, daß ehrenhafte Haus vaͤter ſich nicht unter daſſelbe miſchen mochten. Das Rundgehen ward auch oft vernachlaͤſſigt und die meiſten Naͤchte mit Saufen hingebracht. Ich ſchrieb etwas uͤber dieſe Unordnungen, als im Junto vor⸗ zuleſen, worin ich mich in'sbeſondere auf die Unangemeſſen⸗ heit dieſer Sechsſchillingauflage der Unterhauptleute in Bezug auf die Umſtaͤnde derer, die fie zahlten, einließ, in wiefern naͤmlich eine arme Wittwe, deren geſammter zu bewachender Beſitz vielleicht nicht uͤber funfzig Pfund werth war, ſoviel als der naͤchſte Kaufmann bezahlte, der fuͤr mehrere Tauſend Pfund Waaren in ſeinen Nie⸗ derlagen hatte. Ueberhaupt ſchlug ich als zweckmaͤßigere Schaarwacht beſonders dazu gedungene, dieß Amt ſtets verweſende Leute vor, und als billigere Weiſe, den Auf: wand zu decken, eine dem Beſitzthum angemeſſene Bei⸗ tragshebung. Dieſer Gedanke fand im Junto Beifall und ward den uͤbrigen Geſellſchaften mitgetheilt, doch ſo, als ob er in jeder derſelben entſtanden waͤrez und wiewohl der Entwurf nicht ſofort ausgefuͤhrt ward, wurden doch die Gemuͤther des Volks auf die Aenderung vorbereitet und ſo der Weg zu dem, einige Jahre nachher, als die Mitglieder unſerer Geſellſchaften mehr Einfluß gewonnen hatten, durchgehenden Geſetz gebahnt. Um dieſe Zeit ſchrieb ich einen Aufſatz, Anfangs auch fuͤr den Junto, der aber nachher gedruckt wurde, fiber die mancherlei Zufaͤlle und Unachtſamkeit, wodurch Feuer herauskommt, nebſt Warnungen dagegen und Mittel zu Vermeidung derſelben. Daruͤber ward, als 141 über einen ſehr nuͤtzlichen Aufſatz geſprochen und ſo ents ſtand bald darauf der Plan einer Loͤſchgeſellſchaft, zu ges genſeitigem Beiſtand in Räumung und Sicherung des Geräths in Zeiten der Gefahr. Es fanden ſich alsbald an dreißig Perſonen, die ſich zu dieſem Zweck verbanden. Nach unſerer Uebereinkunft mußte jedes Mitglied eine be⸗ ſtimmte Anzahl lederner Eimer, nebſt ſtarken Säcken und Koͤrben, zum Einpacken und Fortſchaffen der Sa⸗ chen in gutem Stande und bereit halten bei jedem Feuer. Einmal monatlich wollten wir geſellig einen Abend zu: ſammenkommen, um dahin einſchlagende und für unſer Verhalten bei ſolchen Gelegenheiten nuͤtzliche Gedanken zu beſprechen und mitzutheilen. Der Nutzen dieſer Anſtalt zeigte ſich gar bald, und, da weit mehrere, als fuͤr einen Verein paßlich erachtet wurde, aufgenommen ſeyn wollten, fo 'tiethen wir ihnen, noch einen zu bilden; was auch geſchah. Und ſo entſtand ein Verein nach dem andern, ſo daß am Ende Alles, was Maͤnner waren, die etwas beſaßen, darin befaßt waren; und jetzt, wo ich dieß ſchreibe, wiewohl es beinahe funfzig Jahre ſpaͤ⸗ ter iſt, beſteht die, zuerſt von mir geſtiftete, Feuergeſell⸗ ſchaft noch immer, obſchon die urſpruͤnglichen Mitglieder bis auf Einen, der ein Jahr älter, als ich iſt, geſtorben ſind. Die von den Mitgliedern, wegen Abweſenheit bei monatlichen Zuſammenkuͤnften gezahlten Strafgelder, find zu Feuerſpritzen, Leitern, Feuerhaken und andern noͤ⸗ thigen Geraͤthſchaften verwendet worden; ſo daß ich zweifle, ob eine Stadt in der Welt beſſer mit Huͤlfsmitteln, ei⸗ ner ausgebrochenen Feuersbrunſt zu wehren, verſehen iſt. Auch hat ſeit jener Einrichtung die Stadt nie mehr als ein, oder zwei Haͤuſer auf einmal durch Brand ver⸗ loren und oft war die Flamme ſchon getilgt, ehe das Haus, wo ſie auskam, nur halb verbrannt war. 142 — Im Jahr 1739 kam aus Ireland Se. Hochwuͤrden Hr. Whitefield zu uns, der ſich dort als Gaſtpredi⸗ ger ausgezeichnet hatte. Anfangs erlaubte man ihm, in einigen unſerer Kirchen zu predigen; bald aber faßte die Geiſtlichkeit einen Widerwillen gegen ihn, und verſchloß ihm ihre Kanzeln, ſo daß er auf freiem Felde predigen mußte. Von allen Glaubensgemeinden und Ständen ſtroͤmten Menſchen in Menge hinzu, und fuͤr mich, der auch darunter gehoͤrte, war es ein Gegenſtand des Nachdenkens, wenn ich ſah, welchen maͤchtigen Einfluß ‚ feine Rednerkunſt auf die Zuhoͤrer hatte, und wie ſie ihn bewunderten und achteten, trotz dem, daß er fie. ges woͤhnlich ausſchalt und verſicherte, ſie waͤren von Natur halb Thier, halb Teufel. Es war merkwuͤrdig, die Sins nes⸗ und Sittenaͤnderung unſerer Staͤdter zu beobachten. Statt daß fie ſonſt gedankenlos, oder gleichgültig. gegen Religion waren, ſchienen jetzt Alle religioͤs zu werden, ſo daß man Abends nicht durch die Straßen gehen konnte, ohne in mehrern Familien Pfalmen fingen zu hoͤren. Und da man es unbequem fand, ſich unter freiem Himmel, ſchlechtem Wetter ausgeſetzt, zu verſammeln, ſo war kaum der Vorſchlag zu einem Hausbau gethan und uͤber die Einnahme der Beiſteuern verfuͤgt, als auch hinlaͤnglich Geld einkam, den Boden anzukaufen und das 100 Fuß lange, 70 Fuß breite Gebaͤude aufzuführen. Dabei gieng Alles ſo raſch, daß es eher beendigt war, als ſich erwarten ließ. Boden und Haus erhielten Verpfleger, und waren ausdruͤcklich fuͤr jeden Prediger jeglichen Glaubens, der dem Volk in Philadelphia etwas zu ſagen hatte; ſo daß, wenn auch der Mufti von Konſtantinopel uns Mohame⸗ danismus predigen laſſen wollte, ſein Miſſionaͤr eine Kanzel bei uns faͤnde. | . — „ 5 Als uns Whitefield verließ, predigte er allerwaͤrts in den Niederlaſſungen bis Georgia. Dieſe Provinz war erſt ſeit kurzem angelegt; ftatt aber tuͤchtige, fleißige, au beitſame Landwirthe, die zu ſolch einem Zweck allein tau⸗ gen, hinzuſetzen, hatte man Familien bankbruͤchiger Kraͤ⸗ mer und andere Schuldner, die nicht zahlen konnten, da⸗ hin verlegt, viel traͤges und verwoͤhntes Volk aus Ge⸗ faͤngniſſen, das, in Wäldern, angeſiedelt, untuͤchtig zum Urbarmachen des Landes und 90 Beſchwerden einer neuen Anſiedelung zu ertragen), haufenweis ſtarb und viel huͤlſ⸗ loſe, unverſorgte Kinder hinterließ. Der Anblick dieſes Elends rührte Whitefield's wohlwollendes Herz, fo, daß er ein Waiſenhaus anzulegen gedachte, Er reiſete alſo wieder nordwaͤrts, predigte Liebthaͤtigkeit und ſammelte viel; denn ſeine Beredtſamkeit wirkte auf Herz und Beutel außerordentlich, wovon ich ſelbſt ein Beiſpiel war. Ich mißbilligte den Zweck nicht; da es aber damals in Geor⸗ | gia an Bauzeug und Arbeitern fehlte, und darauf ange: tragen ward, fie mit großen Koften von Philadelphia da— hin zu ſchaffen, da meinte ich, es waͤre doch beſſer, das Haus in Philadelphia zu bauen, und die Kinder hinzu— bringen. Das rieth ich; aber er beharrte auf ſeinem er— ſten Plan, verwarf meinen Rath und ich wollte demnach nichts beiſteuern. Bald darauf hörte ich zufällig eine Predigt von ihm, wo ich gleich merkte, daß es am Ende auf eine Einſammlung abgeſehen waͤre und nahm mir im Stillen vor, ihm nichts zu geben. Ich hatte eine Hand voll Kupfergeld, drei bis vier Silberthaler und fuͤnf Piſtolen Gold in der Taſche; als er fortfuhr, ward ich allmaͤhlich weicher und gab am Ende das Kupfergeld hin. Bei einer andern Stelle ſeiner Rede ſchaͤmte ich mich und beſchloß, das Silbergeld zu geben; der Schluß war vollends ſo wunderſchoͤn, daß ich meine Taſchen ganz 144 . > und gar leerte. Dieſelbe Predigt hoͤrte auch Einer von unſerer Geſellſchaft, der hinſichtlich des Baues in Geor⸗ gia mit mir einſtimmig war, und, weil er vermuthete, daß es auf Einſammlung abgeſehen ware, zuvor feine Ta⸗ Then daheim ausgeleert hatte. Aber gegen den Schluß det ede fühlte er ſich ſehr geneigt, zu geben und wollte von einem Nachbar dazu borgen. Gluͤcklicherweiſe war dieß vielleicht der einzige in der Verſammlung, der fe genug war, ſich nicht vom Prediger ruͤhren zu laſſen. Dieſer ſagte; „zu jeder andern Zeit, Freund Hopkinſon, will ich Dir herzlich gerne leihen, nur jetzt nicht; denn Da! fein mir nicht recht bei Sinnen zu ſeyn.“ 05 Einige Feinde Whftefield's meinten, er würde das eingeſammelte Geld wohl in ſeinen Nutzen verwendenz ich aber kannte ihn genauer — er ließ ſeine Predigten, Tageblätter 16. bei mir drucken, und ich zweifelte nicht im mindesten an ſeiner Rechtſchaffenheit, bin auch noch jetzt ganz ſicher überzeugt, daß er ein grundehrlicher Mann war; und mich duͤnkt, mein Zeugniß fuͤr ihn muß um fo mehr Gewicht haben, da wir in keiner veligisfen Ver⸗ bindung ſtanden. Er betete zwar zuweilen für meine Be⸗ kehrung, konnte es aber nie zu dem froͤhlichen Glauben bringen, daß ſein Gebet erhoͤrt werden wuͤrde. Unſer Verhaͤltniß war lediglich freundſchaftlich, beiderſeits auf: richtig und dauerte bis zu feinem Tode. Folgender Fall wird zeigen, wie wir mit einander ſtanden. Als er ein⸗ mal aus England nach Boſton kam, ſchrieb er mir, er werde bald nach Philadelphia kommen, wiſſe aber nicht, wo er wohnen werde, weil, dem Vernehmen nach, ſein alter Freund und Wirth, Benezet, nach German⸗ Town gezogen ſey. Ich antwortete: Sie wiſſen, wo ich wohne; wenn Sie mit meiner armſeligen Einrich⸗ =: 1145 tung vorlieb nehmen wollen, ſind Sie mir herzlich will⸗ kommen. Er ſchrieb, wenn ich dieſen Liebesantrag um Chriſti willen thaͤte, ſo wuͤrde es mir an Belohnung nicht fehlen. Ich erwiederte: „mißverſtehen Sie mich doch nicht! es geſchah nicht um Chriſti, ſondern um Ihret⸗ willen.“ Einer unſerer Bekannten bemerkte ſcherzhaft, weil ich wuͤßte, daß die Heiligen, wenn ihnen etwas Gu⸗ tes widerfuͤhre, die Laſt der Verbindlichkeit von ſich ab und dem Himmel zuwälzten, ſo haͤtte ich verſucht, ſie hie⸗ nieden feſtzuſtellen. Zum letztenmal ſprach ich Whitefield in London, wo er mich im Betreff feines Waiſenhauſes und ſeines Vorhabens, es auch zu einer Schulanſtalt mit einzurich⸗ ten, um Rath fragte. Er hatte eine helle, vernehmliche Stimme und ſprach ſo deutlich aus, daß er in großer Entfernung hoͤrbar und vernehmlich war, beſonders, da ſeine Zuhoͤrer die hoͤchſte Stille beobachteten. Eines Abends predigte er von der oberſten Stufe der Richthaustreppe, welche in der Mitte der Marktſtraße und auf der Weſtſeite der Zweitenſtraße 5 iſt, welche ſie unter rechten Winkeln durchſchneidet. Beide Straßen waren bis in eine ziemliche Ferne hin mit Zu⸗ hoͤrern angefuͤllt; da ich mich unter den zuhinderſt Ste⸗ henden in der Marktſtraße befand, ſo war ich neugierig zu wiſſen, wie weit man ihn wohl hoͤren koͤnnte, wenn man die Straße hinab nach dem Fluß gienge, und ich hoͤrte ſeine Stimme deutlich, bis ich in die Naͤhe der Frontſtraße kam, wo ein Geraͤuſch ſie daͤmpfte. Indem ich mir nun einen Halbkreis, deſſen Radius meine Ent⸗ fernung waͤre, und dieſen mit Zuhoͤrern angefuͤllt dachte, deren jedem ich zwei Geviertfuß gab, berechnete ich, daß Franklin's Leben II. Abth. K er von mehr als dreißig Tauſend ſehr gut gehört. werden koͤnnte. Dieß ſoͤhnte mich mit den Zeitungsnachrichten, daß er vor 25,000 auf dem Felde gepredigt, und mit dem aus, was man von Feldherren, die ihre Heere anre⸗ den, erzaͤhlt, woran ich doch zuweilen gezweifelt hatte. Da ich ihn oft hoͤrte, ſo lernte ich leicht neuverfaßte Predigten von andern, die er auf ſeinen Reiſen oͤfter gehalten, unterſcheiden. Die letztern trug er nach oͤfterer Wiederhohlung fo vollendet vor, jeder Accent, jeder Nach⸗ druck, jede Stimmbeugung war ſo abgerundet und wohlangebracht, daß man, auch wenn man ſich nicht von den Sachen angeſprochen fuͤhlte, doch ſich an der Rede erfreuen mußte, faſt wie an einem ſchoͤnen Tonſtuͤck. Das iſt ein Vorzug, den reiſende Prediger vor feſtangeſtellten haben; weil die letztern ihre Reden nicht ſo oft wieder⸗ hohlen, koͤnnen ſie mithin auch nicht ſo vollendet im Vor⸗ trag ſeyn. Was er ſchrieb und drucken ließ, gab ſeinen Feinden manche Bloͤße; im Predigen konnten unbewachte Ausdruͤcke, und ſogar irrige Meinungen ſpaͤterhin erlaͤu— tert, oder durch Vertauſchung mit anderen berichtigt und gedeutet, oder zuruͤckgenommen werdenz aber litera scripta manet. Kunſtrichter griffen ſeine Schriften heftig und mit fo ſcheinbaren Gründen an, daß fie die Zahl feiner An, haͤnger verminderten und ihrem Anwachſen ſteuerten. Ich bin uͤberzeugt, haͤtte er nie etwas geſchrieben, er haͤtte einen zahlreichern und bedeutendern Anhang hinterlaſſen, und ſein Ruhm haͤtte denn auch nach ſeinem Tode noch zugenommen; denn, waͤre nichts Geſchriebenes von ihm vorhanden, das einen Tadel begründete, und ihn herab— ſetzte, ſo ſtuͤnde es ja ſeinen Anhaͤngern frei, ihm eine ſo große Menge Treflichkeiten beizulegen, als ihre begeiſterte Bewunderung ihm nur immer hätte wuͤnſchen koͤnnen, ER EN, 7 0 ö b . ** Ich bekam jetzt täglich mehr zu thun, und wurde taͤglich wohlhabender, weil meine Zeitung, als die Einzige, in dieſer und der benachbarten Landſchaft ſehr guten Abſatz fand. Da machte ich auch die Erfahrung, daß es wirk⸗ lich leichter fey, wenn man nur die erſten hundert Pfund hat, das zweite Hundert zu erlangen, denn Geld iſt er⸗ ſaunlich fruchtbar. en ‚Da es mit der Druckgenoſſenſchaft in Carolina fo gut gieng, ſo bekam ich Muth, andere einzugehen, und einige von meinen Arbeitern, die ſich gut aufgefuͤhrt hat⸗ ten, dadurch zu befoͤrdern, daß ich ihnen in mehrern Pflanzſtaͤdten Druckereien unter denſelben Bedingungen, wie in Carolina, anlegte. Viele von ihnen ſtanden ſich dabei ſehr wohl; denn nach Verlauf unſeres Vertrags, nach ſechs Jahren, konnten ſie mir die Schriften abkau⸗ fen und für ſich arbeiten, wodurch ſich denn mehrere Fa— milien hoben. Dergleichen Genoſſenſchaften enden gar oft mit Zank; ich war aber ſo gluͤcklich, alle ganz friedlich einzugehen und aufzuheben; vermuthlich, weil in unſerm Vertrag alles, was beide Theile zu leiſten und zu erwar⸗ ten hatten, vorſichtig und genau feſtgeſetzt war, ſo daß kein Streit Statt finden konnte. Dieſe Vorſicht empfehle ich daher; denn, wie ſich auch Handelsgenoſſen gegenſei⸗ tig achten und vertrauen moͤgen, wenn ſie den Vertrag abſchließen, fo koͤnnen doch Eiferfüchteleien und Verdrieß⸗ lichkeiten vorfallen, es kann kommen, daß ein Theil oder, der andere die Muͤhe, Laſt und Arbeit ungleich vertheilt glaubt; das giebt denn oft Freundſchaftsbruch und Auf⸗ loͤſung der Verbindung, vielleicht wohl gar N 0 und andere unangenehme Folgen. Im Ganzen hatte ich alle moͤgliche utſache, mit meiner Niederlaſſung in Pennſylvanien zufrieden zu ſeyn; K 2 148 8 indeß bedauerte und vermißte ich doch Einiges; denn es fehlte an Landwehr⸗ und Erziehungs-Anſtalten. Ich ent: warf daher 1743 einen Plan zu Errichtung einer Akade⸗ mie, und weil ich damals den amtloſen Richard Peters fuͤr den Mann hielt, der uͤber eine Anſtalt der Art die Aufſicht fuͤhren koͤnnte, ſo theilte ich ihm meinen Ent⸗ wurf mit. Er hatte aber vortheilhaftere Ausſichten in Dienſten der Handelsgenoſſam “) die ihm auch wirklich wucherten, lehnte alſo den Antrag ab; und weil ich das mals Niemand kannte, der dazu tauglich geweſen waͤre, ſo ließ ich die Sache einſtweilen ruhen. Im Jahr dar⸗ auf 1744, als ich eine philoſophiſche Geſellſchaft vor⸗ ſchlug und gruͤndete, gluͤckte es mir beſſer. Der zu dieſem Endzweck von mir geſchriebene Aufſatz wird ſich unter meinen Papieren finden, wenn er nicht, wie man⸗ che andere verloren gegangen iſt. Was die Landwehr anlangt, fo drohte uns gar große Gefahr, da Spanien mehrere Jahre mit England Krieg gefuͤhrt und endlich Frankreich ſich ihm angeſchloſ— ſen hatte. Unſeres Statthalters Thomas lange fortgeſetzte und ernſtliche Bemuͤhung bei unſerer Qnaͤkerverſammlung ein Landwehrgeſetz durchzuſetzen und andere Anſtalten zur Sicherung der Landſchaft zu treffen, waren fruchtlos ge— blieben. Ich ſchlug vor, zu verſuchen, was durch frei⸗ willige Unterzeichnung des Volks erreichbar waͤre. Dazu ſchrieb und druckte ich zufoͤrderſt eine Flugſchrift, betitelt: ) Man ſtoße ſich nicht an dieß (nach der Analogie von Ge: horſam, Gerechtſam, Gewahrſam gebildete) wie unten Gemeinder, Schweizeriſche Wort fuͤr proprietary, proprietor; compagnon, associé. Es koͤnnte ſchon als Selteneres gleichſam ein techniſcher Ausbruck werden, wie bei uns Hanſa. | Der Ueberſetzer, — 149 „Nackte Wahrheit“ worin ich unſere huͤlfloſe Lage, wie die zu unſerer Vertheidigung nothwendige Einiguug und Kriegs-Zucht in ein ſtarkes Licht ſtellte und in einigen Tagen einen dießfalls, von Allen zu unterzeichnenden, Um⸗ lauf vorzulegen verſprach. Die Flugſchrift gieng erſtaun⸗ lich ſchnell ab. Man verlangte den Umlauf. Nachdem ich ihn mit einigen Freunden entworfen, ſetzte ich eine e ee, in dem obenerwaͤhnten großen Gebaͤude .Das Haus war ziemlich voll: Ich hatte eine Zahl Abel in Bereitſchaft und überall war Tinte und Fe⸗ der hingelegt. Nun hielt ich eine kleine Rede über den Gegenſtand, las den Aufſatz vor, erklaͤrte ihn, vertheilte die Abdruͤcke, die, ohne den geringſten Einwand, raſch unterzeichnet wurden. Als die Verſammlung auseinan⸗ der gieng und die Unterſchriften gezaͤhlt wurden, fanden ſi ich an zwoͤlfhundert, und mit andern, in der Gegend ausgeſtreuten, Abdruͤcken belief ſich die Zahl der Unter⸗ zeichner endlich auf beinahe zehn tauſend. Dieſe Alle ver⸗ ſahen ſich, ſo bald ſie konnten, mit Waffen, bildeten ſich rotten⸗ und ſtabweis, waͤhlten ihre Hauptleute und ka⸗ men allwoͤchentlich zuſammen, ſich in den Handgriffen und andern Theilen der Kriegszucht zu uͤben. Die Wei⸗ ber ſorgten durch Unterzeichnung unter einander für feidene Fahnen, die ſie den Rotten mit allerlei Sinnbildern und Umſchriften, welche ich angab, uͤberreichten. Die Haupt⸗ leute der, den Philadelphiſchen Stab ausmachenden Rot⸗ ten waͤhlten mich zum Oberſten; da ich mich aber dazu nicht tauglich glaubte, lehnte ich es ab und empfahl dazu Hrn. Lawrence, einen huͤbſchen, einflußreichen Mann, der auch ſofort angeſtellt ward. Hierauf ſchlug ich zu - Deckung der Koſten einer, unterhalb der Stadt zu errich⸗ tenden und mit Kanonen zu beſetzenden Stuͤckbettung eine Lotterie vor; fie verzinſte ſich bald, die Stuͤckbettung 150 wurde bald errichtet, die Zinnen wurden aus Bauſtaͤm⸗ men gemacht und mit Erde ausgefuͤlt. Aus Boſton kauften wir einige alte Kanonen; da dieſe aber nicht reichten, verſchrieben wir mehr aus London, und erſuch⸗ ten zugleich unſere Handelsgenoſſam um Beiſtand, wie⸗ wohl wir daher uns eben nicht viel verſprachen. Unter⸗ deſſen wurde Oberſt Lawrence, Allen, Abraham Taylor, Squires, und ich, von dem Verein nach Neuyork geſendet, vom Statthalter Clinton daſelbſt einige Ka⸗ nonen zu borgen. Anfangs ſchlug er es uns rund ab; bei einem Mahl aber mit ſeinem Berathungsverein, wo nach dem dortigen Brauch dem Madeira ſtark zugeſpro— chen ward, wurde er allmaͤhlich gefaͤlliger und ſagte, er wolle ſechs hergeben. Nach einigen Bechern mehr, ruͤckte er bis zu zehn, und am Ende bewilligte er gutmuͤthig acht⸗ zehn. Es waren ſchoͤne Achtzehnpfuͤnder mit Laffetten, die bald fortgeſchafft und auf unſern Stuͤckbetten aufge⸗ pflanzt wurden, wo der Verein, fo lange der Krieg waͤhrte, allnaͤchtlich wachte; ich diente unter den Uebrigen, wenn mich die Reihe traf, als gemeiner Soldat. Dem Statthalter, und dem Berathungsverein war meine Thaͤtigkeit in dieſer ganzen Angelegenheit erwuͤnſcht; ſie faßten Vertrauen zu mir und zogen mich uͤberall zu Rathe, wo ſie dem Verein nuͤtzlich werden konnten. Ich nahm die Religion mit zu Huͤlfe, und ſchlug vor, einen Faſttag anzuſetzen, Kirchenverbeſſerung zu foͤrdern, und den Seegen des Himmels fuͤr unſer Unternehmen zu erflehen. Der Vorſchlag ward angenommenz da es jedoch der erſte Faſttag war, wovon in der Landſchaft die Rede war, ſo konnte ſich der Geheimſchreiber bei dem Aufruf freilich nicht auf Brauch und Herkommen berufen. Hier half mir nun meine Erziehung in Neuengland einiger⸗ 15t maaßen, wo alljaͤhrlich ein Faſttag ausgeſchrieben wird; ich feste.es in dem gewohnten Style auf, es ward in's Teutſche uͤberſetzt, in beiden Sprachen gedruckt und To gieng es in der Landſchaft herum. Dieß gab der Geiſt⸗ lichkeit der verſchiedenen Glaubensvereine Anlaß, ihre Verſammlungen zum Beitritt zu vermögen, und wäre nicht bald Friede geworden, fo waͤre die Sache wahr: ſcheinlich überall, ausgenommen unter den Quaͤkern, ein⸗ gefuͤhrt worden. 5 Einige meiner Freunde meinten, ich wuͤrde durch meine Thaͤtigkeit in dieſen Angelegenheiten jenen Glau- bensverein beleidigen und mithin, da ſie in der Land⸗ ſchaftsverſammlung die Mehrheit ausmachten, meinen Vortheil verſcherzen. Ein junger Mann, der auch einige Freunde in der Verſammlung hatte und mir als Schrei⸗ ber gern nachfolgen wollte, ſagte mir, es waͤre entſchie⸗ den, daß ich bei der naͤchſten Wahl abgeſetzt wuͤrde, rieth mir alſo aus guter Meinung, weil es doch ehrenvoller fuͤr mich wäre, lieber abzudanken. Meine Antwort war, ich hätte einmal von einem Staatsmanne gehoͤrt oder ge— leſen, er habe ſich zur Regel gemacht, nie um ein Amt anzuhalten, aber auch, wenn es ihm angetragen wuͤrde, es nicht abzulehnen. Dieſe Regel, ſagte ich, hat auch meinen Beifall und ich werde ſie, mit einem kleinen Zu⸗ ſatz, befolgen: naͤmlich nie um ein Amt anhalten, nie eines ablehnen, aber auch keines aufgeben. Will man hinſichtlich meiner Schreiberſtelle fuͤr einen Andern ver⸗ fügen, fo nehme man fie mir ab! Ich werde fie nie nie- derlegen und ſomit mir mein Recht vergeben, fruͤher oder ſpaͤter an meinen Gegnern Vergeltung zu uͤben. Aber ich hoͤrte nichts weiter daruͤber und bei der naͤchſten Wahl ward ich wieder einſtimmig zum Schreiber gewaͤhlt. Wer: muthlich hatte man meine frühere Vertraulichkeit mit den Verſammlungsgliedern, welche die Statthalter in allen Eroͤrterungen über Landwehr, die das Haus lange beſchaͤf⸗ tigten, unterſtuͤtzt hatten, ungern vermerkt und hätte alfo gern geſehen, wenn ich meine Stelle niedergelegt hätte; aber mich lediglich wegen meines Eifers fuͤr dieſen Verein abzuſetzen, mochten fie doch nicht fuͤglich wagen, und eis nen andern Grund konnten ſie doch auch nicht angeben. Auch hatte ich Urſache zu glauben, daß Landwehr ihnen nicht unangenehm ſeyn koͤnnte, wofern ſie anders nur nicht ſelbſt dazu gezogen wuͤrden. Und ich fand, daß weit mehr von ihnen, als ich geglaubt hatte, zwar gegen einen Trutz⸗ aber offenbar für einen Schutzkrieg waren. Es erſchienen viele Schriften fuͤr und wider die Sache, einige von guten Quaͤkern fuͤr den Schutzkrieg, welche wohl die meiſten jungen Leute unter ihnen uͤberzeugt ha⸗ ben mögen, Eine Verhandlung in unſerer Feuergeſell⸗ ſchaft ließ mich einen Blick in ihre herrſchende Stimmung thun. Es ward vorgeſchlagen, daß wir den Entwurf, ein Stuͤckbett zu errichten, dadurch foͤrdern ſollten, daß wir die vorhandene Baarſchaft, ungefaͤhr 60 Pf. auf Lot⸗ terielooſe anlegen ſollten. Unſern Geſetzen zufolge konnte erſt in der naͤchſten Zuſammenkunft hieruͤber verfuͤgt wer⸗ den. Die Geſellſchaft beſtand aus dreißig Mitgliedern, wovon zwei und zwanzig Quaͤker und nur acht anderer Glaubensvereine waren. Wir acht warteten puͤnctlich die Zusammenkunft ab; wiewohl wir aber meinten, es wuͤr— den uns wohl einige Quaͤker beitreten, waren wir doch der Stimmenmehrheit nicht gewiß. Nur Ein Quaͤker, Mr. Jacob Morris, ſchien ſich dieſer Maaßregel zu wi⸗ derſetzen. Er aͤußerte fein Bedauern, daß man dieß je: mals vorgeſchlagen, weil, wie er ſagte, die Freunde alle dagegen waͤren und es einen Zwieſpalt veranlaſſen x wuͤrbe, woruͤber die Geſellſchaft eingehen koͤnnte. Wir ſagten, das ſaͤhen wir doch nicht ein; wir waͤren die Minderzahl, und, waͤren Freunde gegen die Maaß⸗ regel und uͤberſtimmten uns, fo müßten und wuͤr⸗ den wir, dem Brauch aller Geſellſchaften gemaͤß, uns unterwerfen. Als nun die Stunde fuͤr dieſe Angelegenheit kam, wurde vorgeſchlagen, daruͤber mitzu⸗ ſtimmen. Er raͤumte ein, wir koͤnnten dieß nach den Geſetzen thun; da er uns aber verſichern koͤnne, es woll⸗ | ten mehrere Mitglieder erfcheinen , um ſich dem zu wi⸗ derſetzen, ſo waͤre es doch wohl offen gehandelt, ein wenig auf ſie zu warten. Waͤhrend wir noch daruͤber ſprachen, ſagte mir ein Aufwaͤrter, es wuͤnſchten zwei Herren mit mir zu ſprechen; ich gieng hinunter und fand zwei unſerer Quaͤkermitglieder. Sie ſagten mir, es waͤ⸗ ren acht von ihnen in dem Weinhaus neben an beiſam⸗ men; fie wollten, wenn es nöthig wäre, kommen und mit uns abſtimmen, hofften aber, es wuͤrde nicht noͤthig ſeyn, und wuͤnſchten, daß wir ſie nicht zu Huͤlfe riefen, wenn wir es ohne ſie abthun koͤnnten, indem ihr Ab⸗ ſtimmen fuͤr eine Maaßregel dieſer Art ſie mit ihren Aeltern und Freunden entzweien koͤnnte. Da ich auf dieſe Weiſe der Stimmenmehrheit gewiß war, ſo gieng ich hin⸗ auf und willigte nach einiger ſcheinbaren Weigerung in Aufſchub auf eine Stunde. Dieß fand Morris recht ſchoͤn von mir. Keiner ſeiner widerſprechenden Freunde erſchien, worüber er fein großes Befremden aͤußerte; und als die Stunde um war, brachten wir es zum Schluß, acht Stimmen gegen eine. Da unter den 22 Quaͤkern acht mit uns ſtimmten, 13 durch ihr Ausbleiben zeig⸗ ten, daß ſie der Maaßregel nicht entgegen ſeyn moͤchten, fo nahm ich nachher das Verhaͤltniß der Quaker, die aufs richtig gegen die Landwehr waren, wie 1 gegen 21. 134 Denn dieſe waren ſaͤmmtlich ordentliche Mitglieder unſerer Geſellſchaft, ſtanden in gutem Geruch unter ihnen und erfuhren, was in der Zuſammenkunft vorgeſchlagen wor⸗ den war. e f Der ehrenwerthe und gelehrte Hr. Logan, der dieſem Glaubensverein immer angehoͤrt hatte, richtete eine Schrift an ihn, worin er ſich fuͤr den Schutzkrieg mit vielen und ſtarken Gruͤnden erklaͤrte; er legte ſechzig Pfund in meine Haͤnde nieder, um ſie auf Lotterielooſe zum Stuͤckbett anzulegen und wies die ſaͤmmtlich gezo⸗ genen Gewinnſte lediglich zu dieſem Behuf an. Von ſei⸗ nem alten Lehrer, Wilhelm Penn, erzählte er mir im Bezug auf Landwehr, folgendes Geſchichtchen. Er kam mit dieſem Herrn von der Handelsgenoſſam als Geheim⸗ ſchreiber aus England heruͤber. Es war Krieg und ihr Schiff wurde von einem, fuͤr feindlich gehaltenen Kriegs— ſchiffe verfolgt. Ihr Capitaͤn ſchickte ſich zur Vertheidi⸗ gung an, ſagte aber zu Penn und ſeiner Quaͤkergeſell⸗ ſchaft, auf ihren Beiſtand rechne er nicht und ſie moͤch— ten nur in die Kajuͤte gehen. Dieß thaten ſie auch, bis auf Jacob Logan, der auf dem Verdeck blieb und bei einer Kanone angeſtellt ward. Der vermuthete Feind war aber ein Freund und ſo brauchte es des Fechtens nicht; als nun der Geheimſchreiber hinunter kam, dieß zu melden, ſchalt Penn ihn ernſtlich aus, daß er ſich auf's Verdeck begeben und das Schiff gegen die Grund— ſaͤtze der Freunde haͤtte vertheidigen helfen gewollt, zumal da es der Capitaͤn nicht verlangt haͤtte. Dieſer, vor der ganzen Geſellſchaft gegebene Verweis verletzte den Ge— heimſchreiber und er antwortete: „da ich dein Diener bin, warum befahlſt du mir denn nicht, herabzukommen? Du ließeſt dir aber recht gern gefallen, daß ich oben RE 155. blieb und das Schiff mit vertheidigen half, ſo lange 1 glaubteſt, es 2 Gefahr. . Da ich viele Jahre in der Staatsverſammlung war, darin die Mehrzahl beſtaͤndig Quaͤker waren, ſo hatte ich haͤufig Gelegenheit zu beobachten, wie ſehr ſie mit ihrem Grundſatz, keinen Krieg zu fuͤhren, in's Gedraͤnge kamen, ſo oft ſie, auf Befehl der Krone, um Huͤlfe zu kriegeriſchen Zwecken angegangen wurden. Einerſeits wollten ſie doch die Krone nicht durch eine unmittelbare Weigerung beleidigen; andrerſeits aber auch ihre Freunde, 1 den Quaͤkerverein, nicht durch eine Verwilligung, die ges gen ihre Grundſaͤtze verſtieß. So brauchten ſie denn aller⸗ lei Ausfluͤchte, die Verwilligung zu umgehen, und, wenn ſie nicht mehr zu umgehen war, ſuchten ſie wieder die Verwilligung zu vermaͤnteln. Das Gewoͤhnlichſte war dann am Ende immer, daß fie Geld“ zu des Königs Gebrauche hergaben, nie aber darnach fragten, wie es verwendet ward. Gieng aber die Forderung nicht un⸗ mittelbar von der Krone aus, ſo war dieſer Ausdruck | nicht anwendbar und man mußte nun einen andern aus⸗ findig machen. Als es z. B. einmal, ich glaube, es war fuͤr die Beſatzung in Ludwigsburg, an Pulver fehlte, und die Neuenglaͤndiſche Regierung dazu eine Summe von Pennſylvanien verlangte, was der Statthalter Tho⸗ mas im Parlament ſtark betrieb, wollten ſie durchaus kein Geld zu Pulver- Ankauf geben, weil dieß Kriegs⸗ bedarf war, ſondern ſtimmten uͤber 3000 Pf. Huͤlfsgel⸗ der fuͤr Neuengland, welche in des Statthalters Haͤnde gelegt werden ſollten, um dafuͤr Brot, Mehl, Waizen und anderes Korn anzukaufen. Einige in der Verſamm⸗ lung wollten dem Hauſe noch mehr zu ſchaffen machen und riethen dem Statthalter, darauf nicht einzugehen, 156 weil es ja nicht das wäre, was er verlangt hätte Er aber erwiederte: „ich nehme das Geld, denn ich weiß wohl, wie fie das meinen; anderes Korn iſt Schießpul⸗ ver;“ welches er denn auch kaufte, ohne daß man ihn darüber zu Rede ſetzte. Mit Anſpielung hierauf fagte ich, als wir in unſerer Feuergeſellſchaft mit unſerm Kot: terie⸗Vorſchlag nicht durchzukommen fuͤrchteten, zu einem Freunde, der auch Mitglied war: „fallen wir durch, ſo tragen wir auf Ankauf einer Feuermaſchine an; dage⸗ gen koͤnnen die Quaͤker nichts haben: und wenn Sie her⸗ nach mich, und ich Sie als Beauftragte ernennen, ſo kaufen wir eine große Kanone, die doch auch eine Feuer: maſchine iſt.“ Ich ſehe, antwortete mein Freund, Ihre vieljaͤhrige Mitgliedſchaft hat Ihnen allerdings gute Fruͤchte getragen; Ihr zweideutiger Antrag iſt gerade ein Gegenſtuͤck zu dem Waizen, oder anderem Korn, Dieſe Verlegenheiten der Quaͤker, die daraus ent⸗ ſtanden, daß es einmal bei ihnen Grundſatz war, keine Art von Krieg ſey rechtlich, — ein Grundſatz, den ſie nach⸗ her, wie ſie auch ihren Sinn aͤndern mochten, doch nicht los werden konnten — erinnert mich an ein, meines Er⸗ achtens, kluͤgetes Verfahren einer andern Glaubensge- ſellſchaft unter uns, naͤmlich der Dunker. Ich lernte bald nach ihrer Entſtehung einen ihrer Stifter, Michael Weffare kennen. Er beklagte ſich gegen mich, daß die Eiferer in andern Gemeinden ſie gar ſchmerzlich verlaͤum⸗ deten und ihnen abſcheuliche Grundſaͤtze und Handlungs— weiſen unterlegten, die ihnen doch ganz fremd waͤren. Ich ſagte, ſo ſey es noch allen neuen Glaubensgemeinden ergangen und, dergleichen Mißdeutungen zu ſteuern, hielt ich es fuͤr raͤthlich, die Glaubensartikel und die Zucht⸗ und Verfaſſungsgeſetze derſelben oͤffentlich vorzulegen. Er — 157 fagte, das ſey zwar in Vorſchlag gebracht, aber aus fol⸗ gendem Grunde nicht genehmiget worden. „Als wir,“ ſprach er, „zuerſt in eine Geſellſchaft zuſammentraten hatte es Gott gefallen, uns ſo weit zu erleuchten, daß wir einſahen, wie manche als wahr geglaubte Lehren Irrthuͤmer, manche fuͤr irrig geltende, wirklich Wahr⸗ heit waren. Von Zeit zu Zeit hat es ihm gefallen, uns fernere Einſichten zukommen zu laſſen, und ſomit ſind unſere Grundſaͤtze allmählich verbeſſert, unſere Irrthuͤmer aber vermindert worden. Nun ſind wir nicht gewiß, ob wir auch an das Ende dieſer Fortſchreitung, und zum vollendeten geiſtlichen, oder theologiſchen Wiſſen gekommen. Druckten wir alſo unſer Glaubensbekenntniß, ſo fürchten wit, uns damit gebunden und beſchraͤnkt zu fuͤhlen und wuͤrden vielleicht keine anderweitige Verbeſſerung anneh⸗ men; unſere Nachfolger aber noch weit mehr, weil ſie, was ihre Aeltern und Stifter gethan, fuͤr etwas Heiliges und Unantaſtbares anſehen wuͤrden.“ Eine ſolche Beſchei⸗ denheit eines Glaubensvereins iſt wohl ein ſeltenes Bei⸗ ſpiel in der Menſchengeſchichte, da ſonſt Jeder ſich im Be⸗ ſitz aller Wahrheit glaubt und jede Abweichung hiervon fuͤr unrecht und irrig haͤlt: gerade wie Einer, der im Nebel⸗ wetter reiſet; hinter und vor ſich in einiger Ferne ſieht er Alles, auch die Leute ſeitwaͤrts auf den Feldern, in Nebel gehuͤllt; nahe um ſich her ſcheint ihm Alles klar, obwohl er in der That eben ſo gut im Nebel iſt, als ſie. Dieſer Verlegenheit auszuweichen, haben die Quaͤ⸗ ker in den letzten Zeiten Staatsdienſte in der Verſamm⸗ lung und in Beamtungen abgelehnt, und lieber ihre ach, als ihren Grundſatz eniatgeheb. Der geitfolge aaa ſollte ich früher erwähnt haben, daß ich im Jahr 1742 einen offenen Ofen zu beſſerer 158 — Stubenheizung und Sparung des Brennzeugs erfunden, indem die zugelaſſene friſche Luft bei'm Eintritt erwärmt wurde; daß ich mit dieſem Model Hrn. Robert Grace, einem meiner fruͤhern Freunde, ein Geſchenk machte, der einen Eiſenofen hatte und das Plattengießen zu dergleichen Oefen ſehr eintraͤglich fand, weil fie immer mehr geſucht wurden. Dieſe Nachfrage zu foͤrdern, ſchrieb und druckte ich ein Flugblatt: „Nachricht von den neuerfun⸗ denen Pennſylvaniſchen Feuerſtellen; worin ihr Bau, und das Verfahren damit beſonders erläutert, ihre Vorzuͤge vor jeder andern Zim⸗ merheizung erwieſen und alle dagegen ge⸗ machte Einwuͤrfe beantwortet und beſeitigt werden.“ Dieß Schriftchen that gute Wirkung; dem Statthalter Thomas gefiel die Bauart dieſer Oefen ſo ſehr, daß er mir ein Patent fuͤr den Alleinverkauf auf eine beſtimmte Reihe Jahre geben wollte: ich lehnte dieß aber nach einem Grundſatze, der in derlei Dingen bei ei immer Gewicht gehabt hat, ab, naͤmlich: „daß, wir von Erfindungen Anderer fo viel s theile ziehen, ſo ſollte uns jede Gelegenheit, Anderen mit unſern Erfindungen wieder zu dienen, willkommen ſeyn, und wir ſollten nn | Fun und edelmuͤthig thun.“ Ein Eiſenhändler in London aber, der aus meiner Flugſchrift ziemlich viel nahm, verarbeitete, und einige un⸗ bedeutende Aenderungen in den Oefen machte, die im Grunde dem Gebrauch eher hinderlich waren, erhaſchte ein Patent damit und erwarb ſich dort, wie ich hoͤrte, ein kleines Vermoͤgen. Dieß iſt nun nicht der einzige Fall, wo Andere auf meine Erfindungen Patente erhielten, ob— wohl nicht immer mit gleichem Gluͤck. Ich habe mich 159 daruͤber nie in Streit eingelaffen, weil ich meines Theils nicht durch Patente gewinnen mochte und allen Streit haßte. Der Gebrauch dieſer Feuerſtellen, ſowohl hier in Pennſylvanien, als in den Wachen war und iſt ein großes Holzerſparniß. a Nachdem Friede geworden und die Vereinsverhand⸗ lungen beendigt waren, gieng mein Augenmerk wieder auf Errichtung einer Akademie. Der erſte Schritt hiezu war, daß ich eine Zahl thaͤtiger Freunde, vorzuͤglich aus dem Junto, zuſammenbrachte; der naͤchſte, daß ich eine Flugſchrift ſchrieb und herausgab: „Vorſchlaͤge zu Erziehung der Jugend in Pennſylvanien.“ Dieſe vertheilte ich unentgeltlich unter die vornehmſten Einwohner; und, ſobald ich die Gemuͤther nur etwas vorbereitet glauben konnte, eroͤffnete ich zu Anlage und Unterſtuͤtzung einer Akademie eine Unterzeichnung. Die Beiträge waren auf fünf Jahr, jaͤhrlich in beſtimmten Zah: lungstheilen zu entrichten, damit mußte, meinem Ermeſſen nach, die Zahl der Unterzeichner groͤßer werden, und ich glaube, das war auch der Fall; denn ſie betrug, wenn ich mich recht erinnere, nicht Amar: ais Pf. h In der Einleitung zu dieſen Vorschlägen, gab ich die Bekanntmachung nicht fuͤr mein, ſondern fuͤr das Unternehmen einiger „gemeinſinnigen Männer" an. Denn nach meinem gewohnten Verfahren vermied ich, ſo viel als moͤglich, mich als Urheber an die Spitze irgend eines gemeinnuͤtzigen Entwurfs zu ſtellen. um den Entwurf ſofort auszufuͤhren, waͤhlten die Unterzeichner aus ihrer Mitte vier und zwanzig Verwe⸗ fer und ernannten Hrn. Francis, damaligen Kronan⸗ 160 walt, und mich, eine Verfaſſung dazu zu entwerfen. Nachdem dieſe gemacht und unterzeichnet war, ward ein Haus gemiethet, Lehrer wurden angenommen und die Schulen eroͤffnet; ich glaube, es war noch in wann Jahre 749. Da die Schuͤler Aare anwuchſen, fo ward das Haus bald zu klein und wir mußten uns nach einem ſchicklich gelegenen Grundſtuͤck umſehen, das wir einrichten konn⸗ ten, als uns der Zufall ein großes, fertig gebautes Haus anwies, das, mit wenig Abaͤnderungen, ganz für unſern Zweck geeignet war; naͤmlich das obenerwaͤhnte, von Whitefield's Zuhoͤrern aufgeführte, Die bekamen wir folgendermaaßen. Da die Beitraͤge zu dieſem Bau von Leuten aus verſchiedenen Glaubensgemeinden erhoben wurden, fo fah man bei Ernennung der Verweſer des Gebaͤudes darauf, daß keiner Gemeinde eine überwiegende Vorherrſchaft zu Theil wuͤrde, damit nicht etwa mit der Zeit eine oder die andere Mittel gewoͤnne, das Ganze für ſich allein, ganz gegen die urſpruͤngliche Stiftung, zu brauchen. Deßhalb war alſo aus jeder Glaubensgemeinde Einer an: geſtellt, namlich Einer aus der Englaͤndiſchen Kirche, Ein Presbyterianer, Ein Wiedertaͤufer, Ein Maͤhriſcher Bruder und fo fort, welche, im Erledigüngsfall durch Tod, aus den Beiſteuernden durch Wahl erſetzt wurden. Der Maͤhriſche Bruder wollte ſeinen Amtsgenoſſen nicht anſtehen und nach ſeinem Tode mochten ſie keinen wieder aus dieſer Gemeinde haben. Die Schwierigkeit dabei war nur, wie man mittelſt der neuen Wahl vermiede, zwei aus irgend einer andern zu erkuͤren. Es wurden mehrere Perſonen genannt und darum nicht genehmigt; 1 5% 161 endlich erwaͤhnte Einer mich, mit der Bemerkung, ich waͤre lediglich ein ehrlicher Mann, und gehoͤrte gar kei⸗ ner Gemeinde an; dieß gab fuͤr mich den Ausſchlag. Die Begeiſterung für die Sache war ſchon laͤngſt erkal⸗ tet und die Verweſer hatten nicht neue Beitraͤge zum Grundzins und zu anderweitiger Schulden-Tilgung, welche ſie gar ſehr in Verlegenheit ſetzten, aufbringen koͤnnen. Da ich nun Mitglied beider Verweſenſchaften, des Ge baͤudes, wie der Akademie war, ſo hatte ich die beßte Gelegenheit, mit Beiden zu unterhandeln, und brachte ſie endlich zu der Uebereinkunft, daß die Gebaͤudeverweſer es an die Akademieverweſer abtraͤten, Letztere dagegen die Schuld uͤbernaͤhmen, und ſtets im Gebaͤude einen großen Saal fuͤr etwanige Prediger, der urſpruͤnglichen Abſicht gemaͤß, offen, wie auch eine Freiſchule für arme Kinder unterhielten. Sofort wurden Vertragsſchriften aufgeſetzt, und die Akademieverweſer, nachdem ſie die Schulden abgezahlt, in Beſitz des Gebaͤudes geſetzt. Nun theilten wir den großen und hohen Saal in Stockwerke, machten oben und unten mehrere Raͤume fuͤr die verſchiedenen Schulen, kauften noch etwas Grund und Boden dazu und ſo war das Ganze bald zweckmaͤßig eingerichtet und die Schuͤler eingewieſen. Die ganze Muͤhe und Arbeit des Verdingens an Handwerker, des Bauzeugsankaufs und der Aufſicht uͤber die Arbeiter fiel mir zu, und ich am damit um ſo heiterer und leichter durch, als mein Ge⸗ ſchaͤft damit nicht durchkreuzt wurde; denn ich hatte ein Jahr fruͤher mir einen geſchickten, arbeitſamen und ehr⸗ lichen Gemeinder Dav. Hall zugeſellt, deſſen Charak⸗ ter ich genau kannte, weil er vier Jahre bei mir gear⸗ beitet hatte. Er uͤbernahm die Beſorgung der Druckerei und zahlte, mir den mir zuſtändigen Gewinn. Dieſe Verbin⸗ dung dauerte achtzehn Jahr zu beiderſeitigem Vortheil. Franklin's Leben, II. Abth. L re Einige Zeit darauf wurden die Akademieverweſer, mittelſt eines Freibriefs vom Statthalter, ſtaatiſch einver, leibt; ihre Stammgelder durch Beitraͤge in England und, Läͤndereilehen von der Handelsgenoſſam vermehrt, wozu die Staatsverſammlung nachher bedeutende Beiträge gege- ben; und fo entſtand die gegenwartige Univerſitaͤt zu Philadelphia. Ich bin vom Anbeginn, nun bereits 40 Jahr, ſtets einet ihrer Verweſer geweſen und habe zu meiner großen Freude viel junge Leute darin auferziehen geſehen, die ſich durch ausgebildete Anlagen zu öffentlichem, Anſtellungen brauchbar machten und Zierden ihres Vater⸗ landes wurden. | Als ich mich, wie vorhin erwähnt, von Privatge⸗ ſchaͤften los gemacht hatte, ſchmeichelte ich mir, mit dem zwar maͤßigen, aber doch hinlaͤnglichen Vermoͤgen, das ich mir erworben, Muße fuͤr philoſophiſche Studien und Unterhaltungen auf Lebenszeit gewonnen zu haben. Ich kaufte mir den ſaͤmmtlichen Apparat Dr. Speuce's, der aus England heruͤbergekommen war und Vorleſungen in Philadelphia hielt und ſo ſetzte ich meine elektriſchen Verſuche recht wohlgemuth fort; da mich aber der Staat nun als einen Mann der Muße anſah, ſo nahm er mich für feine Zwecke in Beſchlag; jeder Zweig unſerer buͤr⸗ gerlichen Regierung legte mir, und zwar faſt gleichzeitig, irgend eine Pflicht auf. Der Statthalter nahm mich in die Friedensauskuͤr; die Stadtgemeine zog mich zu ihrer Gemeinberathung, und machte mich bald nachher zum Aldermann; und die Bürger machten mich vollends gar als Wahlbuͤrger zu ihrem Vertreter in der Verſammlung. Dieß Letztere nun war mir um ſo angenehmer, da es mich doch am Ende langweilte, ihre Eroͤrterungen mit anhören zu muͤſſen, woran . als Schreiber, nicht An⸗ — | 163 theil nehmen durfte und die nicht ſelten ſo wenig anziehend waren, daß ich mich oft verſucht fand, magiſche Vierecke, oder Kreiſe zu ziehen, oder irgend etwas gegen die Lan⸗ geweile vorzunehmen. Dazu ſah ich auch, daß ich als Mitglied mehr Gutes ſtiften konnte. Das will ich aber nicht etwa ſagen, daß mein Ehrgeiz mit dieſen Beſoͤrde⸗ rungen allen nicht geſchmeichelt worden waͤre. Das war allerdings der Fall; denn, wenn ich meinen geringfügis - gen Anfang betrachtete, ſo waren ſie etwas Großes und mir um ſo angenehmer, weil freiwillige und von mir durchaus nicht geſuchte Beweiſe der Öffentlichen guten Meinung. | Das Friedensgerichtsamt beſuchte ich in einigen Sitzungen und hoͤrte Streitſachen mit an; weil ich aber ſah, daß, mich mit Ehren auf dieſer Stelle zu behaupten, mehr Kenntniß des Gewohnheitstechts erforderlich war, als ich beſaß, ſo zog ich mich allmaͤhlich zurück und ent⸗ ſchuldigte mich damit, daß ich die hoͤhern Pflichten eines Geſetzgebers, in der Verſammlung abwarten muͤßte. Zehn Jahre nach einander ward alljährlich meine Crwählung zu dieſer Stelle wiederhohlt, ohne daß ich je um eine Stimme mich bewarb, oder, mittelbar wie unmittelbar, den Wunſch, gewaͤhlt zu werden, aͤußerte. Als ich meinen Sitz im Hauſe einnahm, ward mein Sohn Schreiber. . | Im Jahre darauf follte mit den Indiern zu Carl⸗ isle ein Vertrag geſchloſſen werden. Der Statthalter ſchlug dem Hauſe mittelſt Bothſchafters vor, einige ſeiner Mitglieder nebſt einigen Mitgliedern der Bera⸗ thungsbehoͤrde als Beauftragte dießfalls zu wählen! Das Haus ernannte den Sprecher, Hrn. Norris, und mich. L 2 * 164 So giengen wir denn nach Carlisle und verſammelten die Indier. Da dieß Volk aͤußerſt gern ſich betrinkt und dann zankſuͤchtig und unruhig wird, fo verboten wit ſtreng, ihm Branntwein zu verkaufen; und als ſie ſich uͤber dieſe Einſchraͤnkung beklagten, ſagten wir, wenn ſie waͤhrend der Verhandlung nüchtern bleiben wollten, ſollten ſie, wenn das Geſchaͤft beendigt waͤre, Rum in Fuͤlle ha⸗ ben. Dieß verſprachen und hielten ſie, weil ſie keinen Rum bekommen konnten; die Verhandlung gieng recht in der Ordnung ab und ſchloß zu gegenſeitiger Zufrieden⸗ heit. Nun „aber forderten und erhielten fie Rum; das geſchah nach Tiſche; es waren an 100 Maͤnner, Weiber und Kinder, die in jeweiligen viereckten Huͤtten außerhalb der Stadt wohnten. Abends hoͤrten wir ſtarken Laͤrm unter ihnen und ſahen nach, was es gaͤbe; da fanden wir denn, daß ſie mitten im Viereck ein großes Freuden⸗ feuer angezuͤndet hatten. Alles war trunken, ſo Maͤnner als Frauen, und zankte und ſchlug ſich. Ihre dunkel⸗ farbigen, halbnackten Koͤrper im Daͤmmerlicht des Freu⸗ denfeuers, ihr Einandernachlaufen und Schlagen mit Feuerbraͤnden mit gellendem furchtbaren Geſchrei gaben das beßte Bild einer Hölle, wie wir fie uns denken koͤn⸗ nen. Der Aufruhr war nicht zu ſtillen und wir giengen wieder nach Hauſe. Um Mitternacht kamen mehrere, don⸗ nerten an unſere Thuͤr und wollten mehr Rum haben, worauf wir nicht achteten. Tags darauf fuͤhlten ſie wohl, daß ſie uns gar unanſtaͤndig beunruhigt haͤtten, und ſen⸗ deten drei ihrer bejahrten Rathgeber, ſie bei uns zu ent⸗ ſchuldigen. Der Redner geſtand den Fehler ein, ſchob ihn aber auf den Rum und ſuchte dann wieder den Rum damit zu entſchuldigen, daß er ſagte: „der große Geiſt, der Alles ſchuf, ſchuf auch Alles zu irgend einem Ges brauch, und, wozu er es beſtimmt, dazu muß es auch ER 165 gebraucht werden. Als er nun den Rum machte, fo mag das wohl geſchehen ſeyn, um die Indier trunken zu ma⸗ chen, und ſo muß es denn ſeyn.“ Und wahrhaftig, wenn es Zweck der Vorſehung war, dieſe Wilden auszurotten, um den Anbauern der Erde Platz zu machen, ſo mag der Rum wohl das dazu gebrauchte Mittel ſeyn. Er hat be⸗ reits alle Staͤmme, die vormals die Seeküſt: bewehucen, a Mienen 5 Im Jahr 1751 kam mein beſonders guter Freund, Dr. Thomas Bond, auf den Gedanken, ein Siech⸗ haus, zu Aufnahme und Heilung armer Kranker, ſowohl zur Landſchaft gehoͤriger, als fremder, in Philadelphia zu ſtiften; eine hoͤchſt wohlthaͤtige Stiftung, die man mir zugeſchrieben hat, die aber urſprünglich und weſent⸗ lich ſein Werk iſt! Er ließ es ſich eifrigſt angelegen ſeyn, Unterſchriften dazu zu bekommen; da jedoch der Vorſchlag fuͤr America etwas Neues war und Anfangs nicht recht be— griffen wurde, ſo gelang es ihm nur wenig. Endlich kam er auch zu mir und ſagte verbindlich, er ſehe doch, es ſey nicht ſo gar leicht, einen gemeinnuͤtzigen Plan durchzuſetzen, ohne mich mit hineinzuziehen. „Denn,“ ſagte er,“ wenn ich auf Unterſchrift antrage, werde ich immer gefragt: haben Sie Franklin uͤber die Sache zu Rathe gezogen? was meint er dazu? Und wenn ich dann Nein ſage, in der Vorausſetzung, daß Sie ſich wohl damit nicht befaſſen moͤchten, ſo unterſchreibt man nicht und antwortet, „ich will's uͤberlegen.“ Ich erkundigte mich nach dem Weſentlichen und dem Nutzen dieſes Plans, und da er mich uͤber Alles hinlaͤnglich befriedigte, ſo un⸗ terſchrieb ich nicht nur ſelbſt, ſondern verwendete mich auch recht von Herzen fuͤr Unterſchriften von Andernz bereitete aber die Gemuͤther dadurch vor, daß ich, wie ich 166 in ſolchen Faͤllen immer pflegte, in meiner Zeitung dar⸗ uͤber ſprach, was Dr. Bond unterlaſſen hatte. Nun unterzeichnete man freier und großmuͤthiger; da dieß aber nachließ, ſo ſah ich woht, daß es ohne Beiſtand der Stadtverſammlung nicht gehen wuͤrde und kam deßhalb ein. Den Mitgliedern vom Lande wollte die Sache An⸗ fangs nicht eingehen; ſie meinten, das koͤnne bloß der Stadt forderlich und nuͤtzlich ſeyn und darum müßten auch die Buͤrger allein die Koſten tragen; auch fuͤrchteten ſie, die Buͤrger ſelbſt möchten es wohl nicht durchaus ges nehmigen. Ich fuͤhrte dagegen an, daß es bereits ſo viel Beifall gefunden, daß kein Zweifel waͤre, wir koͤnnten mittelſt freiwilliger Schenkungen 2000 Pf. aufbringen. Dieß hielt man fuͤr eine uͤbertriebene und durchaus un⸗ mögliche Vorausſetzung. Hiernach entwarf ich nun mei⸗ nen Plan, und bat um die Erlaubniß, auf Einverleibung der Beiſteurenden, ihrer Bitte gemaͤß, und auf Ueberlaſ— ſung einer Summe baaren Geldes an ſie antragen zu duͤrfen. Dieß erlaubte man hauptſaͤchlich, weil man erwog, das Haus koͤnne ja doch immer den Antrag verwerfen, wenn es ihn nicht beliebe. Ich ſetzte ihn alſo auf und zwar mit einem bedingten Vorbehalt, naͤmlich: „und werde hiermit von obbeſagter Behoͤrde verordnet, daß, wofern befagte Beiſteuernde ihre Vorſteher und Seckelmeiſter ge⸗ funden und gewählt, und mittelſt Beiſteuer ein Stamm⸗ geld von 2000 Pf. aufgebracht, deſſen jaͤhrlicher Zins - für die Krankenpflege in beſagtem Siechhauſe, für Koſt, Aufwartung, Rath und Arzeneien zu verwenden, und dieß dem dermaligen Sprecher der Verſammlung befriedi⸗ gend darlegen koͤnnen; daß dann beſagtem Sprecher ges ſetzlich geſtattet ſey und er hiermit erfucht werde, eine Anweiſung an den Schatzmeiſter der Landſchaft auf 2000 Pf. jahrlich in zwei Friſten zahlbar für den Seckelmeiſter beſagten Siechhauſes zu unterzeichnen, damit dieſe Sum⸗ me zu Stiftung, Bau und Beendigung deſſelben ange⸗ wendet werde.“ Dieſe Bedingung ſetzte den Antrag durch: denn diejenigen Mitglieder, welche nicht hatten verwilligen wollen und nun einſahen, daß ſie ohne die Ausgabe ſich in den Geruch der barmherzigen Bruderliebe ſetzen koͤnnten, ließen ſich es nun gefallen; und wenn wir nun wieder Unterzeichner unter dem Volke gewinnen wollten, ſo fuͤhrten wir das bedingte Verſprechen des Geſetzes als Nebengrund an, wodurch jede Gabe verdop⸗ pelt würde. So bewirkte jener Vorbehalt Beides. So⸗ fort uͤberſtiegen die Unterſchriften bald die geforderte Sum⸗ me und wir kamen um die ſtaatiſch verwilligte Gabe ein, erhielten ſie und konnten ſomit den Plan ausfuͤhren. Bald wurde ein ſchickliches, huͤbſches Gebaͤude errichtet, die Anſtalt iſt in fortwaͤhrender Erfahrung nuͤtzlich befun⸗ den worden und bluͤht noch heutiges Tages; und ich er⸗ innere mich keiner meiner oͤffentlichen Unternehmungen, die mir zugleich mehr Freude gemacht, oder worin, wenn ich daran dachte, je mir leichter meine A verzie⸗ 255 BI | Ungefähr um dieſe geit kam ein Anderer, der ehr⸗ wuͤrdige Gilbert Tennent, mit dem Geſuch zu mir, daß ich ihm zu Errichtung eines neuen Verſammlungs⸗ hauſes behuͤlflich wäre. Es ſellte fuͤr einen Verein, den er aus den Presbyterianern zuſammengebracht hatte, und der urſpruͤnglich aus Whitfieldſchen Anhaͤngern beſtand, beſtimmt werden. Da ich meinen Mitbürgern durch all⸗ zu haufige Beitragsanmuthungen nicht laͤſtig werden wollte, ſo ſchlug ich es rund ab. Nun bat er, ich moͤchte ihm nur ein Verzeichniß der großmuͤthigen und gemein⸗ finnigen Männer geben, die ich kennte. Ich uͤberlegte — 168 x aber, es würde mir nicht geziemen, nachdem fie fo gütig meine Geſuche bewilligt, fie hervorzuheben und hinzuſtel⸗ len, damit andere Bettler ſie zerfleiſchten, lehnte mithin auch dieß ab. Da bat er mich denn mindeſtens um mei⸗ nen Rath. „Den will ich Ihnen wohl geben“ ſagte ich; „ zufoͤrderſt alfo wenden Sie ſich an Alle, von denen Sie etwas erhalten zu koͤnnen hoffen; dann an die, bei welchen es ungewiß iſt, ob ſie etwas geben, oder nichtz dieſen legen ſie das Verzeichniß derer, die gegeben haben, vor; und endlich übergehen. Sie diejenigen nicht, von welchen Sie nichts zu erhalten glauben; denn in Manchen koͤnnen Sie ſich doch wohl irren.“ Er lachte, dankte mir und ſagte, er wolle meinen Rath befolgen. Das that er auch; denn er bettelte bei aller Welt, und bekam ſo eine groͤßere Summe, als er erwartet hatte, wovon er das geraͤumige und zierliche Verſammlungshaus in der Haupt⸗ ſtraße aufführie. Ri Wiewohl unſere Stadt ſchoͤn und regelmaͤßig ange⸗ legt war, und die Straßen breit, gerade einander in rech⸗ ten Winkeln durchſchnitten, ſo blieben ſie doch leider lange ungepflaſtert und bei naſſem Wetter machten die Raͤder ſchweren Fuhrwerks ſie zu einer Kothlache, daß man kaum durchkommen konnte; bei trockner Witterung dagegen war wieder der Staub unangenehm. Ich hatte an dem ſogenannten Jerſeymarkt gewohnt und ſah mit Verdruß die Einwohner im Schmutz waden, wenn ſie einkaufen giengen. Ein Stuͤck nach der Mitte des Markts hin wurde endlich mit Backſteinen gepflaſtert, ſo daß, wenn ſie einmal auf dem Markte waren, ſie wohl Grund fanden, ehe fie aber dahin gelangten, der Koth ihnen uͤber die Schuhe gieng. Durch mein Sprechen und Schreiben hieruͤber vermittelte ich endlich, daß die — a 169 Straße zwiſchen dem Markte und dem, mit Backſteinen gepflaſterten Fußweg zunächſt den Haͤuſern mit Steinen gepflaſtert ward. So konnte man eine Zeitlang leichten, trocknen Fußes zum Markte gelangen; da aber der uͤbri⸗ ge Theil der Straße nicht gepflaſtert war, ſo lief, wenn ein Wagen aus dem Koth auf dieß Pflaſter kam, der Koth ab, blieb liegen und ward bald zu Schlamm zu⸗ ſammen geknaͤtet. Dieſer wurde, da es noch an Koth⸗ kaͤrnern fehlte, nicht abgefuͤhrt. Nach einiger Mühe machte ich ein Paar arbeitſame Leute ausfindig, die ſich anheiſchig machten, das Pflaſter rein zu halten, woͤchent⸗ lich zweimal es zu kehren, und den Koth vor allen Nach⸗ barhaͤuſern wegzuſchaffen, wofür jedes Haus monatlich ſechs Pence bezahlen ſollte. Nun druckte ich ein Blatt, worin ich den Bürgern die Vortheile einer ſo geringfuͤgi⸗ gen Ausgabe auseinander ſetzte; wie man ſoviel leichter die Haͤuſer reinlich halten koͤnne, wenn nicht an den Fuͤ⸗ ßen ſoviel Koth hineingetragen werde, wie dieß den Ge⸗ woͤlbern mehr Kundſchaft bringe, wenn die Kaͤufer leich⸗ ter hinkommen koͤnnten, und wie ſie bei windigem Wetter ihre Waaren nicht mehr verſtaͤubt ſehen würden. ꝛc. Ein fols ches Blatt ſendete ich in jedes Haus und ein Paar Tage dar⸗ auf fragte ich an, wer dieſe ſechs Pence zu zahlen willig waͤre. Da unterzeichneten Alle einmuͤthig und die Sache gieng eine Zeitlang ihren guten Gang. Alle Einwohner freu⸗ ten ſich, daß das Pflaſter um den Markt herum ſo reinlich war, weil dieß ein Vortheil fuͤr Alle war. So entſtand der Wunſch, daß doch alle Straßen gepflaſtert ſeyn moͤch⸗ ten, und das Volk ließ ſich nun eher eine Auflage zu dieſem Endzweck gefallen. Nach einiger Zeit ſetzte ich einen Geſetzvorſchlag zur Straßenpflaſterung auf, und brachte ihn in die Stadtverſammlung. Es war gerade, ehe ich nach England gieng, 17575 er gieng auch nicht 1 70 eher durch, als bis ich abgereiſet war, und auch dann noch mit einer Abaͤnderung in Betreff der Steuer, welche ich nicht fuͤr beſſer halten konnte; jedoch mit dem Zuſatz, die Straßen zu erleuchten, wie zu pflaſtern, was eine gro⸗ ße Verbeſſerung war. Auf den Gedanken, die Stadt zu erleuchten, hatte ein Privatmann, der verflorbene John Clifton, das Volk gebracht; dieſer henkte, um die Nuͤtz⸗ lichkeit der Lampen zu beweiſen, eine vor ſeiner Thuͤr auf. Man hat auch dieſe Ehre eines Verdienſtes um die Stadt mir zugeſchrieben; aber ſie gebuͤhrt, der Wahrheit gemäß, dieſem Manne. Ich befolgte bloß fein Beiſpiel und kann mir nur hinſichtlich der Form unſerer Lampen einiges Verdienſt beilegen, als welche von den runden Lampen, die wir zuförderſt aus London bekamen, verſchie⸗ den waren. Dieſe wurden aus folgenden Gruͤnden un⸗ zweckmaͤßig befunden: ſie ließen unten keine Luft ein, mit⸗ hin gieng der Rauch oben nicht ſchnell ab, ſondern trieb ſich in der Kugel herum, legte ſich an die Waͤnde und that bald dem Leuchten Eintrag; dazu mußten ‚fie auch taͤglich rein gewiſcht werden; ein zufaͤlliger Anſtoß konnte fie leicht zertruͤmmern und ganz unbrauchbar machen. Ich rieth alſo, fie aus vier unſerer flachen Glasſcheiben zu fer⸗ tigen, oben mit einer langen Roͤhre, den Rauch abzu⸗ führen und unten mit kleinen Luftloͤchern, damit der Rauch leichter aufſtiege. So wurden ſie rein erhalten und nicht ſo leicht blind, als die Londoner, ſondern brennten hell bis fruͤh; ein zufaͤlliger Anſtoß zerbrach doch immer nur eine Scheibe, die denn leicht wieder eingeſetzt werden konnte. Ich habe mich zuweilen gewundert, daß die Londoner nicht aus den, zum Behufe des Reinhaltens unten angebrachten, Löchern der runden Lampen in Baur: hall gelernt haben, dergleichen auch bei ihren Straßen⸗ lampen anzubringen. Weil aber dieſe Loͤcher einen anderen 171 Zweck hatten, naͤmlich dem Dochte mittelſt eines Flaͤuſch⸗ chens Flachs, das darin herabhieng, ſchneller die Flam⸗ me mitzutheilen, ſo ſcheint man den andern Vortheil des Luftzutritts uͤberſehen zu haben; und deßhalb find die Londoner Straßen kaum ein Paar Stunden nach dem Anzuͤnden der Lampen, hoͤchſt kaͤrglich erleuchtet. Dieſe Verbeſſerungen erinnern mich an eine andere, die ich bei meinem Aufenthalt in London Dr. Fother⸗ gill, einem der beßten Maͤnner, die ich kannte, der al⸗ les Nüsliche aͤmſig förderte, vorſchlug. Ich hatte naͤm⸗ lich bemerkt, daß, wenn die Straßen trocken waren, man ſie nie fegte, oder etwa den leichten Staub wegfuͤhrte, ſondern ihn ſich anhaͤufen ließ, bis naſſes Wetter ihn zu Schlamm machte; und, wenn er nun einige Tage ſo ſtark auf dem Pflaſter, daß man nur an Stellen, welche die armen Leute mit Beſen rein fegten, durchkom⸗ men konnte, ſo ward er mit vieler Muͤhe zuſammen ge⸗ ſchaufelt und auf oben offnen Karren weggefuͤhrt, die an den Seiten bei jedem Stoß die Kothbruͤhe auf das Pfla⸗ ſter fallen ließen, nicht ſelten zum Verdruß der Fußgaͤnger. Für das Nichtfegen der ſtaubigten Straßen führte man an, der Staub wuͤrde in die Fenſter der Laͤden und Haͤu⸗ ſer fliegen. Ein Zufall hatte mich belehrt, wie viel man in gar kurzer Zeit fegen koͤnne; ich fand naͤmlich einſt fruͤh vor meiner Thuͤr in der Cravenſtraße eine arme Frau, die mein Pflaſter mit einem Birkenbeſen fegte; ſie ſah ſehr bleich und ſchwach aus, als waͤre ſie eben einer Krankheit entronnen. Ich fragte, wer ihr zu fegen aufgetragen haͤtte; ſie antwortete: „Niemand; aber ich bin arm und elend, und kehre vor vornehmer Leute Thuͤren, weil ich hoffe, fie werden mir etwas dafuͤr ge: ben.“ Ich ſagte, ſie ſollte die ganze Straße fegen, ich * 172 wolle ihr einen Schilling geben. Es war 9 Uhr. Zu Mittag kam ſſe, ihren Schilling abzuhohlen. Nach der Langſamkeit, die ich Anfangs in ihrer Arbeit bemerkte, konnte ich mir kaum vorſtellen, daß ſie ſobald fertig ſeyn koͤnnte und ließ alſo meinen Bedienten nachſehen, der mir meldete, die Straße ſey durchaus rein gefegt, und aller Staub liege an der Straßenrinne in der Mitte auf einem Haufen, und der naͤchſte Regen wuͤrde ihn ganz wegſpuͤlen, ſo daß das Pflaſter und ſogar die Schleuße vollkommen rein waͤren. Da ſchloß ich denn, wenn dieß ſchwache Weib ſchon eine ſolche Straße in drei Stunden rein fegen koͤnnte, ſo muͤßte das ein ſtarker Mann na⸗ tuͤrlich in halb fo langer Zeit thun. Und hier erlaube man mir zu bemerken, wie viel beſſer es iſt, in einer engen Straße, einen Schleußenabzug in der Mitte zu haben, ſtatt zweier, auf jeder Seite des Fußwegs einen. Denn, wo aller Regen, der auf eine Straße faͤllt, von den Seiten ablaufend in der Mitte zuſammentrifft, da bildet ſich ein Stromlauf, der ſtark genug iſt, allen Schlamm, den er anttifft, mit fortzufuͤhren; wird er aber in zwei Abzuͤge getheilt, fo iſt er oft zu ſchwach, einen zu reini⸗ gen und verduͤnnt den vorgefundenen Schlamm nur mehr, ſo daß die Wagenraͤder und Pferdefuͤße ihn auf den Fuß⸗ weg ſchleudern und tragen, der dadurch nur ſchlecht und ſchluͤpfrig wird, ja zuweilen ihn gar auf die Fußgaͤn⸗ ger ſpruͤzen. Mein dem Doctor gethaner Vorſchlag war nun dieſer: | 1 „Zu wirkſamerer Reinigung und Reinhaltung der Straßen in London und Weſtminſter wird vorgeſchlagen, daß mit den verſchiedenen Waͤchtern ausgemacht wird, daß ſie in trockner Witterung den Staubwegfegen und den Koth zu anderer Zeit zuſammen ſchaffen laſſen, Jeder in den Straßen und Gaͤßchen ſeines Bereichs; daß ſie 3 173 — mit Beſen und andern zweckdienlichem Geraͤth verſehen werden, welches ſie am gehoͤrigen Orte bereit halten, um arme Leute, die ſie zu dieſem Dienſte h damit zu \ PR on in den trocknen Sommermonaten der Staub zuhauf in gehoͤrigen Zwiſchenraͤumen gekehrt werde, ehe Laͤden und Hausfenſter gewoͤhnlich geoͤffnet werden; wo denn Kaͤrner mit dicht e Wagen ihn fortzuſchaf⸗ 2 1 u | Daß der e u Sol nicht in Haufen gelaſſen werde, damit Wagenraͤder und Pferde ihn wieder herumtragen, ſondern daß die Kaͤrner mit Karrenkaͤſten verſehen werden, die nicht hoch auf Raͤdern, ſondern tief auf. Kufen gehen, mit Boͤden aus Latten, die mit Stroh zu belegen ſind und den aufgeladenen Schlamm halten, das Waſſer aber ablaufen laſſen, wo⸗ durch ſie viel leichter werden, indem das Waſſer das meiſte Gewicht ausmacht. Dieſe Karrenkaͤſten müffen in gehoͤ⸗ tigen Zwiſchenraͤumen ſtehen und der Schlamm muß auf Schubkarren dahin geführt werden; fie ſelbſt muͤſſen aber auf ihrem Flecke ſtehen bleiben, bis der Schlamm trocken iſt und dann erſt von Pferden "abgeführt werden.“ ö N 2 Ich habe fpäter an der Ausfuͤhrbarkeit des letzten Vorſchlags an allen Stellen gezweifelt, weil manche Straßen zu enge ſind, und man vielleicht die austrocknen⸗ den Schleifen nicht immer ſo ſtellen koͤnnte, daß ſie den Weg nicht ſperrten; ich bin aber noch immer der Mei— nung, daß der erſte, nämlich den Staub, ehe die Läden geöffnet werden, zu fegen und abzufuͤhren, in den lan⸗ . | gen Sommertagen allerdings ausfuͤhrbar iſt; denn, als ich eines Morgens um 7 Uhr durch die Strand» und Fleet⸗Straße gieng, bemerkte ich, daß noch kein Laden offen war, ob es ſchon taghell und die Sonne bereits drei Stunden herauf war. Die Londoner lieben es, viel bei Licht zu leben und bei Sonnenſchein zu ſchlafenz gleichwohl klagen ſie oft, wohl etwas albern, uͤber Ker⸗ zenſteuer und Talgtheuerung. | 88 Mancher wird vielleicht dergleichen Kleinigkeiten nicht erinnerns⸗ oder erzaͤhlenswerth finden; erwaͤgt man aber, daß, obgleich es nicht viel auf ſich hat, wenn einmal an einem ſtuͤrmiſchen Tage ein wenig Staub in die Augen einer Perſon oder in einen Laden geweht wird, doch die vielen und häufig, vorkommenden Beiſpiele in einer volkreichen Stadt es wichtig und bedeutend mas chen, ſo wird man vielleicht die, welche ſo ſcheinbar ge⸗ meinen Dingen einige Aufmerkſamkeit ſchenken, nicht fo ſtreng tadeln. Menſchengluͤck geht nicht ſowohl aus gro— ßen auffallenden Gluͤcksſtreichen hervor, die felten vorkom⸗ men, als aus alltaͤglichen kleinen Vortheilen. Lehrt man z. B. einen armen jungen Mann ſich ſelbſt den Bart abnehmen und fein Scheermeſſer in Ordnung halten, fo traͤgt man zu ſeinem Lebensgluͤck mehr bei, als wenn man ihm tauſend Guineen ſchenkte. Dieß Geld iſt naͤm⸗ lich gar bald ausgegeben und dann bleibt ihm nur die Reue, es ſo thoͤricht verſchwendet zu haben; im zweiten Fall dagegen erſpart er ſich den gar haͤufigen Verdruß auf den Bartſcheerer zu warten, ſeine zuweilen ſchmutzi⸗ gen Finger, ſeinen uͤbelen Athem, oder feine ſchlechten Meſſer ſich gefallen laſſen zu muͤſſen; er putzt ſich den Bart ſelbſt, wenn es ihm eben beliebt und hat allemal die Freude, es mit einem guten Meſſer zu thun. In : 175 dieſem Sinne hab' ich obige Paar Seiten niedergeſchrieben und hoffe, ſie ſollen irgend einmal einer Stadt, die ich liebe, weil ich viele Jahre ſehr gluͤcklich dort gelebt habe, oder vielleicht einigen unſerer Americaniſchen Städte nuͤtz⸗ lich werden. 5 Da ich eine Zeitlang vom Generalpoſtmeiſter W ca's als Gegenſchreiber gebraucht worden war, die ver⸗ ſchiedenen Amtszweige in Ordnung zu halten und die Be⸗ amteten zur Rechnung zu ziehen, ſo wurde ich nach ſeinem Tode, im Jahre 1753 mit Hrn. Wilh. Hu, mittelſt eines Auftrages vom Generalpoſtmeiſter in England, zu ſeinem Nachfolger ernannt. Bisher hatte das America⸗ niſche Poſtamt dem Englaͤndiſchen nie etwas entrichtet; wir ſollten jährlich zuſammen 600 Pf. bekommen, wenn wir ſoviel aus dem Ertrag herausbringen koͤnnten. Da⸗ zu waren nun eine Menge; Anfangs unvermeidlich koſt⸗ ſpieliger Verbeſſerungen erforderlich, ſo daß uns das Poſt⸗ amt in den erſten vier Jahren über 900 Pf. ſchuldig ward. Bald nachher aber zahlte es uns aus und ehe ich durch Laune der Miniſter, wovon ich hernach ſprechen will, abgeſetzt wurde, hatten wir die Einkuͤnfte der Krone, im Vergleich des Irelaͤndiſchen Poſtamts, verdreifacht. Nach jener unbeſonnenen Verhandlung haben ſie — nicht einen Heller mehr daher bezogen. Dieß Poſtamtsgeſchaͤft veranlaßte mich in dem Jahre nach Neuengland zu reiſen, wo. mich die Cambridge Hochſchule aus eigner Bewegung zum Meiſter der freien Kuͤnſte machte. Die Connecticuter Pale Hochſchule hatte mir fruͤher dieſelbe Ehre erwieſen. Und ſo theilte ich denn die Ehre der Hochſchulen, ohne auf einer ſtudiert zu haben. Man ertheilte ſie mir wegen 170 5 meiner Be und Entdeckungen in der Kere eee | | | 8 ib Im Jahr 17640 ' Ss man wirder Krieg mit Frank, wi befuͤrchtete, verſammelte fi ſich auf Befehl der Lords der Handelsſchaft ein Ausſchuß aus den verſchiedenen Pflanzſtaͤdten in Albany, um ſich dort mit den Hauptlin⸗ gen der ſechs Nationen „über die Vertheidigungsmittel ihres und unſeres Landes zu berathen. Als der Statt⸗ halter Hamilton dieſen Befehl erhalten, theilte er ihn dem Hauſe mit und erſuchte um die, bei dieſer Gelegen⸗ heit den Indiern zu ertheilenden, ſchicklichen Geſchenke. Der Sprecher, Norris und ich wurden mit Joh. Penn, and dem Geheimſchreiber Peters als Beauftragte fuͤr Penn: ſylvanien ernannt. Das Haus genehmigte die Ernennung zund ſorgte fuͤr die zu Geſchenken beſtimmten Waaren, wiewohl es nicht gern außerhalb der Landſchaft verhan⸗ deltez und wir trafen die andern Beauftragten um die Mitte des Junius in Albany. Auf unſerer Heimreiſe entwarf und ſchrieb ich einen Plan zu Vereinigung aller Pflanzſtaͤdte unter Einer Regierung, ſoweit Vertheidigung und andere wichtige allgemeine Zwecke fie noͤthig machten, nieder. Als wir durch Neuyork reiſeten, hatte ich daſelbſt meinen Entwurf den Hrn. Jac. Alexander und Ken⸗ nedy, zwei großen einſichtsvollen Staatsmaͤnnern, vorge: legt und durch ihren Beifall nur mich mehr darin be⸗ ſtaͤrkt gefühlt. So legte ich ihn denn auch der Juſam⸗ menkunft vor. Wohl mehrere der Beauftragten mochten dergleichen Entwuͤrfe gemacht haben. Zufoͤrderſt ward die Frage aufgeworfen, ob überhaupt eine Vereinigung zu ſtiften ſey. Sie ward einmuͤthig bejahet. Dann ward eine Auskuͤr ernannt, aus jeder Pſtanzſtade Ein Mann, die an unn zu etrwaͤgen und * 127 darüber zu berichten. Der meinige erhielt zufällig den Vorzug und ſofort ward darüber mit wenigen Verbeſ⸗ ſerungen berichtet, Nach dieſem Entwurf ſollte die all⸗ gemeine Regierung durch einen von der Krone angeftells ' ten und befoldeten Vorſitzer verwaltet, und von den Volksmittlern der verſchiedenen Pflanzſtaͤdte, welche in ihren Verſammlungen ſich einfinden ſollten, eine große 2 Berathungsbehoͤrde gewaͤhlt werden. Die Eroͤrterungen dieſer Angelegenheit in der Zuſammenkunft giengen taͤg⸗ lich Hand in Hand mit der Indiſchen. Es wurden viele Einwuͤrfe und Schwierigkeiten vorgebracht, endlich aber wurden alle beſiegt, der Entwurf einmuͤthig geneh⸗ migt, Abſchrifteu an die Handelsbehoͤrden und Verſamm⸗ lungen der verſchiedenen Landſchaften anbefohlen. Er hatte ein eigenes Schickſalz die Verſammlungen nahmen ihn nicht an, weil Alle glaubten, er habe zuviel Vor⸗ rechtliches; und in England urtheilte man, er ſey zu volksherrſchaftlich. Die Handelsbehörde billigte ihn nicht, empfahl ihn auch der Billigung Sr. Maj. nicht; ſondern es wurde ein anderer, angeblich zweckmaͤßigerer, gemacht, wornach die Statthalter der Landſchaften mit einigen Gliedern ihrer jederſeitigen Berathungsbehoͤrden, zuſammenkommen und Schaarenaushebung, Feſtungsbau ze. befehlen und auch die Englaͤndiſche Schatzkammer anweiſen ſollte, was aber nachher durch eine Parlamentsacte, wel⸗ che America eine Steuer aüflegte, wieder bezahlt ward. Mein Entwurf befindet ſich mit ſeinen Grunden unter meinen ſtaatiſchen gedruckten Schriften. Als ich im Win⸗ ter darauf zu Boſton war, ſprach ich viel ‚über. beide Plaͤne mit dem Statthalter Shirley. Manches aus dieſen Unterredungen iſt dort ebenfalls zu leſen. Die verſchiedenen Grunde gegen meinen Plan laſſen mich ver⸗ muthen, daß er wirklich das wahre Mittel war, und ich Franklins Leben. II. Artp. 9. U 178 | — bin noch immer der Meinung, es waͤre fuͤr beide Theile ein Gluͤck geweſen, wenn man ihn befolgt haͤtte. So vereint, wären die Pflanzſtaͤdte hinlaͤnglich ſtark geweſen, ſich zu vertheidigen; es haͤtte dann der Schaaren aus England nicht bedurft, womit der nachherige Vorwand, America zu beſteuern, weggefallen und der daraus ent⸗ ſtehende blutige Kampf vermieden worden waͤre. Indeß ſind dergleichen Verſtoͤße nicht neu; die Geſchichte wim⸗ melt von Irrthuͤmern der Staaten und Fuͤrſten. 8 Wie ſelten iſt hienieden doch der Mann, Der, was ihm frommt, erkennt und ſchaffen kann! Die da regieren, haben immer viel zu thun, und nehmen ſich meiſt nicht gern die Muͤhe, neue Plaͤne zu pruͤfen und auszufuͤhren. Darum werden die beßten Staats⸗ maaßregeln ſelten nach vorhergegangen er reifer Ueberlegung anerkannt, ſondern nur gelegent⸗ lich erzwungen. | Der Statthalter von Pennfploanien- biligte den Plan, als er ihn der Verſammlung mit der Bemerkung -überfendete, „er ſcheine ihm ſehr klar und ſcharf gedacht, und muͤſſe er ihn demnach als der ernſteſten und genaue⸗ ſten Aufmerkſamkeit werth empfehlen.“ Das Haus aber nahm ihn, auf Betrieb eines der Mitglieder, vor, als ich abweſend war (was ich eben nicht ſchoͤns fand) und verwarf ihn, ohne auch nur im mindeſten darauf zu ach⸗ ten — zu meiner nicht geringen Kraͤnkung! Auf meiner dießjaͤhrigen Reiſe nach Boſton traf ich tu Nenyork unſern neuen Statthalter, Hrn. Morris, der eben aus en angekommen und mit welchem ich früher ſehr vertraut geweſen war. Er war befehligt, Hrn. Hamilton abzuloͤſen, der, müde der Streitigkeis ten, welchen feine Verhaltungebefehle im Betieff der Handelsgenoſſam ihn ausſetzen, abgedankt hatte. Mor⸗ ris fragte mich, ob ich wohl meinte, daß er auch ſo eine unerfreuliche Verwaltung zu gewaͤrtigtn haͤtte. „Nein,“ ſagte ich, „Sie koͤnnen im Gegentheil eine recht erfreu⸗ liche erleben, wenn Sie ſich nur vor allem Streit mit der Verſammlung huͤten.“ „„Lieber Freund,““ ſagte er ſcherzhaft, „„wie koͤnnen Sie mir aber rathen, mich vor Streit zu huͤten? Ich liebe den Streit, wie Sie wiſſen; er iſt meine groͤßte Freude. Damit Sie jedoch ſehen, wie ſehr ich ihren Rath achte, ſo verſpreche ich Ihnen, ihn, wo moͤglich, zu meiden. % Er hatte al⸗ lerdings Recht, den Streit zu lieben; denn er war be⸗ redtſam, ein ſcharfſinniger Sophiſt und daher meiſtens ſehr gluͤcklich im Beweisfuͤhren. Er war von Kindheit auf dazu erzogen. Sein Vater, ſagte man mir, ges wohnte feine Kinder mit einander zu ſtreiten und ergoͤtzte ſich daran, waͤhrend er nach der Mahlzeit am Tiſche ſitzen blieb. Dieß war aber, meines Erachtens, nicht klugz denn, meiner Beobachtung zufolge, ſind dergleichen ſtreit⸗ ſuͤchtige, widerſprechende und widerlegende Leute meiſtens in ihren Angelegenheiten ungluͤcklich. Sieg tragen ſie wohl zuweilen davon, aber nie Wohlwollen; und das wäre ihnen doch nuͤtzlicher. Wir ſchieden; er nach Phi⸗ ladelphia, ich nach Boſton, Auf meiner Ruͤckreiſe fand ich in Neuyork die Stimmer der Pennſylvaniſchen Ver⸗ ſammlung, woraus ſich ergab, daß, trotz ſeinem mir ge⸗ gebenen Verſprechen, er bereits mit dem Hauſe ſtark in Streit lag; und ſo lange er Statthalter war, dauerte auch der Streit fort. Ich bekam meinen Theil auch da⸗ von ab; denn, ſobald ich wieder meinen Sitz in der Ver⸗ M 2 [2 ere bammlung einnahm, ward ich bei jedem Nusſchuß anger wieſen, ſeinen. Reden und Bothſchaften zu antworten, und der Ausſchuß bat mich immer, die Ausfertigung zu machen. Unfere: Antworten waren oft, wie feine Both⸗ = 2 ſchaften, ſcharf, zuweilen unanſtändig ſchnoͤde; und da er wußte, daß ich fuͤr die Verſammlung ſchrieb, ſo ‚hätte man meinen ſollen, wenn wir zuſammen geriethen, koͤnne es nie ohne Halsabſchgeiden abgehen. Aber er war ein ſo gutartiger, lieber Mann, daß der Streit nie ein perſoͤnliches Mißverhaͤltuiß unter uns veranlaßte, und wir ſpeiſ'ten oft zuſammen. Eines Nachmittags, als die⸗ her oͤffentliche Streit den hoͤchſten Grad erreicht hatte, trüfen wir einander auf der Straße. „Franklin,“ ſagte er, „Sie muͤſſen mit mir nach Hauſe gehen und den Abend bei mir zubringen; ich habe Geſellſchaft, die Ih⸗ nen lieb ſeyn wird.“ So nahm er mich bei'm Arm und führte mich in ſein Haus. In heiterm Geſpraͤch bei'm Wein, nach dem Abendeſſen, ſagte er ſcherzhaft, er be⸗ wundere Sancho Panſas Idee recht ſehr, der, als man ihm eine Regierung uͤbertragen wollte, ſich die Regierung der Schwarzen ausbat, weil, wenn er nicht mit ihnen fertig werden koͤnnte, er ſie doch verkaufen koͤnnte. Einer feiner Freunde, der neben mir faß, ſagte: „Franklin, wie koͤnnen Sie nur aber mit den verdammten Quaͤkern ſich einlaſſen? thaͤten Sie nicht beſſer, Sie verkauften fie? Sie wurden fie gut anwerden.“ „Der Statthal⸗ I ter,“ ſagte ich, „hat fie noch nicht hinlaͤnglich ſchwarz gemacht.“ — Er hatte wirklich die Verſammlung in all ſeinen Berichten ſtark anzuſchwaͤrzen geſucht; aber ſie wiſchten es faſt ſo ſchnell ab, als er es auf⸗ trug, und trugen es dafur dick auf feinem Geſichte 1 171 daß er endlich fand, er wuͤrde ſich eben * ar fo ſchwarz machen, als Hamilton, der des 8 Kampfes müde ward und ſeine Statthalterſchaft dee Dieſer öffentliche Streit ruͤhrte im Grunde nur von der Hande lsgenoſſam, unſern erblichen Statthaltern, her. a Wenn es da eine Ausgabe zur Vertheidigung ihrer Land⸗ ſchaft gab, ſo ertheilten ſie mit unglaublicher Kleinlichkeit 75 ihren Abgeordneten die Weiſuug, ja keinen Beſchluß zue Hebung noͤthiger Auflagen durchzulaſſen, wenn ihre gro⸗ ßen Guͤter nicht ausdruͤcklich in demfelben Beſchluß Erlaß bekaͤmen; ja, ſie hatten ſogar die Abgeordneten ſchriftlich in Pflicht dafür genommen. Die Verſammlungen hielten ſich drei Jahre gegen dieſe Ungerechtigkeit, mußten aber endlich doch nachgeben. Endlich aber wagte Capitän Denny, Morri's Nachfolger, dieſe Verhaltungsbefehle zu uͤbertreten. Wie dieß bewerkſtelligt ward, will ich 10 5 her zeigen. Doch, ich bin zu ſchnell in meiner Geſchichee vor⸗ waͤrts geruͤckt; es ſind noch Verhandlungen unter dem Statthalter Morris zuruck. 5 6 Da gewissermaßen der Krieg mit Frankreich begon⸗ nen hatte, fo entwarf die Regierung der Maſſachuſettſchen Bucht einen Angriff auf Crown Point, und ſendete Hrn. Quiney nach Pennſylvanien und Hrn. Pownal (nachmaligen Statthalter) nach Neuyork um Beiſtand. Da ich mit zur Verſammlung gehoͤrte, ihre Stimmung kannte und Quiney's Landsmann war, ſo wendete er ſich an mich, ihm darin behuͤlflich zu ſeyn. Ich ſetzte ihm ſeine Eingabe auf, die gut aufgenommen ward. Man ſtimmte für 10,000 Pf. zu Mundvorrath. Der Statthalter aber wollte dieſer Bill, die außerdem noch andere Summen zum Gebrauch der Krone bewilligte, nicht 182 beitreten, wenn nicht durch eine eingerückte Clauſel die Handelsgenoſſam von aller nothwendigen Auflage frei ge⸗ ſprochen wuͤrde. Mithin war die Verſammlung, wie gern fie auch Neuengland unterſtuͤtzen wollte, doch in Ver⸗ legenheit. Quiney ſuchte auf alle Weiſe den Statt⸗ halter zu gewinnen; aber er blieb hartnaͤckig. Da ſchlug ich denn einen Weg vor, die Sache ohne den Statthalter abzuthun, naͤmlich Anweiſungen an die Leihamtsvorſtaͤn⸗ de, welche die Verſammlung zu geben berechtigt war. Nun war freilich damals wenig, oder gar kein Geld in Caſſe und ich trug mithin darauf an, daß die Anwei⸗ fungen binnen einem Jahre zahlbar waͤren und fünf vom Hundert truͤgen. Auf ſolche Anweiſung, glaubte ich, könnte man den Mundvorrath leicht kaufen. Die Ver⸗ ſammlung bedachte ſich nicht lange und nahm den Vor⸗ ſchlag an. Die Anweiſungen wurden ſogleich gedruckt und ich war Einer von dem zur Unterzeichnung und Ver⸗ fuͤgung angewieſenen Ausſchuß. Der Stamm zu ihrer Zahlung waren die Zinſen alles damals in der Land⸗ ſchaft auf Anleihen vorhandenen Papiergeldes, nebſt dem Ertrag der Acciſe; da man wußte, daß dieß mehr, als hinlaͤnglich, war, fo kieditirte man und nahm fie nicht nur als Zahlung für den Mundvorrath, ſondern viele Reiche, die baares Geld hatten, ſetzten es in dieſe An⸗ weiſungen um, welches ſie vortheilhaft fanden, da ſie, ſo lange ſie zuruͤckgehalten wurden, ſich verzinſeten, und gelegentlich auch fo gut, als baar Geld, waren. So brachte ich durch meine Vermittelung dieſes wichtige Ge⸗ ſchaͤft zu Stande. Quiney dankte der Verſammlung in einer ſchoͤnen Eingabe, reiſ'te hoͤchlich vergnuͤgt über den gluͤcklichen Erfolg ſeiner Geſandtſchaft nach Hauſe und hegte wuchern immer die eczlechbs, zaͤrtlichſte Freund⸗ ſchaft fuͤr weich, ö f Da die Britiſche Regierung die Vereinigung der Pflanzſtaͤdte, wie fie zu Albany vorgeſchlagen war, nicht erlauben, noch dieſem Verein, damit er nicht etwa zu kriegeriſch würde und feine Kraft fühlen lernte, feine Vertheidigung uͤberlaſſen wollte, da ohnedieß damals Argwohn und Neid gegen ihn herrſchte, ſo ſendete ſie zu dem Ende General Braddock mit zwei Regimentern re⸗ gelmaͤßiger Schaaren heruͤber. Er landete zu Alexandrien in Virginien und zog von dort nach Frederie Town in Maryland, wo er wegen Fuhrwerks anhielt. Unſere Verſammlung hatte Wind bekommen, daß er gegen ſie, als dem Dienſte abgeneigt, ſehr eingenommen waͤre und wuͤnſchte, daß ich ihm nicht in ihrem Namen, ſondern als Oberpoſtmeiſter aufwartete, unter dem Vorwand, als. wollte ich ihm eine ſchnellere und ganz ſichere Befoͤrde⸗ rungsart der zwiſchen ihm und den Stadthaltern der Landſchaften zu wechſelnden Briefe, die doch unerlaͤßlich waren, und wofuͤr ſie Poſtgeld zahlen wollten, vorfchlae gen. Mein Sohn begleitete mich auf dieſer Reiſe. Wit fanden den General in Frederic Town, wo er unge⸗ duldig auf die Ruͤckkehr der zum Fuhraufgebot nach Ma⸗ ryland und Virginien Zuruͤckgeſend eten wartete. Ich blieb mehrere Tage bei ihm, ſpeiſ'te taͤglich mit ihm und hatte hinlaͤnglich Gelegenheit, ihm durch Erzaͤhlung deſſen, was die Verſammlung vor ſeiner Ankunft zur Erleichterung ſeiner Unternehmungen wirklich gethan und noch thun wollte, alle Vorurtheile zu benehmen. Als ich im Be⸗ griff ſtand abzureiſen, traf der Bericht uͤber die aufge⸗ botenen Wagen ein, woraus ſich ergab, daß es nur 25 waren, und auch dieſe nicht einmal alle in brauchbarem Stande. Der General und alle Hauptleute erſtaunten und ſagten, ſomit ſey der Feldzug beendigt, denn er ſey unmoͤglich gemacht. Sie klagten uͤber die Miniſter, die, 181 | RE Ba ſo ganz unkundig, ſe in ein Land gefendet haͤtken, wo es an Mitteln fehlte, ihre Vorraͤthe, ihr Gepaͤck u. ſ. w. fortzubringen, wozu dach nicht weniger, als 150 Wagen erforderlich waͤren. Ich ſagte zufaͤllig, es waͤre Schade, daß ſie nicht in Pennfplvanien gelandet wären, wo faſt jeder Landwirth feinen Wagen hätte. Der General griff meine Worte ſogleich auf und ſagte: „Da koͤnnen denn Sie, mein Herr, als Mann von Bedeutung, uns wahr⸗ ſcheinlich Wagen ſchaffen und ich bitte Sie darum.“ Ich fragte, welche Bedingungen man mit den Eigen⸗ thuͤmern machte; man bat mich, was ich fuͤr noͤthig hielt, zu Papier zu bringen. Ich that es. Die Bedingun⸗ gen wurden genehmigt und ſofort Heerpfleger befehligt. Welches dieſe Bedingungen geweſen, ergiebt ſich aus der ſobald ich in Lancaſter angekommen war, von mir ausge⸗ gebenen Kundmachung, die ich, da fie fo ſtark und ſchnell wirkte, als ein merkwuͤrdiges Stuͤck, ganz mittheile. onen „K unn d mach unn g. Lancaſter, den 25. April 1753. Sintemal zu Dienſten der Heerſchaaren Sr. Maß,, die im Begriff ſtehen, ſich nach Wills' s Creek zu be⸗ geben, 130 vierſpaͤnnige Wagen und 1800 Sattel⸗ odet Packpferde noͤthig find, und Sr. Exc. General Braddock mich zu bevollmaͤchtigen beliebt hat, uͤber Miethe derſel⸗ ben Vertrag zu ſchließen: fo mache ich hiermit kund, daß ich zu dem Ende von heute an, bis naͤchſten Mittwoch⸗ Abend, und zu Jork vom nächſten Donnerſtag früh, bis Freitags Abend und daſelbſt bereit ſeyn werde, uͤber Wa⸗ gen und Geſpann, oder auch einzelne Pferde auf folgende Bedingungen abzuſchließen. 1. Sollen fuͤr jeden vierſpaͤn⸗ 185 nigen Wagen nebſt Fuhrknecht täglich 16 Schilling, für jedes brauchbare Pferd mit Packſattel, oder anderen Sat⸗ tel und Geraͤth taͤglich 2 Schilling, für jedes brauch⸗ bare Pferd ohne Sattel 18 Pence taͤglich bezahlt werden. 2. Die Zahlung ſoll von der Zeit angehen, wo die Heeresmacht in Wills's Creek ſich zuſammen⸗ finder, welches vor, oder doch am naͤchſten 20. Mat ge⸗ ſchehen muß; auch ſoll noch uͤberdieß fuͤr die zur Hinreiſe nach Will's Creek und zur Ruͤckreiſe eine billige Ver⸗ guͤtung gezahlt werden. 3. Jeder Wagen mit Geſpann, jedes Sattel ⸗ oder Packpferd ſoll von unpartheiiſchen Leuten, die zwiſchen mir und dem Eigenthuͤmer gewaͤhlt werden, beſichtigt und geſchaͤtzt werden; und, falls ein | Wagen, Geſpann, oder Pferd im Dienſte verloren gienge, ſo ſoll der Werth nach jener Schaͤtzung zugeſtanden und gezahlt werden. 4. Sieben Tage ſollen, wenn man es verlangt, jedem Eigenthuͤmer eines Wagens, Geſpanns, oder Pferds am Tage der Miethung von mir vorausbe⸗ zahlt, das Uebrige von General Braddock, oder dem Heer: zahlmeiſter, nach dem Abladen, oder von Zeit zu Zeit, wie es verlangt wird, nachgezahlt werden. 8. Kein Fuhrknecht, noch irgend Jemand, der die Miethpferde zu beſorgen hat, ſoll irgend wie zu Soldatenpflicht auf⸗ gerufen, oder zu irgend etwas als Wagenfuͤhrung und Pferdebeſorgung gebraucht werden. 6. Aller Hafer, alles Indiſche Korn, oder anderes Futter, welches Wagen, oder Pferde uͤber Bedarf mit in das Lager bringen, wird fuͤr das Heer im Beſchlag eee und vkär; ein et liger Preis gezahlt. hi Note. Mein Sohn, Wilhelm Franklin, iſt Gul mauͤchtigt, in der Graſſchaft Cumberland 3 RM trag mit Sedermann ni aim ann g 5 | B. Buamtuinı * 186 EIER 1 die Bewohner der Grafſchaften ena, | Jork und Cumberland. | Freunde und Landsleute! Als ich vor einigen Tagen zufällig im 18 zu Fredine war, fand ich den General und die Haupt⸗ leute hoͤchſt aufgebracht, daß man ihnen, wie ſie doch von dieſer Landſchaft gerade erwartet hatten, nicht Pferde und Wagen ſchaffen konnte; wegen Mißhelligkeit aber zwi⸗ ſchen unſerm Statthalter und der Verſammlung war we⸗ der fuͤr Geld, noch il fend etwas Zweckdienliches ge⸗ ſorgt worden. Es ward vorgeſchlagen r fofort eine bewehrte Macht in dieſe Grafſchaften zu ſenden und ſoviel der beßten Wagen und Pferde, als man brauchte, in Beſchlag zu nehmen, auch die zum Fahren und zur Pflege der Pferde noͤthigen DR 80 Wen zu zwingen. Jh fürchtete N * e der Beitifhen res durch dieſe Grafſchaften unter dieſen Umſtaͤnden, beſon⸗ ders bei ihrer Stimmung und ihrem Miswillen gegen uns, möd)te mit gar vielen und großen Ungelegenheiten fuͤr die Bewohner verbunden ſeyn, uͤbernahm alſo ſehr gern die Muͤhe und verſuchte zufoͤrderſt, was vielleicht im Guten und mit billigen Mitteln auszurichten waͤre. Das ; Volk in jenen tiefer zuruͤckliegenden Grafſchaften hat juͤngſt in der Volksverſammlung uͤber Mangel an hinlaͤng⸗ lichem Papiergelde geklagt. Ihr habt Gelegenheit, eine bedeutende Summe zu gewinnen und zu theilen; denn, wenn der Dienſt fuͤr dieſen Feldzug, wie hoͤchſt wahr ſcheinlich, 120 Tage dauert, ſo betraͤgt der Miethpreis für dieſe Wagen und Pferde an 30, Pf., welches Euch in Gold und Silber vom Koͤnig ausgezahlt wird. Der Dienſt iſt uͤbrigens leicht und Be denn das Heer macht taͤglich etwa zwoͤlf Wegſtunden, und Wagen und Packpferde muͤſſen, da ſie die zum Beſtand des Heers durchaus nöthigen Dinge fortſchaffen, mit dem Heere ziehen, nicht ſchneller, werden auch, um des Hee⸗ res willen, ſo unterwegs, wie im Lager, jederzeit dahin geſtellt, wo ne e am ES 1 55 Seyd 351 nun wirklich, wie ich dieß glaube, gute und treue Unterthanen S. Maj, ſo koͤnnt Ihr jetzt ei⸗ nen erwuͤnſchten Dienſt leiſten und ihn euch unter einan⸗ der erleichtern, denn drei oder vier, welche wegen ihrer Pflanzungen nicht gerade einen Wagen, vier Pferde und einen Fuhrmann einzeln abgeben koͤnnen, koͤnnen es zu⸗ ſammen, indem einer den Wagen, ein Anderer eins oder zwei Perde, und wieder einer den Fuhrmann ſtellt und Ihr das Miethgeld nach Verhaͤltniß unter Euch theilt. Erweiſet Ihr aber dieſen Dienſt Eurem Koͤnig und Lande nicht freiwillig, da Euch ſo gute Zahlung und billige Bedingungen geboten werden, ſo wird man gar ſtark an Eurer Ergebenheit zweifeln. Des Koͤnigs Angelegenheit muß beſorgt werden; ſo viele tapfere Heerſchaaren, die ſo weither zu Eurer Vertheidigung kommen, muͤſſen nicht, weil Ihr traͤge ſeyd, das, was vernuͤnftigerweiſe von Euch zu erwarten iſt, zu thun, muͤßig ſtehen. Wa⸗ gen und Pferde muͤſſen geſchafft werden. Man wird alſo wahrſcheinlich Gewalt brauchen, Ihr werdet Euch, wo Ihr koͤnnt, nach Verguͤtung umthun und vielleicht wenig Mitleid und Beruͤckſichtigung finden. _ - 188 Ich habe in dieſer Angelegerhet keinen Vortheil, 5 das Gefuͤhl, daß ich etwas Gutes will, und ſonſt bloß meine Arbeit und Muͤhe zum Lohn. Sollte dieſe Art, Wagen und Pferde zu erhalten, nicht gluͤcken, ſo muß ich dem General binnen vierzehn Tagen Nachricht geben, und dann wird vermuthlich Sir. John St. Clair, der Huſar, mit einem Heerhaufen in die Landſchaft einruͤcken, was ich mit Schmerzen ae eee da ich aufrichtig und wahrhaft bin | Euer wohlmeinender Freund 9 B. Franklin.“ Zum Vorſchuß fuͤr die Wageneigener erhielt ich vom General ungefaͤhr 800 Pf.; da dieß aber nicht reichte, ſo ſchoß ich auf 200 Pf. mehr vor, und ſo waren in zwei Wochen die 180 Wagen mit 259 Pferden auf dem We⸗ ge nach dem Lager. Die Kundmachung verſprach Bes zahlung nach Schaͤtzung, falls irgend Wagen, oder Pferde verloren giengen. Allein die Eigner meinten, General Braddock kennten ſie nicht, wuͤßten auch nicht, inwieweit man ſich auf. fein Verſprechen verlaſſen Eönnte, und beſtanden auf meiner Buͤtgſchaft, die ich ihnen denn auch zugeſtand. DW Eines Abends, als ich mit Oberſt Dunbar's Hauptleuten ſpeiſ'te, bedauerte er gegen mich feine- Un⸗ tergebenen, die uͤberhaupt nicht in Ueberfluß lebten und in dieſem theuern Lande viel Muͤhe und Noth haͤtten, die, bei einem ſo langwierigen Zuge durch eine Wildnis, wo nichts zu haben waͤre, die noͤthigen Vorraͤthe anzu⸗ ſchaffen. Mich erbarmte ihrer Lage und ich beſchloß, ih⸗ nen einigermaaßen zu helfen. Doch ließ ich mir davon nichts Gegen ihn merken, ſondern ſchrieb am folgenden Morgen an den Ausſchuß der Volksverſammlung, der über einige Staatsgelder verfügen konnte, empfahl ihrer Erwaͤgung die Lage der Hauptleute mit aller Waͤrme und trug darauf an, daß man ihnen ein Geſchenk mit Be⸗ duͤrfniſſen und Erquickungen machte. Mein Sohn, der das Leben im Lager und deſſen Beduͤrfniſſe einigermaaßen Haus Erfahrung kannte, ſetzte mir ein Verzeichniß davon auf, welches ich meinem Briefe beiſchloß. Der Aus ſchuß genehmigte mein Geſuch und betrieb es ſo angelegentlich, daß die Sachen mit den Wagen zugleich im Lager ein⸗ trafen. Sie beſtanden in zwanzig Paͤcken, wovon jedes enthielt: 1 1 Laib Zucker von 6 Pfd. 1 Gloteſter u en 6 Pf. Muscorado⸗ Zucker. 1 Hoſe Butter zu 20 Pf. 1 Pf. grünen The. 2 Dutz. Fl. alten Madeira. 1 Pf. Bohra⸗The. 2 Gallon. Jamaicabrantw. 6 Pf. Caffee. „ I Fl. Senfmehl. 6 Pf. Chocolade. 2 gut geraͤuch. Schinken. 2 Cheſt vom beßten weißen T Dutz. geraͤucherte Gen Zwieback. 6 Pfund Reis. 3 Pf. Pfeffer. : 6 Pfund Roſinen. 1 Quart weißen Eſſig. Dieſe Packe wurden jedes gut verwahrt, auf ein Pferd gelegt und waren nebſt dem Pferde Geſchenk, fuͤr jeden der Hauptleute eines. Sie wurden dankbar ange⸗ nommen und die Güte ſchriftlich von den Oberſten beider Regimenter in den dankbarſten Ausdrucken anerkannt. Auch der General war hoͤchlich zufrieden mit meinem Ver⸗ fahren, ihm Wagen ꝛc. zu ſchaffen, und zahlte mir bald meinen Verlag zuruck, dankte mir mehrmal und bat mich * 190 um fernere Mühwaltung hinſechtlich nachzuſendender Vor⸗ taͤthe. Auch dieß übernahm ich und verwendete mich emſig dafuͤr, bis wir von ſeiner Niederlage hoͤrten. Ich hatte bei 1000 Pf. Sterl. aus meinem Beutel vorge⸗ ſchoſſen, woruͤber ich ihm die Rechnung zuſendete. Zum Gluͤck fuͤr mich erhielt er ſie einige Tage vor der Schlacht und ſendete mir ſogleich eine Anweiſung an den Zahl⸗ meiſter auf die runde Summe von 1000 Pf., den Ruͤck⸗ ſtand auf die naͤchſte Rechnung uͤbertragend. Ich ſehe dieſe Zahlung als gut Gluͤck an; denn den Muͤckſtand deer ich nie Wann koͤnnen; wovon 8 Dieser General war, meines ene ein brüver Mann und würde in einem Europaͤiſchen Kriege ein recht guter Feldherr geweſen ſeyn. Aber er hatte zu viel Selbſtvertrauen, eine zu hohe Meinung von dem Werth der regelmaͤßigen Heerhaufen und eine zu geringe von Americanern und Indiern. George Croghan, unſet Indiſcher Dolmetſch, ſtieß unterwegs mit 100 Mann dieſes Volks zu ihm, die ſeinem Heer als Wegweiſer, Spuͤren u. ſ. w. gar nuͤtzlich haͤtten werden koͤnnen, wenn er ſie artig behandelt haͤtte; aber er achtete ſie ge⸗ ring und vernachlaͤſſigte ſie, und ſomit verließen ſie ihn nach und nach. Eines Tages ſprach er mit mir von ſei⸗ nem beabſichtigten Vorſchritt. „Wenn ich Fort Du⸗ quesne genommen habe,“ ſagte er, „ſo gehe ich nach Niagara vorwaͤrts; wenn ich dieß genommen nach Fron⸗ tenae, wenn mir die Jahreszeit, wie ich wohl glaube, geſtattet; denn Duquesne kann mich ſchwerlich laͤnger, als drei bis vier Tage aufhalten, und ſo ſehe ich nicht, was meinen Zug nach Niagara aufhalten konnte. 1 Da ich fruͤher ſchon die lange Linie erwogen hatte, die fein Heer auf dem Zuge auf ſehr engen, durch Walder 194 und Büſche zu hauender Straße zu machen hatte, auch was ich von einer fruͤhern Niederlage von 1800 Franzo⸗ ſen geleſen, welche in das Land der Illinois eingebro⸗ chen waren, ſo hegte ich doch einigen Zweifel und Bes ſorgniſſe für. den Ausgang des Feldzugs. Ich wagte aber nur zu ſagen: „ganz gewiß, wenn ſie gluͤcklich vor Duquesne kommen mit ſo ſchoͤnen Heerhaufen, ſo vielem Geſchuͤtz, fo kann die Feſtung, auch wenn noch fo gut mit Werken und Beſatzung verſehen, vermuthlich Ihnen nur kur⸗ zen Widerſtand leiſten. Die einzige Gefahr jedoch, die ich als Hindernis Ihres Zugs fuͤrchte, liegt in den Hinterhalten der Indier, welche fie, aus langer Erfahrung gar ges ſchickt legen und ausfuͤhren; und die beinahe vier Meilen lange duͤnne Linie, die Ihr Heer bilden muß, kann es doch dem Seitenuͤberfall und der fadenaͤhnlichen Zerſchnei⸗ dung in Stuͤckchen ausſetzen, die wegen der Entfernung nicht einander zu Huͤlfe kommen koͤnnen.“ Er laͤchelte uͤber meine Unwiſſenheit und erwiederte: „Dieſe Wilden moͤgen wohl für Ihre rohen Americaniſchen Soldaten ein furchtbarer Feind ſeyn; aber auf die koͤniglichen regel⸗ maͤßigen krieggeuͤbten Schaaren, mein Herr, werden ſie ſchwerlich einen großen Eindruck machen.“ Ich beſchied mich, mit einem Kriegsmann uͤber Dinge, die in ſein Fach gehoͤrten, nicht ſtreiten zu koͤnnen und ſchwieg. Aber der Feind nuͤtzte den Vortheil, den er von der lan⸗ gen Linie des Heers ziehen konnte, nicht, ſondern ließ es ungehindert bis neun Wegſtunden vor den Platz; und als es nun mehr beifammen war — denn es war eben uͤber einen Fluß gegangen, wo die Stirn Halt machte, bis Alles hinuͤber war — und in einem offenern Theile der Waͤlder, als bisher, ſo griff er die Vorhut mit ei⸗ nem ſtarken Feuer hinter Baͤumen und Buͤſchen hervor an, womit denn der General zuerſt merkte, daß Feinde Pr 192 in ſeiner Naͤhe waren. Als nun die Vorhut in Unord⸗ nung war, zog der General in Eil die Heerhaufen zu Huͤlfe; dieß geſchah in großer Verwirrung durch Wagen, Gepaͤck und Saumthiere, und jetzt kam ihnen das Feuer in die Seite; die Hauptleute fielen als Reiter leicht in die Augen, wurden als Merkziel herausgenommen und fielen ſehr bald; die Soldaten wurden in einen Haufen zuſammen und unter einander gedraͤngt, ſo daß ſie kei⸗ nen Befehl bekamen, oder vernahmen, ſtanden im Schuß, ſo daß zwei Drittel davon blieben, die Uebrigen, von paniſchem Schreck ergriffen, uͤber Hals uͤber Kopf entflohen. Die Wagenfuͤhrer nahmen Jeder ein Pferd von ihrem Geſpann und machten ſich aus dem Staube; ihrem Beiſpiel folgten, ſogleich andere, ſo daß alle Wa⸗ gen, Mundvorrath, Geſchuͤtz und Magazin dem Feinde uͤberlaſſen wurden. Der General ward verwundet und kam mit genauer Noth davon; ſein Geheimſchreiber, H. Shirley, fiel ihm zur Seite, und von 86 Hauptleu⸗ ten waren 63 geblieben, oder verwundet, von 1100 Mann 714 gefallen. Dieſe 1100 Mann waren aus dem ganzen Heer ausgehoben; die Uebrigen waren mit Oberſt Dunber zuruͤckgeblieben, der mit dem ſchwerern Theil der Vorraͤthe, Mundvorrath, und Gepaͤck felgen ſollte. Die Fluͤchtlinge wurden nicht verfolgt und kamen in Dunbars Lager an, wo das paniſche Schrecken auch ihn und feine. Mannſchaft überfiel, Und wiewohl er nun über. 1000 Mann hatte, der Feind aber, der Braddock geſchlagen, hoͤchſtens 400 Indier und Franzoſen ſtark war, ſo ließ er doch, ſtatt vorzuruͤcken und wo möglich die verlorene Ehre einigermaaßen herzuſtellen, alle Vor⸗ raͤthe, und Schießbedarf ic. vernichten, um mehr Pferde zur Flucht in die Standquartiere und weniger Gepaͤck un⸗ terwegs zu haben. Dort giengen nun Bitten vom Y e . | 193 Statthalter in Virginien, Maryland und Pennſylvanien ein, daß er doch mit ſeinen Heerhaufen die Graͤnzen be⸗ ſetzen und ſomit die Einwohner einigermaaßen decken moͤchte; er aber ſetzte ſeinen Eilzug durch das ganze Land fort und glaubte ſich nicht eher ſicher, als in Philadel⸗ phia, wo ihn die Einwohner ſchuͤtzen koͤnnten. Dieſer Vorfall fuͤhrte uns Americaner zuerſt darauf, daß unſere hohen Begriffe von der Tapferkeit der regelmaͤßigen Briti⸗ fen Schaaren doch nicterle ganz genüubet vo ee rug 1 e em er] Pie Auf ihrem enen Ange von ar in nis, fie über die Niederlaſſungen hinaus waren, hatten ſie auch die Einwohner geplündert und ausgeſchaͤlt, einige arme Familien ganz und gar zu Grunde gerichtet und die Menſchen, wenn ſie ſich dagegen geſetzt hatten, obendrein verſpottet, mißhandelt und eingeſperrt. Dieß war genug, uns dergleichen Vertheidiger, wenn wir ſie wirklich brauch⸗ ten, aus dem Sinne zu ſchlagen. Wie ganz anders be⸗ nahmen ſich unſere Franzoͤſiſchen Freunde im Jahre 1781, wo auf einem Zuge durch den am meiſten bewohnten Theil unſeres Landes von Rhode Island bis Vir⸗ ginien, beinah 7⁰⁰ Wegſtunden, auch nicht die min⸗ deſte Klage uͤber ein eingebuͤßtes 5 Taͤubchen, ja nur einen PN zen 15 e eee si dis is ae IT HAB Eiaken: Or rme, einer von des Generals Ad⸗ Aalen: wurde, ſchwer verwundet mit ihm fortge⸗ ſchafft und blieb bis an ſeinen Tod, welcher ei⸗ nige Tage darauf erfolgte, bei ihm. Dieſer ſagte mir, er haͤtte den ganzen erſten Tag geſchwiegen und bloß in der Nacht geſagt: „wer haͤtte das ge⸗ dacht?“ »Am folgenden Tage haͤtte er auch geſchwiegen und endlich bloß geſagt: „ein andermal werden wir uns Franklin's Leben II. Abth. N Pin 194 beſſer gegen ſie zu hend e ein ee minen 3 vn er. | N a Dr die a: des Bopeimfehriseie 80 allen Be dane Verhaltungsbefehlen und Briefen des Generals dem Feinde in die Haͤnde gefallen waren, fo wählte er einige Artikel aus, uͤberſetzte ſie in's Franzoͤſiſche und ließ ſie drucken, um die feindſeligen Abſichten des Britiſchen Hofs vor der Kriegserklaͤrung darzuthuu Darunter ſah ich auch einige Briefe des Generals an das Miniſterium, wo mein dem Heere geleiſteter Dienſt ſehr erhoben und ich ihnen empfohlen wurde. David Hume, einige Jahre nachher Geheimſchreiber Lord Hertfords, als er Miniſter in Frankreich war, und nachher bei Gen. Con⸗ way, als er Staatsgeheimſchreiber war, ſagte mir, er haͤtte unter den dortigen Papieren Briefe von Braddock geſehen, worin ich ſehr empfohlen waͤre. Da jedoch der Feldzug ungluͤcklich abgelaufen war, ſo mag man meinen Dienſt wohl nicht fuͤr bedeutend gehalten haben; denn dieſe Empfehlungen haben mir nie etwas ge⸗ holfen. Was ihn perſoͤnlich betraf, ſo verlangte ich nur Einen Lohn von ihm, naͤmlich, daß er ſeinen Hauptleuten befehlen moͤchte, keinen weiter von unſern gekauften Dienern in Kriegsdienſte zu nehmen und die bereits genommenen zu entlaſſen. Dieß gewaͤhrte er mir auch gern und ſo wurden mehrere, auf mein Ver⸗ wenden, ihrem Herrn wieder gegeben. Dunbar, als er den Befehl uͤberkam, war nicht ſo großmuͤthig. Als er auf dem Rückzuge, oder vielmehr auf der Flucht nach Philadelphia War, wendete ich mich wegen Entlaſſung der Knechte dreier armen Landwirthe in Lancaſter, die auch eingezeichnet waren, an ihn, und erinnerte ihn an des verſtorbenen Generals Befehle uͤber dieſen Punct. ER | 195 Er verſprach mir, wenn die Herren zu ihm nach Tren⸗ ton kommen wollten, wo er in einigen Tagen auf ſeinem Zuge nach Neuyork ſeyn wuͤrde, ſo wolle er ihnen ihre Leute ausliefern. Sie wendeten alſo Geld und Mühe daran, giengen nach Trenton, und hier wollte er ſein Verſprechen, zu ihrem großen Nachtheil und ganz ee ihre Erwartung, nicht halten. f Sobald der Verluſt der Wagen und re At mein bekannt war, kamen alle Eigenthuͤmer zu mir und verlangten das verbuͤrgte Schaͤtzungsgeld von mir. Ihre Forderungen ſetzten mich in nicht geringe Verlegenheit. Ich ſagte ihnen, das Geld liege bei'm Zahlmeiſter bereit, nur muͤſſe erſt die Anweiſung zum Zahlen vom General Shirley ausgewirkt werden. Darum haͤtte ich ange⸗ ſucht. Da er aber fern ſey, ſo koͤnne nicht ſogleich Ant⸗ wort erfolgen und ſie muͤßten Gedult haben. Das ge⸗ nuͤgte ihnen aber Alles nicht und Einige belangten mich gerichtlich. Endlich riß mich General Shirley aus die⸗ for ſchrecklichen Lage, ſetzte einen Ausſchufß zu Unterſu⸗ chung der Anforderungen nieder und befahl zu zahlen. Es betrug beinahe 20,000 Pf., welches mich zu Grunde 5 ea hätte; wenn ich es rum zahlen ner, | Ehe wir Nachricht von dieſer Niederlage ene kamen die beiden Doctoren Bond mit einer Unterzeich⸗ nungsliſte auf ein großes Feuerwerk zur Feier der Ein⸗ nahme von Fort Duquesne zu mir. Ich ſah ſehr ernſthaft und ſagte: „ich daͤchte, dazu waͤre Zeit genug, wenn wir erſt wuͤßten, daß wir uns wirklich zu freuen Urſach haͤtten.“ Es ſchien fie zu befremden, daß ich nicht ſogleich auf ihren Antrag eingieng. „Was Teu⸗ fel?“ ſagte der eine, „Sie denken doch wohl nicht, N 2 d a 196 — daß die Feſtung nicht genommen wird?“ „Ob ſie nicht genommen wird, weiß ich nicht; daß aber Kriegsereig⸗ niſſe ſtets ſehr ungewiß ſind, das weiß ich“. Nun fuͤhrte ich ihnen Gruͤnde fuͤr meine Bedenklichkeit an, die Unter⸗ zeichnung unterblieb und ſie erſparten ſich die Kraͤnkung, die nicht ausgeblieben wäre. Nachher ſagte Dr. Bond bei einer andern Gelegenheit, Franklin's Vorherſagun⸗ gen Re er ſehr Wagen f Statthalter Morris, der die Stadtverſammlung mit Geſuch um Geſuch ſchon vor Braddock's Niederlage beſtüͤrmt hatte, um fie zu Gelderhebung zur Vertheidi⸗ gung der Landſchaft zu treiben, ohne unter andern die Beſitzungen der Handelsgenoſſam beſteuert wiſſen zu wol⸗ len, und der alle Bills verworfen hatte, weil ſie dieſe Ausnahme nicht enthielten, verdoppelte nun ſeine Be⸗ muͤhungen mit Hoffnung auf beſſern Erfolg, weil die Gefahr und mithin das Beduͤrfniß groͤßer war. Aber die Verſammlung blieb feſt, weil ſie das Recht auf ihrer Seite zu haben und ein weſentliches Recht aufzugeben glaubte, wenn ſie ihre Geldbills vom Statthalter aͤndern ließ. In einer der letzten, welche 50,000 Pf. zugeſtand, war ſeine Abaͤnderung nur Ein Wort; die Bill beſagte naͤmlich „alle dingliche wie perſoͤnliche Beſitzungen ſoll⸗ ten belegt werden, die der Grundherrn nicht ausgenom⸗ men.“ Seine Veraͤnderung war bloß, für nicht. Eine kleine, aber doch gar weſentliche Veraͤnderung. Als nun aber die Ungluͤcksbothſchaft nach England kam, da erho⸗ ben unſere dortigen Freunde, denen wir ſorgfaͤltig alle Antworten der Verſammlung auf des Statthalters Anlie— gen mitgetheilt hatten, ein Geſchrei gegen der Handels⸗ genoſſam Kleinlichkeit und Ungerechtigkeit, ihrem Statt⸗ halter dergleichen Verhaltungsbefehle zu ertheilen; ja — 14197 Einige giengen fo weit, daß fie ſagten, durch die ver⸗ hinderte Landſchafts-Vertheidigung verwirkten fie ihr Recht darauf. Dadurch wurden ſie eingeſchuͤchtert, ſendeten Anweiſungen an ihren Oberrentmeiſter, zu dem, was auch immer die Verſammlung dießfalls geben moͤchte, noch 5000 Pf. zuzuſchießen. Nachdem dieß dem Hauſe belegt war, ward es ſtatt Zuſteuer ihrerſeits angeſehen und nun eine Bill mit der Befreiungsclauſel gemacht, welche auch durchgieng. Mittelſt dieſer Verhandlung ward ich mit beauftragt, über das Geld zu verfügen; es waren 60,000 Pf. Ich hatte die Bill ausfertigen und durchſetzen flei⸗ ßig geholfen, hatte auch zugleich eine aufgeſetzt zu Er⸗ richtung und Einuͤbung freiwilliger Landwehr, die ich unſchwer im Hauſe durchſetzte, weil man die Quaͤker ge⸗ fliſſentlich frei zu laſſen geſucht hatte. Um den zur Bil⸗ dung einer Landwehr noͤthigen Verein aufzubringen und zu foͤrdern, ſchrieb ich (im Gentlem. Meg. Febr. und Maͤrz 1756) ein Geſpraͤch, worin ich alle mir wahrſchein⸗ lichen Ausſtellungen gegen eine ſolche Landwehr aufzaͤhlte und beantwortete. Es wirkte viel. Waͤhrend ſich nun in der Stadt und auf dem Lande mehrere Rotten bildeten und einuͤbten, erſuchte mich der Statthalter, unſere nord⸗ weſtliche Graͤnze, welche vom Feinde bedraͤngt ward, zu beruͤckſichtigen, und durch Schaarenaushebung und Schanz⸗ linien für Schutz der Bewohner zu ſorgen. Ich uͤber⸗ nahm dieß kriegsmaͤnniſche Geſchaͤft, wiewohl ich mich nicht ganz dazu tauglich fuͤhlte. Er beauftragte und be⸗ vollmaͤchtigte mich; gab mir auch einen Bündel ausfuͤll⸗ barer Auftragsurkunden fuͤr Hauptleute, welche ich dazu tauglich erachten moͤchte. Es koſtete mir wenig Muͤhe, Maͤnner auszuheben, ſo daß ich bald 860 unter meinem Befehl hatte. Mein Sohn, der im vorigen Kriege Haupt⸗ mann bei dem, gegen Canada ausgehobenen Heere gewe⸗ 108 fen, war mein Adjutant und that mir gute Dienſte. Die Indier hatten Gnadenhut, ein von den Maͤhriſchen Brit: dern geſtiftetes Dorf, abgebrannt und die Einwohner nie⸗ dergemetzelt; aber der Platz ſchien als Feſtungsplatz gut gelegen. Um alſo dahin zu ziehen, verſammelte ich die Rotten zu Bethlem, der Hauptniederlaſſung dieſer Leute. Ich erſtaunte, es in fo gutem Vertheidigungsſtande zu finden; die Einaͤſcherung von Gnadenhut hatte ſie beſorglich gemacht. Die Hauptgebaͤude waren umpfaͤhlt; aus Neu⸗ york hatte man eine Menge Waffen und Schießbedarfs angeſchafft, auch zwiſchen die Fenſter der hohen Stein⸗ haͤuſer kleine Pflaſterſteine gelegt, damit die Frauen ſie auf die Haͤupter der Indier, die etwa mit Gewalt ein⸗ dringen wollten, herabwuͤrfen. Die bewehrten Bruͤder hielten auch Wacht und loͤſ'ten einander ſo ordentlich ab, wie nur immer in einer Stadt die Beſatzung. In einem Geſpraͤche mit dem Biſchof Spangenberg aͤußerte ich mein Erſtaunen daruͤber, denn da ich wußte, daß ſie laut einer Parlamentsurkunde von den Kriegspflichten in den Pflanz⸗ ſtaͤdten entbunden waren, fo hatte ich mir eingebildet, fie machten ſich ein Gewiſſen daraus, Waffen zu tragen. Er antwortete mir: „Feſter Grundſatz ſey es bei ihnen nicht; aber zu der Zeit, wo ſie jene Urkunde erhalten hätten, waͤre es bei Vielen zum Grundſatz geworden. Bei dieſer Gelegenheit aber haͤtten ſie zu ihrem Erſtaunen ge⸗ funden, daß es nur von Wenigen angenommen worden.“ Vermuthlich taͤuſchten fie ſich, oder das Parlament, aber Gemeinſinn und drohende Gefahr iſt e fuͤr Grillen doch zu ſtark. | Es war Anfang Januars, als wir uns zum Feſtungs⸗ bau anſchickten. Ich ſendete einen Abtrab nach dem Mi⸗ niſinskiſchen mit dem Befehl, eine zur Sicherheit dieſes 199 obern Theils des Landes zu errichten; einen Andern nach den Niederungen mit demſelben Befehl; ich ſelbſt endlich gieng mit meiner übrigen Macht nach Gnadenhut, wo eine Feſtung am noͤthigſten ſchien. Die Maͤhriſchen Brü⸗ der ſchafften mir fuͤnf Wagen fuͤr unſer Werkzeug, Vor⸗ raͤthe, Gepaͤck ꝛc. Kurz zuvor, ehe wir Bethlehem verlie⸗ ßen, kamen eilf Landwirthe, welche durch Indier von ihren Pflanzungen vertrieben worden waren und baten 5 mich um Schießgewehr, damit ſie zuruckgiengen und ihr Vieh fortſchafften. Ich gab Jedem eine Flinte mit gehoͤrigem Schießbedarf. Wir waren noch nicht viel Wegſtunden gezogen, als es zu regnen anfieng und den ganzen Tag fortregnete: unterwegs waren keine Wohnun⸗ gen, die uns haͤtten ſchuͤtzen koͤnnen, bis wir gegen Abend an das Haus eines Teutſchen kamen, wo wir alle uns in ſeiner Scheuer madennaß zuſammenſchichte⸗ ten. Recht gut, daß wir unterwegs nicht angegriffen worden waren; denn unſere Waffen waren von der ge⸗ woͤhnlichſten Art und unſere Leute konnten die Flinten⸗ ſchloͤſſer nicht trocken halten. Die Indier ſind in derglei⸗ chen Dingen gewandt und mit Vorrichtungen verſehen, wie wir nicht waren. An dem Tage trafen ſie die er⸗ waͤhnten armen eilf Landwirthe und mordeten zehn; der eine entwiſchte und benachrichtigte uns, ſeine und feiner Kameraden Gewehre waͤren nicht los gegangen, weil das Zuͤndkraut vom Regen naß geweſen. Tags darauf war ſchoͤn Wetter; wir ſetzten unſern Zug fort und kamen nach dem verwüſteten Gnadenhut. In der Naͤhe war eine Muͤhle, um welche herum noch einige Kieferbreter liegen geblieben waren, woraus wir uns ſogleich ein Obdach bauten, was um ſo noͤthiger in dieſer unfreundlichen Jah: reszeit war, da wir keine Zelte hatten. Unſer erſtes Ge⸗ ſchaͤft war, die aufgefundenen Todten beſſer zu begraben; 200 & das Landvolk hatte fie nur halb verſcharrt. Naͤchſten f Morgen ward unſere Feſtung entworfen und abgeſtecktz der Umfang betrug 455 Fuß, wozu eben ſoviel Pfähle, Einer wie der Andere im Durchmeſſer 1 Fuß, noͤthig waren. Sofort ſetzten wir unſere ſiebzig Aexte in Thaͤ⸗ tigkeit, um Baͤume zu faͤllen, und, da unſere Leute ſie gut handhaben konnten, foͤrderte dieß ſehr. Als ich die Baͤume ſo ſchnell fallen ſah, ſah ich neugierig nach der Uhr, wenn zwei Maͤnner eine Fichte zu faͤllen begannen, in ſechs Minuten lag ſie, ſie hatte im Durchmeſſer vierzehn Zoll. Jede Fichte gab drei, achtzehn Fuß lange, an einem Ende zugeſpitzte, Pfaͤhle. Waͤhrend nun dieſe zugerich⸗ tet wurden, gruben unſere uͤbrigen Leute rings einen drei Fuß tiefen Graben, worein die Pfaͤhle gerammt werden ſollten; wir nahmen die Kaͤſten unſerer Wagen ab, trenn⸗ ten Vorder ⸗ und Hinterraͤder indem wir den, beide Theile des Wagenbaums verbindenden Nagel herausnah— men, und ſo hatten wir zehn zweiſpaͤnnige Fuhrwerke, die Pfaͤhle auf den Platz zu ſchaffen. Nachdem fie eins geſchlagen waren, bauten unſere Zimmerleute inwendig rings umher ein ſechs Fuß hohes Geruͤſt, um Maͤnner, die durch die Schießloͤcher feuerten, darauf zu ſtellen. Wir hatten eine Kettenkanone, die wir in einer Ecke auſpflanzten und ſogleich abfeuerten, damit die Indier, wenn es einer hoͤren ſollte, erfuͤhren, daß wir derglei⸗ chen Stuͤcken haͤtten. Und ſo war unſere Feſtung, wenn ein ſo armſeliges Pfahlwerk dieſen Namen verdient, in einer Woche fertig, wiewohl es einen Tag um den andern ſo ſtark regnete, daß die Leute nicht arbeiten konnten. Hier hatte ich zu bemerken Anlaß, daß die Men: ſchen am zufriedenſten ſind, wenn fie zu thun haben; . 201 denn an den Tagen, wo ſie arbeiteten, waren ſie gutmüs thig und heiter, und brachten, im Gefühl’ ihres voll- brachten Tagewerks, den Abend froͤhlich zu; an den müf- ſigen Tagen dagegen waren fie meuteriſch, zaͤnkiſch, hat⸗ ten am Schweinfleiſch, Brot ꝛc. auszuſetzen, und waren immerfort ſchlecht gelaunt. Da gedachte ich eines Gee- capitaͤns, der ſich's zum Geſetz machte, ſeine Leute im⸗ merfort zu beſchaͤftigen, und, als ihm einſt ſein Gehuͤlfe ſagte, ſie haͤtten Alles gethan und waͤre nun nichts mehr zu arbeiten vorhanden, ſagte: „ei, 5 mögen ” ven Ans ; ker ſcheuern.“ 5 5 Dieſe, wenn auch winzige, Feſtungsart iſt gegen In⸗ dier, die keine Kanonen haben, eine hinlaͤngliche Verthei⸗ digung. Da wir uns nun ſicher geſtellt, auch im Fall der Noth einen Platz zum Ruͤckzug hatten, ſo wagten wir, in einzelnen Rotten die Umgegend zu ſaͤubern. Wir trafen keine Indier, wohl aber Stätten auf den umlie⸗ genden Huͤgeln, von wo aus ſie beobachtet hatten, was wir thaten. Die Kunſt, wie ſie dergleichen Staͤtten benuͤtzten, ſcheint mir merkwürdig. Da es Winterszeit und folglich Feuer noͤthig war, ein großes Feuer aber auf der Oberfläche des Bodens ihre Stellung in der Fer: ne verrathen haͤtte, ſo hatten ſie Gruben von drei Fuß im Durchmeſſer und noch etwas tiefer in den Boden ge⸗ graben. Wir ſahen die Plaͤtze, wo ſie mit ihren Beilen die Kohle von den Seiten der, im Walde liegenden Kloͤtze abgeſchlagen hatten. Mit dieſen Kohlen hatten ſie auf dem Boden der Gruben kleine Feuer gemacht und wir ſahen im Moos und Gras die Abdruͤcke ihrer Koͤrper, und wie ſie rings herum, die Beine in die Gruben ab⸗ waͤrts hangend, gelegen waren, um die Fuͤße warm zu halten, worauf ſie ganz beſonders achten. Dieß Feuer 202 8 konnte ſie weder durch Leuchten, noch Flammen, noch Funken, noch Rauch verrathen; es ergab ſich, daß ſie nicht ſtark geweſen und vermuthlich wohl gefehen haben mochten, daß unſerer doch zu viel waren, als daß man uns mit Vortheil angreifen könnte. 5 Zaum Feldprediger hatten wir einen eifrigen Pres⸗ byteriſchen Geiſtlichen, Beatty, der ſich bei mir be⸗ klagte, die Leute achteten und beſuchten feine Bet⸗ und Ermahnungsſtunden nicht. Als ſie ſich zum Kriegsdienſte hatten einſchreiben laſſen, ward ihnen außer Loͤhnung und Mundvorrath, auch ein Viertelnoͤßel Rum täglich verſpro— chen. Dieß ward ihnen puͤnctlich halb fruͤh, und halb Abends gereicht, und ich bemerkte, daß fie das eben fo. puͤnctlich in Empfang nahmen. Da ſprach ich zu Beatty, „vielleicht iſt es unter Ihrer Wuͤrde, Rumſchenke zu werden; wollten Sie ihn aber gleich nach dem Gebet aus. theilen, ſo wuͤrden Sie wohl Alle um ſich ſehen.“ Der Einfall gefiel ihm, er befolgte ihn und mit Huͤlfe von einigen, die den Branntwein abmaaßen, vollzog er das Geſchaͤft nach Wunſch; und ſiehe, die Betuͤbungen wa⸗ ren nie voller geweſen, nie puͤnctlicher abgewartet worden. Dieß Verfahren duͤnkt mich mithin beſſer, als eine nach Kriegsgeſetzen über Verſaͤumung des Gottesdienſtes ver; haͤngte Strafe. en 1 | Kanm hatte ich dieſe Arbeit vollendet und meine Feſtung gehoͤrig mit Vorraͤthen verſehen, ſo erhielt ich einen Brief vom Statthalter, worin er mir meldete, er habe die Versammlung berufen und wuͤnſche mich dabei gegenwaͤrtig, wofern die Graͤnzverhaͤltniſſe mein Bleiben nicht langer noͤthig machten. Auch meine Freunde in der Verſammlung lagen mir ſchriftlich an, wo moͤglich dabei zu ſeyn; und, da meine drei Feſtungen vollendet, und die Bewohner unter dieſem Schutz auf ihren Meiereien zu bleiben ſich gefallen ließen, ſo beſchloß ich um ſo lieber, zuruͤckzureiſen, da ein Neuenglaͤndiſcher Oberſter Cluphan, der ſich auf Indiſchen Krieg verſtand und zur Beſichti⸗ gung unſerer Anlagen da war, den Befehl uͤbernehmen wollte. Ich gab ihm Vollmacht, ließ die Beſatzung auf⸗ ziehen und las ſie ihnen vor; dann ſtellte ich ihn als ei⸗ nen Mann vor, deſſen Kriegserfahrenheit ihn weit tuͤchti⸗ * ger, als mich, zum Befehl machte, hielt eine kurze Er⸗ mahnung an fie und nahm meinen Abſchied. Bis Beth⸗ lehem bekam ich Geleit; dort erhohlte ich mich einige Ta⸗ ge von dem ausgeſtandenen Ungemach. Als ich wieder zum erſtenmal in einem guten Bette lag, konnte ich kaum ſchlafen, ſo verſchieden war es von meiner harten Schlaf⸗ ſtelle auf dem Boden einer Gnadenhuter Huͤtte mit ei⸗ ner oder zwei Decken. In Bethlehem erkundigte ich mich ein wenig nach Sitte und Brauch der Maͤhriſchen Bruͤder; es hatten mich Einige begleitet und Alle waren recht artig gegen mich. Ich fand, daß ſie fuͤr eine gemeinſchaftliche Caſſe arbeiteten, gemeinſchaftlich ſpeifeten und, Viele zuſam⸗ men, in gemeinſchaftlichen Schlafzimmern ſchliefen. In den Schlafzimmern bemerkte ich oben gerade unter der Decke laͤngshin Löcher in gewiſſen Entfernungen, die ich für klug angebrachte Luftloͤcher hielt. Ich beſuchte ihre Kirche, wo ich recht gute Muſik hörte, Geigen, Oboen, Clarinetten ꝛc., von der Orgel begleitet; die Predigten wurden nicht, wie gewöhnlich bei uns zu gemiſchten Verſammlungen von Maͤnnern, Frauen und Kindern gehalten; ſondern ein⸗ mal verſammelten ſich die verheiratheten Maͤnner, ein ander⸗ mal ihre Weiber, dann wieder Juͤnglinge, Jungfrauen und Kinder, Alle beſonders. Die Predigt, welcher ich bei⸗ wohnte, war an die letzteren gerichtet, welche hereinkamen 204 und reihenweis auf Baͤnken ſaßen, die Knaben unter ei⸗ nem jungen Mann als Aufſeher, die Maͤdchen unter ei⸗ ner jungen Dirne. Die Rede ſchien ihrer Faſſungskraft ganz angemeſſen und wurde ſehr angenehm und traulich geſprochen, ſchmeichelnd, ſoviel ſich's thun ließ, ihnen zu⸗ geredet, daß ſie gut ſeyn moͤchten. Sie betrugen ſich ſehr anſtaͤndig, ſahen aber blaß und ungeſund, als ob ſie ſehr inne gehalten wuͤrden und nicht genug koͤrperliche Bewegung haͤtten. Ich erkundigte mich wegen der Maͤh⸗ riſchen Ehen, ob fie wirklich durch's Loos beſtimmt wuͤr⸗ den; man ſagte mir, Looſe wären nur in beſondern Fällen braͤuchlich; ſonſt, wenn ein Juͤngling zu heirathen ges ſonnen wäre, benachrichtigte er die Aeltern feines Stan⸗ des, welche nun die aͤltern Frauen, welche uͤber die jun⸗ gen Aufſicht führten, rathfragten. Da dieſe aͤltern bei⸗ derlei Geſchlechtes mit den Stimmungen und Neigungen ihrer Untergebenen am beßten bekannt wären, fo koͤnnten ſie auch am beßten beurtheilen, welche Verbindungen die beßten wären und gewöhnlich blieb es bei ihrem Ur: theile. Wenn aber vielleicht z. B. zwei, oder drei Maͤd⸗ chen gleich paßlich für den Juͤngling wären, dann naͤh⸗ me man ſeine Zuflucht zum Loos. Ich warf dagegen ein, wenn die Verbindungen nicht auf gegenſeitige Wahl der Theile ſich gruͤndeten, ſo muͤßten doch manche ſehr ſchlecht gerathen. „Das koͤnnen und werden ſie auch,“ hieß es, wenn Sie die Theile ſelbſt waͤhlen laſſen.“ Das konnte ich denn freilich nicht in Abrede ſtellen. Als ich wieder nach Philadelphia kam, fand ich den Verein ſehr weit gediehen; was nicht Quaͤker unter den Einwohnern war, war ziemlich durchgehends beigetre— ten, hatte, ſich in Rotten gebildet, ſeine Hauptleute, Lieu⸗ tenants und Faͤhndriche nach dem neuen Geſetz gewählt. er 5 205 Dr. Bond beſuchte mich und fagte mir, wie ſehr er ſich bemuͤht habe, das Geſetz in Aufnahme zu bringen, und ſchrieb dieſen ſeinen Bemuͤhungen viel Erfolg zu. Ich war ſo eitel Alles auf Rechnung meines Geſpraͤchs zu ſchreiben; da ich aber nicht andes wußte, als daß er Recht haben koͤnnte, fo ließ ich ihn bei feiner Meinung; was meines Erachtens, in ſolchen Fällen das Beßte iſt. Die Hauptleute kamen zuſammen und waͤhlten mich zum Oberſten; dießmal nahm ich's an. Ich habe vergeſſen, wie viel Rotten wir hatten; aber wir ſtellten an 1,200 gut⸗ ausſehende Maͤnner, mit einer Rotte Artillerie, welche ſechs eherne Feldſtuͤcken bekommen hatten, und dieſe ſo gut zu brauchen wußten, daß ſie in einer Minute zwoͤlf⸗ mal feuerten. Als ich meinen Stab das erſtemal mu⸗ ſterte, geleiteten ſie mich nach meinem Hauſe und woll⸗ ten mich mit einigen Kreisfeuern begrüßen, wovon aber mehrere Glaͤſer meines elektriſchen Apparats herunterge⸗ worfen wurden und zerſprangen. Eben ſo zerbrechlich war meine neue Ehre; denn kurz nachher wurden durch Widerruf des Geſetzes in England alle unſere we aufgeloͤſ't. a Wahrend dieſer kurzen Zeit meines Oberſtthums, als ich im Begriff ſtand, eine Reiſe nach Virginien zu machen, ſetzten ſich die Hauptleute meines Stabs in den Kopf, es gezieme ſich wohl, daß ſie mich aus der Stadt bis an die untere Faͤhre geleiteten; und eben, als ich mein Pferd beſtieg, kamen ſie bei dreißig oder vierzig, beritten und in Uniform an meine Thuͤr. Ich hatte nichts vorher davon erfahren; ſonſt haͤtte ich mir es ver: beten, weil ich von Natur allem Prunk abgeneigt binz auch war mir ihr Erſcheinen ziemlich verdrießlich, da ich doch ihre Begleitung nicht ablehnen konnte. Noch ſchlim⸗ 8 mer ward die Sache gar dadurch, daß, als wir uns nun in Gang ſetzten, ſie die Degen zogen und den ganzen Weg bloß behielten. Jemand ſchrieb dieß an die Han⸗ delsgenoſſam, und ſie fuͤhlte ſich ſehr beleidigt. Solche Ehre ſey ihr nicht wiederfahren, als ſie in der Landſchaft geweſen, auch keinem ihrer Statthalter; und meinte fie, das komme eigentlich nur Prinzen von Gebluͤt zu. Das mag denn auch ſo ſeyn, ſoviel ich weiß, der das Hof⸗ maͤßige in ſolchen Faͤllen nicht wußte und bis dieſe Stun⸗ de noch nicht weiß. Dieſer unbedeutende Vorfall aber mehrte ihren Groll gegen mich, der ſchon vorher ziemlich ſtark war, gar ſehr, weil ich mich in der Verſammlung ſtets 206 ſehr warm gegen die Steuerfreiheit ihres Beſitzthums erklart und manche ſtrenge Bemerkung über das Kleinli⸗ che und Ungerechte dieſer Anforderungen gemacht hatte: Sie verklagte mich bei dem Miniſterium, als ein großes Hinderniß in koͤniglichen Dienſten, indem ich durch mei⸗ nen Einfluß im Hauſe die gehoͤrige Form der Geldhebung⸗ bills immer hintertreibez das Prunken mit meinem Stabe führte ‚fie als einen Beweis an, daß ich die Statthalter: ſchaft ihr mit Gewalt aus den Haͤnden zu reißen geſon⸗ nen wäre. Auch wendete ſie ſich an den Oberpoſtmeiſter Sir Everard Faukener, daß er mir doch meine Stelle nähme. Es hatte aber keine Folgen, als daß ER TE 1 mir eine ee Weiſung gab. Trotz dem ſteten Hader zwiſchen dem bene N und dem Hauſe, woran ich als Mitglied ſoviel Schuld hatte, blieb doch mein Vernehmen mit ihm immer in den Graͤnzen des Anſtandes und wir hatten nie einen perſoͤn⸗ lichen Zwieſpalt. Ich habe ſpaͤterhin manchmal gedacht, ſeine wenig, oder gar nicht geaͤußerte Empfindlichkeit uͤber die bekanntlich von mir verfaßten Antworten auf ſein An⸗ 20 bringen, moͤchten vielleicht ihren Grund in einer Art von Amtsmiene und Brauch gehabt haben, und, weil er ei⸗ gentlich Rechtsgelehrter war, haͤtte er uns beiderſeits bloß als Anwalte, die fuͤr ihre Schuͤtzlinge ſtritten, betrachtet, er fuͤr die Handelsgenoſſam, ich fuͤr die Verſammlungz weßhalb er auch zuweilen in ſchwierigen Fällen mich im, Güte zu warnen ſuchte, manchmal auch wohl, doch fels ten, meinen Rath annahm. Wir verhandelten einſtim⸗ mig uͤber Verpflegung des Braddockſchen Heers und als die erſchuͤtternde Kunde von ſeiner Niederlage einlief, ſen⸗ dete der Statthalter ſchleunig zu mir, um mit ihm mich uͤber Maaßregeln zu berathen, wie zu verhuͤthen ſtaͤnde, daß die im Ruͤcken liegenden Grafſchaften nicht entblößt wurden. Ich habe den Rath, den ich damals gab, vers geſſen; denke aber, es war der, an Dunbar zu ſchreiben und ihn, wo moͤglich, zu Verlegung ſeiner Schaaren an die Graͤnzen zu beſtimmen, bis er durch Verſtaͤrkung aus den Pflanzſtaͤdten befaͤhigt wuͤrde, den Feldzug fort⸗ zuſetzen. Und nachdem ich von der Graͤnze zuruͤckgekom⸗ men war, haͤtte er gern geſehen, daß ich, Fort Du⸗ quesne zu nehmen, mit landſchaftlichen Schaaren mich unterzogen hätte, weil Dunbar und feine Leute anders: wo beſchaͤftigt waren. Er trug mir alſo die Generalſtelle an. Ich hatte von meinen Kriegergaben nicht die⸗ ſelbe gute Meinung, die er zu haben vorgab; und im Grunde mochte er auch wohl mehr vorgeben, als glauben, dachte aber wahrſcheinlich, meine Beliebtheit bei'm Volke wuͤrde das Geſchaͤft mit den Gemeinen erleichtern und die Verſammlung eher zu Geldverwilligungen ſtimmen, viel⸗ leicht gar, ohne die Handelsgenoſſam zu beſteuern. Da er mich aber nicht ſo willig fand, als er erwartete, ſo unterblieb die Sache; und bald darauf gab er die Wen halterſchaft an Hauptmann Denny ab. 208 . Eh ich weiter . welche Rolle ich in Suuats⸗ | angelegenheiten unter dieſem neuen Statthalter ſpielte, iſt es vielleicht hier, nicht am unrechten Orte, Etwas uͤber den Urſprung und Fortgang meines Ruf 8 als Ratunforz, Ihe a" e Als ich 1740 zu alten war, traf ich einen Dr. Spence daſelbſt, der kuͤrzlich aus Schottland hingekom⸗ men war und mir etliche elektriſche Verſuche zeigte. Sie waren ſehr unvollkommen; denn er war nicht ſonderlich geſchickt; weil mir aber der Gegenſtand ganz neu war, fo uͤberraſchten und freuten ſie mich gleich ſehr. Bald nach meiner Ruͤckkehr nach Philadelphia erhielt unſere Leſegeſellſchaft von Hrn. Peter Collinſen, Mitglied der koͤniglichen Geſellſchaft zu London, eine Glasroͤhre zum Geſchenk nebſt einer Anleitung, ſie bei dergleichen Verſu⸗ chen zu gebrauchen. Ich ergriff die Gelegenheit eifrig, das in Boſton Geſehene zu wiederhohlen und durch viele Uebung erhielt ich eine große Fertigkeit, auch die in Eng⸗ land gemachten Verſuche, nebſt einigen neuen nachzumachen. Ich ſage, viele Uebung, denn mein Haus war eine Zeitlang unaufhoͤrlich voll von Menſchen, welche dieſe neuen Wun⸗ der zu ſehen begehrten. Um das Laͤſtige auch meinen Freunden einigermaaßen aufzubuͤrden, ließ ich mehrere ſol⸗ cher Glasroͤhren in unſerer Glashütte blaſen, welche ſie ſich ſelbſt anſchafften, ſo daß wir am Ende mehrere hat⸗ ten, welche die Verſuche anſtellen konnten. Unter dieſen war der vorzüglichſte Hr. Kinnersly, ein geiſtreicher Nachbar, den ich, weil er nichts zu thun hatte, veran⸗ laßte, die Verſuche fuͤr Geld zu zeigen; auch ſchrieb ich ihm zwei Vorleſungen, worin die Verſuche ſo geordnet und mit Erlaͤuterungen begleitet waren, daß die vorher⸗ gehenden immer zum Verſtaͤndniß der Folgenden dienten Er ſchaffte ſich dazu einen ziemlichen Apparat an, worin all die kleinen, von mir nur roh gemachten, Vor⸗ richtungen ſauber und nett von Inſtrumentmachern gefer— tigt wurden. Seine Vorleſungen wurden fleißig beſucht und befriedigten ſehr; einige Zeit nachher zog er durch die Niederlaſſungen und zeigte ſie in jeder Hauptſtadt, womit er viel Geld verdiente. Nur auf den Weſtindi⸗ ſchen Inſeln konnten die Verſuche wegen der durchgaͤn⸗ gig feuchten Luft nicht anders als mit Mühe angeſtellt werden. Da Mir Hrn. Collinſon für die Glasroͤhre ver⸗ bindlich geworden waren, ſo hielt ich fuͤr ziemlich, ihm von unſerm Gebrauch und Foͤrderniß Kunde zu geben, und ſchrieb mehrere Briefe daruͤber an ihn. Er las ſie in der koͤniglichen Geſellſchaft vor, wo fie Anfangs nicht der Aufnahme in die Verhandlungen werth geachtet wur⸗ den. Einen Brief an Hrn. Kinnersly über die Dieſelbig⸗ keit (Indentitaͤt) des Blitzes und der Elektricitaͤt, ſendete ich auch einem Bekannten und ebenfalls Mitglied der Geſellſchaft, Hrn. Mitchel, der mir ſchrieb, er ſey geleſen worden, Kenner aber haͤtten daruͤber gelacht. Als jedoch die Briefe Dr. Fothergill vorgezeigt wurden, hielt er ſie fuͤr zu gut, als daß ſie unterdruͤckt werden ſollten und rieth zum Druck. Da gab ſie Hr. Collinſon Cave'n zum Druck fuͤr das Gentleman Magazine; dieſer wollte ſie aber lieber beſonders als Flugſchrift drucken und Fother⸗ gill bevorredete ſie. Cave ſcheint richtig gerechnet zu ha⸗ ben; denn durch die ferneren Nachtraͤge ſchwollen ſie zu einem Quartbande an, der fuͤnf Auflagen erlebt hat und ihm kein Druckerlohn koſtete. Doch war ſchon etwas früher von dieſen Briefen in England Kunde genommen worden. Ein Exemplar naͤm⸗ Franklin's Leben. IL, Abth. S 2 1 0 8 he —— = lich war zufällig in Graf Buͤffon's Hände gekommen. Dieſer, verdientermaaßen in Frankreich, und wohl in ganz Europa beruͤhmte Philoſoph vermochte Hrn. Du⸗ bourg, ſie in das Franzoͤſiſche zu uͤberſetzen, und ſo wurden ſie in Paris gedruckt. Die, Herausgabe bes leidigte Abbe Nollet, den Naturlehrer der koͤniglichen Familie, einen geſchickten Verſucher, der auch eine Theo⸗ rie der Elektricitaͤt aufgeſtellt hatte, die damals allgemein gangbar war. Er wollte Anfangs nicht glauben, daß ein Werk dieſer Art aus America kaͤme und meinte, es muͤſſe, ſeinem Werke zu widerſprechen in Paris von Feinden ausgebruͤtet ſeyn. Als man ihn aber nachher verſicherte, daß wirklich ein Franklin in Philadelphia lebe, woran er gezweifelt hatte, ſo ſchrieb er einen Band Briefe haupt⸗ ſaͤchlich an mich, worin er ſeine Theorie vertheidigte und die Wahrheit meiner Verſuche, wie die daraus abgeleiteten Folgerungen, laͤugnete. Ich wollte dem Abbe einmal ant⸗ worten, fieng auch daran an; als ich aber bedachte, daß meine Schriften Verſuche beſchrieben, wovon Jeder durch Augenſchein ſich uͤberzeugen, und, wenn er ſie nicht wahr befaͤnde, dieſelben auch nicht vertheidigen koͤnnte, oder daß ſie Bemerkungen als Vermuthungen, keineswegs in ab⸗ ſprechendem Tone, aufſtellten, dergeſtalt, daß ich ſie zu vertreten gar nicht gehalten waͤre; ferner, daß ein Streit zwiſchen zwei Perſonen, in verſchiedenen Sprachen, durch mißrathene Ueberſetzungen leicht gar ſehr in die Laͤnge gezogen und dadurch nur noch mehr Mißverſtand herbei⸗ geführt werden koͤnnte, indem Ein Brief des Abbe ſchon ſich gar ſehr auf einen Ueberſetzungsfehler gruͤndete: ſo beſchloß ich, meine Briefe fuͤr ſich ſprechen zu laſſen und lieber die von oͤffentlichen Angelegenheiten mir übrig ge— laſſene Zeit auf neue Verſuche, als auf bereits angeſtellte und Streit daruͤber, zu wenden. Ich antwortete demnach — en Hrn. Nollet niemals, und der Erfolg hat mich mein Schweigen nicht bereuen laſſen. Denn mein Freund Le Roy, von der koͤniglichen Akademie der Wiſſenſchaften, fuͤhrte meine Sache und widerlegte ihn. Mein Werk ward in das Italieniſche, Teutſche, und Lateiniſche uͤber⸗ ſetzt, die darin aufgeſtellte Lehre ward allmaͤlich durchge⸗ hends von den Naturforſchern Europa's angenommen, ſo daß der Abbé, etwa Hrn. B. in Paris, ſeinen Zoͤgling und unmittelbaren Schuͤler ausgenommen „der Letzte ſei⸗ ner Parthei war. 125 5 Was mein Buch um ſo ſchneller und allgemeiner in Aufnahme brachte, war ein von mir vorgeſchlagener und von den Hrn. Dalibar und Delor in Marly angeſtellter gelungener Verſuch, den Blitz aus den Wol⸗ ken zu ziehen. Dieſer ſpannte uͤberall die oͤffentliche Auf⸗ merkſamkeit. Hr. Delor, der eine Vorrichtung zu Ver⸗ ſuchen hatte und ſelbſt Vorleſungen uͤber Naturkunde hielt, wiederhohlte die von ihm ſogenannten Philadelphi⸗ ſchen Verſuche; und, nachdem ſie vor Koͤnig und Hof an⸗ geſtellt waren, ſtroͤmten auch alle Wißbegierigen in Paris herbei, ſie zu ſehen. Ich will dieſen Hauptverſuch nicht weitlaͤufig erzaͤhlen, noch auch die unendliche Freude er⸗ waͤhnen, die mir, ein bald nachher mit einem Geier in Philadelphia angeſtellter, aͤhnlicher machte, indem beide in der Geſchichte der Elektricitaͤt zu finden ſind. Ein Eng⸗ liſcher Naturforſcher Dr. Wright, ſchrieb von Paris aus an einen Freund, Mitglied der koͤniglichen Geſell⸗ ſchaft, wie hoch die Gelehrten meine Verſuche hielten, und wie ſehr man ſich wundere, daß meine Schriften in England ſo wenig bekannt waͤren. Da nahm die Geſell⸗ ſchaft meine ihr vorgeleſenen Briefe wieder vor; der be⸗ ruͤhmte Dr, Wat ſon lieferte von dieſen, und allen nach⸗ O 2 * 212 her von mir uͤber dieſen Gegenſtand nach England ge⸗ ſchriebenen eine Ueberſicht und begleitete ſie mit einem Lobe des Verfaſſers. Dieſe Ueberſicht ward nun in ihren Verhandlungen abgedruckt und einige Mitglieder der Lon⸗ doner Geſellſchaft baten mir, vorzuͤglich nachdem der ſehr geiſtreiche Hr. Canton den Verſuch, mittelſt eines ſpi⸗ tzigen Stabes Blitz aus den Wolken zu ziehen, angeſtellt und ihnen den Erfolg gemeldet, ihre fruͤhere Gering⸗ ſchaͤtzung reichlichſt ab. Ohne daß ich mich um dieſe Ehre bewarb, machten ſie mich zu ihrem Mitgliede und ſtimm⸗ ten, daß mir die gewoͤhnlichen Koſten, die an 25 Guineen betrugen, erlaſſen wuͤrde n; auch nachher lieferten fie mir ihre Verhandlungen ſtets unentgeltlich. Dazu uͤberſende⸗ ten ſie mir die goldene Denkmuͤnze Sir Gottfr. Cop⸗ ley's für das Jahr 1753 und begleiteten fie mit einer ſehr ſchoͤnen Rede des Vorſitzers, Lord Macclesfield, worin mir hohe Ehre wiederfuhr. Di.ieſe goldene Denkmuͤnze brachte mie unſer neuer Statthalter, Hauptmann Denny, mit und. überreichte ſie mir bei einem Gaſtmahl, welches ihm die Stadt gab. Er begleitete ſie mit ſehr feinen Ausdruͤcken ſeiner Achtung, und ſagte, er kenne mich ſchon laͤngſt. Nach aufgehobe— ner Tafel, als die Geſellſchaft, wie damals Brauch war, zechte, nahm er mich beiſeit in ein anderes Zimmer und ſagte, ſeine Freunde in England haͤtten ihm gerathen, mit mir Freundſchaft zu halten, weil ich ihm die beßten Nachweiſungen geben, und ſeine Verwaltung am erſten erleichtern koͤnnte; er wuͤnſchte alſo vor allen Dingen, mit mir in gutem Vernehmen zu ſtehen und bat mich, ſeiner Dienſtwilligkeit nach Kraͤften in allen Faͤllen mich verſichert zu halten. Er ſprach auch viel von der Han⸗ delsgenoſſam guter Stimmung fuͤr die Landſchaft, und dem Vortheil für uns Alle, und mich in'sbeſondere, wenn die fo lange fortgeſetzten Bekaͤmpfungen ihrer Maaßregeln eingeſtellt und die Einigkeit zwiſchen ihr und dem Volke hergeſtellt würde, wozu Niemand ſoͤrderlicher ſeyn koͤnnte, als ich; und ich koͤnnte mich angemeſſener Erkenntlichkeit und Belohnung gewaͤrtigen ze. Da die Zecher uns nicht ſogleich wieder zur Tafel zuruͤckkehren ſahen, ſendeten ſie uns eine Kanne Madeira, welchem der Statthalter tuͤchtig zuſprach und dem zufolge er im⸗ mer dringender bat und verſprach. Ich antwortete: meine Umſtaͤnde waͤren, Gott ſey Dank, ſo, daß ich der Han⸗ delsgenoſſam Gunſt nicht brauchte, daß ich aber deſſenun⸗ geachtet keine perſoͤnliche Feindſchaft gegen ſie hegte, und wenn ſeine vorgeſchlagenen Maaßregeln nur dem Volke nuͤtzlich ſchienen, ſo wuͤrde Niemand ſie eifriger ergreifen und fördern als ich; denn auch mein früherer Obſtand habe bloß daher geruͤhrt, weil die aufgedrungenen Maaß⸗ regeln den Vortheil der Handelsgenoſſam zum großen Nach⸗ theil des Volks zum Zweck gehabt haͤtten. Ich waͤre ihm, dem Statthalter ſehr verbunden fuͤr die mir bezeigte Ach⸗ tung und er koͤnne ſich darauf verlaſſen, daß ich nach Kraͤften ihm ſeine Verwaltung erleichtern wolle, hoffe aber zugleich, er werde nicht dieſelben ungluͤcklichen Ver⸗ haltungsbefehle mitgebracht haben, die ſeinen Vorgaͤngern bereits ſo viel zu ſchaffen gemacht haͤtten. Hieruͤber er⸗ klaͤrte er ſich nicht weiter; als er aber nachher mit der Verſammlung in Beruͤhrung trat, kamen ſie wieder zum Vorſchein, der Streit erhob ſich von neuem und ich war ein eben ſo ruͤſtiger Gegner, da ich Ausfertiger war, erſtlich des Geſuchs um Mittheilung feiner Verhaltungs⸗ befehle, dann der Bemerkungen daruͤber, welche in mei⸗ nen nachher herausgegebenen Stimmen der Zeit und der geſchichtlichen Ueberſicht befindlich ſind. Perſoͤnlich verfein⸗ 270 deten wir uns auch nicht, ſondern waren oft zuſammen; er war ein wiſſenſchaftlicher Mann, der die Welt geſehen, im Geſpraͤch unterhaltend und angenehm. Er meldete mir, daß mein alter Ralph noch lebte und in England fuͤr einen der beßten ſtaatiſchen Schriftſteller gelte; er haͤtte in den Streitigkeiten zwiſchen Prinz Friedrich und dem Koͤnig gearbeitet und einen Jahrgehalt von 300 Pf. er⸗ halten; als Dichter aber waͤre ſein Ruf gering, da Pope ihn in der Dunciade verdammt haͤtte, ſeine Proſa dage⸗ gen wuͤrde fuͤr ſo gut gehalten, wie eine. Als am Ende die Verſammlung ſah, daß die Han⸗ delsgenoſſam hartnaͤckig darauf beſtand, die Abgeordneten mit Verhaltungsbefehlen zu behelligen, welche nicht nur mit den Freiheiten des Volks, ſondern auch mit dem Krondienſt unvereinbar waren, ſo beſchloß ſie, bei'm Kös nig ſelbſt gegen fie einzukommen und beſtimmte mich zum Unterhaͤndler nach England. Das Haus hatte dem Statthal⸗ ter eine Bill zugeſendet, worin dem Koͤnig eine Summe von 60,000 Pf. bewilligt war (wovon 10,000 Pf. dem das maligen General Lord Loudon zu Befehl ſtanden), wel⸗ che der Statthalter, zufolge ſeiner Weiſungen, durchaus nicht durchlaſſen wollte. Ich hatte mit Hauptmann Mor⸗ ris um Ueberfahrt auf dem Neuyorker Packetboot gehandelt und meine Sachen waren bereits an Bord, als Lord Lou: don in Philadelphia ankam, ausdruͤcklich, wie er ſagte, in der Abſicht, eine Ausgleichung zwiſchen dem Statt⸗ halter und der Tagſatzung zu bewirken „ damit dem Dienſt Sr. Maj. durch dieſe Uneinigkeit kein Eintrag geſchaͤhe. Sofort lud er den Statthalter und mich ein, ihn zu beſuchen, um beide Theile zu hoͤren. Wir kamen und eroͤrterten die Sache; ich fuͤhrte fuͤr die Tag ſatzung all dis in den damen Zeitblaͤttern befindlichen Aufſaͤtze an, — ſie find Alle von mir und mit den Entwürfen der Tagſatzung abgedruckt —; der Statthalter berief ſich auf ſeine Verhaltungsbefehle, auf ſeine Verpflichtung darauf und ſeinen Sturz, wenn er nicht gehorchte; doch war er nicht an geneigt, wenn Lord Loudon es riethe, ſich ſelbſt daran zu wagen. Das wollte nun der Lord nicht gern, obwohl ich ſchon einmal glaubte, ich hätte ihn faſt dazu beredetz am Ende aber, wollte er lieber rathen, die Nach⸗ giebigkeit der Tagſatzung zu gewinnen, und erſuchte mich, dazu mitzuwirken; er wolle es an koͤniglichen Schaaren zu unſerer Graͤnzvertheidigung nicht fehlen laſſen und, wenn wir fortan nicht unſere Vertheidigung ſelbſt beſorg⸗ ten, ſo muͤßten ſie dem Feinde Preis gegeben werden. Ich berichtete dem Hauſe das Vorgefallene und uͤberreichte ihm eine Reihe von mir aufgeſetzter Beſchluͤſſe, welche unſere Rechte erklaͤrten, daß wir dieſe unſere Rechts⸗ anſpruͤche nicht aufgaͤben, ſondern nur fuͤr dießmal ihre Ausuͤbung mit Gewalt, wogegen wir uns verwahrten, einſtellten. Dieſe Bill ließ man am Ende fallen und wollte eine andere, den Verhaltungsbefehlen der Handelsgenoſſam angemeſſenere, aufgeſetzt wiſſen. Dieſe ließ natürlich der Statthalter durch und ich konnte nun meine Reiſe antreten. Unterdeſſen aber war das Pak⸗ ketboot mit meinen Sachen abgegangen, welches mir ein Schade war, wofuͤr ich nichts, als den Dank des Lords fuͤr meine Gefaͤlligkeit erhielt, indeß die ganze Ehre der Verſoͤhnung auf ſeine Rechnung kam. Er gieng vor mir nach Neuyork ab; und da die Ab: gangszeit der Packetboote von ihm abhieng und damals zwei vorhanden waren, deren eines, wie er mir ſagte, bald abſegeln ſollte, ſo erſuchte ich ihn, mich die beſtimmte Zeit wiſſen zu laſſen, damit ich nicht durch Verzug mei⸗ nerſeits fehlte. Die Antwort war: „Ich habe vorgegeben, daß es naͤchſten Sonnabend abgehe, thue Ihnen äber unter uns, zu wiſſen, daß, wenn Sie Montags früh dort ſind, Sie noch zu rechter Zeit kommen. Zaudern Sie aber ja nicht laͤnger!“ Durch ein zufaͤlliges Hin⸗ derniß an einer Faͤhre war es Mittag, eh' ich ankam, und ich fuͤrchtete gar ſehr, es moͤchte abgegangen ſeyn, beſonders da der Wind guͤnſtig war: ward aber bald durch die Nachricht beruhigt, daß es noch im Haven lie⸗ ge und erſt Tags darauf abgehe. Nun, wird man mei⸗ nen, war ich wirklich in Begriff, nach Europa abzurei⸗ ſen; ich meinte es auch, kannte aber damals den Lord noch nicht genug, in deſſen Charakter Unentſchiedenheit ein Hauptzug war. Hiervon einige Beiſpiele! Anfangs Aprils kam ich nach Neuyork, und Ende Junius, glaube ich, ſegelten wir ab. Es hatten damals zwei Packetboote lange bereit gelegen, mußten aber auf die Briefſchaften des Generals warten, welche immer morgen fertig ſeyn ſollten. Es kam noch ein Packetboot an; auch dieß ward aufgehalten und, eh' wir abſegelten, erwartete man noch ein viertes. Das unſrige ſollte zuerſt abgehen, denn es hatte am laͤngſten gelegen. Mitreiſende waren angenom⸗ men; manche konnten den Abgang nicht erwarten, die Kaufleute waren verdrießlich wegen ihrer Briefe und der gegebenen Verſicherungsauftraͤge — es war Krieg — ſo wie wegen der Herbſtwaaren; aber all' ihre Beſorgniß half nichts, denn des Lord's Briefe waren noch nicht fertig; und gleichwohl fand ihn Jeder, der bei ihm vor⸗ ſprach, immer am Arbeitstiſch, die Feder in der Hand, ſo daß man meinen mußte, er koͤnne mit Schreiben gar nicht fertig werden. Als ich eines Morgens ihm meine Aufwartung machte, fand ich einen gewiſſen In nis, einen Bothſchafter aus Philadelphia, im Vorzimmer, der mit einem Packetboot vom Statthalter Denny aus⸗ 8 217 druͤcklich wegen des Generals gekommen war. Er haͤn⸗ digte mir einige Briefe von meinen dortigen Freunden ein; dieß veranlaßte mich, ihn zu fragen, wenn er wie⸗ der zuruͤckreiſe, und wo er wohne, damit ich Briefe mit ihm abſendete. Er ſagte, er ſey auf morgen früh neun Uhr zum General beſtellt, Antwort an den Statt⸗ halter abzuhohlen und gehe dann ſogleich ab; ich uͤbergab ihm meine Briefe noch an demſelben Tage. Vierzehn Tage darauf traf ich ihn wieder dort. „Ei, Sie ſind ja recht bald wiedergekommen, Innis?“ „Wiedergekom⸗ men? nein, ich bin noch nicht fort.“ „Wie das?““ „Heute und alle Morgen habe ich dieſe vierzehn Tage her auf des Lord's Briefe gewartet, und noch ſind ſie nicht fertig.“ „Iſt's moͤglich? er ſchreibt ja doch ſo viel; ich finde ihn beftändig an feinem Schreibtiſch.“ „O ja,“ ſagte Innis, „aber er iſt, wie der heilige Georg an den Hausſchildern, immer zu Pferde und reitet niemals fort.“ Dieſe Bemerkung des Bothſchafters mochte ihre Richtig⸗ keit haben; denn, als ich in England war, hoͤrte ich, daß Hr. Pitt, der nachmalige Lord Chatham, dieß mit als einen Grund anfuͤhrte, den General abzurufen und die Generale Amherſt und Wolff hinzuſetzen, weil der Miniſter nie von ihm hoͤrte und nicht er⸗ fahren konnte, was er that. Da nun der Abgang taͤglich zu erwarten ſtand, und alle drei Packetboote nach Sandy-Hook giengen, dort zur Flotte zu ſtoßen, ſo hielten die Mitreiſenden fuͤr's Beßte, am Bord zu ſeyn, damit nicht etwa auf ploͤtzlichen Befehl die Schiffe abſegelten und ſie zuruͤckblieben. Er⸗ innere ich mich recht, ſo waren wir ungefaͤhr ſechs Wo⸗ chen dort, zehrten unſere Vorraͤthe auf und mußten mehr anſchaſſen. Endlich ſegelte die Flotte ab; der Ge⸗ 218 neral und fein ganzes Heer giengen nach Ludwigsburg, dieſe Feſtung zu belagern und wegzunehmen; die Pak⸗ ketboote waren ſamtlich befehligt, auf des Generals Schiff zu warten, um feine Briefe, wenn fie fertig waͤ⸗ ren, mitzunehmen. Es dauerte fünf Tage, ehe wir; einen Brief mit der Erlaubniß abzureiſen bekamen, und nun gieng unſer Schiff von der Flotte ab und ſteuerte auf England. Die andern beiden Boote hielt er noch im⸗ mer auf und nahm ſie mit nach Halifax, wo er ſeine Leute einige Zeit in falſchen Angriffen auf falſche Feſtun⸗ gen übte, dann fein Vorhaben, Ludwigsburg zu belagern, aͤnderte und nebſt allen Schaaren, mit beiden oberwaͤhn⸗ ten Packetbooten und allen Mitreiſenden nach Neuyork zuruͤckgieng. Während feiner Abweſenheit hatten die Fran⸗ zoſen und Wilden die Veſte St. George an der Graͤnze dieſer Landſchaft genommen, und die Indier Viele von der Beſatzung nach der Uebergabe ermordet. Ich ſprach nachher den Hauptmann Bound, der eines der Packetboote befehligte, in London; er ſagte mir, nachdem er einen Monat aufgehalten worden waͤre, haͤtte er dem Lord ge⸗ meldet, ſein Schiff ſey ſchadhaft geworden, ſo daß es noth⸗ wendig nicht ſchnell abgehen koͤnne — was fuͤr ein Pak⸗ ketboot wichtig iſt — und er um Zeit bitte, es erſt am Kiel reinigen zu laſſen. Der Lord fragte, wie lange dieß wehl dauern koͤnnte? Drei Tage, war die Antwort. Der General erwiederte, „koͤnnen Sie es in Einem Ta⸗ ge thun, ſo erlaub' ichs; außerdem nicht, denn uͤbermor⸗ gen muͤſſen Sie beſtimmt abgehn.“ So bekam er keine Erlaubniß, wiewohl er nachher von Tag zu Tag drei ganzer Monate aufgehalten ward. Auch einen von Bo⸗ nell's Mitreiſenden ſprach ich in London, der wegen der Taͤuſchung und des langen Aufenthalts in Neuyork, des Abgangs nach Halifax und dann wieder zuruͤck, fo aufgebracht gegen den Lord war, daß er ſchwur, eine Schadenklage gegen ihn anzuſtellen. Ob er es gethan, oder nicht, hab ich nicht wieder gehoͤrt; wie er die Sa⸗ che aber darſtellte, hatten ſeine Geſchaͤfte allerdings viel gelitten. Ueberhaupt wunderte ich mich gar ſehr, wie man einem Mann, wie dieſem, ein fo. wichtiges Geſchaͤft, als die Fuͤhrung eines großen Heers, anvertrauen konnte; nachdem ich aber mehr von der großen Welt geſehen, und die Mittel und Gruͤnde, Stellen und Aemter zu er⸗ halten und zu vergeben, kennen gelernt, habe ich mich immer weniger gewundert. General Shirley, welchem, nach Braddock's Tode, der Heerbefehl übertragen ward, haͤtte meines Erachtens, wenn er die Stelle behielt, einen weit beſſern Feldzug gethan, als Loudon im Jahr 1756, deſſen Feldzug unbeſonnen, koſtſpielig und fuͤr un⸗ ſer Volk uͤberaus ungluͤckſelig war. Denn, war auch Shirley kein gelernter Kriegsmann, ſo war er doch verſtaͤndig und ſcharfſinnig, nahm guten Rath von An⸗ dern an, verſtand es, einen vernuͤnftigen Plan zu ent⸗ werfen und fuͤhrte ihn ſchnell und thaͤtig aus. Loudon, ſtatt die Pflanzſtaͤdte mit feinem großen Heer zu verthei⸗ digen, entblößte ſie ganz, um vergebens in Halifax Prunk⸗ aufzuͤge zu halten, wodurch die Veſte George verloren gieng. Dazu brachte er unſere ganzen kaufmaͤnniſchen Unternehmungen in Verwirrung und ſchadete dem Han⸗ del durch eine lange Sperre, welche auf Ausfuhr der Mundvorraͤthe gelegt war, unter dem Vorwande zwar, daß der Feind nicht mit Zufuhr unterſtuͤtzt wuͤrde, im Grunde aber wohl, den Preis derſelben zu Gunſten derer, die den Handel geſchloſſen, herabzubringen, an deren Gewinn er Antheil zu haben, vielleicht nur beargwoͤhnt ward. Und als nun endlich die Sperre aufgehoben ward, ver— gaß er in Charlestown, wo die Carolinaflotte beinahe drei Monat aufgehalten ward, Kunde davon zu geben. So waren denn die Kiele alle ſo wurmſtichig geworden, daß ein großer Theil auf der Hinreiſe leck ward. Shir⸗ ley mochte wohl von Herzen froh ſeyn, daß man ihm eine ſo beſchwerliche Stelle, als eine Heerfuͤhrung fuͤr einen mit dem Kriegsweſen unbekannten Mann ſeyn muß, ab⸗ nahm. Ich war bei dem Gaſtmahl, welches die Stadt Neuyork Lord Loudon gab, als er den Befehl übernahm. Shirley war, obgleich hiemit abgeloͤſ't, auch dabei. Es waren viel Hauptleute, Buͤrger und Fremde da, und man hatte in der Nachbarſchaft einige Stühle borgen müf: ſen, worunter auch ein ſehr niedriger war, der an Shir⸗ ley kam. Ich ſaß neben ihm, bemerkte es und ſagte, „man hat Ihnen auch einen recht niedrigen Sitz gege⸗ ben!“ „Thut nichts, lieber Franklin,“ ſagte er, „einen niedrigen Sitz finde ich am bequemſten.“ Als ich, wie geſagt, in Neuyork aufgehalten ward, erhielt ich die Rechnungen uͤber alle, Braddock durch mich verſchaffte Vorraͤthe ꝛc.; manche dieſer Rechnungen konnte ich von den, in dieſem Geſchaͤft gebrauchten, Perſonen nicht fruͤher erhalten. Ich überreichte fie Lord Loudon, mit der Bitte um Zahlung des Betrags. Er ließ fie von dem gehörigen Beamteten unterſuchen, der nach Vergleich: ung mit den Quittungen ſie richtig befand, und der Lord verſprach mir eine Anweiſung des mir zuſtehenden Betrags an den Zahlmeiſter. Doch verſchob ſich das im⸗ mer von Tag zu Tag und, wiewohl ich, beſtellt, oft vor⸗ ſprach, bekam ich doch nichts. Endlich, kurz vor meiner Abreiſe, ſagte er, er habe nach reifer Ueberlegung ber ſchloſſen, ſeine Rechnungen nicht mit denen ſeiner Vor⸗ gaͤnger zu vermiſchen. „Und Sie,“ ſprach er, „dürfen ja nur, wenn Sie in England find, Ihre Rechnungen⸗ — 22 bei der Schatzkammer vorzeigen, ſo werden ſie ſofort bes zahlt.“ Vergebens führte ich als Grund für meine Bitte, jetzt ausgezahlt zu werden, eine große und unvermuthete Ausgabe an, welche mir das lange Hinhalten in Neuyork verurſacht haͤtte; und als ich bemerkte, es ſey doch nicht recht, daß man mir ſoviel Muͤhe mache und mein vor⸗ geſchoſſenes Geld fo lange vorenthalte, da ich nicht ein⸗ mal etwas ‚für. meine Bemuͤhung angeſetzt hätte, antwor⸗ tete er: „„Ach, denken Sie doch ja nicht uns zu uͤberre⸗ den, daß Sie dabei nichts gewonnen; wir wiſſen das beſſer, wiſſen, daß Jeder, der für das Heer etwas lie⸗ fert, auch Mittel findet, feine Taſchen zu fuͤllen.“ Sch verſicherte ihn, bei mir waͤre dieß nicht der Fall und: ich haͤtte keinen Kreuzer dabei gewonnen; er zeigte mir aber deutlich, daß er das nicht glaubte, und wirklich er⸗ fuhr ich nachher, daß bei dergleichen Lieferungen unge⸗ heuer gewonnen wird. Was meinen Betrag anlangt, ſo habe ich bis auf dieſen Tag noch che wovon mehr ENG g 5 Ehe wir e ruͤhmte W. Capitän die Scnels ligkeit feines Packetboots ungemein; als wir aber auf die See kamen, war es von ſechs und neunzig Segeln das langſamſte, zu feiner. nicht geringen Kränkung. Nach; allerlei Vermuthungen uͤber den Grund davon, als wir einem faſt gleich traͤgen Schiffe, das uns aber doch uͤber⸗ hohlte, nahe waren, befahl der Capitaͤn, Alles ſollte Hand anlegen und ſo nahe als moͤglich am Wimpelſtab ſtehen. Wir waren, die Mitreiſenden mitgerechnet, an vierzig Mann; als wir dahin traten, gieng das Schiff ſchneller und ließ ſeinen Nebenmann bald weit hinter ſich; zum Erweis, wie richtig der Capitaͤn vermuthet, daß es nach vorn hin zu ſehr beladen war! Die Waſſerfaͤſſer waren 222 alle nach vorn hin geladen; dieſe ließ er alſo weiter zu: ruck legen, worauf das Schiff wirklich der beßte Segler der Flotte ward. Er erzaͤhlte, er haͤtte einmal dreizehn Meß ⸗Schnuren damit zuruͤckgelegt, welches 13 Wegſtunden in Einer Stunde gerechnet wird. Es war auch ein Capitaͤn, Archibald Kennedy, nachheriger Earl von Cafſilis, von der koͤniglichen Flotte am Bord, welcher behauptete, das ſey unmoͤglich, ſo ſchnell gehe kein Schiff, und vermuth⸗ lich liege da ein Rechnungsfehler in der Eintheilung der Lockleine, oder ein Irrthum bei Hebung des Locks zum Grunde. Die beiden Capitaͤne giengen alſo eine Wette ein, falls Wind genug wäre. Kennedy unterſuchte die Lockleine und, als er daruͤber in Richtigkeit war, beſchloß er, den Lock ſelber auszulegen. Einige Tage darauf, als der Wind recht gut und friſch war, und der Capitaͤn des Packetboots (Lutwidge) ſagte, jetzt glaube er, wuͤrde es dreizehn Schnuren machen, ſtellte Kennedy den Verſuch an und geſtand, daß er die Wette verloren. Dieſen Vor⸗ fall fuͤhre ich nur um folgender Bemerkung willen an. Man hat es immer als eine Unvollkommenheit der Schiff⸗ baukunſt angeſehen, daß man einem Schiffe nie eher, als bis man es verſucht, abmerken koͤnne, ob es ein guter Segler werde, oder nicht; und deßhalb immer ein neues ge⸗ nau nach dem Muſter eines guten alten Seglers gebaut wird, welches bisweilen gerade ausnehmend ſchlecht ausfaͤllt. Das mag wohl meines Ermeſſens zum Theil von den verſchiedenen Anſichten der Seeleute von Ladungsart, Betakelung und Segeln eines Schiffs herruͤhren; denn Jeder hat da ſei⸗ ne eigene Weiſe und daſſelbe Schiff, nach Art und Befehl eines Capitaͤns geladen, ſegelt ſchlechter, als wenn es ein Anderer laden ließ. Dazu trifft es ſich ſelten, daß ein Schiff von Einer und derſelben Perfon gebaut, ausgeruͤ⸗ ſtet und befehligt wird; vielmehr baut einer den Rumpf, 1 223 ein Anderer betakelt, ein Dritter ladet und faͤhrt es. Keiner von Allen hat die Anſicht und Erfahrung der An⸗ dern und kann mithin auch nicht aus einer Geſammtan⸗ ſicht die richtigen Folgerungen ziehen. Schon bei dem ganz einfachen Segeln auf der See habe ich oft ganz ver⸗ ſchiedene Anſichten der Befehlshaber zu verſchiedenen Zeiten, wo der Wind doch ganz gleich war, bemerkt. Der Eine wollte die Segel ſchaͤrfer, der andere ſchlaffer angezogen haben, ſo daß ſie wohl kein beſtimmtes Geſetz dafuͤr hat⸗ ten. Doch koͤnnte man vielleicht eine Reihe Verſuche an⸗ ſtellen, um erſtens die gehoͤrige Form des Rumpfs zum Schnellſegeln, dann die beßten Verhaͤltniſſe und die ſchick⸗ lichſte Stelle fuͤr die Maſten, ferner die Form und Menge der Segel und ihre Richtung nach dem jedesmaligen Winde, endlich die Vertheilung der Fracht auszumitteln. Wir leben ja in dem Zeitalter der Verſuche und ich meine, eine Reihe genau angeſtellter und richtig berechne; ter muͤßte von großem Nutzen ſeyn. Wir wurden mehrmal auf unſerer Fahrt verfolgt, ſtachen aber Alle aus und hatten in 30 Tagen Ankergrund. Wir hatten gute Beobachter und der Capitaͤn glaubte, wir waͤren unſerm Haven (Falmouth) ſo nahe, daß, wenn wir in der Nacht gute Fahrt haͤtten, wir fruͤh aus der Muͤndung des Havens ſeyn muͤßten, und durch die naͤcht⸗ liche Fahrt auch den feindlichen Kapern, die oft um den Eingang in den Canal kreuzten, entgehen koͤnnten. So⸗ fort wurden alle mögliche Segel aufgeſpannt und, da der Wind friſch und gut war, ſo liefen wir geradeswegs mit ihm eine tuͤchtige Strecke. Der Capitaͤn richtete, nach ſeiner Bemerkung, die Fahrt ſo ein, weil er glaubte, weit ab von den Scillyfelſen zu kommen; es ſcheint * 224 aber zuweilen im St. George's Canal eine ſtarke Stroͤ⸗ mung einzutreten, welche fruͤher den Verluſt des Geſchwa⸗ ders von Sir Cloudesley Shovel (1707) veran⸗ laßte; ſo mochte es wohl auch uns ergehen. Wir hatten einen Wächter am Bogen, welchem oft zugerufen ward: „ſieh dich wohl vor!“ und er antwortete immer „ja ja;“ vielleicht aber waren ihm die Augen zugefallen und er halb im Schlafe, wie denn dergleichen Leute oft ma⸗ ſchinenmaͤßig antworten ſollen; denn er ſah einen Leucht⸗ thurm nicht, der gerade vor uns lag und durch die Se⸗ gelknoͤpfe derer am Steuer, wie durch die uͤbrigen Waͤch⸗ ter verdeckt, aber durch ein zufaͤlliges Wanken des Schiffs entdeckt ward und, weil wir ſehr nahe daran waren, viel Beſorgniß machte; mir kam die Leuchte wie ein Wagenrad vor. Es war Mitternacht und unſer Capitaͤn ſchlief feſt; aber Capitaͤn Kennedy ſprang auf das Verdeck, ſah die Gefahr, ließ das Schiff umdrehen und alle Segel einziehen; eine fuͤr die Maſten gefaͤhrliche Un⸗ ternehmung, die uns aber flott machte und vom Schiff⸗ bruch rettete; denn wir waͤren ſchnell an die Felſen ge⸗ rannt, auf welchen das Licht flammte! Dieß uͤberzeugte. mich ſtark von dem Nutzen der Leuchtthuͤrme und ich be⸗ ſchloß, wenn ich wieder lebendig nach America nene eini⸗ ge daſelbſt anlegen zu laſſen. Fruͤh ſahen wir aus Ankergrund ꝛc. daß wir nahe an unſerm Haven waren; aber noch entzog uns ein dicker Nebel den Anblick des Landes. Um neun Uhr ſtieg der Nebel allmaͤlich, wie vom Waſſer gehoben, gleich einem Buͤhnenvorhang auf, und dahinter trat die Stadt Fal⸗ mouth, die Fahrzeuge im Haven und die Umgegend, her⸗ vor. Ein freudiger Anblick fuͤr die, welche lange nichts * als das einfoͤrmig wuͤſte Meer erblickt batten! um 0 1 905 da nun auch die Augſt überſtanden war. 75 8 Ich chiffte mich fogteich mit meinem Sohne can London ein und wir hielten uns unterwegs nur kurze Zeit auf, gelegentlich Stonehenge auf der Salisbuch⸗ ebene, wie Lord Pembroke's Haus und Gaͤrten, nebſt den ſchenswürbigen Alterthuͤmern von Wilton zu befehen, 5 1 33 Am 27. Julius 1757 kamen wir in London all. 1 So weit Franklin Ae 2 3 1290 1 DR 144 n 1270 III. f Da er ſich bloß auf fein Gedächtniß W wußte ſo wird hier fuͤglich Eines und das Andere über Penn; ſylvaniens Verhaͤltniſſe zur Zeit 1 Abreiſe nat hohlt werden koͤnnen. 1 Im Januar 1757 ſtimmte ba Haus über eine Bil, 0 ſteuerbare Vermögen in Se Landſchaft, Sr. Maß die Summe von 100,000 Pf. zu verwilligen; als aber Statthalter Denny ſie beſtaͤtigen ſollte, weigerte er ſich ) In einem Briefe an ſeine Gattin, Falmouth, d. 17. Julius 1757 ſchreibt er noch: „gerade als die Glocke zur Kirche lautete, kamen wir hier an und dankten Gott mit vollem Herzen fuͤr die erwieſene Gnade. Waͤre ich ein Katholik, ich haͤtte dießmal vielleicht gelobt, irgend einem Heiligen eeine Capelle zu bauen; da ich es aber nicht bin, fo moͤchte ich, wenn uͤberhaupt, einen Leuchtthurm zu bauen gelobeg, Tranklin's Leben. IL, Abth. 866 deſſen mittelſt eines Sendbriefs, welcher unter andern auch folgendes merfmürdige Geſtaͤndniß ſeiner Unterwuͤrfigkeit unter die Pennfamilie enthielt. „Die Handelsgenoſſam iſt bereit, ihre Güter auf die, ihr vernünftig und den Landſteuerverhandlungen unſeres Mutterlandes im Parlas ment gemaͤß ſcheinende, Art beſteuern zu laſſen. Ich kann mich darüber mit Ihnen in keinen Streit einlaſſen, da dieß nicht diſſeits des Meers entſchieden werden kann; auch ſehe ich nicht ein, wozu es fuͤhren ſollte, da die Han⸗ delsgenoſſam mir ausdruͤcklich auferlegt hat, keine, gegen ihre Verhaltungsbefehle laufende, Bill durchzulaſſen. Da Sr. Maj. Dienſt, und die Vertheidigung dieſer Landſchaft es nothwendig machen, unmittelbare Unter⸗ ſtuͤtzung zu beziehen, ſo muß ich Ihnen ernſtlich empfeh⸗ len, eine Bill zu entwerfen, welche durchzulaſſen in mei⸗ ner Macht ſteht, die ſich mit meiner Ehre und der Ver⸗ bindlichkeit gegen die Handelsgenoſſam vertraͤgt, welche Sie mir zu verletzen hoffentlich nicht anmuthen werden. Ich habe in einzelnen Theilen der vorliegenden Bill einige Aenderungen vorzuſchlagen, die ich Ihnen, ſobald ich weiß, daß Sie eine, von den erwaͤhnten Einwuͤrfen freie, Bill zu ſtellen entſchloſſen ſind, mittheilen werde.“ Hier⸗ auf faßte die Tagſatzung einen Beſchluß in Form einer Gegenvorſtellung, die Franklin, wie offenbar die ganze Darſtellungsart beweiſet, verfaßt hatte. Es war aber Folgende: „Die Vermittler des freien Volks in Pennſylvanien ſtellen hiemit, in allgemeiner Tagſatzung vereint, unter⸗ thaͤnig vor: Daß die, in Ew. Herrl. Bothſchaft vom vorigen Donnerstag erklaͤrte Bereitwilligkeit der Handels⸗ genoſſam ſich beſteuern zu laſſen, bloß die Abſicht haben kann, ihre Obern hinzuhalten und zu hintergehen; maaßen 1 227 fie. in ihren Weiſungen ihre ſaͤmmtlichen ſteuerfreien Ein⸗ kuͤnfte, verpachtete unangebaute Laͤndereien, auf Zins geliehene Kaufgelder, kurz, ſoviel von ihrem ungeheuern Gut und Vermoͤgen ausgenommen hat, daß, ſo weit wir einſehen, ihre Steuer noch unter der eines gemeinen Landwirths, oder Gewerbsmannes ſeyn würde. ä „Daß, wiewohl die Weiſungen der Handelsgenoſſam keineswegs fuͤr dieſe Landſchaft Geſetze ſind, wir ihnen doch bereits nachgegeben haben, indem wir die gegebene Sum⸗ me auf eine in Einem Jahre erhebbare beſchraͤnkt haben. Haͤtten wir ihr auch im Uebrigen nachgeben wollen, ſo wuͤrde irgend etwas, wie die dermaligen Erforderniſſe der Land⸗ ſchaft, zu heben, durchaus unmoͤglich ſeyn. „Daß das ſichtliche Beduͤrfniß einer fo großen Sum⸗ me, für Sr. Maj. Dienſt und die Vertheidigung dieſer Landſchaft, wie der Statthalter ſelbſt ſie beſtimmt, uns zu einer Anſtrengung uͤber unſer Vermoͤgen gezwungen hat, und wir gewiß ſind, daß Hunderte von Familien durch Zahlung dieſer Steuer elend werden muͤſſen. „Daß wir den, laut koͤniglicher und landſchaftlicher Verbriefungen, wie landſchaftlicher Geſetze uns zuſtehen⸗ den Rechten treu und gemäß, als Engliſche Mittler⸗ behoͤrde dieſe Bill aufgefest. „Daß die Bill, hinſichtlich der Handelsgenoſſam recht und billig, und den Geſetzen unſeres Mutterlandes nicht zuwider laufend, ſondern dieſen, ſoweit es unſere verſchie⸗ denen Umſtände nur immer geſtatten, angemeſſen, auch ſonſt keiner anderweitigen koͤniglichen Weiſung widerſpre— chend iſt. Daß, wie groß und für dieß Volk ſchwer eve 2 g P 2 5 228 en die Summe auch iſt, wir ſie doch frei unſerm gnaͤdigen König zu ſeinem Dienſt und der Vertheidigung A Pflanzung gegen Sr. Maj. Feinde anbieten. „Daß, wenn die Handelsgenoſſam uns Geldverwil— ligung an die Krone, in dieſen Zeiten des Kriegs und der die Landſchaft bedrohenden Gefahr, nicht geſtatten will, wofern wir nicht ihr Vermoͤgen ſteuerfrei laſſen, ſie, nach unſern Begriffen beleidigend und ungerecht gegen den Vortheil der Krone, gegen das Volk aber zwinghert⸗ lich handelt. „Daß wir ferner in aller unterthönigktit meinen, weder die Handelsgenoſſam, noch irgend eine Macht auf Erden habe ſich zwiſchen uns und unſern Landesherrn zu werfen, und unſere freiwilligen Gaben und Verwilligun⸗ gen zu Dienſten Sr. Maj. zu beſtimmen, oder zu untere ſagen. | „Daß, wiewohl der Statthalter Verbindlichkeiten ge: gen die Genoſſam haben mag, er doch, unſeres Erachtens, noch groͤßere gegen die Krone und das Volk hat, welchem er als Statthalter gegeben iſt, um den Dienſt der erſtern zu foͤrdern, die Rechte des letztern zu behuͤthen und es ge⸗ gen grauſame Feinde zu ſchüten. . „Deßhalb fordern wir, im Namen unſeres aller⸗ gnaͤdigſten Landesherrn und zum Beßten des ungluͤcklichen Volks, deſſen Mittler wir ſind, einmuͤthig vom Statt⸗ halter, als unſer Recht, daß er die Bill, welche wir ihm hiermit vorlegen, wodurch Sr. Maj Ein hundert tauſend Pf. zu Vertheidigung dieſer Landſchaft verwilligt werden, ſeine Beiſtimmung gebe, und zwar, da es eine 229 Geldbill iſt, ohne alle Aenderung, oder Verbeſſerung, trotz allen Weiſungen der Handelsgenoſſam, maaßen er der Krone fuͤr alle Folgen ſeiner Weigerung auf ſeine Ge⸗ fahr verantwortlich iſt und zu haften hat. ö Unterzeichnet auf Befehl des Hauſes EM 28. Januar 1757. . 5 Norritz, Sprecher. Wie gruͤndlich und geiſtvoll zugleich dieſe Vorſtellung war, bewirkte ſie doch nichts, als daß der Statthalter ſich nochmals weigerte und eine muͤhſelige Rechtfertigung aufſetzte, worin er ſich auf das Parlamentsherkommen in England und die angebliche Haͤrte, unangebaute Laͤnde⸗ reien der Handelsgenoſſam zu beſteuern, bezog. Seine Einwürfe wurden, mit aller Franklin eigenthuͤmlichen Klarheit, ausfuhrlich nach der Reihe beantwortet. Zum Schluß hieß es: „Wird unterm 28. Febr. 1757 befoh⸗ len, daß Hr. Roberdeau und Hr. Yorke dem Statt: halter mit der Verwilligungsbill von 100,000 Pf. zur Vertheidigung der Landſchaft aufwarten und ihm melden, daß, nach Empfang ſeiner Bothſchaft vom 12. dieſes, welche mit unſerer letzten Ergaͤnzbill ankam, der Ausſchuß, an welchen die Bothſchaft ergangen, uͤber alle Einwuͤrfe gegen dieſe Bill vollſtaͤndig berichtet, welchen Bericht nach reifer Ueberlegung das Haus gebilligt, und gefunden hatı daß dieſe Einwuͤrfe mehr Ausfluͤchte, die Bill nicht durch⸗ zulaſſen, als Gegengruͤnde ſind: — daß die Bill ſelbſt nur eine Verhandlungsurkunde ergänzt, welche, nach vollende⸗ ter Anhoͤrung von den Lords der Handelsbehoͤrde, noch juͤngſt die koͤnigliche Beiſtimmung erhalten; wir aber uns mit ſo wenig Veränderungen, als moͤglich, an jene Urkunde gehalten haben, damit die Bill dießfalls keinen Einwuͤr⸗ fen unterlaͤge — daß, nach der, uns in dieſer Sitzung 230 a vorgelegten Angabe des Statthalters, die zur Vertheidi⸗ gung der Landſchaft im folgenden Jahr zu erhebende Summe einhundert und ſieben und zwanzig tauſend Pf. betraͤgt, wir jedoch nach moͤglichſt genauer Berechnung, mit ſeiner beſchraͤnkten Macht nicht mehr als dreißig ‚taufend Pfund in Einem Jahre, und mit allen von ihm vorgeſchlagenen Maaßregeln nicht ein Drittheil ſeiner An⸗ gabe aufzubringen im Stande ſind, falls ja das Haus fo pflichtvergeſſen gegen feine Machtertheiler ſeyn koͤnnte, ihre Geldgeſetze nur vor ihm anzunehmen. — Daß wir demnach feinem endlichen Schluß über dieſe Bill, welche wir ihm nochmals zum Beitritt uͤberſenden, entgegen ſehen und falls er doch ihr, wie ſie nun iſt, ſeine Bei⸗ ſtimmung verfagen ſollte, wir die Löhnung, oder Entlaf- ſung der von ihm ausgehobenen Macht ihm uͤberlaſſen muͤſſen, als der ſein Verfahren am beſten bei Sr. Maj. verantworten kann, deren Pftanzſtaͤtten wir in dringender Gefahr erachten, und fuͤr deren Vertheidigung wir um⸗ ſonſt, ſo viel es in unſern Kraͤften lag, die noͤthigen Vorkehrungen zu treffen uns bemüht haben.““ | Dieſer Kampf um Rechtsgleichheit in Einer Land- ſchaft bereitete die Americaner uͤberhaupt auf einen durch gaͤngigern Widerſtand gegen willkuͤrliche Auflagen vor. Die Weigerung der Handelsgenoſſam, ihr Theil an den oͤffentlichen Laſten zu tragen, waͤhrend ſie doch alle, aus der dadurch begruͤndeten Sicherheit entſtandenen Vortheile genoſſen, brachte Dinge zur Sprache, welche außerdem wohl in Vergeſſenheit geblieben wären. Franklin's Eräftigem Geiſt ward hiermit ein neuer Wirkungskreis angewieſen. Als er nach England kam, warfen ihm diejenigen, deren Vortheil es war, die Gemuͤther gegen ſeine kraͤftig e 2231 eindringlichen Darſtellungen einzunehmen, allerlei betraͤcht⸗ liche Hinderniſſe in den Weg. Zu dieſem Endzweck ent⸗ hielten Zeitungen immer einen Nachtrag angeblicher Kunde aus Pennſylvanien, die aber in der That in London ge⸗ fertigt ward und gar arge Bemerkungen uͤber die Tag⸗ ſatzung und Einwohner der Landſchaft machte. Da ward ihr Widerſtand gegen die Anmaaßungen der Handelsge⸗ noſſam ihnen als. Selbſtſucht und Widerſpaͤnſtigkeit ges deutet. Dazu kannte, zu nicht geringer Kraͤnkung des Geſchaͤftstraͤgers der Landſchaft, das Volk den inneren Zu⸗ ſtand der Niederlaſſungen ſo gar wenig, daß es faſt alle von dort aus gefuͤhrte Beſchwerden gleichguͤltig anhoͤrte. Da die oͤffentliche Auſmerkſamkeit befonders auf den Kriegs⸗ fortgang in Teutſchland gerichtet war, ſo war die Aufga⸗ be nur noch ſchwieriger, die, von eigennuͤtzigen Einzelnen, gegen die billigen Forderungen einer Pflanzung in einem andern Welttheil bewirkten, Eindruͤcke zu verwiſchen. Nimmt man hiezu noch, daß Regierungen gewoͤhnlich ſich ungern in Örtliche Streitigkeiten, welche aus Zweideutigkeit oder auch Mißverſtand koͤniglicher Bewilligungen hervorgehen, einlaſſen, fo war hier allerdings, was einen Vertreter der Pennſylvaniſchen Tagſatzung mehr abſchrecken, als er— muthigen konnte. Die damaligen Curopaͤiſchen Staaten verhaͤltniſſe, das Uebergewicht derer, mit welchen zu un⸗ terhandeln, oder auch zu kaͤmpfen war, haͤtte wohl die — kraͤftigſten und in den Raͤnken oͤffentlicher Verhandlungen erfahrenſten Maͤnner niedergeworfen. Gleichwohl reizten gerade dieſe Schwierigkeiten ſeine Kraft und legten den Grund zu Verhaͤltniſſen und Verbeſſerungen, die außer⸗ dem wahrſcheinlich nicht Statt gefunden haͤtten. Franklin's erſtes Augenmerk war die öffentliche Mei⸗ nung uͤber ſeinen Zweck. Da er ſah, daß man dazu die 7 232 Preſſe brauchte, fo nuͤtzte auch er, im Bewußtſeyn feiner Kraft ſowohl als ſeiner gerechten Sache, dieß Mittel, Ver⸗ laͤumdungen durch Thatſachen zu widerlegen und durch einfache, folgerichtige Eroͤrterungen, Irrthümer, wel⸗ che aus verfehlten Darſtellungen ö u be: nichtigen. f Es bot ſich auch bald ein Anlaß, den Gegenſtand gehoͤrig vor der Welt zur Sprache zu bringen. In einer Zeitung welche „(Citizen or general advertizer)“ hieß, ward naͤmlich geſagt, Briefen aus Philadel⸗ phia zufolge, ſeyen von den Indiern ſchreckliche Ver⸗ wuͤſtungen unter den Bewohnern der tieferen Lands fhaften angerichtet worden, und, trotz dieſen Grauſam⸗ keiten, waͤren die Zaͤnkereien zwiſchen dem Statthalter und der Tagſatzung lebhafter, als je, die gegenſeitigen Zur fertigungen aber der Art, daß wenig Ausſicht zur Verſoͤh⸗ nung ſey. Dann ward in das Einzelne eingegangen und geſagt, die Geldhebungsbill fen fo übertrieben geweſen, daß der Statthalter nicht habe beitreten koͤnnen; die Hartnaͤckigkeit der Quaͤker in der Tagſatzung habe durch⸗ aus nichts daran aͤndern laſſen, ſo daß, waͤhrend der Feind im Herzen des Landes ſey, Spitzfindigkeiten alle Linderung und Rettung hintertrieben. Dieß war nun offenbar darauf berechnet, gegen die Verſammlung einzu⸗ nehmen, die Mitglieder derſelben fo meuteriſch darzuſtel⸗ len, daß ſie um ſelbſtſuͤchtiger Zwecke willen, das Wohl ihres Landes opferten, und ſo erſtorben für alles menſch⸗ liche Zartgefuͤhl, daß ſie ihre huͤlfloſen Mitgeſchoͤpfe lie⸗ ber wilder Grauſamkeit preis gaͤben, als ihre beſondern Zwiſte beſeitigten. Es bedurfte aber keines großen Scharf: ſinnes, um einzuſehen, daß die Beſtuͤrzung uͤber das Er⸗ ſcheinen eines Bevollmaͤchtigen der Landſchaft in London 233 dieß Machwerk veranlaßte. Indeß wollte es ſich einmal doch nicht ſchicken, eine Sache in oͤffentliche Eroͤrterung zu ziehen, die er zu friedlichem Schluß zu bringen geſen⸗ det war; jedoch eben ſo wenig durfte er andererſeits ganz dazu ſchweigen, da es ſeine Schuͤtzlinge galt. Er ließ alſo unter dem Namen ſeines Sohnes in daſſelbe Blatt eine Antwort einruͤcken, die, zu ſeiner Freude, auch in bedeutendere und geleſenere Blätter aufgenommen ward. In dieſem, vom Pennſylvaniſchen Kaffeehaus, London, den 16. Sept. 1757 geſchriebenen Briefe wird die Ein: lispelung widerlegt, als ob Eine Landſchaft ganz geduldig mehr von den Indiern litte, da doch alle übrigen Pflan⸗ zungen der wilden Raubſucht gleich ſehr, wie Pennſylva⸗ nien, ausgeſetzt waren. Hierauf wird bemerkt, daß die Graͤnzeinwohner dieſer Landſchaft nicht Quaker wären, vielmehr haͤufig mit Waffen in der Hand dem Feind ge⸗ wehrt haͤtten. Hinſichtlich der ſo gehaͤßig erwaͤhnten Zwiſte ward gezeigt, daß fie hauptſaͤchlich von neuen Vers haltungsregeln und Befehlen aus England herruͤhrten, welche dem Statthalter zur Pflicht machten, kein Geſetz zu genehmigen, das die Vertheidigung des Landes an⸗ gienge, wofern nicht der Handelsgenoſſam Eigenthum, groͤßtentheils wenigſtens, laſtenfrei gelaſſen würde. Fer⸗ ner, daß die als Anſtifter bezuͤchtigten Quaͤker nur einen kleinen Theil in der Landſchaft ausmachten und bei den Zwiſten nicht thätiger wären, als die übrigen Bewohner, welche ſaͤmmtlich, bis auf die Beamteten und Anhaͤnger der Handelsgenoſſam, fuͤr ihre Rechte ſtritten; daß dieſe Quaͤker, trotz ihrer Gewiſſenhaftigkeit hinſichtlich der Be: waffnung, doch gar reichlich zur Landesvertheidigung beige⸗ ſteuert und um Alles, was gegen ihre beſondere Anſicht verſtoßen und ſomit in der Tagſatzung hinderlich werden koͤnnte, zu vermeiden, meiſtentheils nicht einmal zur 234 — — | Tagſatzung ſich einfänden. Endlich ward ein Bild vom Zu: ſtande der Landſchaft und dem Volksgeiſte aufgeſtellt, woraus das Britiſche Volk erſehen konnte, daß alles zur Graͤnzſicherung und Schutz des Verkehrs mit den be⸗ nachbarten Regierungen Gehoͤrige, ohne alle Beiſteuer von dieſen Pflanzungen, oder auch dem Wüinelende geſche⸗ hen ſey. Dieſer Aufſatz mußte denkende Maͤnner auf die Lage Pennſolvaniens und die daher kommenden Beſchwerden aufmerkſam machen. Um nun vollends alle Entſtellungen einer eigenſuͤchtigen Parthei zu entkraͤften, ſetzte Franklin, waͤhrend er Unterhandlungen mit der Handelsgenoſſam anknuͤpfte, in Mußeſtunden auch eine umſtaͤndliche Nach- richt uͤber die Landſchaft auf. Dieß war nothwendig, weil man Pennſylvanien in mehrern Zeitſchriften Undank gegen den Stifter der Pflanzung, Ungerechtigkeit gegen die dermalige Handelsgenoſſam und Liebloſigkeit gegen das Mutterland vorwarf. Dieſe Anſicht hatte ſo tief Wurzel geſchlagen, daß Franklin ſich wenig von ſeiner Sendung verſprechen durfte, wenn er ſie nicht ganz aus⸗ rotten und niederſchlagen konnte. Er entwarf alſo eine Geſchichte der Landſchaft von ihrer erſten Anſiedelung an und des in ihrer Staatsfuͤhrung erfahrenen Wechſels. Sie wuchs ihm, wegen Menge der Thatſachen und nos, thiger Erlaͤuterungen, unter den Haͤnden und erſchien im Anfang des Jahres 1759 unter dem Titel: „Geſchicht— liche Ueberſicht der Verfaſſung und Regie⸗ rung Pennſylvaniens von ſeinem Urſprung, ſoweit fie die, von Zeit zu Zeit zwiſchen den Statthaltern und den Tagſatzungen ſtreitig gewordenen Puncte betrifft. Aus Urkunden,“ mit dem Motto, wer ſeine weſentliche Freiheit — 235 aufgiebt, um einſtweilige unbedeutende Ret⸗ tung zu erkaufen, verdient weder Freiheit noch Rettung.“ Nothwendig ward der Verfaſſer ge⸗ fliſſentlich verſchwiegen. So galt das Werk lange für ein Erzeugniß Jac. Ralph's, der lange in Philadelphia | geweſen, und als ſtaatiſcher Schriftſteller wohl Antheil an dieſer, ihm fo wohl bekannten Landfchaft -hätte nehmen koͤnnen. Dieß ließ ſich Franklin, wenn er es nicht ab⸗ ſichtlich ſelbſt veranlaßte, gar gern gefallen, um die Auf: merkſamkeit derer abzuleiten, die aus Selbſtſucht und Rache ſeine Berufung auf das Volk, vielleicht als Belei⸗ digung der Regierung, wie einzelner Perſonen, verſchrien haͤtten. Jetzt iſt nun wohl der Verfaſſer nicht leicht mehr zu verkennen; damals aber war fein Schriftſtelleri⸗ ſcher Charakter noch nicht feſt und entſchieden anerkannt. Dennoch wurde das Buch fleißig geleſen und von den gabe tigſten 3 gelobt. ö Schon die e an Arthur Ons low, den ehrwuͤrdigen Sprecher des Unterhauſes, haͤtte, die epigra⸗ matiſchen Wendungen und die durchgaͤngige Glaͤtte des Werks auch abgerechnet, ihn verrathen muͤſſen. Wir theilen ſie daher, nebſt der Einleitung, hier mit. | „Dem Ehrenwerthen Arthur Onslow, Esgq. Sprecher des Unterhauſes. Der Gegenſtand vorliegender Blaͤtter iſt ein ſehr ungluͤcklicher: nämlich der Streit zwifchen der Handelsge⸗ noſſam und den Tagſatzungen von Pennſylvanien; ein Streit, der oft den Staatsdienſt verwirrt, ja gefaͤhrdet, lang geſchwebt hat und noch immer weit vom tene, entfernt zu ſeyn ſcheint! — 236 Unſer geſegneter Heiland tadelt die Phariſaͤer, daß ſie den Menſchen ſchwere Buͤrden auflegen, welche fie tert richt mit einem Singer anruͤhren mochten. Unſere Penne nee hat daſſelbe gethan und die Landſchaft hat ſich um Gemeinwohlswillen bisher dieſer Aufbuͤrdung unterzogen; freilich nicht ohne die ernſteſte Bemuͤhung, die Laſt gleichmaͤßig zu vertheilen, ihr Recht dazu vollftändigft und deutlich darzuthun, und fi gegen Gewalt auf’ 8 e zu verwahren. . ſie ſich aber von den bekannten Geſchaͤfts⸗ traͤgern und Dienern dieſer Herrn, ihren Mitunterthanen, höchft beleidigend entſtellt und verlaͤumdet gefunden, ſieht ſie ſich endlich genoͤthigt, eine geſchichtliche Schilderung der Sache aufzuſtellen und dießfalls ſich an das oͤffentliche Urtheil zu wenden. Iſt die oͤffentliche Meinung für fie gewonnen, fo kann ſie um ſo vertrauensvoller zu der Wetsheit des Par— laments und der Majeftät der Krone aufblicken, von wan⸗ nen allein wirkſames Heil kommen kann. Ihren Haͤnden uͤberreiche ich mit Ergebenheit dieſe Blätter, aus Ruͤckſichten, die fo klar am Tage liegen, daß fie keiner näheren Auseinanderſetzung bedürfen, Die Roͤmiſchen Landſchaften bedurften des Schutzes nicht mehr, als die unſern; und Schuͤtzlinge, wie wir, zögen Cato's Unbeſcholtenheit Caͤſar's Gluͤck vor. Was wir anbringen, iſt in der That Sache aller Landſchaften in Einer, iſt Sache jedes Britiſchen Unter, | | 1 thans in jeglichem Theile Briiiſcher Herrſchaft. Es iſt Soche jedes Mannes irgendwo, der frei zu ſeyn ver⸗ An | Die Schicktichkeit alſo, diese Blaͤtter an einen Mann zu richten, der, unter fo mancherlei wechſelnden Parla⸗ menten, ſo ehrenvoll und ſo ganz zur Zufriedenheit des Volks an der Spitze des Unterhauf es geſtanden, kann wohl nicht in Frage geſtellt werden. N Vielleicht laͤcheln Sie, wenn Sie leſen, wie eine landſchaftliche Tagſatzung ſich auf Rechte und Anſpruͤche eines Parlaments bezieht; aber wir glauben be ſcheiden, daß es ohne die mindeſte Beimiſchung von Empfindlich⸗ keit geſchehen wird. Denn dieſe Tagſatzungen haben kei⸗ nen andern Zweck, als lediglich ihre Gerechtſame auf die vernünftigſte und feſteſte Grundlage zur Sicherheit und zum Beßten ihrer Vollmachtertheiler zu gründen. | Sie werden ergebenſt erſucht, darum nicht ſchlimmer von dieſer Zueignung zu denken, weil ſie ohne Ihre Er⸗ made und Mitwiffen iſt. Niemand bittet um Erlaubniß, eine Schuld zahlen zu duͤrfen. Jeder Brite aber iſt Ihr Schuldner, und alles was wir geſagt haben, oder ſagen koͤnnen, iſt nur eine geringe Abſchlagszahlung auf das, was wir Ihnen ſchuldig find. Sie haben die Stelle, welche Sie bekleiden, eben ſo ſehr geehrt, als die Stelle Sie. Rechtſchaffenheit und Wuͤrde ſind Ihr Gemuͤthszug. N — Moͤge dieſe Stelle ſtets durch gleiche ne Ne Glanz erhalten! Dieß ſollten wir wenigſtens in unſer Gebet faſſen, moͤchten wir es nun erwarten dürfen, oder nicht. Im Namen der Landſchaft Pennſylvanien, wie für meine Wenigkeit, habe ich die Ehre mit tiefſter Hochach⸗ 8 sung zu ſeyn, Ihr gehorſamſter unterthaͤniger Diener. Der Herausgeber. e e e unendlich mannichfaltige Zwecke mit wenig einfachen Mitteln zu erreichen, iſt ein Hauptzug der Natur. Wie das Auge angeſprochen wird, fo der Verſtand; ferne Ge- genſtaͤnde ſprechen uns im Verhaͤltniß ihres innern Um⸗ fangs, oder der auf ſie geworfenen Lichtmaſſe an, nahe, je nachdem ſie uns neu, oder bekannt, in Bewegung oder in Ruhe ſind. So verhaͤlt es ſich auch mit Hand⸗ lungen. Eine Schlacht iſt durchaus Bewegung, ein Held durchaus Glanz; ſo lange derlei Bilder vor uns ſtehen, haben wir nichts weiter zu erwarten. Solon und Ly⸗ kurg wuͤrden auf derſelben Buͤhne mit dem Koͤnig von Preußen nicht beſonders in die Augen fallen; und wir ſind jetzt ſo in das kriegeriſche Getreibe auf dem uns naͤchſten Feſtlande *) verloren, welcher allerdings uns gar tief anſpricht, ſo daß wir kaum Zeit haben, einen Blick auf America zu werfen, wo eben auch viel auf dem *) Es war im Kriege, der 1753 begann, geſchrieben. — 29 Spiel ſteht und wo, wenn irgendwo, am Ende unfere en abgeſchloſſen e wüßte e Wir ſtarren Heir an, als daß wir üblichen laſſen uns lieber in traͤger Ruhe hinhalten, als daß wir unſerer Geduld den mindeſten Schritt uͤber die Graͤnze in ein muͤhſeliges, langweiliges Irrgewinde anmutheten, wovon uns keine Ausbeute 225 als 3 * Wie es nun ER ae sieht die nichts wunder⸗ bar finden, als das erſtaunlich Große, ſo giebt es wie⸗ derum Andere, die eben ſo geneigt ſind, ſich uͤber das erſtaunlich Kleine zu verwundern, und die ſich bei Anſicht einer Milbe mittelſt ihres Vergroͤßerungsglaſes eben ſo ſehr freuen koͤnnen, als Dr. .. wenn er die Mondläns derkunde ausmittelt, oder den Schweif eines Irrſterns Be Dieß zur Entfhuldiaung, wenn ſie anders noͤthig ſeyn ſollte, daß der Verfaſſer dieſe Blätter den Verhand⸗ lungen einer, bis noch vor kürzem in unſern Jahrbuͤchern kaum erwähnten Pflanzſtaͤtte weiht, die hinſichtlich ihrer Gründung eine der letzten auf dem Britiſchen Verzeichniß, hinſichtlich ihres Ranges eine der untergeordnetſten, die nicht nur, wie die uͤbrigen Alle, der Krone, ſondern auch — den Anforderungen einer Handelsgenoſſam unterworfen iſt welche ihr eine Ehre zu erweiſen glaubte, wenn ſie dieſelbe durch Abgeordnete beherrſcht, und die mithin um ſo mehr den Augen des Königs entzogen, um fo mehr dem Druck eigennuͤtziger Weiſungen preis gegeben iſt. Bedeutend aber doch auch hinwiederum, wie die meiſten durch gluͤckliche Lage, Fruchtbarkeit des Bodens, 240 | ; a — — Erzeugung ſchaͤtzenswerther Genuͤſſe, Menge der Bewoh⸗ ner, Schifffahrt, Ausfuhr: Betrag, ausgedehnte Rechte und Freiheiten und alle uͤbrige Erforderniſſe zum Seyn und Wohlſeyn der Geſellſchaft; bedeutender noch, als eine durch ſchnelles Wachsthum, ohne andere menſchliche Huͤlfe, als die Kraft und Tugend ihrer treflichen Ver⸗ faſſung. | a ; | Fr g 8 0 N 7 Ein Hausvater und ſeine Familie, letztere durch Liebe und Vortheil verbunden, erſter um ſeiner weiſen Lehren und des milden Gebrauchs ſeines Anſehens willen ver⸗ ehrt — dieß war die erſte Geſtalt, in welcher ſie auftrat. Wer nur nach Ruhe trachtete, fand ſie hier; und, da Keiner mit einer uͤblen Nachricht aus dem Lande zuruͤck⸗ kehrte, ſo folgten eine Menge nach; Alle nahmen an der vorgefundenen Geſammtbewegung Theil; die Gemeinde blieb ſich immer gleich, Keiner draͤngte ſich vor, Keiner ward unterdruͤckt, Gewerbſamkeit war des Gewinns, Kennt⸗ niß der Achtung, Tugend der Verehrung gewiß. Ei anmaßlicher Landwirth, feſt entſchloſſen, freie Paͤchter in niedrige Eigenleute zu verwandeln, zu ‚äunten,. wo er nicht fäete, gehalten und angetrieben von einigen verzweifelten, raͤnkeſuͤchtigen Abhaͤnglingen, einerſeits; anderſeits alle, die Verſtand genug haben, ihre Rechte zu erkennen, und Muth, ſie zu vertheidigen, einmuͤthig, als Ein Mann, gegen bemeldeten Landwirth und ſeine Durchkreuzungen verbunden — das iſt die Malie welche ſie nachher angenommen, Und gewii, einem freigebornen Volke, wie dieſem, das dieſe Freiheit unangetaſtet wiſſen wollen muß; dieſel⸗ be, wie es ſie von ſeinen Vaͤtern ererbt, auch auf ſeine Nachkommen forterben will und die Erhaltung derſelben in jedem Anhaͤngſel des Britiſchen Reichs ſich angelegen ſeyn laſſen muß, — einem ſolchen Volke koͤnnen die ein⸗ zelnen Umſtaͤnde eines ſolchen Kampfes nicht ganz gleich⸗ giltig ſeyn. | Es iſt vielmehr vernuͤnftigerweiſe denkbar, daß die erſten Anſtrebungen der Macht gegen die Freiheit, und die natuͤrlichen Gegenſtrebungen unbefangener geradſinni⸗ ger Menſchen, um ſich gegen die erſten Annaͤherungen der Unterdruͤckung ſicher zu ſtellen, auf jeden Gefuͤhlvol⸗ len und Verſtaͤndigen unter uns einen zauberiſchen Ein⸗ druck machen muͤſſen. Freiheit gedeiht, wie es ſcheint, am beßten in | Wäldern. America hat, was Teutſchland hervorbrachte, am beßten gepflegt. Und gaͤlt es nicht dabei manche fhwer zu unterdruͤckende gehaͤßige Vergleichung, die Freude, welche aus ſolch' einer Forſchung hervorgienge, muͤßte ganz lauter und ungetruͤbt ſeyn. In den von Macchiavel erwaͤhnten Florenziſchen Fehden finden wir mehr zu beklagen, als zu preiſen. Kaum koͤnnen wir glauben, daß die erſten Buͤrger der alten Freiſtaaten, wie gefeiert ſie auch in der alten Ge⸗ ſchichte ſeyn moͤgen, ſoviel Anſpruͤche auf Achtung haben. Und was uns betrifft, ſo brauchen wir uns fortan nicht mehr zu dem weiland ruhmreichen Zuſtande Franzoͤſiſcher Parlamente zu wenden, um unſere Nacheiferung zu reizen. { Es iſt unter Landwirthen bekanntlich Brauch, von Jahrszeit zu Jahrszeit ihr Getraide umzuſchuͤtten. Falls Franklin's Leben II. Abth. | Q 242 nun die Weisheit dieſer Zeit ſich zu ähnlichem Wer ſuch unter anderer Geſtalt herablaſſen wollte, ſo koͤnnten wir vielleicht lernen, wohin wir uns fuͤr unſer Geſchlecht zu wenden haͤtten. | Es ſteht Nie nicht zu hoffen, daß diejenigen, welche lange die Niederlaſſungen im Allgemeinen als abhängig vom Berathungs,-Gewerbs- und Zollamte, oder als Treibhaͤu⸗ fer für Rechtshaͤndel, Maͤkeleien und andere Geldvortheile, gleich ſehr durch Weiſungen, wie durch Geſetze pflichtig, anzuſehen gewohnt ſind, vermocht werden ſollten, dieſe vaterlandsſinnigen Bauern mit einer Art Ehrfurcht zu be⸗ trachten. Hohn muß vielmehr dem zu Theil, werden, der es fuͤr moͤglich haͤlt, ihnen mittelſt einer Feder irgend⸗ wie Glanz zu verleihen; und Entruͤſtung, daß man es wagt, die in ihre Verfaſſung eingewebte Unabhaͤngigkeit zu eroͤrtern und zu behaupten, welche jetzt, wie es ſcheint, ein ganz ungehoͤriger, und darum Araber e in theil geworden. Wie verächtlich aber auch dieſe Herrn von den Nie⸗ derlaſſungen ſprechen, wie gering fie ihre Tagſatzungen, wie unbedeutend die Pflanzer und Handwerker halten moͤ⸗ gen, woraus ſie beſtehen, Wahrheit bleibt Wahrheit und Grundſatz Grundſatz. Muth, Weisheit, Rechtſchaffenheit und Ehre ſind nicht nach dem Wirkungskreiſe, worin ſie ſich bewegen, zu meſſen, ſondern nach den Pruͤfungen, die ſie beſtehen, nach den Waͤhrmaͤnnern, die ſie ſtellen, und dann beduͤrfen ſie weder Ehrenkleider, noch Titel und Rechte.“ — | | Wiewohl ein Auszug aus einem fo reichen und um, faſſenden Werke, wie dieſe geſchichtliche Ueberſicht, nicht , 2243 leicht iſt, ſo ſoll er Br hier zu beſfun Sir vn in die FE BR werden. ; Der Berſaſſer F ir kei die Rechte der Penn⸗ ſylvanier begruͤndenden Bemerkung an, „jedes Englaͤndi⸗ ſchen Unterthans Geburtsrecht iſt, ein Eigenthum zu ha⸗ ben an Vermoͤgen, Perſon und Leumund; er iſt nur Geſetzen, welche unter ſeinem perſoͤnlichen, oder durch Vertreter mittelbaren, Beitritt Kraft erhalten, unterwor⸗ fen; dieß Geburtsrecht begleitet ihn uberall, wo er auch wandke, oder bleibe, fo lange er nur im Gebiet Briti⸗ ſcher Beſitzungen und ſeinem Lehenseide treu iſt.“ Nachdem er dergeſtalt verſtaͤndig gezeigt, daß weder Entfernung, noch Umſtaͤnde den Anſiedlern das Recht, welches ſie mit ihren Mitunterthanen gemein haben, entziehen koͤnne, geht der Geſchichtſchreiber von Pennſyl⸗ vanien auf den erſten, Wilhelm Penn im Jahr 1681 ertheilten Freibrief uͤber. Dieß war ein ſtuͤrmiſcher Zeit⸗ raum, das Volk in großer Gaͤhrung, der Hof bemuͤht, einen willkuͤhrlichen Plan zu entwerfen, den er auch mit einem kleinen ſtehenden Heere in demſelben Jahre aus⸗ zufuͤhren begann, indem er einigen Koͤrperſchaften ihre Freibriefe abſchmeichelte, andern, mittelſt Eöniglich erhobe⸗ ner Nachfrage über Rechtmaͤßigkeit, abtrotzte; dergeſtalt, daß durch Mißbrauch des Geſetzes; Abkommen der Par lamente, und Schrecken der Gewalt das Koͤnigreich in der That Beute der Willkuͤhr und des Gutduͤnkels ward. | Nachdem die Hauptabſchnitte des Freibriefs ausge⸗ waͤhlt und zuſammengedraͤngt worden, werden ſie in aller ihrer erſinnlichen Offenheit und Einfalt geſchildert, Q 2 244 = fo daß, wenn auch Liſt dabei mit unterliefe, ſie wenig⸗ ſtens nirgends beſſer verſteckt läge, „Kuͤnftigen Ber: haltungsregeln iſt ſo wenig, als moͤglich vorbehal— ten und nirgends iſt auch nur der Schatten eines Vorge— bens aufzufinden, daß derlei Verhaltungsregeln und Weis ſungen, Geſetze ſeyn ſollten. Alles iſt dem Geſetz, der Vernunft, deu Kronrechten und den Rechten der Unter— thanen gleich angemeſſen; und allerdings waͤre auch die gnaͤdige Belehnung keine geweſen, wenn es ſich anders verhalten haͤtte. Die Worte: „geſetzliche Regierung“ find tiefbedeutend. Kein Befehl eines Königs iſt ein ges ſetzlicher Befehl, wenn er nicht mit dem Geſetz über: einſtimmt und durch eins feiner Siegel beurkundet iſt; — die amtlichen Formen muͤſſen in dieſem Fall haften, daß nichts Ungeſetzliches vollzogen werde, und der Beamtete ſelbſt iſt, im Fall verbrecheriſcher Unterthaͤnigkeit, dem Geſetz verantwortlich. Es waͤre mithin uͤberfluͤßig darzu⸗ thun, daß in allen Verfahren und Gewaͤhrungen die Krone durch die Grundlage der Verfaſſung beſchraͤnkt ſey, und daß ſie, wie ſie kein Glied, kein Gelenke des Staats entziehen kann, eben ſo wenig andrerſeits eine Niederlaf: ſung auf eines gruͤnden, oder einengen kann, wozu der Unterthan, kraft des großen Freibriefs von England, nicht befugt waͤre.“ | Da dieß Gebiet bereits früher dem Herzog Jacob von Pork in Lehen gegeben war, fo mußte nothwendig eine Anweiſung von ihm auf dieß ſein Recht vorhanden ſeyn, welche auch ganz in der Ordnung mittelſt Beleh⸗ nungsurkunde im Auguſt 1682 Wilhelm Penn gegeben ward, der ſich nun mit Fleiß und Gluͤck beſtrebte, An⸗ ſtedler fuͤr die neue Niederlaſſung zu werben. Ueber das, von dieſem beruͤhmten Manne im folgenden Jahre einge⸗ ERBE 245 führte: Regierungsſyſtem bemerkt der Verfaſſer, „die Ein: fuͤhrung gebe uns ein lebhafteres Bild von dem, in der Gnadenkirchſtraße predigenden Penn, als Raphaels Car⸗ ton von dem zu Athen predigenden Paulus; er beginnt als ein gewiſſenhaſter Mann, fährt: als ein vernuͤnftiger fort, und bietet als Weltmann Allen die wahrſchein⸗ lichſten Bedingungen, um Einige zu gewinnen.“ „Dieß Regierungsgebaͤude beſtand aus vier und zwanzig Abſchnitten und ſchmeckte ſtark nach Harrington und feiner Oce ana. Die Regierung beruhte auf dem Statt⸗ halter oder Landpfleger und den freien Männern der Landſchaft, unter der Form einer landſchaftlichen Bera⸗ thung, die immer im Werden, und immer wechſelnd war, und der allgemeinen Tagſatzung. Von ihnen insge⸗ ſammt wurden die Geſetze verfaßt, alle Beamtete angeſtellt, alle öffentliche Angelegenheiten verhandelt. Zwei und ſiebzig war die Zahl, woraus dieſe Berathung beſtehen ſollte; ſie wurden aus den freien Maͤnnern gewählt, und wiewohl der Landpſleger, oder ſeine Abgeordneten, fortwaͤhrender Vorſtand war, hatte er doch nur drei Stim⸗ men. Ein Drittheil von ihnen ward zufoͤrderſt auf drei Jahre, ein Drittheil auf zwei, ein Drittheil auf Ein Jahr gewählt, dergeſtalt daß jahrlich vier und zwanzig neue Mitglieder für Andere eintraten ic. Die allgemeine Tagſatzung ſollte Anfangs aus allen freien Maͤnnern, dann aus zweihundert e nie aber uͤber fünfhundert ſteigen.“ „Der in England e een Geſetze waren im Ganzen vierzig; theils ſtaatiſche, theils ſittliche, theils Haushaltsgeſetze. Sie ſind wie ein Urvertrag zwiſchen Grundherrn und freien Männern, wurden auch als fol: che gegenſeitig angenommen und vollſtreckt.“ 246 | „Im naͤchſten Jahr aber, als die Buͤhne aus dem Mutterland in die Pflanzſtaͤtte verlegt ward, aͤnderte ſich auch die Geſetzgeberbehoͤrde. Jetzt trat weniger der Mann Gottes, als vielmehr der Weltmann auf. Eins hatte er bereits, gegen die Neigung feiner Anhaͤn⸗ ger, durchgeſetzt, naͤmlich den Vorbehalt von ſteuerfreiem Einkommen „ wogegen fie ſich, als eine Laſt an ſich und mit dem Kaufgelde zuſammengenommen als unher— koͤmmlich und beiſpiellos vernehmen gelaſſen; er unter⸗ ſchied aber ſehr fein zwiſchen Grundherrn und Landpfle⸗ ger, ließ einfließen, Landpflegerthum muͤſſe mit Glanz und Wuͤrde unterhalten werden und dießfalls von andern Auflagen frei ſeyn; der Koͤder lockte und es gieng durch. 15 „Schlangenklugheit mit Taubeneinfalt zu paaren iſt leichter geſagt, als gethan. Hatte er einmal in dieſem Fall das Gewicht feines Einfluſſes und die Gewalt ſeiner Ueberredung erfahren, ſo war er kaum gelandet, als er einen doppelten Plan entwarf, die Landſchaft mit dem Gebiet zu vereinen, ob er gleich im Grunde wohl nicht dazu und ſtatt der fruͤheren Regierungsform, welche dem großen Zweck, daheim Unterthanen zu werben, entſpro⸗ chen hatte, eine neue einzufuͤhren befugt ſeyn mochte, welche er nur für feinen Vortheil ergiebiger einrichtete.“ So war die urſpruͤngliche Niederlaſſung des Gruͤn⸗ ders und Geſetzgebers von Pennſylvanien, der als ein zweiter Lykurg geprieſen worden iſt, und gleichwohl ſchon damals nicht unbeargwohnt geblieben zu ſeyn ſcheint. Denn manche ſeiner Freunde bezuͤchtigten ihn eines fei⸗ nen und liſtigen Verfahrens, womit er ſeine urſpruͤngli⸗ che Regierungsform beſeitigt und ein paar Monate dar⸗ auf eine andere eingefuͤhrt, angeblich um die ihm von der 247 Krone verliehene Landſchaft und die mittelſt Anweiſung vom Herzog von Vork erhaltenen geringere Bereiche zu vereinen. In weniger, als drei Jahren nach ſeiner Ankunft, und als nun ſeine Pflanzung ein verſprechendes Anſehen gewann, kehrte er wieder nach England, um einige zwi⸗ ſchen ihm und Lord Baltimore, «dem Grundherrn von Maryland, entſtandene Streitigkeiten beizulegen. Jetzt ſaß Jacob II. auf dem Thron, und man kann nicht laͤugnen, Penn war dieſem mißleiteten Monarchen, der, wie mit dem Verfahren ſeines Gerichtshofes hoͤchſt vers traute Maͤnner behaupten, von ihm zu gar manchen nachtheiligen Schritten verleitet wurde, welche die Staats⸗ umwaͤlzung beſchleunigten, ſehr eng verbunden. Penn zog ſich auch damals durch ſein Benehmen vie⸗ len Tadel zu; und zum Beweis, daß feine Verbindung mit den Freunden des verbannten Monarchen ihn auch der neuen Regierung noch verdaͤchtig machte, ward er ſeines Anſehns in ſeiner noch jugendlichen Niederlaſſung, mittelſt koͤniglichen Auftrags, 1693 beraubt. Indeß be⸗ kam er drei Jahr nachher die, von der Krone angenom- menen Rechte wieder und 1701 ſchenkte er den Bewoh⸗ nern von Pennſylvanien und dem zubehoͤrigen Gebiet einen neuen Freibrief, welcher ſeitdem das angenommene Formular, oder die Regel der Regierung fuͤr die Land⸗ ſchaft ward. Mit dieſem Freibrief wurde, wiewohl Vieles von der erſten Einrichtung blieb, doch auch Vieles aufgehoben. „Das Volk hatte nun die Glieder der Berathungsbehoͤrde nicht mehr zu waͤhlen; mithin wurden alle, die hier die⸗ ar N | SS nen ſollten, von Landpfleger ernannt und mußten natuͤr⸗ lich auf Bedingungen, wie ſie ihm beliebten, dienen. Statt daß er ſonſt unter zwei und ſiebzig Stimmen nur drei hatte, war er jetzt der einzige Vollſtrecker und es ſtand ihm frei, auch die geſetzgebende Gewalt dadurch einzu— ſchranken, daß er ihren Bills, wenn er es für gut hielt, feine Beiſtimmung verſagte.“ Dafür war jedoch geſorgt, daß jaͤhrlich von den freien Männern eine Tagſatzung ‚gewählt wurde, beſtehend aus vier oder auch mehreren Perſonen aus jedem Kreiſe, wenn der Landpfleger und die Tagſatzung es genehmigten, mit aller Vollmacht und Gerechtſamen eines berathſchlagenden Vereins, gemaͤß den Rochten freigeborener Britiſcher Unterthanen. Nach eini⸗ gen Vorkehrungen zu gehoͤriger Gerechtigkeitspflege ent⸗ ſchied dieſe Urkunde, daß keine Verhandlung, kein Geſetz noch Anordnung fortan irgendwenn die Form oder Wir⸗ kung dieſes Freibriefs, oder eines Theils, oder einer Klauſel darin aͤndern, vertauſchen, oder vermindern ſollte, ohne Zuſtimmung des Landpflegers der Zeit und ſechs Theilen von ſieben in der Tagſatzung. „Andrerſeits ward auch die Tagſatzung, welche Anfangs keine Geſetze vorſchlagen, obwohl beſſern oder verwerfen konnte, in Be⸗ ſitz dieſer Freiheit geſetzt und im EN war 9 Dan⸗ kes⸗ als Klagenswerthes.“ Jedoch fand ſich bald Anlaß zur Klage im Betreff verlangter Huͤlfsgelder. Der Freibrief, den Penn von der Krone erhalten hatte, ſprach von einem weit groͤßern Gebiets⸗Umſang, als er bei'm erſten Kauf von den In⸗ diern entnehmen konnte; und ſelbſt noch in der Kindheit der Pflanzung hatte die Tagſatzung unuͤberlegt beſtimmt, daß, falls Jemand Land von den Inngebornen, ins nerhalb der Graͤnzen der Landſchaft zu kaufen, ohne 249 vorgängige Erlaubniß des Grundheren, ſich unterfienge, Handel und Kauf nichtig ſeyn ſollten. Da er ſolcherge⸗ ſtalt der einzige Kaͤufer geworden war, ſo rechnete er dar⸗ auf, daß er immer nach dem Indiſchen Preis unter den⸗ ſelben Bedingungen, ſo viel Land er nur wollte, erhalten könnte und, fo lange der vorhandene Laͤndereibeſtand, oder wenigſtens ſoviel davon, als er zu ſeiner Verfuͤgung noͤ⸗ thig erachtete, ziemlich gut verkauft werden konnte, hielt er es nicht fuͤr raͤthlich, ſich mit mehrerem zu belaͤſtigen. Dieß traf ſich eher, als er geglaubt hatte; obwohl man geſtehen muß, daß nur wenig Staͤdteſtifter vorſichtiger geweſen. Das Wachsthum feiner Pflanzung überſtieg wirklich ſeine kuͤhnſten Erwartungen; und als allmaͤh⸗ lich neues Land angekauft werden mußte, trat auch all⸗ maͤhlich eine Ungelegenheit ein, welche vielleicht nicht voraus bedacht, oder wenigſtens nicht verhuͤthet worden war. Wer in der Gegenwart verkehtt, muß nicht allzu⸗ aͤngſtlich über moͤglich Künftiges ſeyn; und uberhaupt, was wir zu hindern nicht Kraft genug haben, moͤgen wir lieber gar nicht ſehen; wer zu viel maͤkelt, verderbt ſich oft einen Handel, wer zu wenig, erhandelt 150 oft einen Rechtsſtreit. Davon Lane man zwar leicht uͤberzeugen, daß ge⸗ legentliche Vertraͤge mit den Indiern unter dem Vor⸗ wand, daſſelbe bruͤderliche Vernehmen, wie es vom An⸗ fang geweſen, mit ihnen zu erhalten, eine nothwen⸗ dige Regierungsmaaßregel waren; auch konnte man die Landſchaft, ſo lange dieß einzige Ruͤckſicht war, dahin vermögen, die Koften dabei zu tragen. Als aber, wie im Verlauf der Zeit unvermeidlich war, ſich zeigte, daß Vertrag und Kauf Hand in Hand gienge, und der erſtere den letzten kuppelte, daß der Landpfleger nur das hoͤfliche + 250 — Wort vergoͤnnte, die Tagſatzung aber die Geſchenke mach⸗ te, ſo mußte ſich auch ergeben, daß denn doch etwas Un⸗ ziemliches darin liege, daß Einer alle Koſten trage, der Andere nur den Gewinn ziehe, und daß es mithin hohe Zeit ſey, ein ihrem Verſtande ſo wenig Ehre machendes Verfahren au beſeitigen. | Im Privatleben iſt es zwar zum Handel nicht noth⸗ wendig, daß, wer etwas fuͤr ſeinen Nutzen und Vortheil kauft, es gerade aus ‚feiner eigenen Taſche zahle; wohl aber im öffentlichen, wo die, fo auf demſelben Boden ſte⸗ hen, auch auf denſelben Rechten beſtehenz und zu ver⸗ wundern iſt es, wenn einer oder der andere Theil thör richt, oder anmaaßlich genug iſt, einen Vorzug vor dem anderen zu fordern, oder zu erwarten; denn Vorrecht hebt Gleichheit auf und ſetzt voraus, daß Ortsverſchiedenheit Sprachgebrauch und ſelbſt Weſen der Dinge, veraͤndere. Obwohl alſo Schutz Grund und Zweck der Regierung iſt, muͤſſen wir doch gegen unſere Schutzherrn gleich ſehr, wie gegen unſere Feinde auf der Huth ſeyn. Macht geht, wie Waſſer, ſtets ihren eigenen Weg; wo dieß eine Oeffnung findet, oder machen kann, überfluthet es gern, was ihm vorkommt. Ein uͤberſehe⸗ nes Recht kann zwar immer, aber doch nie bald genug, zuruͤckgefordert werden. Wenn alſo jene Tagſatzung das Verſehen zuerſt entdeckte, oder, auf Verlangen ihrer Machtertheiler wieder gut machen wollte, ſo that ſie nur ihre Schuldigkeit. Ferner: der, von Penn im Betreff der ſteuerfreien Einkuͤnfte aufgeſtellte, Unterſchied zwiſchen Landpfleger und Grundherrn war doch zu brau⸗ chen, obwohl er es bei aller Verſchmitztheit nicht bemerkte oder mindeſtens nicht bemerkbar glaubte. Nach ſeiner Aeußer⸗ 2351 ung mußte die Regierung mit Glanz und Wuͤrde auf⸗ recht gehalten und auf dieſe Weiſe von andern Steuern befreit werden.“ Alſo den Landpfleger, und die Land⸗ pflege, oder Regierung mußten ſie aufrecht halten; den Grundherrn, wenn er von ſeiner Regierung ab⸗ weſend war, und die Regierung anderweitig aufrecht ge⸗ halten wurde, zu unterſtuͤtzen, dafür wurden ſie bezahle wenn nun er und ſeine Geſchaͤftsfuͤhrer nicht bloß die Einkuͤnfte, die aus allen Theilen der Laͤndereien, woruͤber ſie verfuͤgten, bezogen wurden, ſich vorbehielten, ſondern auch mit ſteigendem Laͤndereiwerth auch ihre Forderungen ſteigerten, ſo mußten im Verlauf der Zeit dieſe freien Einkuͤnfte zu einem ungeheuern Vermoͤgen anwachſen. Wenn alſo der Grundherr nicht mehr als Landpfleger handelte, noch in der Landſchaft lebte, noch ein Fünftel feines Einkommens daſelbſt verzehrte; war denn da wohl anzunehmen, daß dieß, ſo erworbene, und von ſeinem ur⸗ ſpruͤnglichen Zweck abgekommene Vermoͤgen nicht, wie anders, zu den Laſten beitragen ſollte, welche ihm zuerſt im Ganzen zufielen und deren Geſammtbetrag es ſo weit uͤberſtieg? In England iſt kein Eigenthum ſteuerfrei; kein Unterſchied in Betrag, oder Werth des Eigenthums macht einen Unterſchied der Pflicht der Unterthanen und nichts iſt vernuͤnftiger, als daß, wer am meiſten be⸗ ſitzt, auch am meiſten zum allgemeinen Beßten bei⸗ ſteuere. Gleichwohl wollten die Grundherrn, weil keine befondere Clauſel ihr Vermoͤgen ſteuerbar erklaͤrte, von aller oͤffentlichen Verbindlichkeit befreit ſeyn, und dem Ganzen die Sache aufbuͤrden, das doch (man kann es nicht oft genug wiederhohlen) Anfangs bloß es als Preis ink Freiheit von Alm pes n ge⸗ waͤhrte. 8 | 252 Dieß war nun der Hane aller Streitigkeiten zwiſchen den Landpflegern und der Tagſatzung; aber noch ein Anlaß erhitzte ferner die Gemuͤther. Da die Tagſaz⸗ zung im Jahr 1753 das landſchaftliche Papiergeld, im Verhaͤltniß des Wachsthums der Landſchaft, um 20,000 Pf. vermehrt wiſſen wollte, trug es darauf in einer Bill an, welche der Statthalter Hamilton als unzeitig ver⸗ warf, endlich aber mit dem Vorbehalt koͤniglicher Ge⸗ nehmigung durchlaſſen wollte. Dieß aber wollte hinwie⸗ derum die Tagſatzung nicht annehmen, als wider Her⸗ kommen ſtreitend und die Rechte der Landſchaft untergra⸗ bend. Eben ſo beſtimmt war der Statthalter, und waͤh⸗ rend des dießfalſigen Streites liefen von ihm allerlei beunruhigende Zufertigungen bei der Tagſatzung ein, wel⸗ che das Vorruͤcken der Franzoſen an den Graͤnzen melde⸗ ten; trotz dieſen Mittheilungen gieng der Streit uͤber die Huͤlfsgelder immer fort. Als endlich die Kunde von General Braddock's Niederlage kam, ſtimmte die Tagſaz⸗ zung für eine Huͤlfe von 50,000 Pf., welche mittelſt einer Auflage auf alles dingliche und perſoͤnliche Vermoͤ⸗ gen erhoben werden ſollte. Dieſe Geldbill aber ſendete der Statthalter mit einer Abaͤnderung zuruͤck, wodurch das geſammte Vermoͤgen der Handelsgenoſſam von dieſer Auf⸗ lage befreit ward; als aber nachher die Handelsgenoſſam ſich freiwillig zu einem Beitrag von 5000 Pf. verſtand, ergieng eine andere Geldbill, wodurch für dießmal ihr Ver⸗ n 3 ward. Ka Es Antſtund aber neuer Zwiſt zwiſchen Siuttha tech und Tagſatzung. Die Franzoſen und Indier faßten Fuß Mithin wurden zur Vertheidigung der Landſchaft Huͤlfs⸗ gelder verlangt; die dießfalls ausgefertigten Geldbills wur⸗ den aber, als den, von der Handelsgenoſſam den Statt⸗ | — 253 haltern ertheilten Weiſungen, keine Bill durchzulaſſen, wofern nicht das von der Accife eingehende Geld zur Vers fuͤgung Sr. Maj., wie es dem Statthalter eben gut duͤnkte, uͤberlaſſen würde, zuwiderlaufend verworfen. Die Tags ſatzung andererſeits beſtand darauf, daß alle nicht durch Großbritanniens Geſetze verbuͤrgte Weiſungen der Hans delsgenoſſam, ungeſetzlich und in ſich nichtig, daß dieſe Weiſungen insbeſondere willkuͤrlich und ungerecht, ein Bruch des Freibriefs, eine gaͤnzliche Untergrabung der land ſchaftlichen Verfaſſung und eine offenbare Verletzung ihrer Rechte als Britiſcher Unterthanen waͤren. 5 So kam denn die Tagſatzung zu folgendem Ent⸗ ſchluß: „daß das Haus, mit Vorbehalt ſeiner Rechte in ihrem ganzen Umfang, auf alle kuͤnftige Fälle, dennoch aus Pflicht gegen den Koͤnig, aus Mitleid mit den lei⸗ denden Inwohnern ſeines ungluͤcklichen Landes und in unterthaͤnigem, doch vollem Vertrauen auf Sr. Maj. und eines Britiſchen Parlaments Gerechtigkeit, nur für ges genwaäͤrtigen Fall von feinen Rechten abſtehe; ander⸗ weitig aber beſchließe, daß eine neue Bill zur Verwilli⸗ gung einer Summe fuͤr des Koͤnigs Gebrauch angebracht und dieſe beſagten Weiſungen gemaͤß verfaßt werde! So ſtand es in Pennſylvanien, um die Zeit, wo dieſe klare Darlegung ſeiner Geſchichte und Beſchwerden herauskam, deren Schluß ſo kraͤftig beredt, Franklin's Gemuͤth, wie Styl, ſo treffend ſchildert, daß die Leſer wohl ihn einzuruͤcken vergoͤnnen werden. „So liegt denn Pennſylvaniens wahrer Zuſtand vor uns. Es ergiebt ſich, daß die Tagſatzungen vom Anbe⸗ ginn lediglich abwehrend verfahren ſind. Abwehr aber 254 kommt Jedem nach Recht und Gefes der Natur zu. Eis ferſucht iſt der erſte Grundſatz der Abwehr; wer nicht arg⸗ woͤhnt, wird ſelten, oder nie auf ſeiner Huth ſeyn. Offen⸗ bar iſt der große Britiſche Freibrief hierauf begründet; ja er ſorgt dafuͤr, daß ſtets Obſtand obwalte, um Gefahren zu trotzen, oder abzuwenden. Penn, der Gruͤnder der Pflanzung, gruͤndete ſie auf den großen Freibrief und, wie wir geſehen haben, wurden durch ſeine Einrichtungen die Geburtsrechte ſeiner Anhaͤnger eher erweitert, als ver⸗ mindert. Daß mithin der letzte Theil ſeines thaͤtigen Le⸗ bens bloß ſeine eigene Stiftung untergrub, laͤßt uns nur bedauern, daß ſo wenig Menſchen aus Einem Stuͤ⸗ cke und in ſich ſelbſt ſind, und macht zum Theil ihn fuͤr die Verſehen ſeiner Erben verantwortlich. Ungluͤcklicher⸗ weiſe aber ſehen wir hier und anderwaͤrts die Fabel von der Axt beſtaͤtigt, welcher nur fo viel Holz, als zu einem Stiel noͤthig war, erlaubt ward, die aber unmittelbar nun den Forſt, woraus er entnommen war, mit Wur⸗ zeln und Zweigen faͤllte. Eben ſo ergiebt ſich anderer⸗ ſeits, daß dieſe Handelsgenoſſam angreifend zu Werke gegangen, unverbuͤrgbare Anforderungen gemacht, auf denſelben mittelſt noch unverbuͤrgbarerer Weiſungen be⸗ harrt, die Gefahren und das Elend der Landſchaſt be⸗ nuͤtzt und ſich es zum Geſchaͤft gemacht — dieß haben min⸗ deſtens ihre Abgeordneten gethan, — die Schrecken der Zeit zu vermehren, um gefliſſentlich das gegenwaͤrtige Syſtem aus feinen Angeln zu heben, und durch Ans maaßungen, Fallſtricke, Drohungen, Beſchmitzungen, Laͤrmen und alle ſonſtige unziemliche Kunſtgriffe die In⸗ wohner aus ihren Gerechtſamen herauszutoͤlpeln, oder zu. ſchmeicheln; ja ſie hat ſogar dieſen treuloſen Zweck da⸗ durch wirklich eingeſtanden, daß ſie jene Flugſchriften an⸗ erkannt und verbreitet habe, worin beſagte Gerechtſame hoͤh⸗ 255 niſch, verkehrt und thöricht, Für der Regierung zuwider⸗ laufend, für Quellen der Verwirrung und ſolche angeſpro⸗ chen werden, welche, nachdem der Zweck einer leichtern Niederlaſſung, wozu ſie allein bewilligt waren, erreicht ſey, nach Gefallen als unvertraͤglich mit der dictatoriſchen Macht, die ſie jetzt fördern und gern üben möchte, zuruͤck⸗ genommen werden koͤnnten. „Da nun dieß Wahrheit, reine Wahrheit, nichts als Wahrheit iſt, ſo iſt gar nicht noͤthig, dem Tadel der Welt etwa eine Richtung zu geben; er fällt ganz ſicher, wenn nur einmal die gehoͤrige Kunde umlaͤuft, auf die rechte Stelle. Die vorliegenden Theile ſind die beiden Handelsgenoſſame Einer Landſchaft und die Landſchaft ſelbſt. Und wer oder was find denn dieſe Handelsgenoſſame ? In der Landſchaft ungehoͤrige Unterthanen, unzulaͤngliche Herrn. Daheim — freilichwohl Herrn, aber fo. ganz nur ſich lebende Herrn, daß ſie unter der Heerde von Herrn kaum herauszufinden ſind, nicht Hoͤflinge, nicht Beamtete, nicht Parlamentsglieder.“ „Und, was nun fuͤr die Gemeinde am bedeutendſten iſt, ſoll ihr Privatvermoͤgen beſteuert, oder die Landſchaft erhalten werden? Sollen dieſe zwei Privatherrn, kraft ihrer unumſchraͤnkten Eignerſchaft, ſo viele Mituntertha⸗ nen, die eben ſo frei ſind, als ſie, zu Eigenleuten machen? oder ſoll eine fo edle und nützliche Landſchaft auf immer Zufluchtsort fuͤr Alle bleiben, die ſo frei zu bleiben wüͤnſchen, als die Inwohner derſelben bisher ſich zu bewahren geſucht haben? Sub judice lis est,“ Dieß ohne Namen des Verfaſſers geſchriebene Werk. wirkte unſtreitig bedeutend, und ſollte dadurch, daß es 256 die Beſchwerden der Landſchaft dem Britiſchen Volk zur Erwägung vorlegte, den Zweck des Verfaſſers foͤrdern, fo wie es ſeine Anſichten von der Unſtatthaftigkeit der han⸗ delsgenoſſenſchaftlichen Regierung erweiterte. Da er fahr daß die Familie des Gruͤnders nicht in ihren Forderungen nachlaſſen wuͤrde, und dieſe unumwundene Darſtellung ſie nicht wenig erbittert hatte, ſo brachte er die Sache ſeiner Schuͤtzlinge als Bitte und Geſuch vor die Privat⸗ berathung. Seine Thaͤtigkeit war auch fo unermüͤdet, und die Landſchaften waren des Fortgangs ihrer Sache in ſeinen Haͤnden ſo gewiß, daß waͤhrend ſeines Aufent⸗ halts in England die Tagſatzung ein Beſteuerungsgeſetz durchſetzte, worin die Guͤter der Handelsgenoſſam nicht ausgenommen. Der Statthalter genehmigte dieſe Bill, woraus erhellt, daß er nicht bloß die Vernuͤnftigkeit der Maaßregel einſah, ſondern auch, daß die Handelsgenoſſam bald ihren Gegnern wuͤrden nachgeben muͤſſen. Dieſe be⸗ muͤhten ſich zwar, die koͤnigliche Genehmigung zu hin⸗ tertreiben; aber die Sache gieng doch ihren Gang im Oberhauſe und die einfache, augenfaͤllige Wahrheit war ſtaͤrker, als der Nachdruck und die Lift geſchickter Anwal⸗ te. Nach mancherlei ekelhaften Eroͤrterungen und Zoͤge⸗ rungen ſchlug die Handelsgenoſſam Behafs der Ausgleis chung vor, daß Franklin fuͤr ſeine Machtertheiler ſich an⸗ heiſchig machte, die fraglichen Guͤter nicht ungebuͤrlich hoch anzulegen. Dagegen war nichts einzuwenden, war ja doch der eigentliche Grund des Haderns gehoben. Frank⸗ lin hatte vollauf zu thun, gewann aber auch die all⸗ gemeine Achtung; weßhalb in der Folge die Pflan⸗ zungen von Maſſachuſetts, Maryland und Georgia ah zu ihrem Anwalt mit gleichem Gluͤck erwaͤhlten. Wenn der Verfaſſer Wilhelm Penn ſo angriff, wie er wirklich that, ſo erforderte dieß einmal die Wahrheit, e der Verlauf der Sache und der Zweck; dann war aber auch das Feindſelige, Spoͤttiſche, womit er das Miß⸗ fällige behandelte, mehr in feinem Verſtande, als in ſeinem Herzen; traf uͤberhaupt doch mehr noch die Enkel. f | Franklin lernte mährend dieſes wichtigen, aber be⸗ ſchwerlichen Geſchaͤfts am Britiſchen Hofe manche hoͤchſt bedeutende Staatsmaͤnner kennen, welche hinwiederum feinen Scharfſinn und feinen umfaſſenden Verſtand gar wohl erkannten. Der Krieg, worin Großbritannien da⸗ mals verwickelt war, zog natuͤrlich ſeine Aufmerkſamkeit ſehr an und er war wohl der Einzige, der da meinte, daß deſſen Verlegung nach Teutſchland dem Lande ungeheuer viel koſtete, ohne daß ihm ein unmittelbarer Vortheil daraus erwüchfe, oder auch eine ehrenvolle Beendigung befoͤr⸗ dert wuͤrde. Allerdings war in den Thaten des Koͤnigs von Preußen etwas gar beſonders Glaͤnzendes, und ohne zu wiſſen, wie, ſchien das Volk die Sache dieſes Mo⸗ narchen mit der Sicherheit der proteſtantiſchen Religion und der Erhaltung des Gleichgewichts als Eins anzuſe⸗ hen. Franklin war zu unbefangen, um ſich durch un ver⸗ ſtaͤndige Vorurtheile die Anſicht ändern zu laſſen und zu kalt, um ſich uͤber Siegesnachrichten zu erhitzen, deren Ausbeute nicht viel mehr, als Anlaß zu neuen Anſtren⸗ gungen und blutigeren Kämpfen war, ohne allen beſtimm⸗ ten Zweck, oder befriedigende Ausſicht. Er betrachtete Britanniens Vortheil weit leidenſchaftsloſer, als die, welche ihn von dem Gluͤck der mit Huͤlfsgeldern unterſtuͤtzten Verbuͤndeten abhaͤngig machten; und da er aus Erfahrung wußte, wie ſehr Frankreich wuͤnſchte, in America mehr Fuß zu faſſen, ſo hielt er für das Kluͤgſte, dieſen ehr⸗ geitzigen Abſichten durch einen Angriff auf ſeine Pflanz⸗ Franklin's Leben. II. Abth. R 258 ungen entgegen zu arbeiten. Canada war ihm nicht fremd und er war feſt uͤberzeugt, daß dieſes Landes Beſitz den Franzoſen einen Herrſcheinfluß auf Indien gewährte, den ſie zum Nachtheil der Engliſchen Pflanzungen bei allen Gelegenheiten benutzten. Da ihm Frankreich ein zweites Karthago war, ſo hatte er den vaterlandsſinnigen Wunſch, ſeine Ueberlegenheit zur See zu vernichten, wie Großbri⸗ tanniens ſtaatiſchen und Handelszuſtand, nebſt ſeinen aus⸗ waͤrtigen Befisungen, zu feſtigen. Je mehr er dieſem nachdachte, deſto mehr erkannte er, daß es mehr gelte; den Nebenbuhler nach America hin, als in Teutſchland zu ſchwaͤchen. Dieſe Anſichten theilte er einigen Freun⸗ den mit, welche ſie dem unermuͤdlichen Wilhelm Pitt hinterbrachten. Dieſer hatte ihn kaum uͤber die Ausfuͤhr⸗ barkeit der Eroberung befragt, als er durch die Kraft feinet Gründe , und die einfache genaue Angabe aller Umſtaͤnde uͤberzeugt und beſtimmt ward. Sofort ward Hand angelegt, die Befehligung dem General Wolf uͤber⸗ tragen und Alles ſo ſchnell abgemacht, daß der Feind, unbeſorgt um die Sicherheit von Canada, vollkommen hintergangen wurde, und nicht eher etwas beſorgte, als bis die Nachricht von dem unwiederbringlichen Verluſt nach Europa kam. Durch dieß Erwerbniß kam nun ein neuer Schwung in die ſtaatiſchen Verhaͤltniſſe der Engli⸗ ſchen Pflanzungen, und da bald nachher eine neue Re⸗ gierung erfolgte, ſo trug es viel zur Herſtellung des Friedens bei. Das Glaͤnzende dieſer Eroberungen von Canada, und die von Franklin's vertrautem Freund, Iſrael, Mauduit, einem Londoner Kaufmann, uͤber die ſtaats⸗ unklugen Kriege in Teutſchland herausgegebene kraͤftige Flugſchrift, wies die Aufmerkſamkeit des Volks auf dieß wichtige Land, und auf die Nothwendigkeit, es zum Beßten der Pflanzungen zu ſchuͤtzen, hin. Manche Staats⸗ u kuͤnſtler freilich ſahen Canada in einem andern Lichte und hielten Guadaloupe, welches ſich damals den Briti⸗ ſchen Waffen ergab, für wichtiger. Dahin gehoͤrten der Earl von Bath, und die Herrn Burke. Da trat nun Franklin auch auf und ſchrieb mit Richard Jackſon, der nicht erkannt ſeyn wollte, „Großbritanniens Vortheil von den Pflanzungen, und Can a⸗ da's wie Quadaloupe's Erwerbniß,“ worin er auf's klaͤrſte und uͤberzeugendſte Canada's Wichtigkeit für England darthat und zeigte, daß die Sicherheit eines gewonnenen Beſitzes ein vernünftiger und rechtmaͤßiger Grund ſey, von einem Feinde Abtretungen zu verlangen; daß die Errich⸗ tung von Feſtungswerken in den tiefer hineingelegenen Niederlaſſungen faft gar kein hinlaͤngliches Sicherungs⸗ mittel gegen die Indier und Frankreich ſey, dagegen Ca⸗ nada's Beſitz alle Sicherheit gewährte, fo lange es Eng⸗ land behaupten koͤnne, in Frankreichs Haͤnden aber die Britiſchen Niederlaſſungen abgeneigt machen würde ꝛc. Dieſe Beweiſe ſcheinen den gewuͤnſchten Erfolg ge⸗ habt zu haben, denn in dem Vertrag von 1762 trat Frankreich Canada an Großbritannien ab und uͤberließ ihm mittelſt der Abtretung von Louiſiana alle n N auf der Nordamericaniſchen Sa Um dieſe geit machte Franklin eine Reife 220 Schottland, wohin ihm fein Ruf als Philoſoph voraus⸗ gieng. Die Gelehrten des Landes begruͤßten ihn und die Univerſitaͤt des H. Andreas ertheilte ihm die Docs torwuͤrde in der Rechtsgelahrtheit. Ihr folgten die Uni⸗ verſitaͤten Edinburgh und Oxford. Gleich ſehr beſtrebten ſich die meiſten Gelehrtenvereine von p ed 885 den Ihrigen zu nennen, RN 2 260 Bald nachher, bei Erledigung einer Stelle in der Neu⸗Jerſeyer Regierung, ward Franklins Sohn, ohne alles Anſuchen von Seiten des Vaters, lediglich um ſei⸗ ner perſönlichen Verdienſte und ſeiner im letzten Ameri⸗ caniſchen Kriege geleiſteten Dienſte willen, zum Statthalter dieſer Landſchaft erwaͤhlt. Er bekleidete dieſe ehrenvolle und hohe Stelle mit Ehren und zum Vortheil der Land⸗ ſchaft bis zum Aufange der Americaniſchen Umwaͤlzung, wo er nach einem entlegenen Theile des Landes abgefuͤhrt und beinahe zwei Jahr ſtreng als Gefangener verhaftet blieb, bis er endlich im Jahr 1778 fuͤr einen America⸗ niſchen General ausgetauſcht wurde. Seine Rechtlichkeit und ſeine monarchiſchen Grundſaͤtze blieben ihm anke ruͤckt bis an feinen Tod im Jahr 1813. * 2 15 Man hat gar oft, Bel Varl 1055 ſeinen Sohn auf alle Weiſe verſucht, ſeinem Landesherrn den Geharſam aufzukuͤndigen und mit den Pflanzungen Par⸗ thei gegen Großbritannien zu nehmen. Dem iſt nicht ſo. Dr. Franklin verſuchte dergleichen gar nicht, was er auch immer in feinem Gemuͤthe gewuͤnſcht haben mag. In ei⸗ nem Briefe an ſeinen Sohn vom 6 Oet. 1773 ſchreibt er: „Ich kenne deine Geſinnungen, und weiß, daß ſie von den meinigen abweichen. Du biſt durchaus ein Mann der Regierung; daruͤber wundere ich mich gar nicht, mag dich auß nicht im mindeſten bekehren. Nur wuͤnſche ich, daß Du geradſinnig und feſt handelnd, jene Ooppellei ver⸗ meideſt, welche gegen Hutchinſon Verachtung und Unwil⸗ len weckt. Kannſt Du Deines Volks Gluck foͤrdern und es gluͤcklicher abgeben, als Du es vorfandeſt, ſo wird Dein Kadenfen in Ehren bleiben, wann hee auch Nin 1 f 261 So lange der Americaner Kampf dauerte, hatte Dr. e nie Verkehr mit ſeinem Sohn; nur am Schluß des Krieges ſprach der Vater, zur Antwort auf eine Er⸗ oͤffnung im Betreff einer Ausſöhnung, ſeine Gedanken uber feines Sohnes letztes ſtaatiſches „ er RN gegen aus. 15 4 ’ Yatıyı den 16. a Deinen Brief vom 22. v. M. habe ich erhalten, und freue mich, daß Du unſern ehemaligen Liebesverkehr hergeſtellt zu ſehen wuͤnſcheſt. Es iſt mir ſehr lieb. In der That hat mich nichts ſo verletzt und bekuͤmmert, als mich in meinem Alter von meinem einzigen Sohne ver⸗ laſſen zu ſehen; und nicht nur verlaſſen, nein, ſondern auch mit den Waffen in der Hand ihn mir gegenüber zu ſehen; in einer Sache, wo mein guter Name, mein Ver⸗ moͤgen und Leben auf dem Spiele ſtanden. Du ſaheſt ein, wie Du ſagſt, Deine Pflicht gegen Deinen Koͤnig und Dein Vaterland erheiſchte dieß. Ich habe Dir daruber nichts vorzuwerfen, daß Du in Staatsſachen eine andere | Geſinnung hegſt, als ich. Wir ſind alle Menſchen, alle dem Jethum unterworfen. Unſere Anſichten ſtehen nicht in unſerer Macht; fie bilden ſich und werden durch Um: ſtaͤnde geleitet, die oft gleich unerklaͤrbar, wie unabwend⸗ bar ſind. Deine Lage war der Art, daß Wenige dich getadelt haben wuͤrden, wenn Du neutral bliebſt, wiewohl es natuͤrliche Pflichten giebt, die den ſtaatiſchen vorgehen und von dieſen nicht aufgehoben werden koͤnnen. Doch dieß iſt ein unerfreulicher Gegenſtand, ich laſſe ihn dahin geſtellt. Wir wollen, nach Deinem Wolſchuis, beider⸗ 2562 ſeits ſtreben, ſoviel als moͤglich das hierin . e zu Den e. “ h Im Senn 1762 kehrte Dr. Franklin nach Phi ladelphia zuruͤck und erhielt kurz darauf die Dankſagung der Pennſylvaniſchen Tagſatzung „ſowohl fuͤr ſeine dieſer Landſchaſt insbeſondere bewährte Pflichttreue, als für die vielen und wichtigen, America uͤberhaupt, waͤhrend ſeines Aufenthalts in Großbritannien, geleiſteten Dienſte.“ Auch würden ihm 5000 Pf. Pennſylvaniſches Papiergeld für feine ſechsjaͤhrigen Dienſte entſchaͤdigungsweſſe zuerkannt. Selbſt waͤhrend ſeiner Abweſenheit war er jahrlich zum Mitgleid der Tagſatzung der Landſchaftsmittlet gewaͤhlt worden und dest nahm er feinen Sitz wieder ein. Im December 1762 machten die ſogenannten Pa x⸗ toner Moͤrder viel Laͤrm in der Landſchaft. „Eine Anzahl Indier naͤmlich hatten ſich in dem Bezirk Lanca⸗ ſter niedergelaſſen und als Freunde gegen ihre weißen Bee wohner betragen. Wiederhohlte Pluͤnderungen an den Graͤnzen hatten die Bewohner dergeſtalt erbittert, daß ſie ſich an jedem Indier zu rächen beſchloſſen. Ungefaͤhr 120 Perſonen, vorzüglich Bewohner von Done gat und Peckstang oder Parton, einer Ortſchaft in York, vers ſammelten ſich, beſtiegen Pferde und ritten nach der Pflanzung dieſer harm- und wehrloſen Indier, deren Zahl jetzt bis auf zwanzig geſchmolzen war. Die In⸗ dier hatten Kunde von dem beabſichtigten Angriff bekom⸗ men, ihn aber nicht geglaubt; denn ſie betrachteten die Weißen als Freunde und fuͤrchteten keine Gefahr von ih⸗ nen. Als nun jene Rotte in der Indiſchen Pflanzung ankam, fand ſie bloß Weiber und Kinder, und einige Greiſe; die Uebrigen arbeiteten. Sie mordeten Alles, was ſie fanden, unter andern den Haͤuptling Shah eas, der immer als vorzuͤglicher Freund der Weißen gegolten hatte. Dieſe Blutthat erregte in dem e ars der Gemeinde viel Unwillen. ’ „Die Uebriggebliebenen dieſer ungluͤcklichen Indien, welche, weil abweſend, dem Gemetzel entronnen waren, wurden nach Lancaſter gebracht und Sicherheit halber ein⸗ gekerkert! Der Statthalter von Pennſylvanien aͤußerte in einer Kundmachung feine ſchaͤrfſte Mißbilligung der That, feste eine Belohnung auf die Entdeckung der Mif⸗ ſethaͤter und verbot fuͤr die Zukunft allen Frevel an den friedlichen Bewohnern. Deßungeachtet zogen kurz darauf Einige von dieſer Notte nach Lancaſter, erbrachen den Kerker und mordeten die, dort Sicherheit halber einge⸗ kerkerten, unſchuldigen Indier auf das ſunmenſchlichſte. Noch ein Anſchlag, aber ebenfalls ohne Wirkung. Es zog ein Abtrab nach Philadelphia hinab, mit dem aus⸗ druͤcklichen Zweck, einige friedliche Indier, die in die Hauptſtadt gerettet worden waren, zu morden. Mehrere Bürger waffneten ſich zu ihrer Vertheidigung. Die Qua⸗ ker, bei welchen es Grundſatz iſt, nicht einmal fuͤr eigene Vertheidigung Waffen zu ergreifen, waren dießmal hoͤchſt thaͤtig. Die Landſtreicher kamen nach Germantown, fuͤnf Wegſtunden von Philadelphia. Der Statthalter flüchtete ſich in Dr. Franklins Haus, der mit einigen ‚An: dern den Partoner Kerlen, wie man ſie nannte, entgegen gieng und ſie doch vermochte, von ihrem Unter⸗ nehmen abzulaſſen und nach Haufe zu gehen.““ Bei dies ſer Gelegenheit ſchrieb Franklin eine Flugſchrift, welche die Leidenſchaften beſaͤnfligte und die Ruhe herſtellte. Seine Dienſte wurden ihm aber vom Frmspoiten fehr . vergolten. u, 1 264 Die Streitigkeiten zwiſchen der Handelsgenoſſam und der Tagſatzung, welche die Landſchaft ſchon ſo lange beun⸗ ruhigt hatten, lebten jetzt wieder auf. „Die Han delsgenoſſen waren mit den zu Gunſten des Volks geſtatteten Verwilligungen unzufrieden und bes muͤhten ſich aufs neue, die mit vielem Widerſtreben auf⸗ gegebene Steuerfreiheit ihrer Guͤter wieder zu erhalten. „Im Jahr 1763 gab die Tagſatzung eine Landwehr⸗ bill ein, welcher der Statthalter ſeine Beiſtimmung ver⸗ ſagte, wofern man nicht einige vorgeſchlagene Verbeſſe⸗ rungen genehmigte. Dieſe beſtanden in Erhoͤhung der Geldbußen, in einigen Faͤllen wurde ſogar auf Tod, ſtatt Geldſtrafe angetragen. Auch wuͤnſchte er, daß alle Beamtete von ihm angeſtellt, nicht, wie die Bill vorſchlug, vom Volke ernannt werden ſollten. Dieſe Verbeſſerungen ſchienen der Tagſatzung mit dem Freiheitsgeiſt unverein⸗ bar; man nahm ſie nicht an; der Statthalter war hart⸗ naͤckig, und die Bill war vergeblich.“ | Diefe und mehrere andere Umſtaͤnde ſteigerten die Mißhelligkeiten zwiſchen der Handelsgenoſſam und der Tagſatzung ſo hoch, daß 1764 eine Bittſchrift an den König im Haufe beliebt wurde, worin man um Vertau⸗ ſchung der Handelsgenoͤſſiſchen Regierung mit einer Koͤnig⸗ lichen bat. Hiervon fand ſich unter Fee Papieren folgender Entwurf: „Sr. koͤniglichen Majeſtaͤt, in der Berathung, zeigt die HBittſchrift der in allgemeiner Tagſatzung vereinten, Stellvertreter der freien Männer in der Landſchaft 577 Pennſylvanien hiermit unterthänigft an: 171 „ Daß die Regierung dieſer Landſchaft durch Han⸗ delsgenoſſen, aus langer Erfahrung unſtatthaft, und mit 265 vielen Schwierigkeiten und Hinderniſſen im Dienſt Ew. Maj. verknuͤpft befunden worden, welche aus Durchkreu⸗ zung des Privatvortheils der Handelsgenoſſam mit dem oͤffentlichen und den Streitigkeiten darüber entſtehen. „Daß beſagte handelsgenoͤſſiſche Regierung ſchwach und unfähig iſt, ihr Anſehn zu behaupten und den ge⸗ meinſamen inneren Frieden der Landschaft zu erhalten, in⸗ dem große Aufſtaͤnde daſelbſt noch kuͤrzlich vorgefallen, bewaffnete Rotten von Ortſchaft zu Ortſchaft gezogen und ſtraflos zu großem Schreck Ew. Maj. Unterthanen, ge⸗ waltſame Verletzungen und Verhoͤhnungen der Regierung ſich erlaubt. Dieſe Uebel ſcheinen hieſiger Lande keiner Abſtellung ſich gewaͤrtigen zu duͤrfen, maaßen die andauern⸗ den Stteitigkeiten zwiſchen Handelsgenoſſen und Volk, und ihre gegenſeitigen eiferſuͤchtigen re: wie der Mißmuth, dem hinderlich ſind. ö „Wir bitten demnach unterthänig, Ew. Maj. wolle allergnaͤdigſt die Regierung dieſer Landſchaft wieder uͤber⸗ nehmen und die Handelsgenoſſam dafuͤr entſchaͤdigen, wie es Ew. Maj. Weisheit und Guͤte recht und billig duͤnkt, ihren getreuen Unterthanen aber geſtatten, unter Ew. Maj. unmittelbarerer Aufſicht und Schutz die Freiheiten, welche ihnen von und unter Ihren koͤniglichen Mpefehzet gnaͤdigſt gewaͤhrt worden, zu genießen. Auf Befehl des Hauſes. “u Dieſe Maaßregel fand nicht nur im Hauſe, ſondern auch in Druckſchriften viel Widerſpruch. Dr. Smith gab eine Rede des Hrn. Dickinſon daruͤber heraus, worin die Unftatthaftiafeit und Unhoͤflichkeit dieſes Ver⸗ fahrens mit vieler Mühe dargelegt werden ſollte. Auch j 266 ö von Joſ. Galloway erſchſen dagegen eine Schrift mit einer Vorrede von Franklin, worin er die in ee 8 Vorrede aufgeſtellten ‚Grundfäge widerlegte. Unter andern ſagt Franklin: „In unſerer und noch einer Regierungsverfaſſung bleibt immer noch etwas Beſonderes, was die uͤbrigen Americaniſchen Regierungen nicht haben, namlich die Anſtel⸗ lung eines Statthalters durch die Handelsgenoſſam, ſtatt durch die Krone. Dieſen Punct hat man unſtatthaft, mit Streit und Verwirrung verknuͤpft befunden, wo er auch Statt fand; und darum hat man ihn in Niederlafz ſung um Niederlaſſung allmaͤlich abgeſchafft und uͤberall zu großer Freude und zum Gluͤck des Volks. Unſer weiſer Gründer und Eigenthuͤmer “) fuͤhlte dieß gar wohl, und da er ſein Volk gluͤcklich machen und allem Ungluͤck, das wie er vorausſah, aus dieſem Umſtande gar bald er⸗ folgen muͤßte, wehren wollte, ſo ſuchte er ihn, wo moͤg⸗ lich, noch bei ſeinen Lebzeiten abzuſchaffen, Man vertrug ſich alſo um Verkauf des Handelsgenoͤſſiſchen Regierungs⸗ rechts an die Krone, und erhielt auch wirklich eine Sum⸗ me darauf. Da er aber einſah, er koͤnnte vielleicht ſter⸗ ben, bevor dieſer Vertrag, und fomit ſein Entwurf zum Gluͤck ſeines Volks, in Erfuͤllung gienge, ſo machte er ihn zu einem Theile feines letzten Willens und Vermaͤcht⸗ niſſes, und vermachte das Regierungsrecht zwei edlen Lords, mit der Zuverſicht, daß ſie es der Krone uberlie⸗ ßen. Zum Unglück für uns iſt dieß aber nie geſchehen; und nut dieß verlangt jetzt die Tagſatzung. Ganz gewiß verſtand ſich der, welcher unſere Verfaſſung entwarf, dar: auf. Hätte er gewollt, daß all unſere Rechtſame von der handelsgenoͤſſiſchen Regierung abhiengen, wuͤrde er wohl wü Penn... mene e 207 auf eine Aenderung bedacht geweſen ſeyn? wurde er fo nachdruͤckliche Vorkehrungen, als moͤglich, getroffen haben, dieſe Aenderung, er möchte nun leben, oder ſterben, ſchleunig einzufuͤhren? Oder wollte vielleicht Einer von denen, die ihn jetzt ſo erheben, ihm zugleich die Nie⸗ dertraͤchtigkeit aufrüͤcken, daß er fein Volk um alle ihre verſprochene Freiheiten und Rechtſame, die ihm durch die buͤndigſten Urkunden und Freibrſefe zugeſichert wurden, als er ſie erſuchte, ihm zur Stiftung ſeiner Landſchaft behuͤlflich zu ſeyn, habe betruͤgen wollen?“ So folgewi⸗ drig wird doch wohl Keiner verfahren! — Gleichwohl hat dieß handelsgenoͤſſiſche Regierungs- oder Statthalter: anſtellungsrecht plotzlich und mit einemmal feine Natur verwandelt; und die Rettung und Bewahrung deſſelben iſt fuͤr die Wohlfahrt der Landſchaft ſo bedeutend gewor⸗ den, daß bloß die Bitte der Tagſatzung um Vollſtreckung des Willens ihres ehrwuͤrdigen Stifters und des, zum Beßten feines Volks eingegangenen Vertrags „ein Verſuch!“ genannt wird, „die Verfaſſung, um welcher willen unſere Väter eine Wildniß anpflanzten, zu verletzen, unſern glorreichen Entwurf zu oͤffentlicher Freiheit und Freibrie⸗ fen zu verhandeln, ein Wagniß der geſammten Verfaſſung, ein Aufopfern unſerer freibrieflichen Rechte, ein mulhwilli⸗ ges Spiel mit heiligen Dingen ıc. ö ; Außer dieſer Vorrede ſchrieb Franklin auch noch eine Flugſchrift, betitelt: „kaltbluͤtige Gedanken“ welche denſelben Zweck hatte. Jedoch die Verwendung an den Thron blieb unnuͤtz und die handelsgenoͤſſiſche e neren den Bei der Wahl zu einer neuen W im Het 1764 muͤhten ſich die Freunde der Handelsgenoſſam ſehr, U 268 die Gegner auszuſchließen, und in Philadelphia erhielten fie auch einige Sammenmehrheit. Bei dieſer Gelegen⸗ heit verlor Franklin ſeinen Sitz im Hauſe, den er vier⸗ zehn Jahre behauptet hatte. Als aber die Tagſatzung zu⸗ ſammen kam, fand ſich doch eine entſchiedene Mehrheit von Freunden, und er ward wieder als Geſchaͤftstraͤger am Britiſchen Hofe angeſtellt, zu großem Aerger ſeiner Feinde, welche feierlich ſich dagegen erklärten; dieß wurde zwar in dem Entwurf, als beispiellos, nicht aufgenom⸗ men, in den Zeitungen jedoch bekannt gemacht, wo er denn die heftigen Bemerkungen über eine neuliche Ver: wahrung ꝛc. ſchrieb, welche ſich unter den Beilagen be⸗ finden. = AN U Dieſer Wiederſtand gegen feine Wiedereinſetzung, ſcheint ihn ſehr gekränkt zu haben, gerade weil er von Maͤnnern herruͤhrte, mit welchen er lange im öffentlichen und Pris vatleben verbunden geweſen — „deren Freundſchaft ihm noch in der Aſche verehrlich war.“ Sein ruͤhrender Abs ſchied von Pennſylvanien in dem angefuͤhrten Aufſas am Ne vor 190 Abreiſe, er es- „Ich ſtehe nun im Begriff, ſagt er, „viellicht den letzten Abſchied von dem Lande zu nehmen, das ich liebe, und wo ich den groͤßten Theil meines Lebens zu⸗ gebracht. Esto perpetua! Meinen Freunden wunsch ie. alles Gluͤck, meinen Feinden e 1 HM er 15 Ein beredtſamer NR Dr. u 110 Sm ith, hat bei dieſer Gelegenheit bemerkt, „ daß, unter welchen Umſtaͤnden auch immer dieſe zweite Geſandtſchaft unter⸗ nommen worden, ſie offenbar eine in des Himmels Rath beſchloſſene Maaßregel geweſen; und zu Ehren Penn⸗ en 269 ſylvaniens werde immer erwaͤhnt werden muͤſſen, daß der, zu Behauptung und Vertheidigung der Rechte einer ein⸗ zelnen Landſchaft am Britiſchen Hofe erwaͤhlte, Geſchaͤfts⸗ träger. der kuͤhne Vertreter der Rechte America's uberhaupt geworden, und, als er die Feſſeln fuͤr ſie ſchmieden ſah, den großmuͤthigen Gedanken hegte, ſie zu ſprengen, che ſie noch feſtgenietet werden konnten.“ Die durch Hrn. Grenville's Stümpelotte in Ame⸗ rica entſtandenen Unannehmlichkeiten und der geleiftete Widerſtand ſind hinlänglich bekannt. Gewöhnlich aber hat man den Urſprung derſelben mib verſtanden. "Folgen, der Brief Franklins bierkiber wird einige . gehörige Entſtelungen berichtigen. e N „An Wllhelm Alrander, i Förde hi Herr! 7485 de 5 | Bo, 12. Mörz 1778. H In ker mit, guͤtigſt mitgetheilten Flugſchrift iſt eine wichtige Thatſache entſtellt, wahrſcheinlich, weil der Ver⸗ faſſer nicht gehoͤrig davon unterrichtet war; es iſt die Verhandlung zwiſchen Hrn. Grenville und den Pflan⸗ zungen, worin er meint, Herr Grenville habe von ihnen eine beſtimmte Summe gefordert, ſie haͤtten ihm nichts verwilligen wollen, und bloß weil ſie dieß gethan, habe er den Vorſchlag zu einer Staͤmpelacte gemacht. Dieß Alles iſt unwahr. Die Sache verhielt ſich ſo. . Eeinsmals im Winter 1763 — 4 berief Herr Gren⸗ ville die verſchiedenen Geſchaͤftstraͤger der Pflanzungen zuſammen und ſagte zu ihnen, er ſey entſchloſſen, eine Summe von America zu erheben, und wolle dießfalls eine „ 270 Staͤmpelſteuer mittelt Parlamentsacte in der naͤchſten Sitzung von den Pflanzungen ausſchreiben, wovon fie: ſofort gebührende Kunde erhalten ſollten, damit ſie zu überlegen Zeit hätten, und, wenn fie eine andere, gleiche viel abwerfende Auflage belieben follten, ihm davon Nach⸗ richt gaͤben Die Geſchaͤftstraͤger mußten alſo an ihre Tagſatzungen berichten und ihm die darauf eingegangenen Wenn mittheilen. Sie berichteten alſo. Ich war r Mitglied der Pennſylvaner aasee 10 biefer Bericht eingieng. Die daruͤber gemachten Bemer⸗ kungen waren, daß die alte eingefuͤhrte gewöhnliche Art, von den Pflanzungen Hälfe zu beziehen, dieſe waͤre: Zu⸗ voͤrderſt wurde der Fall von ihrem Landesherrn in feinem Geheimenrath erwogen, nach deſſen weiſem Nathe er ſei⸗ nen Staatsgeheimſchreiber anwieſe, Rundſchreiben an die verſchiedenen Statthalter zu erlaſſen, welche ſie ihren Taqgſatzungen vorlegten. In dieſen Schreiben wurde der Fall zu ihrer Befriedigung und Kunde auseinander geſetzt, mit guädigen Ausdrucken des Vertrauens Sr. Mai. auf ihre bekannte Pflicht und Liebe, mittelſt deren er hoffte, ſie würden Summen verwilligen, wie ſie ihr Vermoͤgen, ihre Rechtlichkeit und ihr Dienſteifer geſtatteten. Die Pflanzungen haͤtten jederzeit dergleichen Forderungen frei⸗ gebigſt gewaͤhrt, im letzten Kriege ſo freigebig, daß der Koͤnig, welcher wohl gefühlt, daß fie uͤberverhaͤltnißmaͤ⸗ ßig gewährt hätten, dem Parlament fünf Jahre nachein⸗ ander empfohlen hätte, ihnen einige Verguͤtung zukom⸗ men zu laſſen und dem gemäß das Parlament auch jähr- lich 200,000 Pf. zu Theilung unter fie zuruͤck gezahlt haͤtte. Der Antrag alſo, ſie im Parlament zu beſteuern, ſey ſo grau⸗ ſam, als ungerecht. Kraft ihrer Verfaſſung haͤtten die Pflanz⸗ ungen in Geldleiſtungsangelegenheiten mit dem Koͤnig 1 271 zu thun, nicht mit den Rentbeamteten, noch dieſe mit ihnen; auch wären die Geſchaͤftstraͤger nicht die gehörigen Vermittler, durch welche Forderungen geſtellt würden; ihnen alſo geziemte nicht, auf irgend einen Vertrag ein⸗ zugehen, noch Herrn Grenville irgend einen Vorſchlag wegen parlamentmaͤßiger Beſteuerung ihrer Bevollmaͤchti⸗ ger, zu thun, da das Parlament wirklich kein Recht ſie zu beſteuern habe, zumal da die ihnen uͤberſendete Kund⸗ machung nicht auf Koͤniglichen Befehl, vielleicht gar ohne fein Wiſſen, ergangen ſey; maaßen der Koͤnig, wenn er etwas von ihnen zu erhalten ſuchte, ſeine Forderungen ſtets mit guͤtigen Worten begleitete; dieſer Herr aber, ſtatt anſtaͤndiger Bitten, ihnen eine Drohung zugeſendet, daß ſie gewiß beſteuert werden ſollten, und ihnen nur die Wahl der Art uͤberlaſſen. Bei all' dem wären fie ſo weit entfernt, Geld zu verſagen, daß ſie Folgendes be⸗ ſchloſſen haͤtten: Wie ſtets, wuͤrden ſie es auch jetzt fuͤr ihre Pflicht erachten, der Krone, wofern ſie auf die ge⸗ woͤhnliche verfaſſungsgemaͤße Art angegangen wuͤrden, nach Vermoͤgen Gelder zu verwilligen.“ Ich gieng kurz nachher nach England und nahm eine glaubwuͤrdige Abſchrift die⸗ ſes Beſchluſſes mit mir, welche ich Herrn Grenville vorzeigte, ehe er die Staͤmpelacte ausbrachte. Ich ver⸗ ſicherte im Unterhauſe, in Grenville's Gegenwart, daß; ich dieß gethan; er widerſprach mir nicht. Andere Pflan⸗ zungen machten aͤhnliche Beſchluͤſſe. Und haͤtte Herr Gren ville ſtatt dieſer Acte, ſich an den Koͤnig und feine Raͤthe, um durch den Staatsgeheimſchreiber zu ers laſſende Forderungsrundſchreiben gewendet, ich bin gewiß, er haͤtte mehr Geld von den Pflanzungen aus freiem Wil⸗ len bekommen, als er ſelbſt von ſeinen Staͤmpeln erwar⸗ tete, Er waͤhlte aber lieber Zwang, als Ueberzeugung und wollte ihrem guten Willen nicht verdanken, was er + 27 ohne ihn erhalten zu koͤnnen meinte. Und ſo ward denn die goldene Brucke, welche, nach dem geiſtreichen Verfaſſer, die Americaner unweislich und ungebührlich dem Mini⸗ ſter und Parlament nicht ſchlagen wollten, ihnen wirklich geſchlagen; nur daß ſie nicht daruͤber gehen wollten. Dieß iſt die wahre Geſchichte dieſer Verhandlung und da viel⸗ leicht dieſe trefliche Flugſchrift noch eine Auflage erlebt, ſo wuͤnſche ich, daß dieß dem aufrichtigen Verf. mitge⸗ theilt werde, er RER den en ragen a" wird. ö 8 f shi > 3 Ich bin bas mit aufihtige babe Ihr erge⸗ weber A . . Graneiin * 331 hielt, im Lande war, ſo uͤberſendete ich es ihm mit einem Briefe, wovon, wie von deſſen Antwort, Folgendes die Abſchrift iſt. 8 An den hochachtbaren Earl von Dartmouth. My Lord! London, 21. Aug. 1773. So eben erhalte ich von dem Volksvertreterhauſe von Maſſachuſetts⸗ Bay beiliegende Eingabe an den Koͤnig, welche ich mit der unterthaͤnigen Bitte begleite, Sie moͤchten dieſelbe Sr. Maj, bei erſter Ichichicher Gelegenheit überreichen. 4 Mit Vergnügen erſehe ich aus den letzten Briefen von dorther, daß eine aufrichtige Geneigtheit in dem dor⸗ tigen Volke herrſcht, mit dem Mutterlande in gutem Vernehmen zu ſtehen; daß die Tagſatzung nur wieder ſo zu ſtehen wuͤnſcht, wie vor Ausfertigung der Staͤmpelacte. Sie wollen keine Neuerungen. Sie ſollen auch, nachdem ſie neulich, wie ſie meinen, die Urheber ihrer Bedruͤckungen in ihrem eigenen Volke entdeckt haben, ihren Haß gegen England gar ſehr fallen gelaſſen haben. Dieſe ihre gute Stimmung (erlauben Sie mir es zu ſagen) kann durch eine guͤnſtige Antwort auf beilie⸗ gende Eingabe wohl unterhalten werden, und hoffe ich von Ihrer Guͤte, Sie werden eine ſolche zu erhalten ſtreben. Mit aller EN habe ich die Ehre ꝛc. * B. Franklin. 332 ee | Nb e danmouyt Antwort auf boragenen Baie 25 Mein Herr! Rs Sandwell, 25. Aug. 1778. Ihren Es vom 21. dieſ. habe ich, nebſt Eingabe des eee von Maſſachuſetts⸗Bay erhalten und werde nicht ermangeln, ſelbige dem Koͤnig, das naͤchſte Mal, wo ich die Ehre habe vor, ihn zu kommen, vorzu⸗ legen. Ich kann Ihnen die Freude nicht bergen, welche es mir macht, daß eine aufrichtige Geneigtheit in dem Volke jener Landſchaft Statt hat, mit dem Mutterlande in gutem Vernehmen zu ſtehen, und wie feſt ich hoffe, daß die Zeit nicht mehr ſo fern iſt, wo aller Grund zur Unzufriedenheit wegfaͤllt, und die vollkommenſte Ruhe und Gluͤckſeligkeit wieder in die Brust dieſes Volks einkehrt. Ihr ahne ic. ö | Süterenb ich Niemand, der Lord Dartmouth kennt, wird an der Aufrichtigkeit der hier geaͤußerten Wuͤnſche zweifeln; und, hätten Se. Maſeſtaͤt übrige Diener gluͤcklicherweiſe nur dieſelde wohlwollende Geſinnung gehegt, dieſelbe Auf: merkſamkeit für das gemeinſame Beßte, dieſelbe Ges wandtheit in der Behandlung, welche Staatsmaͤnner die⸗ ſes Landes gewoͤhnlich in Erhaltung und Sicherung ihrer Stellen bewaͤhren, ſo war ihnen hier eine gar trefliche Gelegenheit geboten, die Einheit und Eintracht, welche ftuͤher zwiſchen Großbritannien und ſeinen Pflanzungen obwaltete, und die zu beiderſeitiger Wohlfahrt ſo noͤthig iſt, herzuſtellen und zwar dieß lediglich unter der ganz leich⸗ ten Bedingung, daß ſie die Dinge nur wieder ſtellten, wie ſie am Ende des letzten Kriegs waren. Dieß war 333 feierliche Erklärung dieſer hoͤchſt bedruckten Landſchaft; fie ſprach Britannien frei und warf alle Schuld auf einige Einzelne ihres eigenen Landes. Ueber die Haͤupter dieſer gar boshaften Menſchen flehte ſie nicht Rache herab, wie⸗ wohl ſie dieſe von Rechtswegen verdient haͤtten; ſie ſah es fuͤr etwas Beſchwerliches an, einen Statthalter zu ſtrafen, der auf Befehl gehandelt, wenn auch die Be⸗ fehle aus Entſtellungen und Verlaͤumdungen hervorgegan⸗ gen waͤren; ſie bat bloß um Abſetzung Hutchinſons und Olivers und Anſtellung guter und treuer Maͤnner. Jene Maͤnner haͤtten, wie Andere, anderwaͤrts angeſtellt, oder beſoldet werden koͤnnen; oder ſie hatten auch, wie wei⸗ land die Suͤndenboͤcke, alle Beleidigungen, welche zwiſchen beiden Landern vorgefallen waren, deten Laſt, da ſie die Urheber jener Unfaͤlle geweſen, ihnen wohl mit Recht aufzuruͤcken war, mit ſich in die Wildniß nehmen moͤgen. Aber die Miniſter waren nicht ſo weiſe, dieſe Gele⸗ genheit zu ergreifen, ſondern verwarfen ſie lieber, und ſchmaͤhten und ſtraften mich, der ſie ihnen gab. Am Hofe ſchrie man gegen mich, als einen Brandſtifter; und gerade die Handlung, worauf ich mir etwas einbildete, weil ſie mir unſere Zwiſtigkeiten zu mindern ſchien, mußte ich Ungluͤcklicher mir als boshaften Verſuch, dieſelben zu mehren, auslegen ſehen. Seltſame Verkehrtheit! Eben ſo ungluͤcklich gieng es mir aber mit noch einer Handlung, wobei ich ebenfalls eine gute Abſicht hatte, die mir jedoch auch umgekehrt ausgelegt ward. Als die Nachricht von der Herausgabe jener Briefe in Ametich hier eintraf, fo wurden große Nachforſchungen angeſtellt, wer ſie wohl eingeſendet haben moͤchte. Herr Temple, beim Zollamt angeſtellt, wurde deſſen in den Zeitungen beſchuldigt. Er rechtfertigte ſich. Es entſtand darüber M ein oͤffentlicher Streit zwiſchen ihm und einem Herrn Whately, dem Bruder und Vertreter deſſen, an wel⸗ chen die Briefe urſprünglich gerichtet geweſen ſeyn und der ſie Einigen mitgetheilt haben ſollte; auf die Voraus⸗ ſetzung, daß ſie nach ſeines Bruders Tod in ſeine Haͤnde gekommen waͤren. Da der Herr, an welchen ich ſie ge⸗ ſendet, in ſeinem oben mitgetheilten Briefe an mich, einen wichtigen Grund angefuͤhrt hatte, weßhalb er nicht be⸗ kannt werden wollte, und aus demſelben Grunde lieber nicht bekannt werden gelaſſen, daß ich ſie eingeſendet, ſo ließ ich dieſen Wortwechſel hingehen, ohne mich darein zu mengen, weil ich glaubte, er wuͤrde, wie die gewoͤhn⸗ lichen Zeitungszaͤnkereien enden, wenn die Theile und das Publicum ihrer uͤberdruͤßig würden, Aber dieſer Streit ver⸗ anlaßte unerwartet und plotzlich einen Zweikampf. Mr. Whately ward, zwar nicht gefährlich, verwundet, Gleich⸗ wohl beunruhigte mich dieß und ich wuͤnſchte, es verhin⸗ dert zu haben; weil ich aber dachte, es ſey nun Alles vor⸗ ber, fo blieb ich ſtill, bis ich hörte, daß der Zweikampf, durch zufällige Nähe einiger Perſonen unterbrochen, für unbeendigt gehalten worden, und vermuthlich wieder, fo: bald Whately, der ſich taͤglich beſſerte, ſeine Kraft wieder erlangt, vor ſich gehen wuͤrde. Da nun hielt ich es fuͤr hohe Zeit, dazwiſchen zu treten und, da der Zweck oͤffentliche Meinung galt, fo mähite ich den, wie mich duͤnkte, kuͤrzeſten Weg, dieſe Meinung hinſichtlich beider Theile feſtzuſtellen, und . e Folgendes bekannt: An den Drucker des Public Advertiser, Mein Here, Da ich ſehe, daß ungluͤcklicherweiſe wegen einer Ver⸗ handlung und deren Umſtaͤnde ein Zweikampf zwiſchen zwei Herren entſtanden, welche jenen ganz unkundig und unſchuldig ſind, ſo halte ich, zu Verhuͤthung ferneren Ungluͤcks, ſoweit dieſe meine Erklaͤrung dieß im Stande iſt, fuͤr Pflicht zu erklären, daß ich allein derjenige bin, welcher die fraglichen Briefe erhielt, und nach Boſton ſendete. Hr. W. konnte ſie nie mittheilen, weil er ſie nie beſaß; aus demſelben Grunde konnte ſie auch mithin Hr. T. nicht von ihm empfangen. Es waren gar keine Privatbriefe zwiſchen Freunden. Sie waren von oͤffentli⸗ chen Staatsbeamteten über öffentliche Angelegenheiten ges ſchrieben und ſollten zu oͤffentlichen Maaßregeln führen, wurden mithin anderen Staatsmaͤnnern eingehaͤndigt, auf welche ſie dieß zu wirken berechnet waren. Ihr Zweck war, das Mutterland gegen ſeine Pflanzungen zu erbit⸗ tern und mittelſt der anempfohlenen Schritte den Bruch nun zu erweitern; was ſie auch bewirkten. — Die Haupt⸗ vorſicht galt Geheimhaltung ihres Inhalts vor den Ges ee Wi der Pflanzung, welche, wie die Briefſteller fuͤrchteten, fie. ſelbſt, oder Abſchriften nach America zus ruͤckſenden koͤnnten. Dieſe Beforgniß war, wie es ſcheint, ganz gegruͤndet; denn der erſte Geſchaͤftstraͤger, der fie in die Haͤnde bekam, hielt es fuͤr ſeine Pflicht, ſie ſeinen Bevollmaͤchtigern zu uͤberſenden. B. Franklin, Geſchäͤftstraͤger des Hauſes der Volksvertreter von . Al rc Bay. Anfangs lobte man dieſe meine Erklärung allgemein; nur dieß tadelten Einige, daß ich fie nicht früher ausge⸗ ſtellt haͤtte. Aber ich war ja kein Prophet, konnte ja nicht vorausſehen, daß dieſe Herren ſich fordern würden, nicht einmal, daß einer von ihnen mir es uͤbel nehmen koͤnnte. Ich meinte, ihnen einen Dienſt zu erweiſen, 0 2 1 W t f i — — : 5 N — on 5 wenn ich Beide vom Verdacht befreiete und die urſache ihres Zwiſtes beſeitigte. Ich hätte es fuͤr ſehr natürlich gehalten, daß ſich Beide bei mir bedankten. Aber Einer von ihnen mißverſtand mich. Anfapgs mochte ihn ferne Wunde hindern und nachher hofmeiſterten ihm ſeine Hof⸗ verhaͤltniſſe unſtreitig ein anderes Betragen ein. Ich kannte Hrn. Wilh. Whately nur daher, daß er mich einmal bat, mich nach einer Länderei in Pennſylvanien zu erkundigen, die angeblich vormals vom erſten Eigen⸗ thuͤmer an feinen Großvater, Major Thomſon, verkauft ſeyn ſollte, woruͤber nur einige unvollſtaͤndige Nachwei⸗ ſungen in der Familie waren, Niemand aber wußte, ob er ſie nicht etwa wieder bei Lebzeiten verkauft, oder weg⸗ gegeben hatte; denn in ſeinem letzten Willen war ſie nicht erwaͤhnt. Ich ſchrieb ſofort an einen daſigen bes rühmten Rechtsgelehrten, meinen Freund, der ſolcherlei Dinge gar wohl verſtand und bat ihn, ſich dießfalls zu erkundigen. Er bemuͤhte ſich auch auf mein Bitten darum und war ſo glücklich, die Laͤnderei ausfindig zu machen; ſchrieb mir demnach, der Eigenthumsherr mache zwar dar⸗ auf Anſpruch, er meine aber, Thomſon's Erbe habe ein erweisliches Anrecht, er koͤnne es ihm leicht wieder ver⸗ ſchaffen und, wenn H. Whately ihn beauftragen wolle, ſey er bereit, es zu thun; oder, wollte er es vielleicht lie⸗ ber verkaufen, fo bevollmächtigte mich mein Freund, ihm 5.000 Pf. St. ‚dafür zu bieten. Mit dieſem Briefe gieng ich, etwa einen Monat vor dem Zweikampf, zu ihm in ſein Haus, auf der Lombardenſtraße, das erſte Mal in meinem Leben. Er freuete ſich Aber die Nachricht und beſuchte mich nachher ein oder zweimal, um ſich uͤber die Mittel, fein Recht guͤltig zu machen, zu berathen. Ich erwähne einige dieſer Umſtaͤnde, nur um zu zeigen, daß ich nicht etwa durch fruͤhere Bekanntſchaft mit ihm 557 zur Kenntniß der beruͤchtigten Briefe gelangte; denn ſie waren beinahe ein Jahr fruͤher, als ich nur wußte, wo er lebte, in America geweſen; die uͤbrigen moͤgen ſeine Dankbarkeit beweiſen. Daß er mir nicht dankte, daß ich ihm ein zweites Lebens wagniß ſparte, mochte ich ihm ſchon hingehen laſſen; denn, war ihm auch damit einerſeits ein Dienſt geleiſtet, ſo konnte er doch auch fuͤrchten, daß man ſeine Freude daruͤber fuͤr Verzagtheit hielt; vielleicht war ihm auch an ſeinem Leben nichts gelegen; abet dieſer Zu⸗ wachs ſeines Vermoͤgens, ſollte man meinen, muͤßte doch einem Bankier etwas werth geweſen ſeyn. Dennoch war der Dank dieſes würdigen Herrn für beide Gefaͤlligkeiten, der daß er ohne die mindeſte vorläufige Anzeige, War⸗ nung, Beſchwerde, oder Anfrage an mich, weder mittel⸗ bar, noch unmittelbar, mir eine Klage vor der Canzlei an den Hals warf. Seine Klage lautete: Er ſey Ver⸗ walter der Güter und der fahrenden Habe feines verſtorbe⸗ nen Bruders, Thom. Whately; die Statthalter Hut? chinſon und Oliver haͤtten an dieſen ſeinen Bruder einige Briefe geſchrieben; dieſe Briefe wären um die Zeit ſeines Todes in ſeines Bruders Verwahrung geweſen, oder von ihm irgend Jemand zum Durchleſen mitgetheilt worden; damit dieſer ſie ſorglich be⸗ wahrte und beſagtem Thom. Whately wieder zuſtellte; dieſe Briefe waͤren durch mancherlei Mittel in meine Hände gekommen; um die Entdeckung zu verhuͤthen, haͤtte ich, oder ein Anderer auf meine Anregung, die Aufſchrift der Briefe an beſagten Thom. Whately vertilgt; weil ich eine Druckerei hätte, hätte ich durch meine Geſchaͤfts⸗ fuͤhrer, oder Mitverbuͤndeten, dieſe Briefe in America gedruckt und herausgegeben und in Menge verkauft; hätte, gedroht, ſie auch in England zu drucken und zu verkau⸗ fen; er hätte ſich an mich gewendet, ich möchte Franklin's Leben. II. Abth. 2 # 338 ihm beſagte Briefe und alle Exemplare davon ausliefern, vom Druck und Herausgabe derſelben abſtehen und mich mit ihm uͤber den Gewinn davon berechnen; er haͤtte auch gehofft, daß ich dieſe Forderung genehmigte, ich hätte fie aber zuruͤckgewieſen c. gegen alle Billig⸗ keit und alles Gewiſſen, zu offenbarem Schaden und Unterdruͤckung feiner, des Klägers; er baͤte alſo den Lord Canzler, man moͤchte mich anhalten, zu entbek⸗ ken, wie ich zu den Briefen gekommen, wieviel ich davon gedruckt und verkauft haͤtte, und mich mit ihm wegen des Gewinns zu berechnen ꝛc.“ Der Mann mußte ſelbſt | wiſſen, daß jeder von ihm angegebene Umſtand eine Luͤge war, ausgenommen dieß, daß ſein Bruder die Briefe irgend Jemanden zum Durchleſen geliehen. Wer ſo wenig, als ich, mit Rechtsſtreiten bekannt iſt — ich hatte noch nie einen gehabt — wird ſich daruͤber eben ſo ſehr wundern, als ich mich wunderte. Jetzt weiß ich freilich, daß in der Canzlei der Beklagte zwar die Wahrheit jedes Umſtandes in ſeiner Ausſage eidlich be⸗ ſtärken muß, der Kläger aber keineswegs eidlich oder ſonſtwie verpflichtet iſt, auch nur im Mindeſten auf Wahrheit in ſeiner Klage Ruͤckſicht zu nehmen, ſondern, ſo viel er will, luͤgen darf; ich begreife dieß nicht, wenn es nicht zu Anzeddelung von Gerichtshaͤndeln dienen ſoll. Meine eidlich beſtaͤtigte Antwort war: „die fragli⸗ chen Briefe ſeyen mir gegeben worden und in meine Haͤn⸗ de gekommen, als Geſchaͤftstraͤger des Hauſes der Volks⸗ vertreter der Landſchaft Maſſachuſetts-Bay; als fie mir ges geben worden, haͤtte ich nicht gewußt, an wen fie gerichtet ge⸗ weſen, weil keine Aufſchrift dabei geweſen; auch hätte ich früher nicht gewußt, daß ſolche Briefe vorhanden ge— weſen; auf Drucken haͤtte ich mich ſeit mehreren Jahren \ — 339 nicht eingelaſſen; die Briefe hätte, ich weder drucken laß: ſen, noch dazu veranlaßt; ich haͤtte keine Aufſchrift, die auf den Briefen geweſen ſeyn ſollte, vernichtet, noch wuͤßte ich, daß Jemand ſie vernichtet haͤtte; als Ge⸗ ſchaͤftstraͤger der Landſchaft haͤtte ich, weil ich es für meine Pflicht gehalten, beſagte Briefe Einem vom Aus⸗ ſchuſſe uͤberſendet, mit welchem ich Geſchaͤftswegen in Briefwechſel zu treten angewieſen worden, weil ſie mei⸗ nes Ermeſſens, Dinge von Wichtigkeit fur die Landſchaft enthalten haͤtten und mir zu dem Ende eingehaͤndigt wor⸗ den waͤren; Klaͤger haͤtte ſich nie, wie er in ſeiner Klage angegeben, an mich gewendet; ich haͤtte nie an den Brie⸗ fen etwas verdient, noch verdienen wollen.“ um dieſe Zeit war es nun augenfaͤllig geworden, daß man jeden Gedanken an Verſoͤhnung mit der Pflanz⸗ ſtaͤtte Maſſachuſetts⸗Bay durch Ruͤckſicht auf ihre Ge⸗ ſuche oder Abſtellung ihrer Bedruͤckungen, aufgegeben, Strenge walten zu laſſen, entſchloſſen und Verlaͤſterung und Herabſetzung dieſes Volks und meiner, ſeines Ge⸗ ſchaͤftstraͤgers, durchaus eine Hofmaaßregel war. Es war unter all' dem miniſteriellen Geſindel Ton, mich und das Volk in jeder Geſellſchaft, in jedem Zeitungs⸗ blatt zu ſchmaͤhen; und lange zuvor, eh' es geſchah, wurde es mir als abgemachte Sache vertraut, daß das Geſuch um Abſetzung der Statthalter verworfen werde, die Tagſatzung einen Verweis bekommen, ich aber, der das Geſuch eingereicht, mit Verluſt meiner Poſtamtsſtelle beſtraft werden wuͤrde. Auf dieß Alles war ich demnoch gefaßt; aber Whately's Angriff, ich geſteh' es, übers raſchte mich; unter oberwaͤhnten Umſtaͤnden, da er mir Dank ſchuldig war, und ohne den mindeſten Anlaß mei⸗ nerſeits, haͤtte ich mir nicht einfallen laſſen, daß ein 1 Y 2 340 Menſch niederttaͤchtig genug ſeyn koͤnnte, aus eigener Bewegung derlei verdrießliche Rechtshaͤndel mit mir anzufangen. Aber eine kleine zufaͤllige Kunde warf eini⸗ ges Licht auf die Sache. Einer meiner Bekannten, naͤm⸗ lich Wilh. Strahan, Esg. Parlamentsmitglied und koͤ⸗ niglicher Drucker, beſuchte mich, als er eben aus der Schatzkammer kam und zeigte mir etwas Liebliches, wie er es nannte, fuͤr einen Freund; es war eine Anwei⸗ fung auf 130 Pf., zahlbar an D. Sam. Johnſon, als die Hälfte feines Jahrgehalts, und vom Geheimſchrei⸗ ber der Schatzkammer eben auf Whately gezogen. Ich | ſah ihn denn nun als Schatzkammerbankier fuͤr die Jahr⸗ gehalte an, ſah, daß er mithin mit der Verwaltung in eigenfüchtiger Verbindung ſtehen mußte, daß dieſe ihn, auf Anſtiften Anderer, vermocht hatte, mich mit dieſem Rechtshandel zu behelligen; wodurch ich denn freilich eine noch ſchlechtere Meinung von ihm bekam, als wenn er es aus eigenem Antrieb gethan haͤtte. Was nun er, oder ſeine Mitverbuͤndeten, die Miniſter, hierin noch fuͤr Schritte thun werden, weiß ich nicht; ich glaube wohl nicht, daß der Bankier ſelbſt, weil er finden muß, daß dabei doch nichts zu verdie⸗ nen iſt, auch nur noch einen Groſchen fuͤr dieſen Rechts⸗ handel anlegen ſollte; mich aber mit der hieſigen Schatz⸗ kammer auf eine Rechtskatzbalgerei einzulaſſen, dazu möchte: mein Vermoͤgen nicht hinreichen, zumal da die Verwaltung bei meinen Vollmachtertheilern in Neu⸗ England durch eine beſondere Weiſung des Statthalters, keine dießfaͤllige Anweiſung an daſige Schatzkammer auszuſtellen, deßhalb eingekommen iſt, daß man mir weder meinen Ge⸗ halt zahle, noch auch irgend eine Auslage erſtatte. Die Ungerechtigkeit, auf ſolche Weiſe ein Volk zu verhindern, daß es fur fein eigenes Geld ſich einen Ge⸗ ſchaͤftstraͤger halte, der es vertrete, waͤhrend der Statt halter mit einer, dieſem Volke mittelſt Parlamentsverhand⸗ lungen abgepreßten Beſoldung Mau duit und Wedder⸗ burn reichlich bezahlen konnte, das Volk und ſeinen Ge⸗ ſchaͤftstraͤger zu ſchmaͤhen und zu verſchreien, liegt ſo klar am Tage, daß ſie keiner weitern Erklaͤrung bedarf. — 5 Aber das nennen ſie nun Wegietung elt Nie So weit Franklin; | 4 Es erhellt aus obiger klater Darſteung und der wahrhaften Angabe des unverantwortlichen Verfahrens vor den Lords des Geheimraths (S. Beilage), daß, als Franklin von Amtswegen das Geſuch um Abſetzung der Statthalter eingab, das Minifterium die Sache dieſer Herrn zur ſeinigen machte und Wedderburn beauftragte, i trotz Landesrecht und Brauch den Gegenſtand des Streits zu verruͤcken und, ſtatt auf die Sache einzugehen; den 5 der ſie . hatte, zu ſchwähen! | Dieß reizte, wie ales graͤuelvolle Verfahren das Volk zum Unwillen. In der erſten Gluth und Entruͤſtung dar⸗ über ſprach Jedermann, ſelbſt beſtochene und ſchlechte Men⸗ ſchen dagegen. Wedderburn wurde uberall mit Abſcheu er⸗ wähnt, was aber noch zu ehrenvoll für ihn war; denn ein kleinlicher unruhiger Geiſt, der gerade ſoviel Worte in Bereit⸗ ſchaft hat, um ſich Glauben zu verſchaffen, und Ver⸗ ſchmitztheit genug, um Hebel zu werden, darf im Grunde nur Verachtung erwarten. Die hinter dem Vorhang hate ei gentlich der Unwille treffen muͤſſen, und, wäre nut 342 REN 5 Sinn für Rechtſchaffenheit im Volke geweſen, es hätte dieſe an's Licht hebegen und de ne des ine ee Sur BIER Ren der Regierung um dieſe Zeit ihre Plane im Oſten gegluͤckt waren, wendete ſie ihre Blicke nun welt wärts, wo noch allein die Freiheit einen Zufluchtsort zu ha⸗ ben ſchien und wogegen ſie jetzt ihre Hauptkraft richten muß⸗ te. Dort waren ganz dieſelben Kuͤnſte und Raͤnke gebraucht worden; nur daß fie nicht fo gluͤcklich ausfchlagen zu wollen ſchienen. America war nicht geſonnen, wie Oſtindien, An⸗ haͤngſel der Verwaltung zu werden. Es hatte ſich durch freundliche Gewerbigkeit zum Wohlſtande erhoben und ſomit zu Tugenden, wovon die Verwaltung (Administration) we⸗ nig, Oder gar keinen Begriff Wach die ſie alſo a nannte. Offenbar war der Kampf, ite America bloß Sache bir rc (Administration), welche ſich immer mehr Stellen ihrer Verfuͤgung halber verſchaffen und die einzige en von Volksregierung, die fie kannte, ſich erleichtern woll⸗ „Es war alſo gar kein Wunder, daß diejenigen, welche 0 America auftraten, alle Wuth und Bosheit; der Ver⸗ waltung erfuhren. Franklin war darunter der vorzuͤglich⸗ fe und ware ſchon früher ein Opfer ihrer Rache gewor⸗ den, wenn ihn nicht ſeine gruͤndliche Rechtſchaffenheit und ſeine Geiſtesuͤberlegenheit geſchuͤtzt haͤtten, Er wurde nach England geſendet, um dert der Staͤmpelacte zu wider⸗ ſprechenz und der wackere edle Gang in all ſeinen Ant⸗ worten, als er vor dem Hauſe der Gemeinen im Februar 1766 vernommen ward, ſchien ein Vorwurf für die Zei⸗ ten zu ſeyn; es waren wahrhaft Ariſtideiſche Geſinnun⸗ gen, die einen tiefen Eindruck auf die Gemüther mach⸗ ten. Darum ward er bewacht, verſucht, verklagt. > 343 Man haͤtte, als Franklin jene Briefe einſendete und fie nun, ohne daß er es wollte, mehr verlauteten, von Sei⸗ ten der Lenker eines großen Volks einigen Anſtand er⸗ warten ſollen — es galt eine große und bedeutende Land⸗ | ſchaft —; aber die Sache ward zur Kurzweil herabgewuͤr⸗ digt. Franklin verachtete dieſes kindiſche Benehmen ſo gruͤndlich und mochte der Wuͤrde oͤffentlicher Verhandlungen fo wenig vergeben, daß er lieber zuruͤckreiſete, um ſich auf einen kehren und befugten Di Richtſtuhl zu berufen. yo nach dem Verfahren im Gebeimrath ward Franklin ſeines Oberpoſtmeiſteramts entſetzt, nicht bloß, weil er die Briefe der Statthalter eingeſendet, ſondern weil er uͤberhaupt Volksſchriften fuͤr America geſchrieben. Beſonders hatten zwei der letztern allgemeine Aufmerkſam⸗ keit erregt, die eine, ein angeblicher Befehl des Koͤnigs von Preußen, die Bewohner von Großbritannien als Ab⸗ ſtaͤmmlinge ehemaliger Auswanderer aus ſeinen Beſitzun⸗ gen, zu beſteuern, welche in der Privatcorreſpondenz mit⸗ getheilt worden iſt; die zweite betitelt: „Anweiſung, ein großes Reich klein zu machen“ welche in den dan pate Site befindlich iſt. Wahrend dieſe Verhandlungen dh im Gange wa⸗ 3 trat ein anderer Gegner Franklin's. auf. Auf An⸗ laß einer Schrift von Joſias Tunker, Dr. der Gottes⸗ gelahrtheit und Dechant von Glouceſter entſpann ſich folgender Briefwechſel, woraus ſich ergiebt, daß Franklin alles Ernſtes vom Dechant offene und ehrliche Mitthei⸗ lung der Gruͤnde verlangte, weßhalb Letzterer ihm mancher⸗ lei zur Laſt gelegt hatte, und daß er ſich vohkändie Bär kater 15 koͤnnen gewiß war. 2 “ eo 1 4 * 7 * 9 8 0 198 81 Mit an 344 i An den Dechanten Tukker. Hecmintige da 114615 Tr 12 93 N eon don den 12. Febr. 1774. Als 10 von einem Freunde erfuhr, daß in einem, unter Ihrem achtbaren Namen erſchienenen, B uche einige ſtarke Anzuͤglichkeiten gegen mein Benehmen und meinen Charakter befindlich waͤren, kaufte und las ich es. Indem ich Ihnen zuvor meinen Dank für die, der Menſchheit fo gemeinnuͤtzigen Abſchnitte darin abſtatte, erlauben Sie mir auch zu klagen, daß, wenn Sie mit der S. 180 f. befind⸗ lichen Beſchreibung eines Americaniſchen Vaterlandsfreun⸗ des, der nicht genannt zu werden brauche, mich, wie an⸗ zunehmen ſteht, meinen, nichts unwahrer ſeyn kann, als Ihre Behauptung, daß ich mich verwendet, oder auch mittelbar oder unmittelbar irgend einen Einfluß gebraucht, als einer der Staͤmpelbeamteten für America angeſtellt zu werden. In der That habe ich nie auch nur einen Wunſch der Art gegen irgend Wen geaͤußert; weit weni⸗ ger noch war ich, wie Sie ſagen „ungewoͤhnlich aͤmſig hierin.“ Ich habe fruͤherhin ſchon in den Zeitungen Ein? fluͤſterungen von gleicher Erheblichkeit zu Geſicht bekom⸗ men, wo ich ausdrücklich genannt war; da ſie abet den Namen des Schriftſtellers nicht angaben, ſo nahm ich keine Kunde davon. Ich weiß nicht, ob ſie auch von Ihn en herruͤhren, oder 2 nur zum Beleg Ihrer je⸗ bigen Beſchuldigung dienen. Jetzt aber, da ſie durch Ihren Namen und Peachteten Charakter wichtiger werden, muß mich die Beleidigung auch mehr verlegen und ich bitte Sie, die Gründe doch nochmals zu erwaͤgen, aus welchen Sie eine Anklage bekannt gemacht haben, welche, wenn ſie Glauben findet, mich ſehr in der Minges gu: —— 345 ter Menſchen, beſonders meiner Landsleute, herabſetzen muß, von welchen ich ausdrücklich geſendet ward, mich der Beſteuerung zu widerſetzen. Finden Sie, wie ich hoffe, nach ſolcher nochmaligen Forſchung und Ueberlegung, daß man Sie durch falſche Nachrichten hintergangen, oder daß Sie in einer Sache, wo es die Ehre eines Andern gilt, zu leicht auf Hoͤrenſagen gebaut haben, fo ſchmeichle ich mir, Sie werden ſo billig ſeyn und mir durch Zuruͤck⸗ nahme jener Beſchuldigung Gerechtigkeit widerfahren laſ⸗ ſen. Im Vertrauen hierauf bin gi mit eee, ere ge Ihr L 5 a 5 * * 1 81 2 ili: 9 0 757 172 ? N 6 e I. an re 8. 2 3 78 3 E ro ö 1 5 3 In ; u ) * A J . A * * 55 ir ’ 15 1 - 4 — 5 . 14 7 . D as: DD nn dat. a Dr 5 dr anklin. er er irt 3 12 RE Re 50 un Mr RAR 1 — 3 _ 2 Mein He! Da ie ei ur . 1 2 * N N u te it 10 cen gad 2 montasi den 21. e Den Brief, womit Sie mich in ee ie be ich ſo eben in London erhalten, wo ich mich mehrere Wochen aufgehalten habe und nun im Begriff ſtehe, nach Glouceſter zuruͤckzugehen Bei einer Unterſuchung finde ich, daß ich mich in einigen Umſtaͤnden des, über Ihr Benehmen hinſichtlich der Stäömpelatte Geaͤußetten geirrt, obwohl ich im Weſentlichen richtig bin. Dieſe Irrthuͤmer ſollen mit erſter Gelegenheit berichtigt werden. Indem ich Sie verſichere, daß ich an namenloſen Zei⸗ tungsdüfſaͤtzen keinen Antheil habe, us ir in Ver⸗ e e habe ich die Ehre ie. 5 RA PORT: lee eee inne ch deen N San N r N rern Ar AR ua x N, 720 241 e 4 840 1 eng „Hg! 14 Won an dig e 8926 hund iet . ME RI BEA EN Se 5 A pn gan em ana 3 346 — An Dechant Bunte ice Hochwürdiger Her . 88 Ihr guͤtiges Schreiben erhielt ich geſtern. Iſt das Weſentliche deſſen, was Sie mir zur Laſt gelegt haben, wahr, ſo koͤnnen mich einzelne Irrungen in den U m⸗ ſtaͤnden nicht ſonderlich kuͤmmern; ob dieſe richtig an⸗ gegeben ſind, oder nicht, thut nichts zur Sache. Da ich aber weiß, daß die Hauptſache falſch iſt, und glaube, Sie koͤnnen nicht in einem Irrthume beharren wollen, der irgend Jemands Ehre und gutem Namen nachtheilig iſt, ſo bin ich uͤberzeugt, Sie veruͤbeln mir es nicht, wenn ich Sie erſuche, mir die einzelnen Umſtaͤnde Ihrer Nach⸗ richt mitzutheilen, damit ich ſie unterſuchen moͤge; und ſchmeichle mir, Ihnen die Grundloſigkeit derſelben dar⸗ thun zu koͤnnen. Ich ſchlage dieſen Weg vor, weil er anſtaͤndiger iſt, als ein oͤffentliches Gezaͤnk und weil er der Ihrem Stande ſchuldigen ee n bee zuſagt. an 83 d ede 0 5 hir end uh N v Hol . N AIR ee ! Hir he Im Na e An Dr. tank bin. n aus men Hern a n e ee e e 5 slenteter, pie 24. Febr. an Ihre eee in Ihrem letzten Vriefe iſt ſo ws recht und vernünftig, daß ich fie ſehr gerne eingehe. Es hat mir lange geſchienen, als ob Sie in der Art, wie Sie America's vereintes Beßtes zu foͤrdern trachten, die Graͤnzen der Sittlichkeit uͤberſchritten. Kann mir nun bewieſen werden, daß meine Vermuthung ungerecht iſt, 347 fo will ich meinen Irrthum eben ſo gern anerkennen, als Sie meinen Widerruf deſſelben leſen werden. Was den, in Ihren Briefen insbeſondere angezogenen Fall betrifft, fo ward mir wiederhohlentlich geſagt, Sie hätten den ver⸗ ſtorbenen Mr. George Grenville um eine Stelle, oder ein Schaffneramt bei Vertheilung der Staͤmpel in America gebeten. Aus dieſem Umſtande ſchloß ich, Sie haͤtten ſich um Ihrer ſelbſt willen darum verwendet; da⸗ gegen ich jetzt erfahren habe, daß nicht beſtimmt erweis⸗ lich ſey, Sie haben ſolch' eine Stelle fuͤr ſich geſucht, wohl aber hinlaͤnglich klar auch noch jetzt, daß es fuͤr einen Andern geſchehen. Iſt dieß Letztere, wie ich gewiß bin, etwieſene Thatſache, fo bin ich geneigt, aus mehreren Ausdruͤcken in Ihren beiden Briefen anzunehmen, Sie werden leicht einraͤumen, daß in dieſem Falle der Unter⸗ ſchied zwiſchen Ihnen und Ihrem Freunde in der Haupts ſache nichts Weſentliches aͤndert. Sollten Sie aber in dieſem Falle andere Anſichten haben, die uͤber meine Begriffe hinausgiengen, ſo werde ich mich mit der Bemerkung begnuͤ⸗ gen, daß Ihre großen Gaben und gluͤcklichen Entdeckungen allgemeine Achtung verdienen; und, wie ich in dieſen Hin⸗ eee Sie ſchätze und pe, habe ich die Ehre c. | I“ . Tukker. ieee: dhe kutter, Hochwürdiger Here! | 1 . x London, den 20. Febr. 1774. Ich danke Ihnen fuͤr die freimüͤthige Mittheilung So näheren Kunde über mein vorgebliches Anſuchen bei Hrn. Grenville um eine Stelle bei'm Americaniſchen Staͤm⸗ pelamte. Da ich nun behaupte, ſowohl Ihre fruͤhere, 8348 — als Ihre letztere Kunde iſt falſch; ſo muß ich wohl, um Sie zu Überzeugen, alle Umſtaͤnde Ihnen gehörig erzaͤh⸗ oe welche dergleichen Jeichteme W c emen | Einige Tage, RE bie Staͤmpelacte trotz alen meinem Widerſpruch durchgegangen war, erhielt ich von Hrn. Whately, Grenville's Geheimſchreiber, ein Handſchreiben, daß er mich morgen zu ſehen wuͤnſche. Ich gieng alſo zu ihm und fand andere Geſchaͤftstraͤger der Pflanzſtaͤtten bei ihm. Er that uns zu wiſſen, daß Hr. Grenville wuͤnſchte, wir moͤchten in Vollſtreckung der Acte ſo viel als moͤglich alles Unangenehme und Mißſtaͤndige fuͤr America vermeiden, und er gedenke da; rum nicht Staͤmpelbeamtete von hier hinzuſenden, ſondern wuͤnſche vielmehr in jeder Landſchaft, aus der Mitte der Bewohner ſelbſt, verſtaͤndige und achtbare Per⸗ ſonen, wie ſie ihnen immer genehm waͤren, dazu beſtallt zu ſehen; denn, da ſie die Auflage zahlen muͤßten, meinte er, ſo ſollten Fremde nicht die Vortheile davon genießen. Whately wuͤnſchte alſo, wir moͤchten Jeder, aus ſeiner Pflanzung, einige vorſchlagen. Hr. Grenville würde es uns Dank wiſſen, wenn wir ihm ehrliche und verant⸗ wortliche Maͤnner angaͤben, und ſicher auf unſere Anga⸗ ben Ruͤckſicht nehmen. Dieſe annehmliche und ſcheinbar offene Erklaͤrung lockte uns; ich nannte fuͤr unſere Land⸗ ſchaft Hrn. Hughes, und bemerkte dabei, ich wuͤßte nicht, ob er es annaͤhme; thaͤt' er es aber, ſo waͤr' ich uͤberzeugt, er wuͤrde ſeinem Amte treu vorſtehen. Bald ‚nachher bekam ich Nachricht, daß er angeſtellt ſey. Kei⸗ ner von uns ſah wohl voraus, oder dachte ſich, daß dieſe Einwilligung in des Miniſters Erſuchen ein Ge ſuch unſererſeits genannt werden koͤnnte, oder wuͤrde, oder auch gar als Beweis unſerer Billig ung der Acte, / der wir gerade widerſprachen, gelten wuͤrde; außerdem wuͤrden, glaube ich wohl, Wenige von uns Perſonen vor⸗ geſchlagen haben — ich gewiß gar nicht. Dieß, verſichere ich Ihnen und kann es durch lebende Ohrenzeugen be⸗ weiſen, iſt der wahre Hergang der Sache. Vergleichen Sie ihn mit dem, in Ihrem Buche angegebenen, ſo bin ich uͤberzeugt, Sie werden darin einen Unterſchied bemer⸗ ken, der nichts weniger, als eine über Ihren Be⸗ er. „ eee iſt. 8 Sie mir ferner zu bemerken, af Ihr Ausdruck, es gebe „keine beſtimmte Beweiſe“, daß ich eine Stelle in dieſer Art fuͤr mich geſucht, doch dieß enthaͤlt, daß deßungeachtet einige Nebenbeweiſe min⸗ deſtens dieſe Vermuthung unterſtuͤtzen; der letzte Theil aber dieſes Ausſpruchs, welcher ſagt, es ſey hinlaͤnglich klar, daß ich darum fuͤr einen Andern angeſucht, muß, fuͤrchte ich, wenn er Glauben finden ſollte, dieſe Vermu⸗ thung vernichten und ein beſtimmter Beweis fuͤr das Gegentheil werden; denn, wenn ich Einfluß genug auf Gtenville hatte, dieſe Stelle für einen Andern zu be⸗ kommen, iſt es denn wahrſcheinlich, ns fs mir für 555 waͤre abgeſchlagen worden? 5 Noch DR Umſtand moͤchte ich Ihnen zu offener Erwaͤgung empfehlen, Sie ſchildern mich als „zweideutig, als hätte ich vor den Schranken des Hauſes der Gemei⸗ nen die Maaßregel, die ich gebilligt gehabt haͤtte, herab⸗ gewuͤrdiget und den Sturm, der uͤber den Miniſter ein⸗ brechen ſollte, geleitet.“ Da dieß nach meinem angeblichen Geſuch fuͤr mich, oder meinen Freund geſchehen ſeyn muß, Grenville aber, wie Whately, damals im Hauſe gegenwaͤrtig waren und mir Fragen vorlegten, iſt es ST N ersagueat denn wohl denkbar, saß, beleidigt, wie beide durch mein Betragen ſeyn mußten, Keiner von ihnen mir dieſe meine Zweideutigkeit zu Gemüthe geführt, oder fie dem Haufe bemerklich gemacht, oder mich darüber zur Rede geſtellt, oder um die Gruͤnde befragt haͤtte? Gleichwohl wiſſen alle Mitglieder, die damals zugegen waren, daß weder von ihnen ſelbſt, noch einem ihrer 6 de auch nur ein Woͤrtlein biefer 5 8 gefallen iſt. 5 Ich bin Wait Sie fangen nun an zu ver⸗ muthen, daß Ihre Berichterſtatter Sie irre geleitet haben; frage aber nicht, wer dieſe Berichterſtatter find, weil ich nicht gern beſondere Gründe habe, mit Leuten unzufrie⸗ den zu ſeyn, die vielleicht un Allgemeinen Achtung ver⸗ dienen. Dieſe mögen wohl eben auch aus Berichten An⸗ derer Folgerungen gezogen, und, weil ſie hoͤrten, daß Einer, den ich vorgeſchlagen, die Stelle erhalten, natuͤr⸗ lich vermuthet haben, daß ich darum angeſucht; wie Dr. Tukker, als er hoͤrte, daß ich darum angeſucht Kid es ſey für mich geſchehen. Glauben Sie mir, ich nehme es, wie ich muß, mild hin, daß Sie mir frei herausſagen, „es habe Ihnen laͤngſt geſchienen, als ob ich in der Art, wie ich Ameri⸗ ca's vereintes Beßtes zu foͤrdern geſucht, die Graͤnzen der Sittlichkeit uͤberſchritten.“ Ich weiß gar wohl, daß viel Wahres in dem Sprichwort liegt: unſerer Sünden und Schulden find immer mehr, als wir glau⸗ ben; und, kann ich auch jetzt, wenn ich in meinen Bu⸗ ſen greife, mich keiner Unſittlichkeit der Art anklagen, ſo geziemt mir doch zu vermuthen, daß, was Ihnen län gſt geſchienen, einigen Grund haben möge. Sie ſind fo güs tig, dazu zu ſetzen „wenn es erweislich waͤre, daß Ihre „„ | 351 Vermuthung unrichtig geweſen, wuͤrden Sie ſich freuen, es anzuerkennen.“ Es iſt oft ſchwer zu erweiſen, daß ein Verdacht unrecht ſey, auch wenn wir wiſſen, daß er es iſt; noch ſchwerer aber, wenn wir damit unbekannt ſind. Ich muß alſo annehmen, daß, als Sie ihn er⸗ waͤhnten, Sie mir die Gruͤnde deſſelben mitzutheilen geſonnen waren, wenn ich es verlangte. Dieß thue ich jetzt und, glauben Sie mir, mit dem aufrichtigen Wunſch und Vorſatz, das Unrechte in meinem Benehmen zu ver⸗ beſſern und fuͤr die Warnung zu danken. In Ihren Schriften erſcheine ich als ein ſchlimmer Mann; bin ich dieß aber und Sie koͤnnen mir dazu verhelfen, daß ich wirklich ein guter werde, fo werde ich dieß für überges nügliche e halten. Ihr ıc, 1 6 | . Unter'm 7. Febr. 1778 bemerkte Franklin ſelbſt zu dem Entwurf obiges Briefes, daß darauf keine Antwort erfolgt ſey. Konnte, oder wollte Tukker ſich nicht uͤber⸗ zeugen? | Doch wir kehren wieder zu Franklin's Staatsver⸗ haͤltniſſen zuruͤck. Alle Hoffnungen, die Franklin zu Lord Dartmouth's Herzensguͤte und Stimmung hatte, welkten. Auch nicht Eine Maaßregel ſeiner Vorgaͤnger hatte er zu aͤndern verſucht, vielmehr ſtets nur neue genommen, die Pflanzungen zu erbittern, zur Verzweiflung und offener Empoͤrung zu treiben. In einem Aufſatz „Ueber Urſprung und Fort⸗ gang der Mißverhaͤltniſſe zwiſchen Großbri⸗ tannien und ſeinen Americaniſchen Pflanzun⸗ gen,“ der um dieſe Zeit (1774) erſchien, ſagt Franklin, RR | daß es bald nach dem letzten Kriege Streben der Eng⸗ liſchen Miniſter geweſen, von America ein Einkommen zu beziehen. Eine Staͤmpelacte war der erſte Verſuch. Es zeigte ſich bald, daß dieſer Schritt nicht gut aufge⸗ nommen ward, daß man die Rechte, das Vermoͤgen, die Anſichten und die Stimmung dieſes großen und wachſen⸗ den Volks nicht hinlaͤnglich beruͤckſichtigt. Er klagte, daß die Auflage unnoͤthig ſey, weil feine Tagſatzungen von jeher der Krone nach Kraͤften Verwilligungen gethan, wenn ſie gehoͤrig darum angegangen worden; ungerecht aber, weil es im Britiſchen Parlament keinen Vertreter, ſon⸗ dern eigene Parlamente habe, wo, wie es ſich gebührte, ſeine Zuſtimmung zu ig von feinem DM gege⸗ ben worden ſey. Das Parlament nahm die Acte als unfoͤrderlich zu⸗ ruͤck, behauptete aber in einer andern ſein Recht, die Pflanzungen zu beſteuern und in allen vorkommenden Fällen zu binden. Im folgenden Jahre legte es Zölle auf, nach America ausgefuͤhrte, Britiſche Manufacturwaaren. Nach⸗ dem die Staͤmpelacte widerrufen worden, waren die Ame⸗ ricaner wieder in ihr gewohntes freundliches Verkehr mit England getreten; aber dieſe neue Acte erneuerte ihre Un⸗ zufriedenheit. Dieſe und andere Bedruͤckungen hat Frank⸗ lin in dem obengenannten Aufſatze auseinander geſetzt, und der geſchichtliche Verlauf der Americaniſchen Unzu⸗ friedenheit iſt auch im zweiten Theile feiner Püivateorie- Iponbeng vollſtaͤndig angegeben. 171 — Dr. Stuber bemerkt über das angemaßte Recht des Parlaments, die Americaniſchen Pflanzungen in allen vorkommenden Faͤllen zu binden, „dieß Recht ſey nie von den Pflanzern anerkannt worden; nur haͤtten fie ſich geſchmeichelt, daß es nicht geuͤbt werden wuͤr⸗ de, und darum nicht fo gar eifrig dagegen ges ſprochen. Haͤtte man dieß anmaßliche Recht ruhen laſſen, die Pflanzer haͤtten gern ihren Beitrag zu Huͤlfsgeldern auf gewohnte Weiſe entrichtet d. h. mit⸗ telſt Verhandlung ihrer eigenen Tagſatzungen, auf Ans ſuchen des Staatsgeheimſchreibers. Waͤre man ſo verfah⸗ ren, ſo haͤtten die Pflanzungen, bei ihrer guten Geſin⸗ nung fuͤr das Mutterland, trotz den Beeintraͤchtigungen ihres Handels, welche nur auf den Handels- und Ma⸗ nufacturvortheil Englands berechnet waren, es wohl nicht leicht zu einem Bruch kommen laſſen. Von fruͤh auf waren die Americaner gewoͤhnt ein Volk, deſſen Abſtaͤmm⸗ linge ſie waren, deſſen Sprache, Geſetze und Sitten die ihrigen waren, zu achten. Sie ſahen darauf hin, als auf Muſter der Vollkommenheit; und ſo befangen was ren ſie, daß die gebildetetſten Europaͤiſchen Voͤlker, im Vergleich mit Englaͤndern ihnen beinahe wie Barbaren vorkamen. Wie hätten fie mit ſolchen Geſinnungen an eine Trennung denken koͤnnen? Die Auflagen auf Glas, Leder, Papier, Malerfarben, Thee ꝛc., die Rechtsver⸗ kuͤmmerungen einiger Pflanzungen, die durch koͤnigliche Statthalter hintertriebenen Geſetzgebungmaaßregeln in an⸗ dern, die veraͤchtliche Behandlung ihrer unterthaͤnigen Gegenvorſtellungen, worin ſie ihre Bedruͤckungen angaben und um Abſtellung baten, ſo wie andere gewaltſame und unterdruͤckende Maaßregeln, weckten endlich einen heftigen Widerſpruchsgeiſt. Statt dieß durch mildere Behandlung wieder auszugleichen, ſchien das Miniſterium ſich darauf zu ſetzen, die Pflanzungen zum knechtiſchen Gehorſam gegen ſeine Beſchluͤſſe zu zwingen. Dieß machte aber uͤbel nur aͤrger.“ Franklin's Leben, 1 I. Abth. 3 "N Das ganze Feſtland von America ſah nun die Bo⸗ ſtoner Havensbill als einen, gegen die Freiheit aller Pflan⸗ zungen gefuͤhrten Streich an, und dieſe Anſicht ward in allen Americaniſchen Zeitungen ſehr ſtark ausgeſprochen und verbreitet. Selbſt die, wegen Verbrauchs ihrer Er⸗ zeugniſſe, mit dem Mutterlande inniger verbundenen Pflanz- ungen traten mit den uͤbrigen zuſammen und uͤberall hoͤrte man nur von Beſchluͤſſen zur Belebung ihrer Mauufac⸗ turen, Verbrauch heimiſcher Erzeugniſſe, Unterdruͤckung fremder Artikel, Abſchaffung alles Ueberfluͤßigen. Virgi⸗ nien wollte keinen Tabak mehr bauen, wenn die Bedruͤk⸗ kungen in America nicht eingeſtellt würden. Maryland that daſſelbe; Pennſploanien und faſt alle uͤbrige auch. Waͤhrend dieſer Streitigkeiten zwiſchen beiden Laͤn⸗ dern erfand Franklin eine kleine emblematiſche Zeich⸗ nung, welche Großbritanniens und ſeiner Pflanzungen Lage darſtellen ſollte, falls Erſteres auf feinen: Unterdruͤk⸗ kungsmaaßregeln beharrte, der Letzteren Handel beſchraͤnkte und das Volk nach Geſetzen beſteuerte die in einer Ver⸗ ſammlung gegeben wurden, wo es keine Vertreter hatte. Die Zeichnung ward in Kupfer geſtochen. Franklin hatte viel Drucke auf Karten abgezogen, auf deren Ruͤckſeite er gewoͤhnlich ſeine Noten ſchrieb. Auch wurde ſie mit folgender Erklärung und daraus gezogener Moral ab— gedruckt. | Ä tin ſitzt auf der Weltkugel; die Pflan- zungen aber, ſeine Glieder, ſind von ihm abgetrennt, deßhalb hebt es feine Augen und Stuͤmmel zum Himmel. Sein. Schild das es nicht fuͤhren kann, liegt nutzlos ihm zur Seite; ſeine Lanze hat Neuengland durchbohrt; der Lorbeerzweig 5 Wharf, hie) entfallen; die . —— 9 5 358 Engliſche Eiche hat ihre Krone verloren und iſt zu einem bloßen Block mit einigen welken Zweigen geworden; Dor⸗ nen und Diſteln ſind unten am Fuß; die Britiſchen Schiffe haben Beſen auf den Maſtſpitzen, zum Zeichen, daß fie verkaͤuflich find; Britannien ſelbſt iſt von der Weltkugel herabgeglitten, weil es ſie nicht mehr, im Gleichgewicht halten kann; über den Bruchſtuͤcken die Ins oh date obolum Belisario! | 5 „Moral daraus. Die Geſchichte ſtellt viel Beispiele von Staaten auf, welche durch, dem Geiſte und Weſen ihrer Volker unange⸗ meſſene, Maaßregeln zu Grunde giengen. Geſetze zum Vortheil eines, zur Unterdrückung und Nachtheil des an⸗ dern Theils des Volks geben, iſt gewiß eine hoͤchſt irrige und mißverſtandene Staatskunſt. Gleiche Vertheilung des Schutzes, der Rechte, Freiheiten und Vortheile darf jeder Theil fordern und genießen, indem es für den Staat ganz gleichguͤltig iſt, ob ein Unterthan an der Themſe reich und blühend wird, oder am Ohio, in Edinburgh, oder Du⸗ blin. Derlei Maaßregeln wecken jederzeit große und ges waltſame Eiferſucht und Gehaͤſſigkeit zwiſchen den beguͤn⸗ ſtigten und den unterdruͤckten Theilen, woraus denn eine voͤllige Trennung der Liebe, der Anliegen, der ſtaatiſchen Verbindlichkeiten und aller Arten von Verbindung noth— wendig erfolgt, durch welche der geſammte Staat ges ſchwaͤcht und vielleicht fuͤr immer zu Grunde kl n A 356 Im Junius 1774 ſah man allgemein einer Zuſam⸗ menkunft der Abgeordneten aller Pflanzungen entgegen. Darauf hatte Franklin ein Jahr zuvor in einem Briefe an Thom. Cushing, Esq. vom 7. Julius 1773 hingearbei⸗ tet. Darin heißt es; „Da aber die Kraft eines Reiches nicht nur auf der Einheit der Theile, ſondern auch auf ihrer möglichen Geſammtwirkung beruht, und da die Rechts⸗ eroͤrterungen bei'm Ausbruch eines Krieges unzeitig ſind, der damit verurſachte Aufſchub aber dem Ganzen nachthei⸗ lig werden koͤnnte; da ferner die Weigerung einer, oder einiger Pflanzungen nicht ſehr beachtet werden wuͤrde, wenn die uͤbrigen freimildiglich verwilligten, wozu fie vielleicht durch allerlei Künfte und Gründe vermocht werden koͤnn⸗ ten; da dieſer Mangel an Einſtimmigkeit die Erwartung allgemeiner Abſtellung, die man außerdem hegen koͤnnte, verkuͤmmern moͤchte: ſo waͤre es vielleicht am beß⸗ ten und ſchicklichſten, daß die Pflanzungen in einer all⸗ gemeinen Zuſammenkunft, die ſich jetzt friedlich zuſammenfaͤnde, oder auch mittelſt der juͤngſt vorgeſchla⸗ genen Correſpondenz, nach vollſtaͤndiger feierlicher Behau p⸗ tung und Erklärung ihrer Rechte ſich feſt mit einander verbaͤnden, in keinem allgemeinen Kriege der Krone jemals eher Vorſchub zu leiſten, als bis jene Rechte vom Koͤnig und beiden Haͤuſern anerkannt ſeyen, und dieſen Beſchluß ſofort der Krone mittheilten. Ein Schritt die⸗ ſer Art, denke ich, wuͤrde den Streit zur Entſcheidung bringen; und ſo wuͤrden wir, moͤchte man nun unſere Forderungen unmittelbar genehmigen, oder Zwangsmaaß⸗ regeln ergreifen, daß wir ſie einſtellten, endlich doch unſere Zwecke erreichen. Denn ſelbſt das Gehaͤſſige ſolcher Zwangsverſuche wird nur mehr verbinden und kraͤftigen; und unterdeſſen wird alle Welt unſer Verfahren fuͤr ehren⸗ werth e | 357 Dieß war Franklin's Rath, und wie er irgendwo bemerkt, „ein guter Vorſchlag ſtirbt nie“ ſo wurde darauf in allen Faͤllen hingewirkt und ſomit der erſte Schritt zum Verein der Pflanzungen und ihrer welch Losreißung von England gethan. N Die erſte Zuſammenkunft ward am 17. Sept. 1774 zu Philadelphia gehalten. Ihre erſte oͤffentliche Verhand⸗ lung war ein erklaͤrender Beſchluß ihres Anſchließens an die Maſſachuſettsbay- Pflanzung und hatte den unmittelbaren Zweck, dieß Volk in ſeinem Obſtand gegen die unterdruͤk⸗ kenden Verhandlungen des Britiſchen Parlaments zu be⸗ ſtaͤrken und zu ermuthigen. Nachdem dieſe und andere Maf- ſachuſetts⸗Bay betreffende, ahnliche Beſchluͤſſe durchgegan⸗ gen waren, ſchrieb man an General Gage, Statthalter und Befehlshaber der koͤniglichen Schaaren in dieſer Land⸗ ſchaft, wiederhohlte die früher von der Stadt Boſton ge führten Klagen, erklaͤrte den feſten Entſchluß der Pflan⸗ zungen, ſich zum Schutz ihrer gemeinſchaftlichen Rechte gegen die letzten Parlamentsverhandlungen, durch deren Vollſtreckung das Volk von Maſſachuſetts ſo unterdruͤckt worden, zu vereinigen; erklaͤrte, daß die Pflanzungen dieſe Verſammlung zur Waͤchterin ihrer Rechte und Freiheiten ernannt, daß ſie tiefſt bedauerten, wie, waͤhrend ſie alle ſchuldigen und friedlichen Maaßregeln zu herzlicher und wirkſamer Verſoͤhnung mit Großbritannien befolgten, Se. Excellenz auf eine ſo offenbar feindſelige Weiſe verfuͤhren, welche nicht einmal durch die Verhandlungen, woruͤber Beſchwerde geführt. worden, gut geheißen ſey. Man ſtellte vor, wie dieß Verfahren ein, noch ſo ſehr zu friedlichem Vernehmen geneigtes Volk aufbringen und zu Feindſelig— keiten zwingen muͤßte, welche alle Bemuͤhungen der Zu⸗ 358 | a ſammenkbnfte, ein gutes Vernehmen mit dem Mutter⸗ ſtgate herzuſtellen, vereiteln und ſie in die RE eines Bürgerkriegs verwickeln ish Auch erließ die fen eine Erklarung von Rechten, welche ſie den Engliſchen Pflanzungen von Nordamerica nach unwandelbaren Naturgeſetzen, nach den Grundfägen der Engliſchen Verfaſſung und nach ihren Fezihziefen⸗ oder Vertraͤgen zuerkannten. Hen ſetzten ſie eine Bittſchrift an den Koͤnig, eine Denkſchrift an das Englifche Volk, eine Eingabe an die Niederlaſſungen uͤberhaupt, und eine an die Inwohner der Landſchaft Quebec auf. Sie waren ungemein kraͤf⸗ tig, gewandt und klug, verdienen wohl die Aufmerkſam⸗ keit von Staatswaͤnnern und finden ſich in den Wat RR der Awelkkaniſchen Geſchichte. Die Wittſchrift an Se. Maj. enthielt eine Aufzäb⸗ lung der Bedruͤckungen, und Bitte um deren Abſtellung. Sie ward vom Geheimſchreiber, Karl Thomſon, unter Umſchlag an Dr. Franklin nach England geſendet und ſoll weiter unten als eine merkwürdige Urkunde nebſt den daruber gepflogenen Verhandlungen mitgetheilt werden. In dieſem wichtigen Zeitpunct ſuchte Franklin uner⸗ müdet die Britiſche Regierung zu andern Maaßregeln ge⸗ gen die Pflanzungen zu ſtimmen. In Privatgeſpraͤchen, in Briefen an Maͤnner, die mit der Regierung in Ver⸗ bindung ſtanden, in oͤffentlichen Druckſchriften ergoß er ſich ſtets über das unkluge und ungerechte Verfah⸗ ten gegen America und that auf's eindringlichſte dar, daß, trotz der aufrichtigen Anhaͤnglichkeit der Pflanzſtaͤtten an das Mutterland eine ſo fortgeſetzte üble Behandlung die Gemuͤther nothwendig entfremden muͤſſe. Die Mini⸗ ſter hoͤrten nicht auf ihn und ſeine Warnung; folgten blindlings ihren Entwürfen und ließen den Americanern nur die Wahl zwiſchen Widerſtand, oder unbedingter Uns terwerfung. Letztere vertrug ſich aber 75 mit den Frei⸗ heitsgrundfaͤtzen, welche ſie hegten; zu erſtem wurden Dei la gegen ihren Willen; gelungen 8 | Da nun Franklin ſahe, daß alle Muͤhe, Einttacht Neuen vergeblich war, daß die Regierung ihn mit neidiſchen Augen anſah und, wie es hieß, ihn ſogar als Aufwiegler zu verhaften gedachte, ſo beſchloß er ſofott nach America eee, und . in alſo im Fi 1775 ein. | / en een zeichnete er ſeine edlen Bemuͤhungen um Verfoͤhnung und Verhuͤtung eines Bruchs zwiſchen Eng⸗ land und ſeinen Pflanzſtaͤtten, gegen die tuͤckiſchen Beſchul⸗ digungen ſeiner Feinde auf. Es war eine Erzaͤhlung der Verhandlungen hieruͤber; wie der erſte Theil feiner Denk wuͤrdigkeiten, war ſie an ſeinen Sohn, den Statthalter Franklin gerichtet und ſollte vermuthlich, wenn er ſoweit in ſeiner Geſchichte vorgeruͤckt waͤre, denſelben einverleibt, werden. Sie iſt Ergaͤnzung der ſtaatiſchen Verhandlun⸗ gen in England, macht ſeinem Herzen Ehre und iſt eine nicht unbedeutende Urkunde in den Jahrbuͤchern der Ame⸗ ricaniſchen Umwaͤlzung. Somit ſpreche Franklin wieder Re ee ta N N a \ | a u 1 AU 360 —— ieber Sohn! N 5 Am Bord des Pennſplvaniſchen Packet⸗ boots Cap. Osborne, nach Philadel⸗ phia ſegelnd, 22. Marz 1775 Da ich jetzt etwas Muße zu ſchreiben habe, ſo will ich verſprochenermaaßen, ſo viel ich mich erinnere, von den letzten Unterhandlungen uͤber das Mißverſtaͤndniß zwiſchen Gtoßbritannien und America niederſchreiben. N Als nach Aufhebung des letzten Parlaments, worin die ſtrengen Acten gegen die Landſchaft Maſſachuſetts⸗Bay durchgegangen waren, die Ueberſtimmten ſahen, daß ihre Schwaͤche bloß von Mangel an Einigkeit unter einander herruͤhre, waren fie alles Ernſtes auf Verbuͤndung bedacht. Dienn fie ſahen wohl, daß, wenn man bei dieſen Maaß⸗ regeln gegen America beharrte, das Britiſche Reich zer⸗ ſtuͤckelt, geſchwaͤcht und zu Grunde gerichtet werden muͤſſe. Deshalb ſchlugen Einige eine Verbuͤndung der Art vor, die bei einer naͤchſten Sitzung achtbarer, gewichtiger als Obſtand (Opposition), und ein Ganzes waͤre, woraus ſich leicht ein neues Miniſterium bilden ließe, falls das Miß⸗ lingen der letzten Maaßregeln und der Pflanzungen tapfe⸗ rer Widerſtand dem Koͤnig eine Wann n tend machen follten, h Ich bemühte mich, diefe Stimmung in Geſpraͤchen mit einigen Hauptperſonen der, in beiden Haͤuſern Ueber⸗ ſtimmten zu foͤrdern, erfuchte und beſchwor ſie ernſtlich, nicht zuzugeben, daß um ihrer kleinen Mißverſtaͤndniſſe willen, ein ſo prachtvolles Gebaͤude, wie das jetzige Bri⸗ tiſche Reich, von dieſen Tölpeln eingeriſſen wuͤrde; und, um ſie zu ermuthigen, verſicherte ich ſie, ſo weit ich nach meinen Anſichten dieß konnte, der Feſtigkeit und Ein⸗ müthigkeit America's, deren Dauer fie häufig bezwei⸗ felten und Angplic essen und bedauerten. 5 Seit dem, mir im Geheimrath im Jam. 1774 ange⸗ tienen Schimpf hatte ich nie wieder einem Miniſter meine Aufwartung gemacht. Gegen die mir aufgeruͤckten Be⸗ ſchuldigungen rechtfertigte ich mich nicht, vergalt das mir zugefuͤgte Unrecht nicht mit Schmaͤhung meiner Gegner, ſondern beobachtete ein kaltes duͤſteres Schweigen, mich fuͤr eine andere Gelegenheit aufſparend. Dazu hatte ich mehrere Gruͤnde, welche hier aufzuzaͤhlen unnoͤthig waͤre. Hier und da hoͤrte ich, die Vernuͤnftigern in der Ver⸗ waltung ſchaͤmten ih daß ich fo behandelt worden waͤre. Ich argwoͤhnte, man ſagte mir dieß nur, um mir meine Geſinnung und vielleicht meine Zwecke zu entlocken; ich ſagte alſo wenig, oder gar nichts daruber. Da indeß ihre Maaßregeln hinſichtlich Neu: Englands nicht fo anſchlu⸗ gen, wie ſie zuverſichtlich gehofft hatten und da ſie ſich nur immermehr in Verlegenheit geſetzt ſahen, ſo ſchienen ſie allmaͤlich doch darauf zu denken, wie fie mich, wo moͤg⸗ lich, brauchten, um herauszukommen. Sich nun offen und geradezu an mich zu wenden, hielten fie für. Weg⸗ werfung, verſuchten alſo meine Geſinnungen, wo moͤglich, durch Andere zu erfahren. Alle Nachrichten aus America in der Zeit der Par⸗ lamentsaufhebung zeigten, daß die Maaßregeln der Ver⸗ waltung das dortige Volk weder getrennt, noch einge⸗ ſchuͤchtert hatten, daß es vielmehr einiger und entſchiede⸗ ner geworden und daß wahrſcheinlich ein Nichteinfuhrbe⸗ ſchluß erfolgen wuͤrde. Das Miniſterium beſorgte, dieß möchte die Handels- und Gewerbsſtaͤdte beeintraͤchtigen und dadurch auf die Stimmen gegen den Gerichtshof bei einer neuen Parlamentswahl, die im nächften Jahr erfol⸗ gen mußte, Einfluß haben, loͤſ'te alſo ploͤtzlich und uner⸗ wartet das alte auf und befahl eine neue Wahl in der moͤglichſt, ſo weit das Geſetz es geſtattete, kurzen Zeit, ehe die Unſtatten dieſes 3 gefühlt rp anne auch ſo etwas erfolgen konnte. Als ich 1757 nach England gieng, Veihnef du Dich, daß ich mehrmal vor Lord Chatham, den damaligen erſten Miniſter in Penn ſylvaniſchen Angelegenheiten zu kommen ſuchte, aber vergebens. Er war damals ein zu großer Mann, oder auch mit wichtigern Dingen uͤber⸗ haͤuft. Ich mußte mich alſo ſchon mit einer Art nicht verlauten wollender und unanerkannter Verhandlung durch ſeine Geheimſchreiber, Herrn Potter und Wood begnuͤ⸗ gen, welche eine Bekanntſchaft mit mir hoͤflich unterhielten und von wir Kunde, ſoviel ich deren uͤber den Ameri⸗ caniſchen Krieg geben konnte, einzogen, gelegentlich auch meine Gedanken über die von Anderen vorgeſchlagenen, oder gerathenen Schritte erforſchten, wo ich denn Gelegenheit hatte, den Nutzen, den die Eroberung von Canada ge: waͤhren wurde, zu zeigen. Pitt betrachtete ich nachher als unzugaͤnglich, bewunderte ihn von Ferne und be⸗ muͤhte mich nicht weiter um naͤhere Bekanntſchaft. Nur ein oder zweimal hatte ich die Freude, durch Lord Shel⸗ burne und Lord Stanhope, glaub' ich, zu hoͤren, daß er meiner zuweilen als eines Aae ae ge⸗ e | N \ Gegen Ende vorigen Abe aber, als ich von Brigthhelmſtone zuruͤckkam und meinen Freund, Mr. Sargent auf ſeinem Landſitz Halſted in Kent, nach einem früher gegebenen Verſprechen, beſuchte, ſagte er 363 mir, er habe verſprochen, mich zu Lord Stanhope nach Chevening zu fuͤhren, der mich, wenn ich in die Nachbarſchaft kaͤme, bei ſich zu ſehen hoffte. Wir ſprachen alſo dieſen Abend bei'm Lord vor, der mir ſagte, Lord Chatham wuͤnſche mich zu ſehen, und da Herrn Sargents Haus, wo ich wohnte, am Wege laͤge, ſo wolle er mich am naͤchſten Morgen abhohlen und nach f Hayes bringen. Dieß geſchah denn. Dieſer wahrhaft große Mann. uͤberhaͤu fte mich mit Höflichkeit, fragte ins⸗ beſondere nach dem Stand der Americaniſchen Angelegen⸗ heiten, ſprach mit Gefuͤhl über die letzten ſtrengen Ge⸗ ſetze gegen Maſſachuſetts, ſagte mir Etwas von ſeiner Rede dagegen und ſprach mit großer Achtung von dieſem Volke, welches hoffentlich feſt und einig auf alle moͤg⸗ liche friedliche und geſetzliche Weiſe ſeine verfaſſungsge⸗ maͤßen Rechte vertheidigen werde. Ich verſſcherte ihm, daß ich daran nicht zweifelte; er freuete ſich dieß zu hoͤ⸗ ren, wie er auch wohl einſah, daß ich es recht wohl kannte. Da nahm ich Gelegenheit, zu bemerken, daß große Reiche vordem aus dieſem Grunde zuerſt an den aͤußerſten Enden zerfallen waͤren; daß vom Sitz und Auge der Regierung entlegene Laͤnder, deren Angelegenheiten mithin nicht vollſtaͤndig und wahrhaft berichtet werden konnten, niemals gut regiert, ſondern von ſchlechten Statthaltern, in der Vorausſetzung, daß in ſolcher Ferne eine Klage ſchwer anzuſtellen und zu unterſtuͤtzen ſey, un⸗ terdruͤckt worden. Deßhalb waͤren die Statthalter immer weiter zu gehen ermuthigt worden, bis endlich ihre Un⸗ terdruͤckungen unerträglich geworden waͤren. Dieß Reich aber hätte gluͤcklicherweiſe Maaßregeln erfunden und lange befolgt, bei welchen die Landſchaft ſich wohl befunden haͤtte, weil man ihr die Regierung groͤßtentheils ſelbſt an⸗ vertraut, womit die Unterthanen fo zufrieden geſtellt und 4 364 die neuen Anſiedelungen ſo aufgemuntert worden wären, daß ohne die letzte falſche Staatsklugheit, welche das Parlament gern allmaͤchtig machen moͤchte, obwohl es dieß nicht ſeyn konnte, ohne zugleich allwiſſend zu ſeyn, wir unſer weſtliches Reich immer erweitert und Landſchaft fuͤr Landſchaft bis an die Suͤdſee gewonnen haͤtten. Ich beklagte, daß ein ſo ſchoͤner, alle Untertha⸗ nen des groͤßten Reichs fo begluͤckender Plan zu Grunde gehen folfte.. und hoffte, Se. Excellenz würden nebſt den uͤbrigen großen und weiſen Maͤnnern des Britiſchen Volks vereint dahin wirken, daß er noch den verſtuͤm⸗ melnden Haͤnden des gegenwaͤrtig ungeſchlachten Mi⸗ niſtergezüchks entwunden, und die zwiſchen England und ſeinen Pflanzſtaͤtten ſo noͤthige Eintracht hergeſtellt würde, — Er erwiederte ſehr artig mein Gedanke, unſer Reich dergeſtalt auszubreiten, ſey ſehr geſund und eines großen, wohlwollenden und umfaſſenden Gemuͤths würdig, wuͤnſchte mir ein gutes Vernehmen zwiſchen den verſchiedenen Theilen des hieſigen Obſtandes, als Mittel, die alte Eintracht beider Lande, die er herzlich wuͤnſchte, herzuſtellen; ſprach aber von unſerer Verbuͤndung daheim, als von einer Sache, die doch ihre Schwierigkeiten haͤtte, und eher wuͤnſchenswerth waͤre, als zu erwarten ſtünde. Er beruͤhrte eine, hier im Schwange gehende Meinung, daß America ſich als un abhaͤngigen Staat feſtzu⸗ ſtellen trachte, oder mindeſtens die Schiffahrtsacte los werden wolle. Ich verſicherte ihn, daß ich mehrere Mal von einem Ende des Feſtlands zum andern gerei, ſet waͤre, in verſchiedenen Geſellſchaften gegeſſen, getrun⸗ ken und frei geſprochen, nie aber von irgend wem, im Teunk oder auch in der Nuͤchternheit auch nur die lei- ſeſte Aeußerung eines Wunſches nach Trennung, oder auch eine Hindeutung, daß ſo etwas America vortheilhaft FR 365 ſeyn koͤnne, vernommen hätte. Was die Schiffahrtsacte beträfe, fo waͤre der weſentliche und Hauptpunkt, naͤm⸗ lich Handel nach Britiſchen oder auch pflanzſtaͤttiſchen Gegenden, Ausſchließung fremder Schiffe aus unſer g. Haͤven, und Schiffung mit Dreiviertel Engliſcher See leute uns eben fo annehmlich, als er England ſeyn koͤnnte. Wir hätten gar nichts gegen allgemeine Handels verfuͤgun⸗ gen durch das Parlament, wenn fie nur bona fide zum Beßten des ganzen Reichs getroffen wuͤrden, nicht aber den kleinen Vortheil eines Theils zum großen Nach⸗ theil eines andern bezweckten, wie z. B. wenn unfere Schiffe mit ihren Weinen und Fruͤchten aus Portugal | oder Spanien in England landen follten, oder unfere Manufacturen im Woll⸗ und Hutmachen beſchraͤnkt, uns ſere Hammerwerke, Stahlfabriken u. f. w. verboten wer⸗ den ſollten. Er raͤumte ein, daß in dieſen Verhandlun⸗ gen wohl Manches abgeändert werden koͤnnte, ſagte aber, die, welche Hammer-, Eiſen- und Stahlwerke betrafen, waͤren von unſern Geſchaͤftstraͤgern in einem, bei Gele— genheit des Obſtandes (Opposition) zur Abſchaffung des Zolls eingegangenen Vertrag genehmigt worden. | Kurz, er freuete ſich ſehr, daß ich ihn beſucht, vor⸗ zuͤglich, daß ich ihm die Verſicherung gegeben, America ſtrebe nicht nach Unabhaͤngigkeit, und ſetzte hinzu, er werde ſich freuen, mich fo oft, als es möglich wäre, zu ſehen. Ich ſagte, ich wuͤrde nicht ermangeln, von ſeiner gnaͤdigen Erlaubniß Gebrauch zu machen, und ihm zuweilen aufzuwarten, indem ich die Ehre, den großen Vortheil und die Belehrung, welche mir ſein lehrreiches Geſpraͤch gewaͤhrte, gar wohl zu ſchaͤtzen wiſſe; welches denn wirklich auch keine leere Hoͤflichkeit war. x 9 366 Am 29. Nov. 1774 ſollte das neue Parlament ſich verſammeln. Als ich im Anfange dieſes Monats in der \ königlichen Geſelſchaft war, ſagte mir Mr. Raper, Ines unſerer Mitglieder, eine gewiſſe Lady wuͤnſche Schach mit mir zu ſpielen; ſie meine, mich ſchlagen zu koͤnnen und habe ihn gebeten, mich zu ihr zu bringen; es waͤre, ſagte er, eine Lady, deren Bekanntſchaft mich gewiß freuen wuͤrde, eine Schweſter des Lord Howe und er hoffte, ich ſchluͤge dieſe Herausforderung nicht aus Ich ſagte, ich waͤre lange außer Uebung, wuͤrde aber die Lady beſuchen, wenn ſie und er es wuͤnſchten. Er ſagte mir, wo ſie wohnte und ich moͤchte nur bald, ohne weitere Einfuͤhrung, hingehen, was ich auch geſonnen war; da ich es aber doch fuͤr ein wenig ungezogen hielt, unterließ ich es; und als ich ihn am 30. wieder bei'm Wahlfeſte, Tags nach der Parlamentszuſammenkunft, traf, erinnerte er mich an mein Verſprechen, das ich nicht gehalten haͤtte und wollte einen Tag beſtimmt haben, wo er mich abhohlte und hinbraͤchte. Ich beſtimmte den naͤchſten Freitag. Er hohlte mich alſo ab; ich ſpielte einige Par⸗ tieen mit der Lady, die ſehr geiſtreich und angenehm war; weßhalb ich ſehr gern mich auf einen andern Tag einzufinden verſprach. Ich hatte nicht die mindeſte Ah⸗ nung, daß eine Staats angelegenheit mit diefer neuen Be⸗ kanntſchaft e haͤngen koͤnnte. Bonet vor dieſer Schachpartie, betuchte mich Mr. David Barclay, um mit mit über die Zuſam⸗ menkunft der Kaufleute, Behufs einer Bittſchrift an das Parkament, zu ſprechen. Als dieß abgethan war, fprach er von der gefaͤhrlichen Lage der Americaniſchen Angeles genheiten, dem Ungluͤck eines, durch die jetzigen Maaßre⸗ geln zu bewirkenden Bürgerkriegs und dem Verdienſt, das ſich Einer machen koͤnnte, wenn er dieß hintertteibe und eine Ausſöhnung zu Stande braͤchte. Er ſetzte auch ge⸗ faͤllig hinzu, er ſey überzeugt, nach meiner Kenntniß bei⸗ der Laͤnder, meinem Charakter und Einfluß auf eines derſelben, nach meiner Erfahrenheit in Geſchaͤften, hätte dieß Niemand fo in der Gewalt, als ich. Naturlich ant⸗ wortete ich, ich würde mich gluͤcklich preiſen, zu einem fo guten Werke beitragen zu koͤnnen, nur ſaͤhe ich keine Ausſicht dazu; denn, wiewohl ich gewiß wuͤßte, daß die Americaner jederzeit ſich zu billigen Bedingungen verſte⸗ hen wuͤrden, hielt ich doch einen Vergleich unausfuͤhrbar, ſo lange nicht beide Theile ihn wuͤnſchten; und, ſo viel ich aus dem Verfahren des Miniſteriums abnehmen koͤnnte, glaubte ich nicht, daß es dazu auch nur im Mindeſten geneigt ſey, ja daß es im Gegentheil Nordamerica zu einem offenen Aufruhr zu reizen wuͤnſche, welcher eine militaͤriſche Vollſtreckung rechtfertigte und zugleich einer eingewurzelten Bosheit zu Statten kaͤme, die hier zwi⸗ ſchen den Whigs und den Diſſenters des Landes Statt hätte. Mr. Barclay fürchtete, ich beurtheilte die Mi⸗ niſter zu hart; er wäre, uͤberzeugt, fie wären nicht Alle von dieſem Schlage, und meinte, ſie wuͤrden ſehr froh ſeyn, wenn ſie auf jede Bedingung, nur daß Ehre und Würde der Regierung gerettet wuͤrde, aus ihrer jetzigen Verlegenheit kommen koͤnnten. Ich moͤchte alſo der Sache nachdenken, er wolle weiter mit mir daruͤber ſpre⸗ chen. Ich verſprach es, ſagte aber, es werde wohl zu nichts führen. Damit ſchieden wir. Zwei Tage darauf erhielt ich einen Brief mit einer beigeſchloſſenen Note von D. „ ee von ihm Hier * beide, o. ſoute Freund! Voungsbury, bei Ware 3/2 1776. Als wir uns verwichenen Donnerſtag trennten, traf ich zufällig unſern Freund D. Fothergill unterwegs und theilte ihm unſer Geſpraͤch mit. In Folge deſſen habe ich eine Einladung von ihm zu einer anderweitigen Sprachhaltung uͤber dieſe wichtige Angelegenheit erhalten, und denke morgen deßhalb nach der Stadt zu fahren und zwiſchen vier und fünf Uhr bei ihm zu ſeyn. Wir bit⸗ ten Dich Beide, uns Geſellſchaft zu leiſten. Wir ver⸗ kennen keineswegs, daß die Angelegenheit ſo wichtig iſt, daß Privatperſonen beinah ſich abſchrecken laſſen koͤnn⸗ ten, damit ſich zu befaſſen; aber wir meinen es auch zus gleich ſo gut mit der Sache, daß wir nichts, was in un⸗ ſerer Macht ſteht, unverſucht laſſen wollen, ſollte auch unſere alleraͤußerſte Mühe erfolglos ſeyn. Mit Achtung Dein 0 Da v. Barclay, „. Franklin, Craven ⸗Street. f Harper ⸗ Street, 3. dieſ. D. Fothergill gruͤßt D. Franklin und hofft, er werde ihm morgen Abend in Harper⸗-Street feine Geſellſchaft mit dem beiderſeitigen Freunde, Dar. Bar: clay, gönnen, um ſich über Americaniſche Angelegenhei⸗ ten zu beſprechen. Sobald gegen fuͤnf Uhr, als moͤglich. Die hiermit beſtimmte Zeit war gerade der Abend, wo ich meine zweite Schachpartie mit der angenehmen Mrs. Howe ſpielen ſollte, die ich denn auch beſuchte. Nachdem wir nach Belieben e. genug geſpielt, ſchwaz⸗ ten wir ein wenig, theils uͤber eine mathematiſche Auf⸗ “ ge gabe, — fie hat, was man ſonſt bei Frauen nicht trifft, recht huͤbſche mathematiſche Kenntniſſe — theils uͤber das neue, eben verſammelte Parlament. Da ſagte ſie: „Und was ſoll denn am Ende aus dieſem Streit England's und der Pflanzungen werden? Ich hoffe, wir werden doch keinen Bürgerkrieg bekommen?“ Sie ſollten ſich kuͤſſen und Freunde ſeyn, ſagte ich; was koͤnnten ſie auch Beſſe⸗ res thun? Zanken kann beiden nichts nuͤtzen, ſondern richtet ſie nur zu Grunde. „Ich habe es doch oft ge⸗ ſagt“ erwiederte ſie, „Sie ſollte das Parlament brau⸗ chen, den Streit zu ſchlichten; ich bin gewiß, Niemand koͤnnt' es beſſer. Meinen Sie nicht, daß es ſich thun ließ?“ Unſtreitig, wenn die Theile zu Verſoͤhnung ge⸗ neigt ſind; denn beide Laͤnder haben im Grunde doch keine ſich kreuzenden Strebungen, weßhalb fie ſich befeh: deten. Es iſt vielmehr ein winziger Ehrkitzel, und zwei bis drei vernünftige Leute legen etwas dieſer Art in einer halben Stunde bei. Ich danke Ihnen fuͤr die gute Mein | nung, die Sie von mir haben; aber den Miniſtern kommt es gar nicht in den Sinn, mich bei dieſem guten Werke zu brauchen; ſie mochten mich lieber ſchmaͤhen. „Ja wohl,“ ſagte ſie, „ſie haben Sie ſchnoͤde behandelt. Und in der That ſchaͤmen ſich auch jetzt Einige deßhalb.“ Ich hielt dieß fuͤr ein zufaͤlliges Geſpraͤch, dachte nicht weiter daran und gieng Abends au D. Fothergill, wo ich ER aus | 5 ö Der Docter ergoß ſich mit Gefühl über das, "wahr: ſcheinlich aus der jetzigen Spannung erfolgende Ungluͤck, die Nothwendigkeit der Ausgleichung und das große Ver: dienſt, in einer ſo guten Sache Werkzeug zu ſeyn, ſchloß mit einigen Artigkeiten, daß Niemand die Sache ſo durch⸗ ſaͤhe und mehr Kopf fuͤr ein Geſchaͤft dieſer Art Hätte, Franklin's Leben II. Abt,. Aa 670 als ich, daß es mithin Pflicht fuͤr mich waͤre, alles Moͤg⸗ liche fuͤr eine Ausſoͤhnung zu thun, und da er mit Ver⸗ gnuͤgen von David Barclay gehoͤrt, daß ich darüber nachzudenken verſprochen, ſo hoffte er, ich haͤtte einen in Ueberlegung zu ziehenden Entwurf zu Papier und mitge⸗ bracht. Ich ſagte, ich haͤtte keinen Entwurf gemacht; denn je mehr ich Aber das Verfahren gegen die Nieder: laſſungen nachdaͤchte, deſto klaͤrer wuͤrde mir, daß das Mi⸗ niſterium auch nicht im Mindeſten zu einer Verſöhnung geneigt, mithin alle Entwuͤrfe fruchtlos ſeyen. Er erwie⸗ derte, ich moͤchte mich wohl irren; denn, wie gewaltthaͤ⸗ tig und heftig auch Einige waͤren, haͤtte er doch Grund, und guten Grund, zu glauben, daß Andere ganz ver⸗ ſchieden geſtimmt waͤren; und, wenn ich einen Plan ent⸗ wuͤrfe, den wir drei nach gehoͤriger Ueberlegung vernuͤnf⸗ tig faͤnden; ſo koͤnnte er gebraucht werden und wohl von gutem Nutzen ſeyn, indem er glaubte, er, oder Barclay koͤnnten ihn Einigen der Gemaͤßigtſten unter den Miniſtern mittheilen, die ihn aufmerkſam erwaͤgen wuͤrden; und was uns vernünftig ſchiene, da ja auch zwei von uns Englaͤnder waͤren, wuͤrden ſie doch wohl auch ſo finden. Da Beide ernſtlich darauf beſtanden, und, als ich be: merkte, es ſey ganz unzeitig meinerſeits etwas der Art zu thun, da wir ja täglich etwas von der Zuſammenk unft zu vernehmen erwarteten, welche unſtreitig uͤber die Mit⸗ tel eines herzuſtellenden guten Vernehmens ſich weiter ver⸗ breiten werde, ungedultig wurden und dagegen anfuͤhr⸗ ten, es ſey doch ungewiß, wenn wir das Ergebniß jener Zuſammenkunft erhalten wuͤrden, und wie es ſeyn wuͤrde; der mindeſte Aufſchub koͤnne gefaͤhrlich werden; man denke jetzt auf anderweitige Strafen fuͤr Neu-England; Vorfaͤlle koͤnnten den Bruch erweitern und unheilbar ma- chen, man koͤnne alſo nicht bald genug auf Verwahrungs⸗ 7 | a. mittel bedacht ſeyn, fo ließ ich mich endlich zu dem Ver⸗ ſprechen beſtimmen, zu thun was ſie wuͤnſchten und Don⸗ nerſtags Abends mich daſelbſt mit Etwas zu, nene 55 wägung einzufinden. | * Zur gehoͤrigen Zeit kam ich ale n las fegenen Aufſas vor: a 4 0 N zur Unterhaltung uͤber die Bedingungen, unter welchen eine Ver⸗ einigung zwiſchen England und feinen Pflanzſtaͤtten zu hoffen ftände. 1. Der vernichtete Thee iſt zu bezahlen. 2. Die Theezollacte iſt zu mid than und alle bar⸗ auf gelegte Gefaͤlle ſind in die Schatzkammern der ver⸗ ſchiedenen Landſchaften, von welchen ſie bezogen worden, ruͤckzuzahlen. | | 3. Die Schifffahrtsaeten in den Niederlaſſungen find wieder einzuführen, 4. In jeder Niederlaſſung ift von der Krone ein Seeweſenbeamteter anzuſtellen, welcher auf Beobachtung dieſer Acten Acht habe. b b 5. Alle, die Manufacturen ergehntenden Acten ſind zu weer fen, 6. Ale aus den, zu Ordnung des Handels mit den Niederlaſſungen verhandelten Acten erwachſene Ge— fälle ſind zu oͤffentlichem Nutzen und Gebrauch den Nie derlaſſungen zu uͤberlaſſen und in ihren Schatz zu zahlen. Die Einſammler und Zollbeamteten ſind von jedem Land⸗ pfleger anzuſtellen, küche. aus England zu ſenden. | a 3 2 37 | — Sr In Erwägung, daß die Americaner ihre Frie- densgruͤndung und den Alleinhandel, welchen England von ihrem Handel hat, halten, iſt keine Forderung in Friedenszeiten an ſie zu machen. ü 8. Keine Kriegsſchaaren ſind in einer Niederlaſſung einzulegen, außer mit Bewilligung ihrer geſetzgebenden Behoͤrde. ! 9: Sn Kriegszeiten ſoll, auf vom König mit Be⸗ willigung des Parlaments beſchehene Forderung, jede Co⸗ lonie nach folgenden Vorſchriften oder Verhaͤltniſſen Geld erheben; naͤmlich: Wenn England, Kriegswegen, 3 Sch. auf das Pfund, nach ſeines Landes Taxe erhebt, ſo ſollen die Niederlaſſungen zu ihrer letzten allgemeinen landſchaft⸗ lichen Friedenstaxe eine Summe, gleich einem Viertel derfeiben, zulegen; und wenn England nach dem ſelben Verhaͤltniß 4 Sch. auf's Pfund zahlt, dann ſollen die Niederlaſſungen zu beſagter ihrer letzten Friedenstaxe eine * Summe, gleich der Hälfte derſelben, zulegen, welche (zur gelegte Taxe Sr. Majeſtaͤt verwilligt und zu Aus hebung und Belohnung von Mannſchaft zu See und Landdienſt, zu Anſchaffung von Vorraͤthen „Fortſchaffung, oder an⸗ derer ahnlicher Zwecke, wie der Koͤnig fordert und be⸗ ſtimmt, verwendet werden ſoll. Und obwohl keine Nie⸗ derlaſſung weniger beiſteuern ſoll, ſo mag doch jede, ſo⸗ viel als ihr gut duͤnkt, freiwillig hinzulegen. 10. Caſtle William if der Landſchͤft Ma f fa⸗ chuſetts⸗ Bay wieder herauszugeben und keine Fe⸗ ſtung von der Krone in irgend einer Landſchaft, außer mit Einwilizung ihrer geſebgebenden. sn an⸗ zulegen. II. Die letzten Maffahufetts: und Quebec⸗ Acten ſind zu widerrufen und Canada eine freie Regie⸗ rung zu gewaͤhren. 5 ; 12. Alle Richter find, fo lange fie fi gut betra⸗ gen, mit gleich bleibenden, aus der Landſchaftscaſſe, nach Anweiſung der Tagſatzungen zu zahlenden Gehalten anzu⸗ ſtellen. Oder, wenn die Richter, ſo lange es der Krone gefaͤllt, angeſtellt werden ſollen, fo mögen die Gehalte dauern, ſo lange es den Tagſatzungen. gefaͤllt, wie bisher, 5 13. Landpfleger, oder Statthalter ſind von den Tagſatzungen jeder Landschaft zu erhalten. PR Wil England ſein Alleinrecht auf den 8 taniſchen Handel aufgeben, fo iſt oberwaͤhnte Huͤlfe von America in Friedenszeiten ker ee als im 19 zu 1 | ’ 18. Auf . eee der Akte Heinrichs VIII. wegen Verraths gegen die Pflanzungen iſt vom Parla- ment förmlich zu verzichten. 46. Die Americaniſchen Womiratitötsgerict⸗ fi nd mit derſelben Macht zu bekleiden, die ſie in England ha⸗ ben und die ſolche Macht ertheilenden Acten in America wieder in Kraft zu ſetzen. | 17. Auf alle Macht innerer itte en in den Pflanzungen iſt vom Parlament zu verzichten.“ * % — Als ich dieſe Schrift zum zweiten Mal vorlas, gab ich meine Gruͤnde fuͤr jeden Artikel des Weiteren an, 2 22 374 | Zu 1. bemerkte ich, wenn Beleidigung zugefügt worden ware, ſo haͤtte England ein Recht auf Verguͤ⸗ tung und wuͤrde ſie auch auf Anſuchen erhalten haben, wie der Fall war, als zur Zeit der Staͤmpelacte dev Pb N bel beleidigt hatte; oder es haͤtte ein Recht die Beleidi⸗ gung zu vergelten, wenn es dieß lieber wollte; aber ein Recht auf Vergütung und gleichmäßige Vergel⸗ tung zugleich hätte es nicht, noch weniger ein Recht auf zehn⸗ oder zwanzigfache Vergeltung, wie fie diefelde durch Sperre des Boſtonſchen Havens geübt. Alles uͤber das erlittene Unrecht Hinausgreifende muͤßte England, mei⸗ nes Bedünkens wieder verguͤten. Wenn ich alſo das Zahlen für Thee als einen füͤglich vorzuſchlagenden Arti⸗ kel genehmigt hätte, waͤre es bloß aus dem Wunſche nach Frieden geſchehen und ihrer, bei unſerer erſten Zu⸗ ſammenkunft geaͤußerten, Meinung zufolge, daß dieß eine Bedingung sine qua non ſey, daß England's Wuͤrde es erforderte, und, dieß genehmigt, alles Uebrige leicht ſeyn wuͤrde. Man raͤumte die Richtigkeit dieſer Anſicht ein, meinte aber 0 der Artikel müſſe Hierbei, wie er ſey. Zu 2. Die Acte müffe als zu keinem guten Zwecke je foͤrderliche, als Urſache des jetzigen Unheils und als niemals in Vollſtreckung zu ſetzende widerrufen werden. Da die Acte von den Americanern als. verfaſſungswidrig erachtet worden, fo müßten fie auch, was das Parla⸗ ment zu thun nicht berechtigt war, alles von ihm er⸗ preßte Geld fuͤr unrechtmaͤßig genommenes, mithin nothwendig ruͤckzuzahlendes anſehen; um ſo mehr, da es ein Stammgeld werden wuͤrde, wovon die Zahlung fuͤr den vernichteten Thee am Beßten beſtritten werden koͤnnte. Die Herren meinten, der erſte Theil dieſes Artikels, naͤm⸗ I — 325 lich der Widerruf, koͤnnte wohl erreicht werden, nicht aber der von Wiedererſtattung handelnde, riethen alſo, ihn zu ſtreichen; da ich ihn aber richtig und gerecht fand, ſo be⸗ ſtand ich 5 daß er bliebe. . Zu 3. sh 4. bemerkte ich, wir würden häufig be⸗ zuͤchtigt, als wollten wir die Schifffahrts acte abſchaffen. In Wahrheit waͤren diejenigen Punkte, welche England am wichtigſten waͤren, inwiefern ſie ſeine Seemacht ver⸗ groͤßerten, naͤmlich die Beſchraͤnkung, daß Alles nur auf, Engliſchen Unterthanen zugehoͤrigen Schiffen von min⸗ deſtens dreiviertel Engliſchen, oder pflanzſtaatlichen See⸗ leuten ꝛc. zu verfuͤhren ſey, uns eben ſo erwünscht, als England, indem wir lieber unſere, als fremde Schiffe zu brauchen wuͤnſchten und fremde gar nicht in unſern Haͤven ſehen mochten. Daß wir freilich mit manchen un⸗ ſerer Waaren in England landen muͤßten, bevor wir ſie auf fremde Maͤrkte führten, daß man uns Einfuhr einis ger Waaren aus fremden Landen auf geradem Wege ver⸗ boͤte, dieß hielten wir für beſchwerlich und uns weit nach⸗ theiliger, als England vortheilhaft, mithin zu widerrufen. Da jedoch England dieß als Gleichgelt fuͤr ſeinen Schutz erachtet, ſo wären wir nie um ſolchen Widerruf einzu⸗ kommen geſonnen geweſen, noch eingekommen. Mußte dieß aber fortgehen, ſo hielt' ich, da die Macht des Parlaments hieruͤber jetzt beſtritten werde, fuͤr das Beßte, dieſe Verbote in allen Niederlaſſungen wieder in Kraft zu ſetzen, welches ihre Einwilligung beweiſen wuͤrde, Wuͤrden denn, nach dem ſechſten Artikel, alle ihm ge⸗ maͤß zu erhebende Gefaͤlle von Beamteten, welche in jeder einzelnen Landſchaft angeſtellt und beſoldet wuͤrden, einge⸗ ſammelt und der Erloͤs in ihre Schatzkammern gezahlt, ſo waͤre ich gewiß, jene Acten wuͤrden beſſer und krtuen » 376 ja mit weniger Koſten vollſtreckt, und eine große Quelle des Mißvernehmens zwiſchen beiden Ländern verſtopft wer⸗ den, naͤmlich die Verlaͤumdungen niederer, von ihrem Va⸗ terlande angeſtellter Beamteten, welche ſtets das Volk bei der Regierung verſchrieen, ſich mit ihrem Dienſteifer bruͤſteten und zu Befoͤrderung empfaͤhlen. Die ſo viel geruͤgte Ausdehnung der Admiralitaͤtsgerichtsbarkeit wuͤrde dann nicht mehr noͤthig ſeyn; und außer dem, daß es der Niederlaſſungen Vortheil waͤre, dieſe Acten zu voll⸗ ſtrecken, welches die beßte Sicherheit iſt, wuͤrde ja die Regierung mittelſt Rechnungen, welche, dem vierten Arti- kel gemaͤß, von den Seebeamteten einzuſenden wären; daruͤber hinlaͤnglich zufrieden geſtellt werden koͤnnen. Mit dieſen Gruͤnden waren die Herren zufrieden und billigten den 3. und 4. Artikel, welche demnach ſtehen blieben. Der fuͤnfte, fuͤrchteten ſie, moͤchte ſeine Schwierig⸗ keiten ſinden. Die Manufacturen in den Pflanzungen einzuſchraͤnken, waͤre hier ein Lieblingsgedanke; ſie wuͤnſch⸗ ten alſo, dieſer Artikel moͤchte wegfallen, weil deſſen Aufſtellung vielleicht beunruhigen und der Erwägung und Verwill lligung anderer wichtiger im Wege ſtehen moͤchte. Da ich aber behauptete, es ſey billig, daß allen Unter⸗ thanen in jedem Lande ſo viel Vortheile, als moͤglich, von ihrer Lage zu ziehen vergoͤnnt werde, ſo wuͤnſchten ſie mindeſtens widerrufen in nochmals en t Rn ich cee war. Für ke fiebenten Artikel, gegen ante man BSR: fangs nach dem Grundſatz, alle unter Vorſorge der Nes gierung Stehende, muͤßten auch fuͤr den Unterhalt derſel⸗ ben ſorgen, Einwendungen machte, waren meine Gründe: wenn jeder beſtimmte Theil der koͤniglichen Beſitzungen n, = 377 feine eigene Regierung, oder Landpflege, in Friedenszei⸗ ten erhielte, ſo ſey dieß alles Mögliche, was man mit Fug und Recht fordern koͤnnte; alle alte, oder verbuͤndete Pflanzungen haͤtten dieß auch vom Anbeginn gethan; ihre dießfaͤlligen Auflagen wären ſehr bedeutend; neue Laͤnder haͤtten viele oͤffentliche Ausgaben, wovon alte frei waͤren, weil die Arbeiten von ihren Altvordern ſchon gethan wären, wie Straßen- und Bruͤckenbau, Kirchen⸗ bau, Anlegungen von Gerichthaͤuſern, Feſtungswerken, Schiffslaͤnden und andern oͤffentlichen Bauten, Schulen, Siechhaͤuſern, Almoſenhaͤuſern ꝛc.; die freiwilligen und geſetzlichen Unterzeichnungen und Abgaben zu ſolchen Zwek⸗ ken betruͤgen zuſammen genommen mehr, als ahnliche Grundſtuͤcke in England zahlten. Es wuͤrde in zwei Hin⸗ ſichten beſſer für England ſeyn, in Friedenszeiten von uns gar kein Geld als Beiſteuer zu oͤffentlichen Ausga⸗ ben zu nehmen; erſtens, weil gerade ſo viel weniger von uns im Handel einkommen wuͤrde, indem Alles, was wir ſparen koͤnnten, bereits auf dieſem Wege England zuge— fallen wäre; und zweitens weil, wenn es in die Hände der Engliſchen Miniſter kaͤme, die mit öffentlichem Gelde verſchwenderiſch zu ſeyn gewohnt waͤren, es vers geudet und durchgebracht werden wuͤrde. Sollten wir die Regierung in Großbritannien zu erhalten beſteuert wer⸗ den, wie es Schottland nach der Vereinigung ergieng, ſo müßte man uns dann auch dieſelben Handelsfreiheiten ge: ſtatten, wie ihm. Wuͤrden wir aufgefordert, zum Til⸗ gungsfonds, oder der Nationalſchuld beizutragen, ſo muͤßte Ireland ebenfalls aufgefordert werden und wir beide Laͤn⸗ der muͤßten, wenn wir gaͤben, auch Mittel haben, uns nach der Verwendung zu erkundigen und die Erfuͤllung der Bedingungen, auf welche wir gaͤben, zu ſichern. Eng⸗ liſche Miniſter wurden vielleicht nicht gern ſehen, daß 328 — — * wir uns mit ſolchen Dingen befaßten, und daraus moͤchte vielleicht neuer Anlaß zu Mißverſtaͤndniſſen kommen. Am beßten erachtete ich alſo nach allen Seiten hin, daß in Friedenszeiten von den Pflanzungen gar keine Huͤlfsgel— der gefordert, oder erwartet wuͤrden; dann wuͤrde es ihr Vortheil ſeyn, in Kriegszeiten reichlich zu gewaͤhren und ſich kraͤftig zu verwenden, damit der Krieg um ſo eher beendigt wuͤrde. Klingende Muͤnze waͤre nicht vorhanden, um ſie nach England zu ſenden; aber mit ihrem Papier⸗ gelde konnten die Niederlaſſungen Krieg fuͤhren, damit Mannſchaft, Vorraͤthe, Fracht, Wagen, Kleider, Waffen ıc, 8 bezahlen. So wurde denn dieſer ſiebente een ohne kene Einwürfe genehmigt. Der achte, glaubten die Herrn We wuͤrde nie zugeſtanden werden. Alle Welt wuͤrde naͤmlich den⸗ ken, der Koͤnig, welcher alle Theile ſeiner Beſitzungen vertheidigen muͤſſe, muͤſſe auch mithin das Recht haben, ſeine Schaaren hinzuverlegen, wo ſie dieſem Zwecke am beßten entſpraͤchen. Ich ſtuͤtzte den Artikel mit Gruͤnden die, meines Erachtens, fuͤe England, wie die Pflanzun⸗ gen, gleich wichtig waren. Denn, duͤrfte der Koͤnig ohne Beiſtimmung der geſetzgebenden Macht des Orts, Schaa⸗ ren, die er in einem Theile feiner Beſitzungen ausgehoben, in einen anderen einlegen, ſo duͤrfte er auch in America ausgehobene Heere nach England bringen, ohne Zuſtim⸗ mung des Parlaments, welches doch aber wahrſcheinlich ſich dieß nicht gefallen laſſen wuͤrde, wie es denn vor ei⸗ nigen Jahren keine Heſſen und Hanoveraner geduldet hätte, obgleich die Gefahr der Zeit dafuͤr geſprochen haͤtte. Sollte jemals Anlaß vorhanden ſeyn, Britiſche Schaaren nach America zu legen, ſo wuͤrden unſtreitig die daſigen Tagſatzungen ihre Zuſtimmung geben, und ich waͤre fo 379 wenig geſonnen, dieſen Attikel fallen zu laſſen daß ich vielmehr noch einen hinzu letzen zu müffen glaubte, des Inhalts, daß alle jetzt dort befindliche Schaaren wegge⸗ zogen werden muͤßten, ehe "America ſich irgendwie auf Ausgleichung einlaſſen, oder darüber verhandeln koͤnnte; denn, was fie jetzt hierin thaͤten, wurde immer für Folge eines Zwangs angeſehen werden, deſſen Anſchein ſoviel als moͤglich vermieden werden mußte, weit "vernünftige Forde⸗ rungen, wo die Partheien mindeſtens frei zu handeln ſchienen, wohl zugeſtanden, unter Drohungen aber, oder unter dem Anſchein der Gewalt, ſtreng verweigert werden würden. Die Herausziehung der Schaaren waͤre alſo noͤ⸗ thig, wofern von Seiten der Americaner irgend ein dauer⸗ haft bindender Vertrag geſchloſſen werden ſollte, denn das Gefuͤhl, unter Gewalt gehandelt zu haben, wuͤrde jede Genehmiaung entkräften. Es duͤrfe auch gar nicht Wun⸗ der nehmen, wenn wir darauf beſtaͤnden, daß die Krone kein Recht habe, in Friedenszeiten ein ſtehendes Heer zu uns zu legen, da wir ja ein auffallendes Beiſpiel von dem uͤbeln Gebrauch deſſelben vor Augen gehabt, naͤm⸗ lich die koͤniglichen Untertanen in verſchiedenen Theilen ſeiner Beſitzungen, eine nach der andern zur Unterwürfigs keit unter eine willkuͤrliche Macht zu zwingen; als wel⸗ ches der eingeſtandene Zweck des Heers und der Flotte, die jetzt in Boſton laͤge, waͤre. Da ich hartnaͤckig war, ließen die Herrn dieß ſtehen, ſchienen aber eben nicht da⸗ mit zufrieden zu ſeyn. Sie wünfchten, ſagten fie, dieſen Entwurf als Darlegung der Geſinnung uberlegter, un⸗ partheilicher Männer, und wie ſte, als Engländer, die⸗ ſelben unterſtuͤtzen koͤnnten, vorzeigen zu koͤnnen, was aber mit dieſem Artikel fuͤglich nicht angienge. 8 Der neunte Artikel war, zufolge eines Fothergillſchen Gedankens, der bei unſerer erſten Zuſammenkunft aufge⸗ * 380 worfen ward, medergeſchrieben, nämlich, daß wahrſchein lich die hieſige Regierung ſich mit verſprochenen frei willi⸗ gen Steuern der Tagſatzungen in Kriegszeiten, als deren Betrag ungewiß ſeyn müßte, nicht begnägen wuͤrde; daß es alſo das Beßte waͤre, ſie einigermaaßen mit den in England auf das Pfund erhobenen Schillingen in Ber haͤltniß zu bringen; wie aber dieß Verhältniß auszumit⸗ teln, koͤnnte er nicht ausfindig: machen; ich ſollte das uͤberlegen. Es wär auch die Rede davon geweſen, daß das. Parlament auf das, von der Krone geforderte und bisher gebrauchte Recht, ohne parlamentarifche Zuſtim⸗ mung von den Niederlaſſungen Geld zu erheben, eifer⸗ ſuͤchtig geworden; da wir nun parlamentariſche. Auflagen nicht zahlen möchten, fo würden kuͤnftige Forderungen mit Zuſtimmung des Parlaments, und nicht anders ge⸗ macht werden. Ich wunderte mich, daß die Krone dieß beſondere Recht aufgeben ſollte, hatte aber gegen ihre Selbſtbeſchraͤnkung, wenn ſie dieſelbe fuͤr ſchicklich hielt, nichts einzuwenden; ſchrieb alſo dem gemaͤß den Artikel nieder und ſuchte die Huͤlfsgelder mittelſt der Auflage des letzten Friedensjahrs in ein Verhaͤltniß zu bringen. Und weil man dachte, die von mir als die beftbefundene Me⸗ thode wuͤrde nie beliebt werden, naͤmlich eine von der Krone zu Ausſchreibung der Forderungen und Beſtim⸗ mung der Huͤlfsgelder zu berufende Feſtlandszuſammen⸗ kunft, ſo ließ ich lieber fuͤr freiwillige Zulagen einzelner Tagſatzungen Raum, damit die Krone einerſeits Antrieb haͤtte, ſie zuſammenzuberufen und ſie bei ihrem guten Wil⸗ len zu erhalten, ſie aber andrerſeits das frohe Ge⸗ fuͤhl, ihre Nechtlichkeit und ihren Eifer fuͤr die gemeine Sache zu beweiſen, und, falls ſie einen Krieg nicht für gerecht hielten, Anlaß, ihre Mißbilligung an den Tag zu legen. Dieſer Artikel end alſo bei ihnen keinen all * wand, auch hatte ich noch einen Grund, ihn aufzuſtellen, naͤmlich den, daß die Ueberſicht des in Kriegszeiten Statt findenden Verhaͤltniſſes uns in e deſto Date ſamer zip — Fuͤr den zehnten Artikel hob ich die afgreiätigtet 73 herpor jene zu Vertheidigung ihres Havens gegen einhel⸗ miſche Feinde mit ungeheuern Koften von der Landschaft angelegte, Feſtung zu nehmen und in eine Burg zu ver⸗ wandeln, die Stadt im Zaum zu halten, ihren Handel zu beſchraͤnken, ihren Haven einzuſchließen und ſie ihrer Gerechtſame zu berauben. Es waͤre ziemlich viel von ihrer Ungerechtigkeit, den Thee zu vernichten, geſagt worden; hier aber waͤre doch eine weit groͤß tre Ungerechtigkeit, wel⸗ che noch nicht vergütet ſey, da dieſe Burg der Landſchaft 300, Pf. gekoſtet habe. Ein ſolcher Gebrauch von einer Feſtung, welche ſie gebaut, wuͤrde nicht bloß jede Niederlaſſung vom Bau einer andern abſchrecken und for mit ſie fremden Feinden mehr bloß ſtellen, ſondern waͤte auch ein triftiger Grand, nie wieder eine, ohne Zuſtim⸗ mung ihrer geſetzgebenden Macht, von der Krone inner⸗ halb ihrer Graͤnzen anlegen zu laſſen. Gegen dieſen Ar⸗ tikel hatten die Herrn nicht viel zu ſagen, meinten aber, er wuͤrde ſchwerlich zugeſtanden werden. x Der eilfte, glaubten ſie, wuͤrde ſtarke Einwürfe er⸗ fahren; man wuͤrde in Anregung bringen, daß die alten Anſiedler mit den Angelegenheiten Canadas nichts zu ſchaffen haben koͤnnten, was immer auch wir mit denen von Maſſachuſetts zu thun haͤtten; es wuͤrde als eine ge⸗ fliſſentliche Einmiſchung angeſehen werden, lediglich um die Regierung zu beunruhigen; ja ſelbſt einige der Maſſa⸗ chuſettiſchen Acten würden von der Verwaltung als Ver⸗ 89e — beſſerungen dieſer Regierung angeſehn, z. B. die, welche die Anſtellung von Raͤthen, die Wahl der Geſchworenen aͤnderten und Stadtzuſammenkuͤnfte verboͤten. Ich er⸗ wiederte, da wir bei der Belagerung von Canada mit großem Aufwand von Gut und Blut beigeſtanden, fo haͤt⸗ ten wir auch wohl einigermaaßen Recht, bei der Anſiede⸗ lung daſelbſt beruͤckſichtigt ſeyn zu wollen Eine willkuͤr⸗ liche Regierung im Ruͤcken unſerer Anſiedelungen zu er⸗ richten, moͤchte uns Allen gefaͤhrlich ſeyn; und wie wir ſelbſt die Freiheit liebten, wuͤnſchten wir ſie auch auf die Menſchheit ausgedehnt zu ſehen und in America keinen Grund zu kuͤnftiger Knechtſchaft zu legen. Was die Ver⸗ beſſerung der Maſſachuſettſchen Regierung anlangte, fo koͤnnte, wiewohl nachzuweiſen waͤre, daß jede dieſer an⸗ geblichen Verbeſſerungen eigentlich nur Unheil ſey, gleich⸗ wohl, da Freibriefe Vertraͤge zwiſchen zwei Theilen, dem Koͤnig und dem Volke, waͤren, an denſelben ohne Bei⸗ ſtimmung beider Theile, nichts veraͤndert, nicht einmal verbeſſert werden. Die Anſpruͤche des Parlaments und die Ausübung einer Macht, unſere Freibriefe, welche ſtets nur von Miſſethat verletzbar erachtet worden, und Geſetze zu ‚ändern, welche zufolge dieſer Freibriefe gegeben worden, die koͤnigliche Billigung erhalten und mithin als nur von den Maͤchten, welche ſie gegeben, beſtimmbar und veränderbar gegolten, haͤtte alle unſere Verfaſſun⸗ gen ungewiß gemacht und uns ganz preis gegeben. Mit: telſt der Anmaßung, uns nach Belieben zu beſteuern, be⸗ raubten ſie uns alles Eigenthums; wollten ſie nun auch unſere Geſetze und Freibriefe nach Gefallen zu ändern ſich anmaßen, ſo beraubten ſie uns jeder Freiheit und jedes Rechts, das ausgenommen, welches ihnen uns zu laſſen beliebte. In ſolch' eine Lage könnten wir uns nicht 91 — 883 begeben, und muͤßten eher Leben und Alles wagen, als uns ihr unterwerfen. So blieb denn dieſer Artikel. Den zwoͤlften erklaͤrte ich mit einer Bemerkung über die ehemaligen Verhaͤltniſſe der Richter in den Nie: derlaſſungen, daß fie nämlich von der Krone angeſtellt, von den Tagſatzungen beſoldet worden: Die Anſtellung habe Statt gefunden, ſo tage es der Krone, die Beſol⸗ dung, ſo lange es der Tagſatzung gefallen. Wenn man gegen die Tagſatzungen angefuͤhrt haͤtte, das Abhaͤngigmachen der Richter von ihnen durch Wer ſoldung bezwecke einen unziemlichen Einfluß auf die Gerichtshoͤfe, ſo haͤtten die Tagſatzungen gewoͤhnlich erwiedert, ſie durch das Erhalten in ihren Stellen von der Krone abhaͤngig machen, waͤre ebenfalls ein un⸗ ziemlicher Einfluß auf dieſe Gerichtshoͤfe; Einer waͤre ge⸗ rade Maaßſtab fuͤr den Anderen; wofern aber die Krone je Acten genehmigen wollte, nach welchen die Richter, ſo lange ſie ſich gut benaͤhmen, angeſtellt blieben, fe wuͤrden auch die Tagſatzungen ihnen, ſo lange ſie im Amte blieben, die Beſoldung zugeſtehen. Das haͤtte aber die Krone ſtandhaft verweigert. Dieſer billige Antrag werde hier wieder gemacht; die Niederlaſſungen koͤnnten nicht begreifen, warum ihre Richter nicht eben ſo unabhaͤngig gemacht werden ſollten, als die in England. Dagegen aber maßte die Krone jetzt ſich an, die Richter in den Pflanzungen von ihrer Gunſt, ſowohl nach Stelle, als Gehalt, welche beide nach ihrem Gefallen fortdauerten, abhaͤngig zu machen. Dem muͤßten ſich die Pflanzungen als Unbill, als Verſuch beide Gewichte in Eine Wagſchaale zu legen, widerſetzen. Stelle alſo die Krone die Richter nicht lieber auf gutes Benehmen mit eben fo dauern⸗ der Beſoldung an, ſo ſchluͤge ich die Alternative vor, die 384 — Beſol (dungen, wie bisher, ſo lange es den Tagſatzungen gefiele, fortzuzahlen. Dieſen Artikel fanden die Herrn vernuͤnftig. | a den dreizehnten ward eingewendet, daß man hier durchgaͤngig nichts vernuͤnftiger faͤnde, als daß der Konig ſeinen Statthalter b ahlte, um ihn vom Volke unabhaͤngig zu machen, 2 2 außerdem durch etwanige vorenthaltene Beſoldung ihn zu Pflichtwidrigkeit zu ver⸗ leiten ſuchen koͤnnte. Hierauf antwortete ich, die in die Niederlaſſungen geſendeten Statthalter waͤren oft Maͤn⸗ ner ohne Vermögen. und Grundſaͤtze, welche bloß ihr Gluͤck zu machen dahin kaͤmen und ſich um das Land, welches ſie regierten, nicht kuͤmmerten. Sie ganz unab⸗ haͤngig vom Volke machen, hieße fie um ihr Verhalten, es möchte wohlthaͤtig oder unheubringend für. das Ganze ſeyn, unbekuͤmmert machen, und ihrer Plünderungs: und Unterdruͤckungsfucht Spielraum geben. Der angebliche Einfluß koͤnne nie ſoweit gehen, daß des Koͤnigs oder Englands Vortheile zuwider gehandelt wuͤrde, weil jeder Statthalter durch beſondere Weiſungen gebunden waͤre, denen nachzukommtn er Sicherheit geſtellt, alle Geſetze aber, denen er beiſtimmte, immer ja von der Krone wider⸗ rufen werden koͤnnten, wenn ſie dieſelben unzulaͤſſig er⸗ achtete. Die Gehaltszahlung durch das Volk waͤre ihm erwuͤnſchter, weil ſie ein gutes Vernehmen und gegenſei⸗ tige Dienſtwilligkeit zwiſchen Statthalter und Regierten foͤrderte, und darum haͤtte man, meines Beduͤnkens, die zu Boſton und Neuyork in dieſer Hinſicht gemachte Neuerung He unterlaffen vor So ließ man dieſen Artikel ſteheg. | Ganz vo ch aber der vierzehnte gefunden. Der Aueinpandel in America Eönne nie aufgegeben werden 1 385 und dieſer Vorſchlag wuͤrde bloß beleidigen, ohne etwas Gutes zu bewirken. Ich mußte ihn alſo ganz ſtreichen. Der funfzehnte ward gern angenommen. Der ſechzehnte ward unbedeutend gefunden, ob die Gefaͤle an die Caſſen der Pflanzungen abgeliefert wuͤrden. 7 | SE Der ſebenzehnte ſchien ſchwerlich buräuften, m aber hr zu verſuchen. 7 er Nachdem wir ſo das Ganze durchgegangen, ward ich erſucht, fuͤr Dr. Fothergill eine Reinſchrift davon zu machen. Er ſagte nunmehr, er haͤtte taͤglich Gelegenheit, Lord Dartmouth zu ſehen, habe zu ſeiner freundlichen Geneigtheit das beßte Vertrauen und werde ihm die Schrift, als Gedanken beſonnener Männer vorlegen, wel⸗ che das Beßte beider Laͤnder wuͤnſchten. Wenn ich nun, ſagte H. Barclay, die Schrift Lord Hyde zeigte, waͤre damit vielleicht ein Verſtoß gemacht? Er iſt ein einſichts⸗ voller Mann, und wiewohl er eigentlich nicht im Mini⸗ ſterium iſt, beſuchen ihn doch ziemlich Viele davon. Ich bin einigermaaßen mit ihm bekannt, wir ſprechen zuweilen frei zuſammen, und wenn wir nun beide dieſe Artikel be⸗ ſpraͤchen und ich ihm unſer Geſpraͤch daruber mittheilte, ſo koͤnnte dieß vielleicht zu manchem Guten fuͤhren. Dr. Fothergill hatte nichts dagegen; auch ich konnte nichts ein⸗ wenden. Ich kannte Lord Hyde etwas und hatte Achtung fuͤr ihn, hatte die Schrift auf ihr Verlangen aufgeſetzt und es kam nun auf ſie an, damit zu machen, was ihnen beliebte. Da ſchlug Hr. Barclay vor, ich ſollte ihm die Reinſchrift ſenden, er wolle eine Abſchrift für Bh i Franklin's Leben. IL, Altp, 386 a Dr. Fothergill Sr eine für ſich davon N und fie. mir dann wieder zuſtellen. Dann entſtand noch eine Frage, ob ich etwas dagegen haͤtte, wenn ſie erwaͤhnten, daß ich zu Rathe gezogen worden waͤre? Fuͤr meine Perſon, ſagte ich, nichts; ich daͤchte aber, wenn fie einige Ruͤckſicht auf die Vorſchlaͤge genommen wiſſen wollten, waͤre es doch beſſer, meiner nicht zu erwaͤhnen; das Miniſterium wäre, wie ich glaubte, gegen mich und Alles, was von mir kaͤme, eingenommen. Sie meinten, in dieſer Hinſicht wär’ es wohl beſſer, meiner nicht zu erwaͤhnen, und da⸗ bei blieb es. Ich meines Theils beobachtete uͤber den gan⸗ zen Vorgang ein tiefes Schweigen, entdeckte aber bald darauf, daß es auf eine, oder die andere Weiſe Noch aus⸗ gekommen war. 1 Weil ich Tags darauf ſehr viel Abhaltungen hatte, ſchrieb ich den Aufſatz nicht ab. Am naͤchſten Morgen draͤngte mich H. Barclay in einem Handſchreiben, er muͤſſe ihn vor zwölf Uhr haben. Ich uͤberſendete ihn alſo. Drei Tage darauf erhielt ich folgende Seilen von ihm: Dr. Barclay empfiehlt ſich und meldet Hrn. Dr. Franklin, weil er erfahren, daß eine Flugſchrift, betitelt: „Eine freundliche Zuſchrift“ zum Nachtheil Ame⸗ rica's, beſonders vom Dechant zu Norwich ausgeſtreut wor⸗ den, ſo wuͤnſchte er, Dr. Franklin moͤge den Beiſchluß, der eben aus America gekommen, durchleſen und, wenn er ihn billige, wieder bekannt machen, indem Dr. Barclay wuͤnſcht, daß in Norwich etwas Gehoͤriges verbreitet wer⸗ de. Dr. Barclay ſprach heute mit Jemand, bei dem er geſtern war, ehe er Dr. Franklin beſuchte und hatte das Vergnügen, ı ein Stuͤck Weges mit ihm nach dem Hauſe eines anderen edlen Mannes in der bewußten Angelegen⸗ 1 Br Vu eit zu gehen. Dieſer fagte ihm, er koͤnne fagen, er ſehe etwas Licht. ,, Cheapfide den 11. dieſes. u ni 2 BERN) Der Jemand, Fi B. getroffen, war, wie ie ich merkt, Lord Hyde, der zu Lord Dartmouth, oder Lord North gieng; zu welchem von beiden wußte ich nicht. Die Woche darauf trafen nun die, von Freunden und Feinden America's lange und ſehnlich erwünfchten Nachrichten über die Verhandlungen der Zuſammen⸗ kunft ein. CVE aeg m Das Bittſchreiben der Aufammenkunft, an den Koͤ⸗ nig war für mich, beigelegt und mit folgendem Briefe des Vorſitzets an die Americaniſchen Geſchäftsführer in London, begleitet: An Paul Wentworth, Esg., Dr. Beni. Franklin. Wilh. Böllen, Esq., Dr. Arthur Lee, Thom, Life, Esg. „ Eom, 10 e Cart Garth, Esgq, a ; Meine Herren! vyltedetvpta, den 25. Oct. 1774 Wir gen Ihnen den ſicherſten Beweis unſerer Zu⸗ verſicht zu Ihrem Eifer und Ihrer Liebe fuͤr America und fuͤr die Sache der Freiheit, indem wir beigehende Papiere Ihrer Sorgfalt übergeben. Wir wuͤnſchn, daß ſie die Bittſchrift in die Haͤnde Sr. Maj. geben; und nachdem fie überreicht worben, wuͤnſchen wir fie, nebft dem Verzeichniß der Bedruͤckungen durch den Druck bekannt gemacht. Da wir uns von dem B b 2 388 Beifte det Tugend und Gerechtigkeit des Volks viel ver⸗ ſprechen, fo wünſchen wir alles Ernſtes, daß möglichſ Sorge getragen werde, unſere Denkſchrift an das Eng⸗ liſche Volk fo bald als moͤglich allen Handels⸗ und Ma⸗ nufacturſtaͤdten im geſammten vereinten e zukom⸗ men zu laſſen. f 5 Wir zweifeln nicht im geringſten, daß Ihre Guͤte und Beſonnenheit jeden Beiſtand nuͤtzen wird, welchen der Rath und die Freundſchaft aller Großen und Guten, welche die Sache der Freiheit und Menſchheit au unter: fügen geneigt find, verleihen können. America's, in beiliegender Zuſchrift *) ausgeſprochene Dankbarkeit wuͤnſchen wir allen, die es verdienen, auf die Art, wie ſie es denſelben am willkommenſten erachten moͤgen, zugeſtellt. Es iſt auf naͤchſten 10. Mai eine zweite Zuſammen⸗ kunft an hieſigem Orte vorgeſchlagen worden; mittlerweile bitten wir Sie, meine Herrn, den Sprechern der verſchie— denen Tagſatzungen zeitigſt die moͤglichſt urkundlichſte Nachricht von allen Schritten und Zwecken des Miniſte⸗ riums oder Parlaments, welche America zu wiſſen noͤ⸗ thig iſt, zukommen zu laſſen. Mit ungeheuchelter Hoch⸗ achtung meine Herrn, auf Befehl der Zuſammenkunft, Heinr. Middleton, Vorſitzer. #) Fehlt. | 5 389 An Sr. Maj. den Koͤnig. 5 Aiergnäbiöfter Herr! 15 i ; AR 4 Wir Ew. Maj. getreue een in den Pflan⸗ zungen Neu⸗Hampſhire, Maſſachuſetts⸗ Bap, Rhode ⸗Island und Providence, Connecticut, Neuyork, Neu⸗Jerſey, Pennſylvanien, den Bezirken Neucaſtle, Kent und Suſſer am Dela⸗ ware, Maryland, Virginien, Nord: Carolina und Suͤd⸗ Carolina, bitten für uns und die Inwoh⸗ ner dieſer Pflanzſtaͤtten, welche uns als ihre Vertreter in einer allgemeinen Zuſammenkunft abgeordnet haben, mit⸗ telſt dieſer unſerer unterthaͤnigen Bittſchrift um Erlaub⸗ niß, unſere Beſchwerden vor dem Throne anbringen zu duͤrfen. 2 1 Seit Ende des vorigen Krieges, iſt ohne Zuſtim⸗ mung unſerer Tagſatzungen ein ſtehendes Heer in dieſen Pflanzungen gehalten und dieß Heer, mit einer betraͤchtli⸗ chen Seemacht, zu Erpteſſung der Auflagen gebraucht | worden. Die Machtvollkommenheit des Ober-Feldherrn und der Brigadegenerale unter ihm iſt in Friedenszeiten in allen buͤrgerlichen Regierungen d hoͤchſte Behoͤrde e N Der Ober, „Fendheren von Cw. Maj. Geſammmmacht in America iſt in Friedenszeiten Statthalter einer Pflanzung. geworden. Die Laſten der gewöhnlichen Dienſtleiſtungen find ſehr vermehrt und neue koſtſpielige und unterdruͤckende Leiſtungen find vervielfaͤltigt worden. 390 Sm Die Richter der Admiralität und Unteradmiralität ſind ermaͤchtigt worden, ihre Gehalte und Beſoldungen von den Effecten, die ſie ſelbſt verdammt, zu beziehen. Die Mauthbeamteten ſind ermaͤchtigt, unſere Haͤuſer, ohne Bevollmaͤchtigung irgend einer bürgerlichen Obrigkeit, die ſich auf eingezogene Nachricht r zu erbrechen und zu betreten. Die Richter der Gerichtshoͤfe der herkoͤmmlichen Ge⸗ ſetze ſind ganz von einem Theile der geſetzgebenden Ge⸗ walt abhaͤngig gemacht worden, ſowohl hinſichtlich a Gehalts, als der Dauer ihrer Anſtellung. Käthe behalten ihre Anſtellung, ſo lange es ihnen beliebt und uͤben geſetzgebende Gewalt. Unterthaͤnige und „vernünftige Geſuche von Seiten der Volksvertreter ſind fruchtlos geweſen. Die Geſchaͤfts⸗ traͤger des Volks ſind kalt abgefertigt, und Statthalter angewieſen worden, die Zahlung ihrer Gehalte zu ver⸗ d f Tagſatüngen ſind wWibechoenbtih und DereiBIEN aufgeloͤſ't worden. Der Handel if mit vielen nutzloſen und unterdruͤk⸗ kenden Einſchraͤnkungen belaͤſtiget worden. 8 Mittelſt mehrerer Parlamentsacten ſind im vierten, fuͤnften, ſechſten, ſiebenten und achten Regierungsjahre | Ew. Maj. uns Abgaben auferlegt worden, um Einkünfte von America zu beziehen; die Macht der Admiralitaͤt und Unteradmiralität iſt über ihre ehemaligen Gränzen hinaus erſtreckt worden, wodurch uns, ohne unfere Zu: ſtimmung, unſer Eigenthum entriſſen, die gerichtliche Un⸗ terſuchung mittelſt Geſchworner in vielen bürgerlichen Faͤllen abgeſchafft, ungeheuere Bußen um leichter Verge⸗ hen willen auferlegt, plackende Angeber von Schadener⸗ ſatz, wozu ſie rechtlich gehalten waͤren, losgeſprochen und von Eigenthuͤmern druͤckende Sicherſtellungen gefordert worden, ehe man ihnen nur ihr Recht darzuthun ge⸗ ſtattet. 5 | Beide A haben beſcloſſen, daß Untertha⸗ nen aus den Pflanzungen wegen angeblich in America be⸗ gangener Vergehen, kraft eines im 35. Regierungsjahr Heinrichs VIII. durchgegangenen Statuts, in England belangt werden koͤnnen; man hat demzufolge dieß Sta⸗ tut zu verſtärken verſucht. Im zwölften Regierungsjahr Ew. Maj. war ein Statut durchgegangen, daß Perſonen, welche irgend eines daſelbſt angegebenen Vergehens in ir⸗ gend einem Orte außerhalb des Koͤnigreichs verklagt wuͤr⸗ den, deßhalb in jeglicher Grafſchaft innerhalb des Koͤnig⸗ reichs belangt und verhoͤrt werden koͤnnten; womit denn Inwohner dieſer Pflanzungen in einzelnen, nach dieſem Statut peinlich erachteten Fällen, der gerichtlichen Unter: ſuchung von ihren Ebenbuͤrtigen in der Naͤhe entzogen werden. In den letzten Parlamentsſitzungen gieng eine Acte durch, den Haven zu Boſton zu ſperren; eine andere, den Statthalter von Maſſachuſetts⸗Bay zu ermaͤchti⸗ gen, daß er Mordes wegen in dieſer Landſchaft belangte Perſonen in eine andere Landſchaft, oder gar nach Eng— land zu gerichtlichem Verhoͤr ſendete, womit denn derglei⸗ chen Verbrecher geſetzlicher Strafe entgehen 5 eine dritte, 392 die verbriefte Re ierungsverfaſſung dieſer Landſchaft abzu⸗ ändern; eine vierte die Graͤnzen von Quebec zu erweitern, die Engliſchen Geſetze abzuſchaffen und die Franzoͤſiſchen wieder einzufuͤhren, wonach viele Britiſche freie Männer letzteren unterworfen werden, eine durchgängige Regierung und die Roͤmiſch katholiſche Religion in den ausgedehnten Bezirken, welche an die weſtlichen und noͤrdlichen Graͤnzen der freien proteſtantiſch, Engliſchen Siedelungen ſtoßen, einzuführen; und eine fuͤnfte: für Beamtete und Solda⸗ ten in Ew. Maj. Dienſten in en ies ee eee 5 zu beſorgen. Bei einem Landesherren, der „auf den Namen Britt ſtolz iſt,“ muß die bloße Erzaͤhlung eines ſolchen Ver⸗ fahrens, unſers Erachtens, ſeine getreuen Unterthanen rechtfertigen, wenn ſie zu den Fuͤßen ſeines Throns fluͤchten und um gnaͤdigſten Schutz dagegen flehen. Aus dieſem, ſeit Ende vorigen Krieges, angenom⸗ menen Verwaltungsſyſtem der Niederlaſſungen ſind denn alle Unfälle, Gefahren, Beſorgniſſe und Eiferſuͤchteleien gefloſſen, welche Ew. Maj. pflichtgeſinnte Siedler mit Betruͤbniß überhäufen; und wir fordern unſere verſchmitz⸗ teſten und eingefleiſchteſten Feinde auf, die ungluͤckſeligen Spaltungen zwiſchen England und dieſen Niederlaſſungen aus einer fruͤheren Zeit, oder aus anderen, als den von uns angegebenen Gruͤnden abzuleiten. Waͤren ſie unſerer⸗ ſeits durch unruhigen Leichtſinn, ungerechten Ehrgeiz, oder luͤſtige Einfläfterungen aufruͤhreriſcher Männer veranlaßt worden, ſo verdienten wir die ſchimpflichen Benennungen, welche uns haͤufig von denen, die wir verehren, widerfah⸗ ren. Aber weit entfernt, Neuerungen zu foͤrdern, haben wir uns nur ihnen widerſetzt, und koͤnnen keines Ber“: — 393 gehens besichtigt „erben wofern es anders nicht Buyer hen ift, erlittenes Unrecht zu fühler f Hätte es unſerm Schöpfer gefallen, uns in einem Lande der Knechtſchaft geboren werden zu laſſen, ſo wuͤrde vielleicht Unwiſſenheit und Gewohnheit das Gefuͤhl unſe⸗ rer Lage um Vieles mildern. So aber ſind wir, Dank feiner anbetungswuͤrdigen Güte! geborne Erben der Frei⸗ heit, genoſſen auch ſtets unſeres Rechts unter der Regie⸗ rung Ew. Maj. koͤniglicher Altvordern, deren Familie auf | Englands Thron ſaß, ein frommes und tapferes Volk vom Papſtthum und von der Herrſchgewalt eines aber⸗ glaͤubiſchen und unerbittlichen Zwingherren zu retten und dagegen zu ſichern. Ew. Maj. freuen Sich mit Recht, wir ſind das uͤberzeugt, daß Allerhoͤchſtdero Kronenrecht fo auf das Freiheitsrecht Allerhoͤchſtdero Volks gegruͤndet iſt; und zweifeln wir demnach nicht, Ew. Maj. Weisheit muͤſſe die Empfindlichkeit billigen, welche Allerhoͤchſtdero Unterthanen lehrt, ſorgfaͤltigſt des Seegens zu wahren, den ſie von der goͤttlichen Vorſehung empfangen, und ſo⸗ mit die Vollziehung des Vertrags zu bewaͤhren, welche das durchlauchtige Haus Braunſchweig einſt zu der ae, lichen Wurde, die es jetzt beſitzt, fab Die Beſorgniß, von dem Berdange freier Englaͤnder herab in einen Stand der Knechtſchaft geſtoßen zu wer⸗ den, waͤhrend unſere Gemuͤther die ſtaͤrkſte Freiheitsliebe bewahren und klar das uns und unſeren Nachkommen be⸗ vorſtehende Elend vorausſehen, regt Empfindungen in un⸗ ſerer Bruſt an, welche wir zwar nicht zu beſchreiben ver⸗ mögen, aber doch nicht zu verhehlen wuͤnſchen. Da wir ſo als Maͤnner fuͤhlen, und als Unterthanen denken, wie wir fuͤhlen und denken, ſo wuͤrde Schweigen Ungeſetzlich⸗ 394 n keit ſeyn. In em wir dieſe wahthafte Meldung thun, thun wir, wa nur in unſerer Macht ſteht, um die großen Zwecke Ew. Maj. koͤniglicher Sorgfalt zu foͤr⸗ dern, Ruhe Ihrer Regierung und 5 al Volks. 5 - Pflicht gegen Ew. Maj und Sorge für unſere und unſerer Nachkommen Erhaltung, die erſten Verbindlichkei⸗ ten der Natur und der Geſellſchaft, gebieten uns, Ew. Maj. Aufmerkſamkeit in Anſpruch zu nehmen; und, da, Ew. Maj. das ausgezeichnete Gluͤck genießt, uͤber freie Maͤnner zu herrſchen, ſo fuͤrchten wir nicht, daß die Sprache freier Maͤnner mißfaͤllig werden koͤnne. Viel⸗ mehr hoffen wir, Ew. Maj. Unwille werde auf jene rän⸗ keſuͤchtigen, gefaͤhrlichen Männer fallen, welche ſich keck zwiſchen Ew. Maj. Perſon und Allerhoͤchſtdero getreue Unterthanen ſtellen, und ſeit mehreren Jahten unaufhoͤr⸗ lich die Bande der Geſellſchaft, durch Mißbrauch Ew. Maj. königlicher Machtvollkommenheit, falſche Darſtellung der Americaniſchen Unterthanen, und Befolgung der vet⸗ zweifeltſten und empoͤrendſten Unterdruͤckungs maaßregeln, zu loͤſen bemuͤht, endlich uns durch allzuangehaͤuftes, laͤnger nicht fortan zu ertragendes Unbill gezwungen haben, Ew. Maj. Ruhe mit unſeren Klagen zu behelligen. Dieſe Gefühle werden Herzen abgepreßt, welche viel lieber in Ew. Maj. Dienſten bluten mochten. Aber wir ſind ſogar gewaltig entſtellt worden, daß man es fuͤr nothwendig ausgegeben hat, uns ohne unſere Zuſtimmung unſer Eigenthum zu entreißen, „die Koften der Gerech⸗ tigkeitspſlege, der bürgerlichen Regierung, der Vertheidi⸗ gung, des Schutzes und der Sicherheit der Pflanzungen, zu beſtreiten.“ Wir bitten aber um Erlaubniß, Ew. 39 5 Mal. verſchern zu dürfen, daß zu Beſtreitung der beiden erſten Artikel Anſtalten getroffen worden ſind und getrof⸗ fen werden, wie fit von den Geſetzgebern der Pflanzun⸗ gen den jedesmaligen Umſtänden gemäß und recht befun⸗ a den worden und werden; zu Vertheidigung, Schutz und Sicherheit der Pflanzungen würden ihre Landwehren, wenn gehörig eingeuͤbt, wie fie ernſtlich wünfchen, mindeſtens in Friedenszeiten hinreichend ſeyn; im Kriege aber wer⸗ den Ew. Maj. getreuen Pflanzſtaͤtter willig und bereit ſeyn, wie immer, wo es verfaſſungsgemaͤß gefordert ward, Ew. Maj. ihre Rechtlichkeit durch hoͤchſtmoͤgliche Anſtren⸗ gung Für zu entrichtende Hülfsgelder und auszuhebende Mannſchaft zu beweiſen. Keinem Britiſchen Unterthan an liebevoller Anhaͤnglichkeit an Ew. Maj. Perſon, Familie und Regierung weichend, ſchaͤtzen wir das Recht, dieſe Liebe durch ſolche Beweiſe, welche dem Füͤrſten, der fie an⸗ nimmt, und dem Volke, das fie giebt, Ehre machen, zu aͤußern zu hehr, als daß wir es irgend Jemanden gi 6 Erden überlaffen ſollten. | Hätte man uns unfer vorväterliches Erbtheil in Ruhe genießen laſſen, wir haͤtten jetzt friedlich, liebevoll und nuͤtzlich uns Ew. Majeſtaͤt und dem Staate, von welchem wir abſtammen, durch Beweiſe von Ergebenheit und Verehrung empfohlen. Wiewohl wir aber jetzt uner⸗ wartete und unnatuͤrliche Auftritte in einem Kampfe mit dem Volke erleben, auf deſſen vaͤterliche Leitung wir bie: her in allen wichtigen Faͤllen mit kindlicher Ehrfurcht ſtandhaft vertraut haben, und alſo in unſerer gegenwaͤr— tigen unglücklichen und verwickelten Lage bei fruͤherer Er⸗ fahrung uns nicht Raths erhohlen koͤnnen, fo zweifeln wir dennoch nicht, ee teine a de und Rechtſchaffen⸗ * f 5 — 5 ö 396 heit werde uns vor dem großen Richterſtuhl 1 ME chem ſich die ganze ag unterwerfen * Wir baten nur um Frieden, Freiheit und Sicher⸗ heit. Wir wuͤnſchen keine Rechtsverkuͤrzung, noch ſuchen wir um ein neues Recht fuͤr uns an. Ew. Maj. koͤ⸗ nigliche Machtvollkommenheit uͤber uns und unſere Ver⸗ bindung mit England werden wir ſtets ſorglich und eifrig zu erhalten trachten. Voll von Gefuͤhlen der Pflicht gegen Ew. Maj., wie der Liebe zu unſerm Mutterſtaat, welche uns durch Erzie⸗ hung tief eingeprägt, und von unſerer Vernunft beſtaͤtigt werden, und aͤmſig beſtrebt, dieſer unſerer Stimmung Aufrichtigkeit zu bewähren, überreichen wir dieſe Bitt⸗ ſchrift nur, um Bedruͤckungen eingeſtellt und uns von Beſorgniſſen und Eiferſucht befreit zu ſehen, welche durch das, ſeit Ende voriges Kriegs angenommene Syſtem von Statuten und Einrichtungen entſtanden ſind, womit man von America Geld zu beziehen, die Gewalt der Admi⸗ ralitaͤts- und Unteradmiralitaͤtsgerichte zu erweitern, Per⸗ ſonen wegen in America begangener Verbrechen in Eng⸗ land zu belangen, die Landſchaft Maſſachuſetts⸗Bay an ſich zu bringen, die Regierung von Quebec zu ändern und feine Graͤnzen auszudehnen getrachtet hat; durch wel⸗ ches Syſtemes Abſchaffung die, zum Gluͤck beider Laͤnder fo noͤthige, von America ſo ſehr gewuͤnſchte Eintracht zwiſchen uns und England und der gewohnte Verkehr unmittelbar wieder hergeſtellt werden wird. Im Vertrauen auf Ew. Maj. und des Parlaments Großmuth und Ge⸗ rechtiakeit hoffen wir auf Abſtellung unſerer Bedruͤckungen und ſind gewiß, daß, wenn die Urſachen unſeter Beſorg⸗ niß wegfallen, m. kuͤnftiges Verhalten erweiſen e 397 wie wir der in unſern gluͤcklichern Tagen genoffenen Ach⸗ tung nicht unwurdig find, Denn, bei jenem Weſen, welches die Herzen aller ſeiner Geſchoͤpfe durchſchaut, be⸗ theuern wir feierlich, daß nur Furcht vor bevorſtehender Vernichtung auf unſere Verſammlungen eingewirkt hat. Erlaube uns demnach unſer allergnaͤdigſter König, im Namen ſaͤmmtlicher Aller hoͤchſtdero getreuen Voͤlker in America in tiefſter Unterthaͤnigkeit ihn anzuflehen, um der Ehre des allmaͤchtigen Gottes willen, deſſen reine Ver⸗ ehrung unſere Feinde untergraben, um Allerhoͤchſtdero Ruhmes willen, der lediglich durch Begluͤckung und Zu⸗ ſammenhaltung der Unterthanen gefordert werden kann; um des Vortheils willen Allerhoͤchſtdero Familie, welcher auf Anhaͤngigkeit an den Grundſaͤtzen beruht, die fie auf den Thron feßten; um der Sicherheit und Wohlfahrt Allet hoͤchſtdero mit faſt unausweichlicher Gefahr und Un⸗ heil bedrohten Reiche und Beſitzungen willen: daß Ew. Majeſtaͤt als liebevoller Vater des ganzen, durch dieſelben Bande des Geſetzes, der Rechtlichkeit, Treue, und des Bluts verbundenen, ob auch in verſchiedenen Laͤndern wohnenden Volks, nicht zugeben, daß fortan die durch ſolche Bande überſchwaͤnklich herrliche Verwandtſchaft nicht, um ungewiſſer Ergebniſſe willen verletzt werde, welche, wenn auch erreicht, nimmer doch das Elend verguͤten koͤnnen, durch welches fi ſie gewonnen werden oft Wit erſuchen daher Ew. Majeſtaͤt alles Ermſtes, Al⸗ lerhoͤchſtdero koͤnigliche Machtvollkommenheit und Vermit⸗ telung zu unſerer Erleichterung zu verwenden, und auf dieß unſer Bittſchreiben allergnaͤdigſt zu antworten. Daß Ew. Majeftät in langer und ruhmreicher Re⸗ gierung uber rechtliche und gluͤckliche Unterthanen alles 398 Glück genießen, Aiterböchfibero. Abſtämmlinge dieß Gluͤck und dieſe Beſitzungen ererben moͤgen, bis keine Zeit mehr iſt, iſt und wird ſtets kom 1 aufrichtiges hte ges Gebet. Poilaetphinn 26. Dt. 1774. Aus Neuhamſhire: John Sullivan, Nath. Folſom. Aus Rhode⸗Island: Step. Hopkins, Sam. Ward. Connecticut: Eleph. Dyer, Roger Sherman, Silas Deane. Neu⸗ York: Phil. Livingston, John Alſop, Iſaac Low, Joſ. Duane, John Jay, Wm Floyd, Henr. Wisner, S. Boerum. Neu⸗Jerſey: „Wil. Livingston, John De. Hart, Steph. Crane, 75 Rich. Smith. | Pennſytvanien: C. Biddle, J. Galloway, Heins, Misdleten. N Dieinfon, Se: DIOR, Ah Tho. Mittlinn Geo. Rosls, teich Chr. Humphreys. Kia PartannTerte Bt. Tho! Euſhingnůñ Samuel Adams, John Adams,, ann. Rob. Keat Pain. Aus dem Delaware Kreis. Caͤſar Rodney, Tho. Mac Kean, Geo. Read. Mary ka nd: Mat. Tilahman, Tho. Johnſon, d. Alg. | Wm. Para, Sam. Chace. Virginien: Rich. Henr. Le, 9 Hen, mn G. Waſhington, Edm. Pendleton, Rich. Bland, Ben Hartiſon. 399 Nord» Carolina: Suͤd⸗ Carolina: Will. Hooper, Tho, Lynch, Sof. de;; >” Chriſt. Gadsden, Rd. e | J. Rutledge, Edw. Rutledge. Der erſte Eindruck, den das Verfahren der America⸗ niſchen Zuſammenkunft auf das Volk im Allgemeinen machte, war uns gar ſehr guͤnſtig. Die Engliſche Regie⸗ rung ſchien unſchluͤſſig geworden, war neugierig zu wiſſen, ob die in den Verhandlungen erwaͤhnte Bittſchrift mir zuhanden gekommen, und ſuchte dieſe Kunde auf gewal⸗ tigem Umwege einzuziehen, indem ſie einen miniſteriel geſinnten Kaufmann, einen bekannten Vertrauten des Kronanwalts, einen Brief an mich ſchreiben ließ, er habe gehoͤrt, ich haͤtte eine ſolche Bittſchrift erhalten; man er⸗ wartete, ich wurde fie durch die Kaufleute uͤberreichen laſſen; er baͤte mich, ihn die Zeit wiſſen zu laſſen, da⸗ mit er: „bei dieſer ſo wichtigen Angelegenheit auch zugegen ſeyn und einem ſo guten Werke ſein Zeugniß geben koͤnne.“ Ehe dieß geſchah, war ausgeſprengt worden, es koͤnne keine Bittſchrift von jener Zuſammenkunft angenommen werden, weil fie ein ungeſetzlicher Verein ſey; nachdem aber der Staatsgeheimſchreiber ſie einen Tag, wo Ver⸗ ſammlung gehalten ward, durchgeleſen, ſagte er, es ſey eine anſtaͤndige und ſchickliche Bittſchrift, und uͤbernahm es gern, ſie Sr. Majeſtaͤt zu uͤberreichen, welche, wie er uns nachher verſicherte, dieſelbe ſehr gnaͤdig aufgenommen und verſprochen hätte, fie, ſobald fie zuſammen kaͤmen, beiden Haͤuſern vorzulegen, Wir hatten auch Grund zu glauben, daß damals die Bittſchrift Grundlage zu man⸗ chen anderen Maaßregeln werden wuͤrde; nur, wenn dieß je Abſicht war, dauerte es nicht gar lange, 400 —— Um dieſe Zeit erhielt ich einen Brief von Mr. Barclay der damals im Norwich war, vom 18. Dec., worin zer mir ſchrieb, es wäre wohl das Beßte, alle fernere Schritte in dieſer Angelegenheit (von den Kaufleuten eine Zuſammenkunft und Bittſchrift zu erlan⸗ gen, woruͤber wir uns mehrere Male berathen hatten), bis nach den Feiertagen zu verſparen und hiermit das Ver⸗ fahren der Zuſammenkunft, mehr und laͤnger auf die Gemuͤther wirken zu laſſen. Er ſetzte hinzu: „Eben ſo, denke ich, werden auch unſere Oberen etwas Zeit zur Ueberlegung haben und vielleicht das Geziemende in den Andeutungen, welche fie in den Händen haben, erwaͤ⸗ gen. Lord Hyde wuͤnſcht in einigen Zeilen an mich herzlich, daß Sie Alles, was dem Mutterlande und den Pflanzungen vortheilhaft und thunlich ſeyn möchte, be— wirken.“ Am 22ſten kam Barclay in die Stadt, wo ich mit ihm ſpeiſ'te und erfuhr, daß Lord Hyde die Vorſchlaͤge zu hart faͤnde. Am 2gften erhielt ich von einem bedeutenden Kauf⸗ mann der Stadt folgende ie | „Mi. Wil. Neate grüßt D. Franklin mit hoͤchſter Achtung und, da geſtern Abend ein, Gerüche gieng, daß aller Streitigkeit zwiſchen England und den Ame⸗ ricaniſchen Pflanzungen, durch ſeine Verwendung und Einfluß auf Lord North, freundlich beigelegt ſey, wie es Wunſch und Verlangen der letzten Zuſammenkunft ge⸗ weſen, fo wuͤnſcht W. N., D. Franklin möchte guͤ⸗ tigſt durch Ueberbringer in einer Zeile ihm wiſſen laſſen, ob dieſem Gerüchte Glauben beizumeſſen ſey ? St. Mary Hill, 24. Dec. 1774. * „„ 401 Ich antwottete, ich wuͤrde mich ſehr freuen, wenn ic ihm melden koͤnnte, daß das Geruͤcht, welches ihm zu Ohren gekommen, wahr waͤre; koͤnnte ihn aber nur verſichern, daß ich nichts davon wuͤßte. Umgegangen waren indeß Geruͤchte dieſer Art allerdings und hatten | auch auf den eee indem die Staats-Geld⸗ Be 3 bis 4 9 gefallen waren. e Am Welhnattetrge als ich Mis. be beſuchte, ſagte ſie, ſobald ich eintrat, ihr Bruder Lord Howe wuͤnſchte mich kennen zu lernen; er ware ein guter Menſch und fie wäre gewiß, wir wurden einander recht lieb haben. Ich ſagte, ich haͤtte ſtets viel Gutes von Lotd Howe gehört und würde ſtolz auf die Ehre ſeyn, ihm bekannt zu werden. Er iſt gerade neben an, ſagte ſie, erlauben Sie mir wohl, nach ihm zu ſenden? Recht gern, Madame, wenn es Ihnen gefaͤllig iſt. Sie ſchellte einem Bedienten, ſchrieb einige Zeilen und in einigen | Minuten trat 20. Hunt herein. Nach einigen hoͤchſt feinen Fee UPON uͤber die Grünt. im Allgemeinen, warum er mit mir bekannt :%' werden gewuͤnſcht, ſagte er, er haͤtte jetzt noch einen u ſondern, naͤmlich die beunruhigenden Americaniſchen Ver⸗ haͤltniſſe, die gewiß Niemand beſſet durchſchaute, als ich; mehrt re ſeiner Freunde glaubten, Niemand, als ich, wenn | ich mich dem unterzoͤge, koͤnnte mehr zu Ausgleichung uns ſerer Zwiſtigkeiten thun; er fähe wohl ein, daß ich vom Miniſterium ſehr ſchlecht behandelt worden, hoffte aber, ich wuͤrde dieß in vorliegendem Falle nicht beachten; er ſelbſt hätte, wiewohl er nicht zum Obſtande (Oppoſition) gehoͤre, ihr Benehmen gegen mich ſehr gemißbilligt; Einige darunter wuͤßte er gewiß, ſchaͤmten ſich und bedauerten, daß es Franklin's Leben. IT. Abth. i Ce 402 vorgefallen. Dieß, glaubte er, müßte in einem gro⸗ ßen und edeln Gemuͤthe alle Bitterkeit niederſchlagen; wäre er ſelbſt mit in der Verwaltungsbehoͤrde, fo wuͤrde er mir reichliche Genugthuung ſchaffen, welches, nach ſei⸗ ner Ueberzeugung, früher oder ſpaͤter auch geſchehen wuͤrde; mit dem Minifterium ſtehe er in keiner Berührung, au: ßer daß er perſoͤnlich einige Freunde darin habe, der Re⸗ gierung aber alles Gute wuͤnſche, fuͤr die allgemeine Wohlfahrt des Reichs ſich intereſſire und beſondere Ach⸗ tung für Neu: England habe, welches gegen feine Fa— milie eine ſehr verbindliche Achtung bezeigt habe; er ſey bloß ein unabhängiges Parlamentsmitglied, wuͤnſchte, ſei⸗ ner Amtspflicht gemaͤß, ſo viel Gutes zu ſtiften, als er koͤnnte, wuͤnſchte mithin Gelegenheit, meine Gedanken uͤber die Verſoͤhnungsmittel zu erfahren, indem jene Zwiſte allerdings, wenn ſie nicht bald ausgeglichen wuͤrden, die unſeligſten Folgen haben muͤßten; er hoffte, ſein Eifer fuͤt das Gemeinwohl würde die Zudringlichkeit eines blos ßen Fremden bei mir entſchuldigen, der außerdem weder Grund, noch Recht haͤtte, eine Mittheilung uͤber dieſe Gegenſtaͤnde von mir zu erwarten, oder zu fordern; wohl ſaͤhe er aber ein, daß es von Nutzen ſeyn koͤnnte, wenn ich ihm meine Gedanken uͤber die Art und Weiſe, eine Verſoͤhnung zu Stande zu bringen, mittheilen wollte; vielleicht möchte ich nicht geradezu mit dem Miniſterium hierin zu thun haben; dürfte auch nicht beförgt ſeyn, daß eine vermittelte Mittheilung zwiſchen ihnen und mir ruch⸗ bar wuͤrde, bis ich ihrer Geneigtheit hinlaͤnglich ſicher waͤre: da er ſelbſt nicht auf ſchlechtem Fuße mit ihnen ſtaͤnde hielt er es nicht für unmoͤglich, falls er meine Anſichten ihnen, und ihre mir zu wiſſen thaͤte, ein gutes Vernehmen zu vermitteln, ohne mich oder ſie dabei zu gefaͤhrden, falls ſeine Unterhandlung nicht gut ausſchluͤge; * 403 und ich koͤnnte darauf bauen, daß er Alles, was ich wuͤnſchte, geheim halten würde. + Da Mrs. Howe hier ſich erbot fortzugehen, ich weiß nicht, ob aus eigenem Antrieb, oder auf ein von ihm gegebenes Zeichen, ſo bat ich, ſie moͤchte bleiben, da ich in einer Sache dieſer Art durchaus kein Geheim⸗ niß haben moͤchte, das ich nicht ihrer Klugheit frei an⸗ vertrauen konnte. Das war die Wahrheit; denn nie hatte ich in ſo kurzer Bekanntſchaft eine hoͤhere Mei⸗ nung von der Ueberlegſamkeit und dem treflichen Ver⸗ ſtande eines Weibes gefaßt. Ich fuͤgte hinzu, wiewohl ich fruͤher nie die Ehre gehabt haͤtte, in Sr. Excellenz Geſellſchaft zu ſeyn, ſo haͤtte mich doch ſein Benehmen bereits ſo zutraulich gemacht, daß ich nun vollends mich ganz bequem und frei ihm mittheilen wuͤrde. Zufoͤrderſt bat ich ihn, mir zu glauben, daß es mein aufrichtiger Wunſch ſey, den Bruch zwiſchen beiden Ländern zu heis len; daß ich herzlich gern Alles, was in meinen geringen Kräften ſtaͤnde, thun würde, dieß zu Stande zu bringen; daß ich aber aus des Königs Rede, und den, ſowohl bes ſprochenen, als bereits entſchiedenen Maaßregeln fuͤrchtete, es ſey in dem gegenwaͤrtigen Miniſterium keine Abſicht, noch Wunſch dieſer Urt vorhanden, mithin keine Aus: gleichung eher zu erwarten, als bis ein Wechſel eintraͤte. Was die von Sr. Excellenz erwähnte, mir zugefügte, pers ſoͤnliche Beleidigung betraͤfe, fo wäre die meinem Lande angethane ſo weit groͤßer, daß ich jene jetzt zu er⸗ waͤhnen nicht der Muͤhe werth hielt; daß es außerdem Grundſatz bei mir ſey, meine beſonderen Angelegenheiten nicht mit oͤffentlichen zu vermengen, daß ich, dem Staate zu nutzen, mit meinem perſoͤnlichen Feinde mich verbinden koͤnnte, oder, fuͤr's allgemeine Wohl auch in Verbindung mit dem Staate, meinem perſoͤnlichen Feinde Dienſte leiſten kann. Ce 2 404 Da dieß mein Sinm fey, nn möchte Se. Exelleng ſich uͤber⸗ zeugt halten, daß keinerlei beſondere Ruͤckſichten mich ab⸗ halten ſollten, in gegenwaͤrtigem Falle ſo viel zu nuͤtzen, als meine geringen Faͤhigkeiten erlaubten. Er ſchien froh Hund zuftieden mit dieſen Erklaͤrungen und aͤußerte als ſeine aufrichtige Meinung, daß einige Miniſter gar ſehr zu einer vernünftigen Ausgleichung geneigt wären, nur daß dabei die Wuͤrde der Regierung beachtet wuͤrde; auch wuͤnſchte er, ich moͤchte die Bedingungen, unter weichen ich ein gutes Vernehmen erreichbar und begruͤndbar glaubte, ſo wie die Art, es herbeizuführen, ſchriftlich aufſetzenz ſobald dieſe Vorſchlaͤge fertig waͤren, wollten wir bei ihm, oder bei mir, oder wo ich wollte, fie überlegen; weil aber, wenn man ihn bei mir, oder mich bei ihm fähe, vielleicht der Spürerei Raum gegeben würde, fo ward fuͤr's Beßte gehalten, bei ſeiner Schweſter uns zu treffen, die ihr Haus ſehr gern dazu hergab und wo bei ihrer Familie und ihren Freunden fuͤglich ein Vorwand ſuͤr mein oͤfteres, Dortfeyn gefunden werden konnte, da es bekannt war, daß wir Schach zuſammen ſpielten. Ich verſprach alſo, etwas dieſer Art aufzuſetzen, und ſo ſchie⸗ den wir dießmal, um folgenden Mittwoch uns wieder an demfelten; Orte einzufinden. 11 um dieſe Zeit lud mich der Statthalter Pownall zu Tafel. Es war Niemand da, als die Familie und nach aufgehobener Tafel waren wir allein. Er war auf der Obſtandsſeite (Oppoſition) geweſen, ſtand aber jetzt in Be⸗ griff, davon abzutreten, weil er auf miniſterielle Verwendung in das Parlament zu kommen trachtete. Das wußte ich damals nicht. Er ſagte mir, was mir fruͤher ſchon meh⸗ rere Freunde Lord North's geſagt hatten, daß die Ame⸗ 1 Maaßregeln nicht des Miniſters IRRE haͤt⸗ 7 EEE NS | 405 ten; daß er vielmehr ſehr geneigt ſey, unter ehrenvollen Bedingungen für die Regierung eine Verſoͤhnung zu be⸗ fördern; ich waͤre als der große Aufwiegler des Obſtandes in America und großer Gegner aller Ausgleichung ange⸗ ſehen worden; er, Statthalter Pownall, haͤtte ganz an⸗ ders von mir geſprochen und dem Lord geſagt, daß ich, ganz gewiß ſehr mißverſtanden wuͤrde. Aus dem ferneren Geſpraͤch des Statthalters ſchloß ich, daß er als Abge⸗ ſandter oder Beauftragter nach America zu gehen, und, die Streitigkeiten beizulegen, mich mitzunehmen wuͤnſchte; da ich aber für nicht gar wahrſcheinlich hielt, daß die Regierung uns dazu brauchen wuͤrde, ſo gab ich nicht viel auf dieſen Punct des Geſpraͤchs. ˖ Ich haͤtte gehoͤrigen Orts erwaͤhnen ſollen, (aber man kann nicht immer ſich nach der Reihe an Alles er— innern) daß, als ich zufoͤrderſt die von Lord Howe ge⸗ wuͤnſchten Vorſchlaͤge nicht aufſetzen wollte, ich anfuͤhrte, es ſey unnoͤthig, da die Zuſammenkunft in ihrer Bitt⸗ ſchrift an den Koͤnig, die gerade damals durch Lord Dartmouth überreicht worden war, ihre Bedruͤckungen aufgezaͤhlt und ſehr deutlich angegeben haͤtte, was die alte Eintracht herſtellen koͤnnte; und daß ich einen Theil dieſer Bittſchrift, um die gute Geſinnung zu zeigen, vor⸗ las, welcher ſo ruͤhrend geſchrieben war, daß er Bruder und Schweſter anzuſprechen ſchien. Dennoch ſollte ich meine Gedanken uͤber die Schritte, welche hier zu thun waͤren, geben, falls ein oder der andere Vorſchlag der Bittſchrift nicht für zuläßlich gehalten werden fene Und dieß Veran ich ra wie geſagt. 77 REN i N verſprochen, die erſten wichtigen Nachrichten, die ich aus America erhielt, mit⸗ zutheilen. Ich überſendete ihm alſo das Verfahren der Zu⸗ ER ſammenkunft (des Congreſſes), fo bald ich es erhielt; aber es vergieng eine ganze Woche, ehe ich, wie ich wuͤnſchte, ihm aufwarten und die Bittſchrift zuſtellen konnte, um feine. Gedanken über das Ganze zu erfahren. Denn ich mußte immer mit den uͤbrigen Geſchaͤftstraͤgern mich wegen Ueberreichung der Bittſchrift berathen, drei verſchiedene Tage mit ihnen Lord Darthmouth aufwarten, Briefe an die Sprecher der Tagſatzungen verabreden und ſchrei⸗ ben und andere Geſchaͤfte beſorgen, ſo daß ich keinen Tag frei hatte, nach Hayes zu gehen. Montags end⸗ lich, am 26. war ich fertig und um ein Uhr dort. Er nahm mich mit einer wohlwollenden Achtung auf, die an einem ſo großen Manne hoͤchſt verbindlich war; noch mehr aber war es die Anſicht, die er von der Zuſammenkunft (Congreß) aͤußerte. Sie hätten, ſagte er, ſich fo geſetzt, mit ſolcher Weisheit und Maͤßigung benommen, daß er ſie fuͤr die ehrenwertheſte Verſammlung von Staatsmaͤnnern ſeit den ſchoͤnſten Zeiten der Griechen und Römer hielt. In ihrem ganzen Verfahren wären nicht über ein oder zwei Puncte, die er anders gewuͤnſcht haͤtte; vielleicht nur einen, und dieß war die Behauptung, daß in Friedens⸗ zeiten ein ſtehendes Heer in den Pflanzungen ohne Zu⸗ ſtimmung ihrer geſetzgebenden Macht zu halten, gegen das Geſetz fen; er zweifelte, daß dieß gegründet ſeyn und das Geſetz, worauf man hingedeutet, ſich auch auf die Niederlaſſungen ausdehnen laſſen möchte. Das Uebrige bewunderte und ehrte er. Er hielt die Bittſchrift für anftändig, maͤnnlich und ſchicklich verfaßt. Er fragte viel, und beſonders, was den Zuſtand America's betraf, ob es wohl wahrſcheinlich waͤre, daß ſie ausharrten? welche Schwierigkeiten es für fie haben müßte, wenn fie lange auf ihren Beſchluͤſſen behartten, nach den Huͤlfsmitteln, ee | 407 die fie wohl Hätten, um den mangelnden Handel zu ers ſezen; auf welches Alles ich ihm Antworten gab, mit welchen er zufrieden ſchien. Er ſprach mit vieler Achtung und Wärme für dieß Land, mit herzlichen Wuͤnſchen für ſein Gluͤck, und daß die hieſige Regierung bald ihre Fehl⸗ griffe einſehen und berichtigen moͤchte; auch deutete er an, daß, wenn es ſeine Geſundheit erlaubte, er vielleicht Einleitungen dazu machen wuͤrde, wenn das Parlament nach den Feiertagen zuſammenkaͤme; woruͤber er vorläufig meine Anſichten kennen zu lernen wuͤnſchte. Ich erinnerte ihn der hoͤchſt gefährlichen Lage, in welcher wir, meines Erachtens, durch das in Boſton eingelagert? Heer wären; wie geneigt auch immer die Inwohner ſeyn moͤchen, den Schaaren keinen gerechten Grund zu Beleidigungen zu ge⸗ ben, oder überhaupt Ordnung zu erhalten, ſo koͤnnte doch, vielleicht zwiſchen einem trunkenen Laſttraͤger und einem Soldaten ein unvorſaͤtzlicher, unvorhergeſehener Zank entſtehen, der Laͤrmen, Auflauf und Blutvergießen er⸗ regte und in ſeinen Folgen einen unheilbaren. Bruch mit ſich fuͤhrte; das Heer koͤnne auf keine Weiſe dort etwas Gutes bezwecken, ſondern nur unendlich viel Unheil ſtif⸗ ten; die Americaner konnten fuͤglich ſich auf keinen Ver gleich einlaſſen, ſo lange man ihnen noch die Flinten⸗ dolche (Bajonette) auf die Bruſt hielt; um irgend eine Genehmigung bindend zu machen, müßte alle Gewalt ent: fernt werden. Der Lord fand, daß darin allerdings etwas enge liege. 7 1 = Bon Gen gieng ich, nach Halſted, Mr. Sat⸗ gent's Wohnort, zu Tiſche, um von dort aus bei Lord Stanhope in Chevening einen Beſuch abzuſtatten; da ich aber hoͤrte, der Lord und ſeine Familie ſeyen in London, ſo blieb ich die Nacht in Halſted und gieng 408 früh nach Chislehurſt zu Lord Camden, welches mir auf dem Wege nach der Stadt lag. Ich traf Se. Ex⸗ cellenz, nebſt Familie in zwei Wagen eben unter dem Thore im Begriff, Lord Chatham und ſeiner Gemah⸗ lin einen Glückwunſchbeſuch uͤber die Vermaͤhlung ihrer Tochter mit Lord Stanhope's Sohne, dem Lord Ma⸗ hon, abzustatten. Um Mittag wollten ſie zuruͤck ſeyn z ſo ließ ich mir dann gefallen, hineinzugehen, da zu ſpei⸗ ſen und den Abend dort zuzubringen und erſt am Mor⸗ gen darauf nach der Stadt zuruͤckzukehren. Wir ſprachen dieſen Nachmittag und Abend ziemlich viel über. America; wonach er ſich ſehr genau erkundigte und woruͤber ich ihm die moͤglichſte Auskunft gab. Sein edler, groß⸗ artiger Sinn entzuͤckte mich; zu meiner großen Freude hoͤrte ich, daß er das Verfahren der Zuſammenkunft, die Bittſchrift ꝛe. wovon ich, auf fein Erſuchen, ihm nachher eine Abſchrift zuſendete, vollkommen billigte. Er ſchien ſehr zu wuͤnſchen, daß die Americaner fortfuͤhren, mit derſelben Stimmung, Kaltbluͤtigkeit und Weisheit zu handeln, wie fie bisher in ihren meiſten Tagſatzungen ges than, in welchem Falle er gar nicht zweifelte, daß ſie ihre Rechte gluͤcklich begruͤnden und mit dem Mutterlande eine tuͤchtige und dauerhafte Uebereinkunft treffen koͤnnten, deren e er auf das Lebhafte zu fühlen ine Am nächſten Morgen kehrte, ich bei Zeiten noch ie Stade zuruͤck, um zur beſtimmten Stunde bei Lord Howe zu ſeyn. Ich entſchuldigte mich, daß ich mit dem ver: ſprochenen Aufſatz noch nicht fertig waͤre, weil ich laͤnger, als ich- gewollt, auf dem Lande aufgehalten worden waͤre. Indeß ſprachen wir doch ziemlich viel Über die Sache und der Lord ſagte, er koͤnne mich nun gewiß verſichern, daß Lord North und Lord Dartmouth aufrichtig geneigt 1 x wären, die Mißverhoͤltniſſe zu America auszugleichen und auf alle Vorſchlaͤge gern einzugehen, welche dieſem heil⸗ ſamen Zwecke foͤrderlich ſchienen. Hierauf fragte er mich⸗ was ich dazu meinte, wenn man ein oder zwei Männer hinuͤberſendete und beauftragte, ſich nach den Bedruͤckungen von America auf der Stelle zu erkundigen, mit den Hauptlenkern zu ſprechen und uͤber die Mittel zu Beile⸗ gung unſerer Streitigkeiten uͤbereinzukommen? Ich ant⸗ wortete, ein Mann von Rang und Wurde, offen, recht⸗ ſchaffen und weiſe, konnte hier allerdings gar nuͤtzlich wirken. Das ſchien er auch zu denken, wie auch, daß, wer immer dazu gebraucht wuͤrde, mit dem herzlichen Wunſche hingehen muͤßte, eine aufrichtige Verſoͤhnung auf dem Grunde gegenſeitigen Vortheils und Wohlwol⸗ lens zu ſtiften; daß er nicht nur ihnen ihre Vorurtheile 409 — gegen die Regierung, ſondern auch der Regierung ihre Vorurtheile gegen ſie zu benehmen und zu vollſtaͤndigem guten Vernehmen zu bringen ſuchen muͤſſe ic. Mrs. Hio we ſagte: „ich wuͤnſchte, Bruder, Du wuͤrdeſt in dieſer Angelegenheit geſendet; das waͤre mir weit lieber, als wenn General Howe zum Heerbefehl abgienge.“ Ich denke wohl, Madame, ſagte ich, fuͤr General Howe muͤßte man auf etwas Ehrenvolleres denken. Hier zog Lord Howe ein Papier aus der Taſche, übergab mir es und ſagte laͤchelnd: „wenn es keine unſchickliche Frage waͤre, duͤrfte ich wohl fragen, ob Sie um dieß Papier wiſſen?“ Als ich es anſah, war es eine Abſchrift der fruͤher vorgeleſenen Andeutungen aus Barclay's Haͤn⸗ den. Ich ſagte, ich haͤtte es geſehen; ſetzte ein Weilchen darauf hinzu, da ich merkte, daß Se. Excellenz um eine Verhandlung wußten, an welcher ich meine Theilnahme geheim gehalten vermeint haͤtte, ſo wollte ich ihm ohne Weiteres geſtehen, daß ich über die Sache zu Rathe ge: 410 zogen worden mare, und dieſe Schrift aufgeſetzt hätte. Er ſagte, es dauere ihn doch, daß die darin ausgeſpro⸗ chenen Anſichten die meinigen waͤren, weil er ſomit die gewunſchte Verſoͤhnung mit meiner Huͤlfe herzuſtellen we⸗ niger hoffen duͤrfte; denn es waͤre ihm ſehr wahrſchein⸗ lich, daß man auf dieſe Vorſchlaͤge nicht eingehen wuͤrde. Doch hoffte er, ich würde die Sache nochmals erwaͤgen und einen hier annehmbaren Plan entwerfen. Nun ſprach er viel uͤber den unendlichen Dienſt, der damit dem Volke geleiſtet wuͤrde, über das hohe Verdienſt, in einer ſo guten Sache mitzuwirken; er wolle gar nicht mich mit ſelbſtſuͤchtigen Gruͤnden beſtechen, aber ich koͤnne gewiß auf jede Belohnung, welche die Regierung geben koͤnne, rechnen. Dieß war mir denn, wie die Franzoſen im ge⸗ meinen Leben fagen, in die Suppe geſpieen. Dennoch verſprach ich, weil er mich darum erſuchte, einen Plan zu entwerfen, wiewohl ich ſehr zweifelte, daß er dem, wel⸗ chen er in Haͤnden haͤtte, vorgezogen werden wuͤrde. Er hoffte es aber doch, und, da ich hier Freunde und in America Machtertheiler haͤtte, mit welchen ich gut zu ſtehen wuͤnſchte, vielleicht aber eines, oder das Andere votſchluͤge, was ich nicht gern für eigenhändig anerkannt wuͤnſchte, ſo waͤre es wohl beſſer, den Entwurf von Mrs. Howe abſchreiben zu laſſen, welche ihm die Abſchrift zur Mittheilung fuͤr das Miniſterium, uͤberſendete, mir aber die Urſchrift wieder zuſtellte. Das gieng ich ein, wiewohl ich den Mißſtand, den er andeutete, nicht bes ſorgte. Kurz, ſein Benehmen gefiel mir ſehr und ich haͤtte ihm wohl gelegentlich gern großes Vertrauen bewie⸗ ‘fen; nur ſchien mir in dieſem beſonderen Falle die Heimlichkeit, welche er vorſchlug, nicht von beſonderer Bedeutung. N n 185 . { 8 . \ e Nach hin dig ſendete ich folgenden ane unter umſchlag an Mrs. Ho we. f „Man darf als beiderſeits wuͤnſchenswerth voraus⸗ ſetzen, daß nicht bloß dem, jetzt die allgemeine Wohlfahrt bedrohenden Elend geſteuert, ſondern auch eine herz⸗ liche Vereinigung bewerkſtelligt und nicht nur jede wirkliche Bedruͤckung, ſondern auch jeder Anlaß zu Eifer⸗ ſucht er bg we werde. „In dieſer Hinſicht 92 25 man zufoͤrderſt nothwendig wiſſen, was beide ſtreitende Theile zu einer Br Der; einigung weſentlich ihnen N „Die Americaniſche K hat ſich e in ihrer Bittſchrift an den Koͤnig deutlich dahin erklaͤrt, daß durch Widerruf der daſelbſt klagbarlich angezogenen unter⸗ druͤckenden Verhandlungen die Eintracht zwiſchen England und den Niederlaſſungen, welche zum Gluck beider fo nothwendig und von ihnen fo inbruͤnſtig gewunſcht werde, unmit⸗ telbar mit dem gewohnlichen r werde e werden. „Hat man hier vernuͤnftigerweiſe erwarten zu duͤr⸗ fen geglaubt, daß vor einer Abänderung der Maaßregeln die Niederlaſſungen ſich über ihr kuͤnftiges Verhalten er- klaͤrten, ſo haben ſie auch dieß durch den Zuſatz gethan: daß, wenn die Gründe ihrer Beſorgniſſe ge⸗ hoben würden, ihr kuͤnftiges Verhalten be⸗ weiſen werde, daß ſie der in gluͤcklicheren Ta⸗ gen genoſſenen Achtung nicht unwuͤrdig feyen. 412 „Ihre Aufrichtigkeit in dieſen Erklärungen zu bewei⸗ ſen, rufen ſie feierlich den Erforſcher aller Herzen an. Kann England ſich irgendwie auf dieſe Erklaͤrungen verlaſſen (und vielleicht kann man, fich, auf keine gewalt⸗ ſam erpreßte ſo ſehr, als auf dieſe freiwillige verlaſſen), ſo kann es, ohne Gefahr fuͤr ſich, das vorgeſchlagene Auskunftsmittel verſuchen, weil, wenn es fehl ſchluͤge, es ja immer in ſeiner Macht ſteht, irgend einmal ſeine jetzigen Maaßregeln wieder aufzunehmen. | Demnach wird vorgeſchlagen: Daß England durch Widerruf Aller, in der Bitte ſchrift an den Koͤnig als zu widerrufende bittlich angezoge⸗ ner Geſetze, oder Geſetztheile, einiges Vertrauen auf dieſe Erklärung bewaͤhre. r Daß zugleich Befehl ertheilt werde, die Flotte aus Boſton zuruck, und alle Heerſchaaren nach Quebec oder den Florida's zu ziehen, damit die Niederlaſſun⸗ gen fuͤr alle Ban feige ane vollkommene Freiheit haben, er: Damit aber dieß, zur Ehre England's, nicht als Wirkung irgend einer Beſorgniß wegen der angenomme⸗ nen und dem Volke von der Tagſatzung empfohlenen Maaßregeln ausſehen moͤge, ſondern als Wohlwollen und veraͤnderte Geſinnung gegen die Pflanzungen, mit dem aufrichtigen Wunſche nach Verſoͤhnung, fo moͤgen einige andere Bebruͤckungen, welche ſie in ihrer Bittſchrift der Großmuth und Gerechtigkeit des Koͤnigs und Parlaments anheim geſtellt haben, zugleich eingeſtellt werden, wie die Zahlung der Statthalter und Ahleisehälte, die Befehle, Tagſatzungen aufzuloͤſen de. nebſt den Hainich VIII. Statut betreffenden Erklärungen. „um auch den Pflanzungen ſogleich Anlaß zum Erweis ihrer Betheuerungen zu geben, moͤge ihre vorgeſchlagene naͤchſte Zuſammenkunft von der Regierung, wie die zu Albany 1754 gehaltene, bevollmaͤchtigt und ein Mann von Gewicht und Wuͤrde als Vorſitzer von ge der Krone beſtellt werden. „Dann möge die Zuſammenkunft in Kunde der Puncte geſetzt werden, welche die Regierung zu ihrer kuͤnftigen Sicherheit, zu Huͤlfsgeldern, zum Vortheil des allgemeinen Handels, zu Erſatz fuͤr die Indiſche Ge⸗ noſſam ꝛc. fordern zu muͤſſen noͤthig erachtet. „Ein den Niederlaſſungen ſo bewieſenes edelmuͤthi⸗ ges Vertrauen wird den dortigen Regierungsfteunden An⸗ laß werden, ihr von America jedes vernuͤnftige Zuge⸗ ſtaͤndniß, oder Geloͤbniß, jede fuͤglich nur wuͤnſchbare we⸗ ſentliche Huͤlfe auszuwirken.“ Am Sonnabend Abend beſuchte ich Mrs. Howe, welche mir ſagte, ſie haͤtte den Aufſatz abgeſchrieben, Lord Howe auf's Land gefendet, und mir die Urſchrift zu— ruͤck gab. Dienſtags darauf, am 31. Jan., erhielt ich folgende Zeilen von ihr, nebſt einem von Lord Howe Abends vorher erhaltenen Briefe: „Mrs. Howe empfiehlt ſich D. Franklin und legt einen geſtern Abend empfangenen Brief bei. Sie dankt für fein verbindliches Geſchenk 5), welches ihr bereits viel ) Seine philoſophiſchen Schriſtenn. | 414 Unterhaltung gewährt hat. Hat der Herr Doctor Zeit zum Schach uͤbrig, ſo wird ſie ſich freuen, ihn dieſe Woche alle Morgen und fo oft es ihm gefallt, bei ſich zu ſehen und einen ſo guten Vorwand fuͤr ihre Bitte um feinen gefügigen Beſuch, zu haben. Dienſtag. Be i sich lu ß. Porter's Lodge, 2. Jan. 1775, | Ich habe Deine Sendung erhalten und erſehe mit Bedauern aus den fo hoͤchſt wichtigen Aeußerungen unſeres wuͤrdigen Freundes, daß die gewuͤnſchte Ausgleichung doch weit ſchwieriger ſeyn möchte, als ich im Verlauf unſerer Unterhaltung vernünftigerweiſe fuͤcchten durfte. Ich werde die Vorſchlaͤgs, wie verabredet, befördert. Indem ich nicht weiter auf unſeres Freundes Nachſicht ſuͤndigen, ſondern nur die Gefühle der Achtung, welche feine offene und verbindliche Aufmerkſamkeit auf meine laͤſtigen Fragen, in meinem Gedaͤchtniß immer befeſtigen werden, erwiedern will, Dein liebender ꝛc. 0 Howe. Auch Dich ſollte ich um Verzeihung bitten. „Mrs. Howe, Graftonſtraße“. Se. Exc. hatte im letzten Geſpraͤch mit mir eine Mittheilung zwiſchen ſich und dem Miniſterium, dem er meine Anſichten bekannt zu machen wuͤnſchte, eingeſtan⸗ den. In dieſem Briefe vom Lande beſcheinigt er den Empfang und gedenkt ſeiner Abſicht, ſie zu befoͤrdern, das heißt, wie ich es verſtand, an die Miniſter; aͤußert aber 415 auch fein: Bedenken, daß dergleichen Vorſchlaͤge vermuth⸗ lich nicht von guter Wirkung ſeyn moͤchten. Einige Zeit nachher, eine Woche etwa, ſchrieb mir Mrs. Howe, ich moͤchte ſie beſuchen. Ich that es ſogleich, und ſie zeigte mir einen Brief ihres Bruders, wovon ich keine Abſchrift habe und mithin nur, ſo weit ich mich erinnere, den In⸗ halt angeben kann. Er wuͤnſchte naͤmlich von ſeinem und ihrem Freunde das war ich — durch ſie zu erfahren, ob nicht zu erwarten ſtaͤnde, daß, wenn dieſer Freund fuͤr die Bezahlung des Thees von Seiten der Pflanzung als vorläufige Bedingung, einſtaͤnde und ſich auf eine ver⸗ ſprochene Abſtellung ihrek Beſchwerden in kuͤnftigen Bitt⸗ ſchriften ihrer Tagſatzung, bezoͤge, ſie dieß ſein Einſtehen genehmigen wuͤrden; und ob der, in dem fruͤhern Aufſatz (den Andeutungen) die Huͤlfsgelder betreffende, Vorſchlag noch immer des Verfaſſers Augenmerk ſey? Da Mrs. Howe dieſen Abend zu ihrem Bruder ſenden wollte, ſo ſchrieb ich ſogleich folgende Antwort, welche ſie abſchrieb und befoͤrderte. f * Y „Der, in dem früheren Aufſatz die Hülfsgelder betrefe fende, Vorſchlag iſt noch Augenmerk des Verfaſſers, und wie er glaubt, im letzten Artikel des gegenwaͤrtigen Auf⸗ ſatzes mit ein begriffe“. | — ** „Da das Americaniſche Volk begreift, daß das Par- lament kein Recht hat, es zu beſteuern, und daß mithin alles, was man von ihm mittelſt der Abgaben- und Zolls verordnungen, mit Huͤlfe bewaffneter Macht, vor der Theevernichtung erpreßt hat, ein Unfug iſt, welcher, der Zeitfolge gemäß, eher vergütet werden müßte, als man von Rechts wegen auch nur eine Forderung wegen des Thees an daſſelbe machen koͤnnte, ſo wird es wahrſchein⸗ 4176 +# lich die vorgeſchlagene Maaßregel nicht genehmigen, noch — 5 den verlangten Preis zuerſt zahlen, zumal ſeitdem durch Sperrung ſeines Havens zwanzigmal ſoviel Unfug getrie⸗ ben worden, auch ſein, fruͤher von der Krone in Beſchlag genommenes, Caſtell nicht herausgegeben, noch irgend eine Genugthuung dafür angeboten worden“. Alis nach den Feiertagen, im Jan. 1775, das Par⸗ lament ſich verſammelte, kehrte Lord Howe nach der Stadt zuruͤck, wo wir wieder eine Zuſammenkunft hatten und er beklagte, daß meine Vorſchlaͤge der Art waͤren, daß ſie wahrſcheinlich nicht angenommen werden koͤnnten, auch andeutete, wie man glaubte, ich hätte Vollmacht oder Weiſung, gelegentlich annehmlichere Bedingungen zuzuge⸗ ſtehen. Ich behauptete, ich haͤtte keinerlei, als die, ihrer Bittſchrift Ueberreichung betreffende. Wir ſprachen über alle Einzelheiten meines Aufſatzes, welche ich mit Gruͤn⸗ den unterſtuͤtzte; und endlich ſagte ich, wenn meine Vorſchlaͤge denn nicht zoͤgen, ſo wuͤnſchte ich doch, zu hoͤren, welche wohl ziehen koͤnnten, und moͤchte einige Vorſchlaͤge der Miniſter ſelbſt ſehen. Der Lord war, wie er ſagte, noch nicht vollſtaͤndig mit ihren Anſichten be⸗ kannt, wuͤrde aber in einigen Tagen mehr erfahren. Es vergiengen aber einige Wochen, u ich wieder etwas von ihm hoͤrte. Mittlerweile kamen Barclay und ich haͤufig im Be⸗ treff der Abfaſſung der Bittſchrift der Kaufleute zuſam⸗ men, welches ihm ſo viel Zeit raubte, daß er fuͤglich Lord Hy de nicht ſprechen konnte. So hatte er denn mir nichts im Betreff der Andeutungen kund zu thun und ich wunderte mich, daß ich von Dr. Fothergill nichts dar⸗ uͤber hoͤrte. Endlich aber, ich kann mich nur nicht erin⸗ — 417 nern um welche Zeit, beſuchte mich der Dr. und ſagte, er hätte ſie Lords Dartmouth mitgetheilt und dabei woͤrt⸗ lich meine dafür angeführten Gründe mit hingegeben. Der Lord hätte, nach einiger Ueberlegung geſagt, einige ſchienen vernünftia, andere aber wären unzulaͤßlich, oder unausfuͤhrbar. Da er oͤfter Gelegenheit hätte, den Spre⸗ cher des Unterhauſes, Sir Fletcher Norton, zu ſprechen, habe er ſie auch dieſem, der ſehnlichſt eine Verſoͤhnung wuͤn⸗ ſche, mitgetheilt Der Sprecher hätte geſagt, es wurde für England ſehr demuͤthigend ſeyn, wenn es ſich ſolchen Beding⸗ ungen unterwerfen muͤßte; der Doctor aber ſagte ihm, es habe ungerecht gehandelt, muͤſſe die Folgen tragen und fein Benehmen aͤndern; bitter moͤchte die Pille freilich wohl ſeyn, aber ſie waͤre heilſam und muͤßte verſchluckt werden. Dieß waͤre die Anſicht unpartheiſamer Maͤnner nach durchgaͤngi⸗ ger Erwaͤgung und vollſtaͤndiger Kunde aller Umſtaͤnde; fruͤher oder ſpaͤter müßten dieſe, oder Ähnliche Maaßregeln doch ergriffen werden, oder das Reich wuͤrde zerſpaltet und zu Grunde gerichtet. Im Ganzen, hoffte der Doc— tor, wuͤrden unfere Bemühungen doch etwas Gutes be: wirken. Am 19. Jan. erhielt ich von Lord Stanhope eine Charte, daß ich, da Lord Chatham morgen im Haufe. der Lords einen, America betreffenden, Geſetzesvorſchlag machen wolle, doch ja gegenwaͤrtig ſeyn moͤchte; er, Lord St. wolle mir Zutritt zu bewirken ſuchen. Damals war Vorſchrift, daß Niemand mehr, als einen Freund, mit⸗ bringen durfte. Am naͤchſten Morgen zeigte mir der Lord wieder durch eine Charte an, wenn ich um zwei Uhr im Vorzimmer ſeyn wollte, würde Lord Chatham dort ſeyn und mich ſelbſt mit hinein nehmen. Ich that es und traf ihn. Als ich erwähnte, was mir Lord Stanhope Franklin's Leben II. Abth. | Dd | 8 geſchrieben, ſagte er, „Allerdings; und ich werde es um ſo lieber thun, da ich gewiß bin, Ihre Gegenwart bei der heutigen Eroͤrterung wird fuͤr America nuͤtzlicher ſeyn, als meine“. Und fo nahm er mich bei'm Arm und wollte mich den Gang entlang zu der Thuͤr bringen, welche zunaͤchſt dem Throne hineingeht, als einer der Thuͤrſteher nachkam und ihn bedeutete, auf Befehl duͤrfe zu dieſer Thuͤr Niemand hinein, als die aͤlteſten Soͤhne, oder Brüder der Ebenbuͤrtigen; worauf er wieder mit mir zuruͤck nach der Thuͤre naͤchſt den Schranken ſchwankte, wo eine Menge Herren auf die Ebenbuͤrtigen und Eben⸗ buͤrtige auf Freunde, welche ſie hineinfuͤhren wollten, warteten. Unter dieſen uͤbergab er mich den Thuͤrſtehern und ſagte laut: Dieß iſt Dr. Franklin, den ich herein⸗ gelaſſen wuͤnſche; worauf man mir ſogleich die Thür willig öffnete. Da es noch nicht öffentlich bekannt war, daß zwiſchen Sr. Exc. und mir eine Berührung war, fo ſah ich, daß dieß zu Kundſchafterei Anlaß gab. Sein Erſcheinen im Hauſe, merkte ich, veranlaßte ein geſchaͤf⸗ tiges Durcheinander unter den Beamteten, welche eilig Bo⸗ ten nach Mitgliedern abſendeten; vermuthlich nach ſolchen, die mit dem Miniſterium in Beruͤhrung ſtanden; denn man erwartet immer etwas Wichtiges, wenn dieſer große Mann erſcheint, da er ſeiner Kraͤnklichkeit wegen ſelten zugegen ſeyn kann. Ich freute mich ſehr uͤber ſeinen Vorſchlag und deſſen Erörterung, will aber hier keinen Bericht davon geben, da Du einen beſſern in den damali⸗ gen Zeitungen finden kannſt. Sein Antrag war, die. Schaaren aus Boſton zuruͤckzuziehn; als erſter Schritt zur Verſoͤhnung! Am folgenden Tage ſchrieb mir Lord Stanhope, auf Verlangen Lord Chatham's ſende er mir beigehend den im Hauſe der Lords gemachten Antrag, damit ich ihn auf das urkundlichſte befigen möge, als \ A 419 Aufſatz, den der Antragende ſelbſt ablas. „Ich ſendete Abſchriften davon nach America und freute mich um ſo mehr daruͤber, weil ich glaubte, er ruͤhre doch zum Theil von einem Fingerzeig her, den ich dem Lord in einem fruͤhern Geſpraͤch gegeben hatte. Er folgt hier. Lord Chatham's Antrag, 20. Jan. 1775. Es möge unterthaͤnig Se. Maj. eine Zufchrift uͤber⸗ geben und Sr. Maj. unterthaͤnigſt berichtet und erſucht werden, daß, um die Bahn zu gluͤcklicher Beſeitigung der gefaͤhrlichen Unruhen in America dadurch zu eroͤffnen, daß man Gaͤhrungen ſtille und Erbitterungen ſaͤnftige; und vor Allen um einſtweilen jede ploͤtzliche und ungluͤck⸗ liche Wendung in Boſton zu verhuͤthen, welches jetzt unter täglicher Erbitterung eines Heers vor feinen Augen lei⸗ det, das in die Stadt gelegt iſt, Sr. Maj. gnaͤdigſt ge⸗ fallen moͤge, ſofort Befehle an General Gage ergehen zu laſſen, daß er Sr. Maj. Heeresmacht, ſobald als die Strenge der Jahrzeit und andere fuͤr die Sicherheit und Gemaͤchlichkeit beſagter Schaaren unerlaͤßliche Umſtaͤnde es erlauben, aus der Stadt Boſton zuruͤckziehe “. Ich war von Lord Chatham's Rede zu Unterſtuͤtzung feines Antrags ganz entzuͤckt. Es gieng damals das Ge: rührt, Se. Exc. hätten ihre Rede mit folgenden merk: wuͤrdigen Worten beſchloſſen: „fahren die Miniſter ſo fort dem König zu mißrathen und ihn zu mißlei⸗ ten, ſo will ich zwar nicht ſagen, daß ſie die Liebe ſei⸗ ner Unterthanen der Krone entfremden koͤnnen; aber das will ich behaupten, daß es dann ſich nicht der Muͤhe lohnt, die Krone zu tragen, Ich ſage nicht, daß der Koͤnig betrogen wird, aber um das Reich iſt es gethan“. Ich lernte ihn als einen großen und als den DO d 2 420 0 . — tuͤchtigſten Staatsmann kennen. Lord Camden, auch ein treflicher Sprecher und gruͤndlicher Eroͤrterer, handelte dafs ſelbe ab, wie mehrere andere Lords, welche ebenfalls vor⸗ treflich ſprachen; aber Alles war in den Wind geſprochen; der Antrag ward verworfen. Sechszehn Schottiſche Eben— buͤrtige und vier und zwanzig Biſchoͤfe, nebſt allen Lords, welche Stellen hatten, oder erwarteten, geben, wenn ſie ſaͤmmtlich einmuͤthig ſtimmen, wie fie bei miniſteriellen Maaßregeln gewoͤhnlich thun, eine taube (und todte) Stimmenmehrheit ab, welche an ſich jede Erörterung laͤcherlich macht, da ſie zu keinem Zweck fuͤhrt. Voll von Hochachtung fuͤr Lord Chatham ſchrieb ich Folgendes an Lord Stanhope zuruͤck: „Dr. Franklin empfiehlt ſich Lord Stanhope beßtens und dankt Sr. Exc. und Lord Chatham vielmal fuͤr die Mittheilung einer ſo urkundlichen Abſchrift des Antrags. Dr. Franklin iſt voll von Bewunderung dieſes wahrhaft gros ßen Mannes. Er hat in feinem Leben wohl zuweilen Bes redtſamkeit ohne Weisheit, oft Weisheit ohne Beredtſamkeit geſehen; hier ſieht er beide vereint und, wie er glaubt, beide im hoͤchſten Grade. | Cravenſtraße, 23 Jan. 1775”. Da im Verlauf der Erörterung einige Lords in der Verwaltung bemerkt hatten, es waͤre etwas Gewoͤhnliches und Leichtes, ihre Maaßregeln zu tadeln, nur daß die, welche es thaͤten, nichts Beſſeres vorſchluͤgen, ſo erwaͤhnte Lord Chatham, er wolle keiner jener muͤßigen Tadler ſeyn, er habe lange und ernſt die Sache uͤberlegt und ſich vorge— nommen, den Lords das Ergebniß ſeines Nachdenkens in einem Entwurf zu Beſeitigung unſerer Zwiſte und Herſtel⸗ lung des Reichsfriedens vorzulegen, als wozu gegenwaͤrtiger 421 Antrag nur Einleitung ſey. Ich wollte gern wiſſen, was ſein Entwurf war und nahm mir alſo vor, ihm aufzuwar⸗ ten, ob er mir ihn vielleicht mittheilte. Aber er gieng am naͤchſten Morgen nach Hayes und ich hatte ſoviel zu thun, und ſoviel Beſuche, daß ich feiner nicht leicht habhaft wers den konnte. Cinige Tage nachher jedoch beſuchte mich Lord Mahon und ſagte mir, Lord Chatham wuͤnſche ſehr, mich zu ſprechen; da verſprach ich, weil ich bis dahin verſagt war, ihn naͤchſten Freitag zu beſuchen. Freitags am 27. nahm ich um 9 Uhr Poſtpferde und langte gegen 11 Uhr in Hayes an; weil ich mich aber eben in eine neue Flugſchrift vertieft hatte, ſo fuhr mich der Poſtillon ein oder zwei Weg⸗ ſtunden uͤber das Thor hinaus. Se. Exc. hatten in ihrem Wagen Luft geſchoͤpft und mich, ohne daß ich es bemerkt, ehe ich Hayes erreichte, getroffen, kehrten alſo um, fuhren mir nach, ſchloſſen, da ſie mich nicht fanden und mich leſen hatten ſehen, ich waͤre aus Verſehen voruͤber gefahren, und ſendeten mir alſo einen Bedienten nach. Er freute ſich ſehr⸗ daß ich kam und machte mich in einer langen Unterredung mit den Umriſſen ſeines Entwurfs bekannt, den er mir theil— weiſe vorlas. Er ſagte, er haͤtte ihn nur Lord Camden mitgetheilt, auf deſſen Rath er viel hielt, beſonders in dem, was das Geſetz betraͤfe; wolle ihn aber, ſobald er ihn ab» ſchreiben gelaſſen, auch mir zuſtellen, um meinen Rath und meine Meinung daruͤber zu vernehmen, doch ſonſt Nieman⸗ den ihn zeigen, ehe er ihn dem Hauſe vorlegte. Auch bat er mich, nichts davon zu erwaͤhnen, weil ſonſt Manches mißverſtanden und vor der Zeit verlauten, Anderes wieder vielleicht von Miniſtern aufgefaßt und fuͤr ihr Eigenthum ausgegeben werden koͤnnte. Ich verſprach die ſtrengſte Ver: ſchwiegenheit und hielt Wort; ſagte nicht einmal einer Seele, daß ich ihn geſprochen. Ich ſpeiſ'te mit ihm und feiner Familie allein und fuhr Abends nach der Stadt zuruͤck. 7 — AN & 422 —— Am folgenden Sonntag, als den 29., kam der Lord nach der Stadt und beſuchte mich in der Cravenſtraße. Er brachte feinen abgeſchriebenen, in Form einer Parlaments- acte abgefaßten, Entwurf mit, erſuchte mich, ihn ſorg⸗ faͤltig zu erwaͤgen und ihm Bemerkungen, wie ſie ſich mir darboͤten, mitzutheilen. Mir muthete er dieſe Muͤhe an, weil, wie er zu ſagen beliebte, er Niemand kenne, der ſo durchaus mit der Sache bekannt, oder ſo faͤhig wärd, darüber feine Meinung abzugeben; die Fehler der Miniſter in den Americamiſchen Angelegenheiten möchten wohl oft auf Rechnung der nicht ſonderlichen Kunde, die ihnen zu Theil geworden, kommen; deßhalb, wiewohl er die Sache nach allen Seiten hin durchgängig erwogen, verließ er ſich auf ſein Urtheil nicht ſo unbedingt, daß er es nicht nach meinem richtig ſtellen ſollte, wie man Uhren nach einer Probiruhr zu ſtellen pflegt. Er hatte noch nicht beſtimmt, wenn er dieſe Schrift dem Oberhauſe vorlegen wollte; im Verlauf unſeres Geſpraͤchs aber, als er ſeine mißliche Geſundheit erwog, und daß, wenn es aufgeſcho⸗ ben wuͤrde, vielleicht eine Nachricht eintraͤfe, wodurch er minder an der Zeit waͤre, oder doch nicht in allen Thei⸗ len ſo treffend erſchiene, oder daß das Miniſterium auf andere Maaßregeln eingienge und dann ſagte, haͤtteſt du deinen Entwurf früher zum Vorſchein gebracht, fo hätten wir wohl darauf geachtet, beſchloß er ihn naͤchſte Mittwoch vorzulegen, wuͤnſchte mich alfo den Dienſtag vorher dar— uͤber zu ſprechen, wo er mich wieder beſuchen wollte, wenn ich etwa nicht nach Hayes kommen koͤnnte. Aus Achtung für den Lord, und weil dort weniger Unterbrechungen zu fürchten ſtanden, waͤhlte ich das Letztere, und verſprach mich zeitig einzuſtellen, damit wir mehr Zeit haͤtten. Er blieb faſt zwei Stunden bei mir; fein Wagen hielt vor der Thuͤr; und, weil gerade Leute aus der Kirche kamen, * | 423 ſo fiel es ſehr au und ward viel beſprochen, wie denn damals der mindeſte Umſtand leicht irgend wie auf die Americaniſchen Angelegenheiten bezogen ward. Ein ſolcher Beſuch von einem ſo großen Manne, in ſo wichtiger Sache, ſchmeichelte meiner Eitelkeit nicht wenig; und um fo mehr freute mich dieſe Ehre, da es an dem Tage ne: rade ein Jahr war, wo die Miniſter ſich ſo viele Muͤhe gegeben hatten, mich im Geheimrath herabzuſetzen. Ich gieng nun ſogleich an Leſung und Erwaͤgung des Entwurfs, von welchem ich Dir, als er nachher be— kannt gemacht wurde, eine Abſchrift ſendete und den ich alſo hier nicht beizubringen nöthig habe. Während des Leſens ſchrieb ich einige kurze Anhaltpuncte für mein naͤch⸗ ſtes Geſpraͤch daruͤber nieder, welche hier folgen, damit Du ſie, wenn Du willſt, mit dem Entwurf vergleicheſt, und ſo ihren Gang und Zweck uͤberſiehſt, welchen z er⸗ laͤutern mir viel Schreibens 115 wuͤrde. Winke zum Geſpraͤch mit Lord Chatham über ſeinen Entwurf. „Freiwillige Gewährungen und erzwungene Auflagen ſind von einem und demſelben Volke nicht zugleich zu er⸗ wirkten. 77 Gegen bleibendes Einkommen wird man Einwuͤrfe machen; waͤre nicht eine einſtweilige Uebereinkunft, etwa auf 100 Jahr, das Beßte? „Bezieht ſi ſich jedes in der e geforderte 1 | lediglich auf England 424 „Die Americaniſche Einburgerungsurkunde ertheilt Fremden, welche ſieben Jahre dort heimiſch geweſen, alle Rechte eingeborener Unterthanen. Iſt nun wohl anzu⸗ nehmen, daß die dortigen Eingeborenen keine haben? „Sollte der Koͤnig Heere in America ausheben, wuͤrde England ſie wohl hieher verlegen laſſen, wie der Koͤnig doch wohl koͤnnte, wenn es ihm gefiele? „Eine Parlamentsacte fordert von den Pflanzungen unterſchiedliche, zur Erhaltung und Gemaͤchlichkeit der Heere, welche dort eingelagert ſind, noͤthige Artikel. Das moͤchte fuͤr Pflanzungen, die nicht beguͤnſtigt ſind, ſehr druͤckend werden. \ „Wenn ein bleibendes Einkommen, warum nicht dies ſelben Freiheiten im Verkehr mit Schottland? „Sollten nicht die von England und den Niederlaſ— ſungen vereint eroberten Laͤndereien ihnen, mit vorbehal⸗ tener Steuerfreiheit, gegeben werden, damit dieſelben Stammguͤter, wovon ſie bezahlen koͤnnten, wuͤrden? „Die Weiſungen, welche die Geſchaͤftsfuͤhrer hetzeßß fen, find zuruͤckzunehmen. „Die Verwilligungen, oder Gewaͤhrungen find auf drei Jahre zu ſtellen — dann wieder eine Zuſammenkunft und ſo von drei Jahren zu drei. „Die Zuſammenkunft wegen durchgaͤngiger Stränge vertheidigung, eee und Einrichtung neuer Anſiede⸗ lungen. „Gegenſeitige Beſchuͤtzung. „Wir gehen in alle Ihre Kriege mit. & 425 3 „ Unſere Anfisbelungen koſten Ihnen e „Den Vereinigungsentwurf annehmen. „Vertheidigung, Ausdehnung und Wohlſtand der — — die letzten Canada Acten hemmen die Ausdehnung und koͤn⸗ nen den Wohlſtand verkuͤmmern. „„Geſetze ſollten, wie Verfaſſungsbriefe (Charters), ſicher ſeyn. ' | „Wenn vielleicht die geſetzgebende Gewalt des Par: laments in den Pflanzungen zugeſtanden wird, koͤnnte es ja wohl ein Geſetz machen, wodurch alle Zuſammenkuͤnfte u. f. w. verboten wuͤrden “. 5 Dienſtags war ich, verſprochenermaaßen bei Zeiten in Hayes, wo wir uns über den Entwurf beſprachen.“ Wiewohl ich aber beinahe vier Stunden dort blieb, war doch der Lord, wie wohl alle beredtſame Maͤnner, ſo reich und verbreitete ſich über jeden, von mir in Frage gezo⸗ genen Umſtand ſo weit, daß wir mit meinen Winken nicht zur Hälfte durch kamen. Er laͤßt ſich nicht leicht unterbrechen und ich hoͤrte ihm ſo gern zu, daß ich gar nicht Luſt hatte, ihn zu unterbrechen. Da wir nun beide wohl uns keine Rechnung machten, daß der Entwurf ganz ſo, wie er ſtand, angenommen werden wuͤrde, und uͤberlegten, daß, wenn er auch angenommen wuͤrde, doch allerlei Abaͤnderungen Statt finden, ehe er aber ausge— fuͤhrt wuͤrde, auch America Gelegenheit haben muͤßte, ſeine Entwürfe und Verbeſſerungsvorſchläge anzubringen; daß, um ihm uͤberhaupt hier Eingang zu verſchaffen, er mit einigen herrſchenden Vorurtheilen der Geſetzgebung ſchein— bar etwas ſtimmen muͤßte; daß, wenn er auch nicht ſo vollendet wäre, als man wuͤnſchen koͤnnte, er doch zur Grundlage eines Vertrags werden, und zugleich Ungluͤck verhuͤthen koͤnnte, auch, da der Lord ihn Tags darauf vor⸗ legen wollte, keine Zeit zu Abaͤnderungen, oder einer andern Reinſchrift war: fo ſtellte ich meine Einwürfe dagegen ein; und wiewohl nachmals Viele mir die Ehre angethan haben, zu glauben, daß ich an der Abfaſſung deſſelben viel Theil haͤtte, ſo verſichere ich Dich doch, daß nur Ein Wort auf mein Anſuche hineingeſetzt wurde, naͤm⸗ lich Verfaſſungen nach „Verfaſſungsbriefen “; (charters) denn daß ich, auf ſein Bitten, die ausgelaſſenen Benennungen der zu widerrufenden Acte aus den Verfahren der Zuſammenkunft nachtrug, haͤtte jet Abſchreiber eben auch thun koͤnnen. | Mittwochs besuchte wich; auf Lord Chathams Bit⸗ ten, Lord Stanhope und brachte mich in das Haus der Lords, welches ſich bald fuͤllte. Lord Chatham leitete in einer vortreflichen Rede ſeinen Entwurf ein, erlaͤuterte und begruͤndete ihn. Als er ſich ſetzte, ſtand Lord Dart⸗ mouth auf und ſagte ſehr treffend, er enthalte wichtige und große Dinge, die viel Ueberlegung forderten, und hoffe er demnach, der edle Earl werde nicht erwarten, daß die Lords unmittelbar daruͤber ihre Stimmen abgaͤ⸗ ben, ſondern wuͤnſchen muͤßten, ihn auf ihren Schreib⸗ tiſchen zur Ueberlegung vor ſich zu haben. Lord Chatham antwottete ſogleich, mehr erwarte er nicht. Aber da ſtand Lord Sandwich auf und widerſetzte ſich in einer muth⸗ willigen, heftigen Rede der Annahme uͤberhaupt, meinte alſo, er muͤſſe mit der verdienten Verachtung alsbald verworfen werden. Er koͤnne nimmermehr glauben, daß er ein Erzeugniß eines Britiſchen Ebenbuͤrtigen ſey; eher ſchiene er ihm das Werk eines Americaners; dabei . — — 4427 wendete er ſein Geſicht nach mir, der an der Schranke lehnte, und ſagte, er glaube den Mann, der ihn aufge⸗ fest, vor ſich zu haben, einen der bitterſten und boßhaf⸗ teſten Feinde, die dieß Land je gekannt haͤtte. Dieß zog die Blicke vieler Lords auf mich; da ich aber nicht ver⸗ ſucht ward, es auf mich zu beziehen, ſo blieb mein Ge⸗ ſicht ſo unbeweglich, als waͤr es aus Holz geſchnitzt. Hierauf gaben einige andere Lords ihre verwerfende Mei⸗ nung ab, zu welcher ſich auch der weiſe Lord Hills bo⸗ rough bekannte. Die Herzöge Richmond und Ma n⸗ cheſter aber, Lord Shelburne, Lord Camden, Lord Temple, Lord Lyttleton und Andere waren fuͤr die Annahme; Einige, weil ſie ihn billigten, Andere um des Charakters und der Wuͤrde des Hauſes willen. Als ein Lord mit Beifall des offenen redlichen Vorſchlags eines der Miniſter, Lord Dartmouth's, gedachte, ſtand der Lord wieder auf und ſagte, da er nun die Meinungen ſo vieler Lords, die ſich dagegen, daß der Entwurf auf ihren Tiſchen zur Erwägung laͤge, erklärt, vernommen haͤtte, ſo habe er ſeinen Sinn geaͤndert, koͤnne das ihm ertheilte Lob der offenen Redlichkeit, deſſen er ſich jetzt ſchaͤme, nicht annehmen und muͤſſe alſo ſeine verwerfende Stimme ſogleich geben. Ich ſprechen hiervon umftänd: licher, da es ein Charakterzug dieſes edlen Herrn iſt, der, feines Amts wegen, fo viel Theil an den Americaniſchen Angelegenheiten nehmen ſoll, in der That aber kein eig- nes Urtheil, noch eignen Willen hat, und, bei aller Ge— neigtheit für die beßten Maaßregeln, doch für die ſchlimm⸗ ſten gewonnen werden kann. Lord Chatham faßte, um Lord Sandwich zu antworten, die unfreiſinnige Eim fluͤſterung auf, daß der Entwurf nicht von dem, der ihn vorgelegt, herruͤhre; erklaͤrte, daß er ganz ſein ſey, eine Erklaͤrung, die er um ſo mehr geben zu muͤſſen glaubte, da viele von den Lords eine fo geringe Meinung von ihm zu haben ſchienen; denn, war es wirklich ein ſo ſchwaches, oder ſchlechtes Ding, ſo ziemte ihm darauf zu ſehen, daß kein Anderer den verdienten Tadel ungerechter— weiſe theilte. Es waͤre ihm bisher immer als Fehler ans gerechnet worden, daß er keinen Rath annehmen koͤnne; er truͤge aber kein Bedenken zu erklären, daß, wenn er erſter Miniſter dieſes Landes wäre und dieſe wichtige An⸗ gelegenheit zu beſorgen haͤtte, ſo wuͤrde er ſich nicht ſchaͤ— men, einen mit den geſammten Americaniſchen Angelegen⸗ heiten ſo vollkommen bekannten Mann, wie den ange⸗ deuteten und fo beleidigend erwähnten zum Beiſtand oͤf⸗ fentlich aufzurufen; einen Mann, fagte er guͤtig, den ganz Europa, feiner Kenntniſſe und Weisheit wegen hoch— achtete, und unſern Boyles und Newtons beiordnete; der nicht bloß dem Englaͤndiſchen Volk, ſondern der Menſchheit Ehre machte. Dieſem uͤbertriebenen Lobe zu ſtehen, ward mir ſchwerer, als jener gleich uͤbertriebenen Schmaͤhung; dennoch hielt ich mich ſo gefaßt, als ich konnte, als ob es mich gar nicht angienge. „So Viele dieſer erblichen Geſetzgeber ſo heftig, nicht etwa gegen die Annahme lediglich, nein auch nur die Erwaͤgung eines, ſeiner Natur nach ſo wichtigen Vorſchlags eifern hören, den ein Mann that von fo ges wichtigem Charakter, einer der erſten Staatsmaͤnner der Zeit, der dieß Land in der tiefſten muthloſeſten Zerſchla⸗ genheit uͤberkam, und es durch einen Krieg mit den zwei maͤchtigſten Europaͤiſchen Reichen hindurch zu Sieg und Ruhm fuͤhrte; hoͤren, wie ſie ſeinen Plan bekritteln, nicht nur, weil ſie ſelbſt mißverſtehen, was er enthaͤlt, ſondern auch weil ſie hineinlegen, was nicht darin enthalten, was ſie nicht einmal durch zweites Leſen zu berichtigen ſich vor⸗ “ V behalten; die voͤllige Unkunde der Sache Einiger, das Vor⸗ urtheil und die Leidenſchaft Anderer, die eigenſinnige Ver⸗ drehung der reinen Wahrheit von Seiten mehrerer Mi⸗ niſter bemerken; und überhaupt fie fo ſchimpflich, und ſo voreilig, gegen allen Anſtand, alle kluge Ruͤckſicht auf Charakter und Wuͤrde ihrer Koͤrperſchaft, als dritten Theils der volksthuͤmlichen Geſetzgebung, verwerfen ſehen, dieß gab mir einen überaus geringen Begriff von ihrem Verſtande und machte ihre Anſpruͤche auf Oberherrſchaft uͤber drei Millionen tugendhafter, verſtaͤndiger Menſchen in America zur groͤßten Abgeſchmacktheit, weil ja klar fich ausfprach, daß fie. nicht eine Heerde Schweine zu regieren Verſtand genug hatten. Erbliche Geſetzge⸗ ber? dachte ich. Weit angemeſſener, weil minder be⸗ drohlich und mißlich, waͤre ja doch, wie auf einer Teut⸗ ſchen Univerſitaͤt, erbliche Profeſſoren der Ma⸗ thematik zu haben! — Doch dieſe Bemerkung war vorſchnell; denn das erwaͤhlte Unterhaus iſt nicht bef- ſer, wird es auch nie, ſo lange die Wahlherrn Geld fuͤr ihre Stimmen bekommen und Geld hergeben, womit die Miniſter ihre Vertreter bei der Wahl beſtechen koͤnnen. Nach dieſem Verfahren glaubte ich nun nichts mehr von einer Unterhandlung wegen freundlicher Beilegung unſerer Streitigkeiten zu hoͤren; aber ein oder zwei Tage nachher erſuchte mich Barclay ſchriftlich, am 4. Febr. Abends zu Dr. Fothergill zu kommen. Ich gieng hin und hörte mit Erſtaunen, daß die Verwaltung ſehr guͤn— ſtig geſinnt fey, daß die Andeutungen erwogen, meh: rere vernuͤnftig befunden worden und andere mit kleinen Abaͤnderungen wohl angenommen werden duͤrften. Mit ſeiner gewohnten Menſchenliebe ergoß ſich der Doctor uͤber das Kriegselend, ſagte, auch ein ſchlechter Friede waͤre dem 429 430 | e gluͤcklichſten Kriege vorzuziehen, America wachſe an Kraft, und, muͤßte es auch ſich für jest manchem unterwerfen, in wenig Jahren wuͤrde es ſelbſt Bedingungen machen koͤnnen. Barclay deutete an, wie viel ich zu einer Ueber⸗ einkunft beitragen und mitwirken könnte, wie ehrenvoll es fuͤr mich ſeyn wuͤrde und wie ich nicht bloß Wiederein⸗ ſetzung in meine ehemalige Stelle, ſondern auch faſt alles was ich wuͤnſchen koͤnnte, erwarten duͤrfte ꝛc. Ich brauche Dir, der mich fo gut kennt, nicht zu ſagen, wie unanges meſſen und ekelhaft mir eine ſolche Sprache vorkam. Der Doctor ſprach zweckmaͤßiger. Ihm antwortete ich, wir wuͤnſchten keinen Krieg, ſondern nur, was zu unſerer Si⸗ cherheit und unſerm Wohlſtande gehoͤrte. Hrn. Barclay erwiederte ich, ganz gewiß wuͤrde mir das Miniſterium eher eine Stelle auf einem Karren nach Tyburn, als eine andere, anweiſen. Beiden aber, daß ich von Herzen wuͤnſchte, einen Dienſt zu leiſten, daß ich keine andere Anregung dazu brauchte, als daß man mir nur zeigte, wie ich es anzufangen haͤtte, daß ſie aber wohl meinen moͤchten, ich vermoͤchte mehr, als wirklich der Fall ſey. Dann ſagte man mir wieder, es waͤren Sprachhaltungen uͤber die Andeutungen geweſen; das beigebrachte Pa⸗ pier ward vorgeleſen, damit ich die darüber beſonders ges machten Bemerkungen kennen lernte, welches folgende waren. 1. Der erſte Artikel ward genehmigt. 2. Der zweite auch, fo weit er den Widerruf der Theeacte angieng. Ruͤckzahlung der, bereits eingetriebenen Gefaͤlle, ward abgeſchlagen. 3. Der dritte nicht genehmigt, weil er Mangel an Macht des Parlaments, das RN Urkunden ausfertigte, annaͤhme. { 431 1 4. Der vierte angenommen. 5. Der fuͤnfte beliebt, jedoch mit Vorbehalt, daß keine, England nachtheilige Veränderung zu fürchten ſtehe. 6. Der ſechſte beliebt, ſofern er die Zueignung der Gefaͤlle betraf; die Beamtetenanſtellung aber und deren Be⸗ ſoldung, blieb nach wie vor. 8 7. Der ſiebente, Huͤlfsgelder in Friedenszeiten be⸗ treffende, beliebt. 8. Der achte, die Heere betreffende, unzuläßlich. 9. Der neunte koͤnnte beliebt werden, doch mit dem Unterſchied, daß hinſichtlich herkoͤmmlicher Beſteuerungen keine Verhaͤltnißmaͤßigkeit zu beobachten ſey, ſondern jede Pflanzung nach Gefallen gebe. 10. Der zehnte, ſo weit er die Herausgabe des Schloſ⸗ ſes William betraf, beliebt; aber die Beſchtänenng d der Krone im Feſtungsbau verworfen, 11. Der eilfte, durchweg verworfen, außer inwie⸗ fern er die Boſtonhavensbill betraf, welche widerrufen wer: den ſollte; auch die Quebecacte koͤnnte dahin abgeaͤndert werden, daß dieſe Landſchaft wieder auf ihre ehemaligen Graͤnzen zuruͤckgeſetzt wuͤrde. Die uͤbrigen Maſſachuſetts⸗ acten, muͤßten, als wirkliche Verfaſſungsverbeſſerungen, fortgehen und zugleich ein feſtſtehendes Beiſpiel der Par⸗ lamentsmacht ſeyn. 12. Der zwoͤlfte, daß die Richter nach gutem Ver⸗ halten mit bleibender Beſoldung, wie fie die Krone ges nehmigte, durch die Tagſatzungen angeſtellt werden ſoll⸗ ten, genehmigt. — wiß dem Lord Dartmouth wiederhohlen. — 7 * 432 : TE ae el R N * * . na u i u * 13. Der dreizehnte beliebt, wenn anders die Tag⸗ | “ ſatzungen, wie nach vorhetgehendem Artikel, für . halt ſorgten. 15. Der Funfsehnt wachen 16. Der ſechs zehnte beliebt, Gaben die 8 an die Schatzkammern der Niederlaſſungen gezahlt wuͤrden. 17. Der ſiebzehnte unzulaͤßlich. 1 tg 1 Wir ſprachen damals nicht t gar viel uͤber dieſe Puncte; denn ich fiel ſogleich mit der Bemerkung ein, ſo lange das Parlament ſich Macht anmaße und übe, unfere Ver⸗ faſſungen nach Belieben zu aͤndern, ſey keine Ueberein⸗ kunft moͤglich, denn ſo wuͤrde uns jede Freiheit wozu wir berechtigt waͤren, verkuͤmmert und wir waͤren in nichts ſicher Da nun auch angedeutet war, wie noͤthig Ame⸗ rica eine Uebereinkunft ſey, indem ja ſonſt England all' unſere Seehavenſtaͤdte leicht abbrennen koͤnnte, ſo wurde zich warm und ſagte, der groͤßte Theil meines 9 Vermögens beftände aus Häufern in dieſen Städten; fi könnten, wenn es ihnen beliebte, Luſtfeuer daraus ma⸗ chen; die Furcht, ſie zu verlieren, wuͤrde nichts in mei⸗ nem Entſchluß aͤndern, dieſer Anmaßung des Parlaments bis auf den letzen Mann zu widerſtehen und es gezieme dieſem Lande wohl, das Unglück, das es uns zufügte, zu bedenken, da es fruher oder ſpaͤter doch gewiß uns allen Schaden mit. Zinſen verguͤten muͤßte! Der Doctor laͤchel⸗ te, wie es ſchien, meine, freilich wohl leidenſchaftliche Rede bejahend, und ſagte, er wuͤrde ſie morgen ganz ge⸗ * ; a. 433 In dem Geſpraͤch über die Andeutungen erwähnte Barclay zufällig, daß er Lord Howe bei Lord Hyde getroffen, Lord Hyde aber zu ihm geſagt habe, „vor Lord Howe koͤnnen Sie alles ſagen, was Sie mir zu ſagen haben; denn er iſt ein Freund, auf welchen ich mich ver⸗ laſſen kann;“ worauf er denn ſofort mit gewohnter Freiheit geſprochen. Daraus reimte ich zuſammen, wie Lord Howe zu den Andeutungen, die er mir gezeigt, gekommen. Als nun von Sendung eines Abgeordneten, zur Unterſuchung der Beſchwerden und deren etwaniger Abſtellung wie von einer beſprochenen Maaßregel, die Rede war, nur daß der rechte Mann dazu ſchwer aufzufinden waͤre, ſagte ich: warum nicht Lord Hyde? er iſt ein kluger und beſonne⸗ ner, wuͤrdiger Mann, und ich hielt ihn gerade dazu recht paſſend; oder, wollte er nicht, ſo wuͤrde ja der zweite, oben erwähnte, Lord Howe, meines Beduͤnkens, vortrefe lich ſeyn. Dieß lief im Geſpraͤch mitunter und wir giengen auseinander. : Als Lord Chathams verworfener Plan dem Publi⸗ cum durch den Druck zur Beurtheilung vorgelegt ward, erhielt ich von ſeinem Schwiegerſohn, Lord Mahon, ſechs Exemplare, welche ich an mehrere Perſonen nach America ſendete. Wochen vergiengen, wo ich nichts von der Unterhand⸗ lung hoͤrte und die Parlamentsglieder nahmen mir auch keine Zeit weg. Da ſchrieb mir Barclay, er ſey krank, wuͤnſche aber mich zu fprechen, und werde ſich freuen, wenn ich ihn beſuchen wolle. Ich gieng am Morgen das rauf zu ihm; er ſagte, er hatte auch Lord Hyde wieder über die Artikel geſprochen; er glaubte nunmehr zu wif: ſen, was in der Sache foͤrderlich ſeyn moͤchte, wuͤnſchte Franklin's Leben II. Abtb. Ee 434 alſo noch einmal mit mir und Dr. Fothergill zuſammen iu ſeyn, da wolle er ſich die Mühe nehmen und einen, ganz den beiderſeitigen Vorſchlaͤgen und Einraͤumungen gemaͤßen Aufſatz, nebſt einigen eigenen Vorſchlaͤgen mit⸗ zubringen. Ich willigte gern in die Zuſammenkunft, welche Donnerſtag Abend, am 16. Febr. ſeyn ſollte. Wir kamen alſo zuſammen und Barclay brachte fol⸗ genden Auffatz mit. Entwurf, wie eine dauernde Vereinigung zwi⸗ ſchen England und ſeinen Pflanzungen . wehen werden konnte. 1. Der verwuͤſtete Thee iſt zu bezahlen; und damit keine Zeit im Beginn des Verſoͤhnungswerks verloren ge— he, wird vorgeſchlagen, daß der oder die Geſchaͤftstraͤger in einer Bittſchrift an den Koͤnig ſich zur Zahlung des verwuͤſteten Thees anheiſchig machen; zufolge dieſer Ver— pflichtung ſoll ein Beauftragter Vollmacht mittelſt einer Clauſel in einer Parlamentsacte erhalten, durch einſtwei⸗ lige Aufhebung der Boſtonhavensacte den Haven zu etz oͤffnen, ſobald dieſe Verbindlichkeit eingegangen worden. 2. Die Theeſteueracte ſoll, zu Englands, wie den Niederlaſſungen Vortheil, widerrufen werden. d 3. Caſtle William ſoll der Landſchaft Maſſachuſetts⸗ Bay wiedergegeben werden, wie es war, ehe Statthal⸗ ter PORN es übergab. 4. Da man glaubte, der Beginn der Verſoͤhnungs⸗ maaßregeln werde die Gemuͤther der Americaniſchen Uns — . , Me terthanen bedeutend beruhigen, fo ſchlaͤgt man vor, daß die Bewohner der. Pandfchaft Maſſachuſettsʒ⸗Bay den Koͤnig angehen und ihre Einwuͤrfe gegen beſagte Acte, anbringen. Es verſteht ſich, daß beſagte Acte widerrufen werden muß. Unterdeſſen muß der Beauftragte Macht has ben, die Acte einzuhalten, damit die Bewohner ihre lische; eingeben konnen. ER Die verſchiedenen Landſchaften, welche ſich durch die Quebecbill bedruckt achten, muͤſſen mit einer Bittſchrift als geſetzgebende Macht einkommen; es verſteht ſich, daß, was in der Acte die Graͤnzen von Quebec gegen ehr: ih erweitert, wiberrufen werden muß. 6. Das Parlament muß auf Heinrich's 8 VIII. Acte foͤrmlich verzichten. 7. In Friedenszeiten müſſen die Ameritanet e je alle in ihren Landſchaften, mittelſt Acten ihrer geſetzgeben⸗ den Mächte, eine gewiſſe Summe oder Summen erheben, wie fie zur Gründung eines Friedens, zur Beſoldung der Statt: halter, Richter ꝛc. noͤthig erachtet werden moͤgen. S. die Geſetze von Jamaica. * 0 5 0 8. In Kriegszeiten wird auf eine mit Bewilligung des Parlaments beſchehene Forderung des Koͤnigs jede Miederlaſſung ſo viel Geld aufbringen, als ihre geſetzge⸗ bende Macht ihrem Bermögen und dem Staatsbedarf angemeſſen erachtet, wovon Land und Ger: Truppen zu etz. richten, Vorraͤthe anzuſchaffen, Frachten, oder was ſonſt der Ren fordert und befiehlt, zu beforgen find, 9. Die Schifffahrtsacten find nochmals zu pruͤfen, ob nicht darin einige Abaͤnderungen, zu beiderfeitigen Vor⸗ theilen anzubringen ſeyn moͤchte. s E 105 436 10. In jeder Pflanzung iſt ein Seebeamter von der Krone anzuſtellen, welcher für Nene dieſer Acten Sorge tragt: 8 N. B. In einigen Pflanzungen werden ſie nicht! von der Krone an eke. 11. Alle, laut der den Handel mit den Pan zunhen ordnenden Acten zu hebende ‚Gefälle fi nd zum Staatsbe⸗ darf je einer Niederlaſfung zu verwenden, an ihre Schatz⸗ kammer zu entrichten und hat ein Kronbeamekter darauf zu ſehen, daß dem nachgekommen werde. f un 18. Die Admitalitätsgerichte Aae 775 Gent haben, wie in England. 13. Alle Richter 0 den koͤniglichen Nieberlarftngser gierungen ſind auf Dauer ihres guten Betragens anzuſtel⸗ len und, nach dem ſiebenten Artikel von der Landſchaft zu beſolden. N 5 2 N. B. Will der König hie, Beſoldungen erhöhen, ſo iſt dieß aus England zu ſenden. 14. Die Statthalter find auf gleiche: Weise zu un⸗ terhalten. Wir ſprachen hauptſaͤchlich uͤber den erſten Artikel. Es wurde geſagt, es fehle dem Miniſterium nur an einer Eroͤffnung, womit es Grund bekaͤme, die Berföhnungs- maaßregeln zu beginnen; darum wuͤrde eine Bittſchrift, der im Artikel erwaͤhnten Art zweckmaͤßig ſeyn. Man gehe darauf um, noch mehr Schaaren und Schiffe hinüber zu ſenden; eine ſolche Bittſchrift koͤnne, zumal wenn 2 ‚437 man auf einen Sewehmächtigten antrüge, | die vethüten. Ich ſollte demnach die Geſchaͤftstraͤger der Niederlaſſungen zu einer gemeinſchaftlichen Bittſchrift der Art veranlaſſen. Meine Antwort war, kein Geſchaͤftstraͤger, außer denen für Mafſachuſetts⸗Bay, haͤtten mit der Theeangele⸗ genheit zu thun; dieß wären H. Bollan für die Bera⸗ thung, ich fuͤr die Tagſatzung, und H. Lee ſtatt meiner, wenn ich England verließe; letzterer alſo koͤnnte kaum fürs erſte als Geſchaͤftstraͤger gelten; erſterer waͤre ein vorſichtiger, genauer Mann, der ohne Weiſung, oder Vollmacht ſich nicht leicht zu einem ſo wichtigen Schritte bereden ließe; ſollte dennoch ein ſolcher Schritt gethan werden, ſo müßte hauptſaͤchlich ich ihn thun; laͤge nun, wie ſie meinten, die Wahrſcheinlichkeit klar vor Augen, daß damit Gutes befoͤrdert würde, fo wurde ich mich zwar unbedenklich daran wagen; glaubte aber, die Be⸗ vollmächtigung zur Einſtellung der Boſtonhavensacte waͤre eine zu weit ausſehende Maaßregel und bloße einſtweilige Einſtellung waͤre doch wieder nicht hinlänglich, follte man alſo eine ſolche Verbindlichkeit eingehen, ſo muͤßten ſo⸗ gleich alle Maſſachuſettsacten widerrufen werden. Sie hielten mich bei'm Wort, daß ich auf ein wart ſcheinlich zu foͤrderndes Gute hin eine Bittſchrift gebil⸗ ligt haͤtte und erſuchten mich, fogleich eine aufzufetzen. Ich ſagte, das waͤre eine wichtige Sache, und ich wollte mit ihrer Erlaubniß den Aufſatz mit nach Hauſe nehmen, * die Vorſchlaͤge erwaͤgen und morgen Abend ihnen meine Anſichten mittheilen. Dieß ward ‚eingeräumt. und I Bir. den wir br dießmal, Als 92 * nun die gefährliche Wii America 8 und die | Möglichkeit, daß der Bruch daſelbſt von rn zu Tag u un⸗ 438 heilbarer erweitert wuͤrde, erwog, fo faßte ich den in je⸗ nem Aufſatz vorgeſchlagenen Gedanken auf, einen Be⸗ vollmaͤchtigten ‚hinüber zu ſenden, weil hiermit Kriegsun⸗ terneymungen einſtweilen aufgehalten werden und ein Ver⸗ trag zu Stande kemmen koͤnnte, wodurch Unglück verhuͤ⸗ tet, al maͤhlich aber auch eine Uebereinkunft ſich bilden und begruͤnden koͤnnte. Auch beſchloß ich, was man hin⸗ ſichtlich einer Verbindlichwachung meinerſeits gewuͤnſcht hatte, zu thun und verſuchte dießfalls eine Eingabe an Lord Dartmouth zu entwerfen, die bloß von mir unter⸗ zeichnet werden ſollte. Was die Sendung eines Bevoll; maͤchtigten anlangte, welche Maaßregel ich auch als nuͤtz⸗ lich vorſchlagen ſollte, ſo fuͤrchtete ich, meine Mitge⸗ ſchaͤftstraͤger moͤchten Anſtoß nehmen, wenn ich in einer ſio wichtigen Sache, ohne mich mit ihnen zu berathen, handelte und entwarf zu dem Ende eine, nach Belieben von ihnen zu unterzeichnende Bittſchrift. Weil ich aber Schwierigkeiten beſorgte, ſchrieb ich einen Brief an Lord Dartmouth, welcher denſelben Vorſchlag und die Gruͤnde dafuͤr enthielt, der bloß von mir abgeſendet wer⸗ den ſollte Auch warf ich einige Bemerkungen uͤber die Vorſchlaͤge hin nebſt Winken über einen beſondern Auffag zu fernern Bemerkungen im Geſpraͤch, wenn wir am 17. Abends wieder zuſammenkaͤmen. Hier ſind bis auf den erften Aufſatz, den ich zu Schiff nicht eee Wenk ten von allen. An Se. Maj. den 443 Sittſchrift und Denkſchrift W. Bollan's, B Legu kite s und Arthur Lee's, Zeigt untenhänigſt e an. \ Wie, Allerhoͤchſtdero Bittſteller, die Geſchaͤftstraͤger ; der verſchiedenen Niederlaſſungen, bekuͤmmert wegen der Ew. Maj. Americaniſche Unterthanen bedrohenden Unfaͤlle, um Erxlaubniß bitten, Allerhoͤchſtdero Throne nahen und in aller Unterthänigkeit ihre aus ſehr aufmerkſamer Ev waͤgung hervorgegangene Meinung anbringen zu duͤrfen, daß, wofern Ew. Maj. geruhen, eine Zuſammenkunft Abgeordneter, aus den verſchiedenen Landſchaften zu ge⸗ ſtatten und zu ermächtigen, auch einen oder mehrere Maͤn⸗ ner von Rang und Weisheit aus dieſem Lande anzuſtellen, welche bei dieſer Zuſammenkunft den Vorſitz führten, ‚oder mit beſagten Abgeordneten ſich beſpraͤchen, vollſtaͤndig mit den wahthaften Beſchwerden der Pflanzungen bekannt machten, und die Mittel zur Beilegung alles Zwiſtes an⸗ gaͤben, welche nachher von Ew. Maj., wenn dieſelben gerecht und zweckdienlich befunden, zu genehmigen waͤren, Allerhoͤchſtdero Bittſteller, nach ihrer durchgaͤngigen Kunz de dieſes Landes und Volks, uͤberzeugt ſind, eine ſolche Maaßregel muͤſſe die heilſamſten Folgen haben, vielem Ungluͤck vorbauen und die ſo lange beſtandene, für Wohlſtand und Gluͤck ſaͤmmtlichen Unterthanen in jegli⸗ chem Theile Ew. Maj. ausgedehnten Beſitzungen noͤ⸗ thige Eintracht herſtellen. Moͤge der Himmel dieſelben Ew. Maj. und Allerhoͤchſtdero Nachkommen ganz erhalten!“ Dieß iſt das dad e Gebot Ew. W ke Un⸗ terthanen und Diener. Dae, An den Hochehrſamen Lord Dartmouth ꝛc. Indem ich das Ungluͤck, welches die Nation und ihren Niederlaſſungen von den gegenwaͤrtigen unſeligen Zwiſtigkeiten droht, hoͤchlich beſorge, habe ich aufmetkſam erwogen, auf welche Weiſe dieſem Ungluͤck vorzubauen 40 r nan 5 ſeyn möchte. ‚Die Wichtigkeit dieſer uns Alle betreffenden Angelegenheit wird mich hoffentlich bei Ew. ꝛc. einigermaa⸗ ßen entſchuldigen, wenn ich mir die Freiheit nehme, un⸗ beftagt meine unterthänige Meinung dahin abzugeben, daß, wofern Sr. Maj. Abgeordnete aus den verſchiede⸗ nen Landſchakten zu ermaͤchtigen geruhten gehoͤriger Zeit und Orts, nach Gutbefinden, zuſammen zu kommen, dann und daſelbſt mit einem oder mehrern von Sr. Maj. Er⸗ nannten und Bevollmächtigten ſich Uber die Mittel zur Gruͤndung eines feſten und dauerbaren Vereins zwiſchen England und den Americaniſchen Landſchaften zu beſpre⸗ chen, eine Maaßregel dieſer Art ſehr wirkſam und zweck⸗ gemäß ſeyn dürfte. Ich kann alſo nur wünſchen, daß ſie angenommen werde, da Niemand inbruͤnſtiger und aufs‘ richtiger die allgemeine Wohlfahrt der Britiſchen Beſitzun⸗ gen wuͤnſchen kann, als Ew. ꝛc. ee dane Bemerkungen lber die Zorfhtäge Art, 1. In Folge dieſer een ne Verbindlich keit find alle Boſtoner und Maſſachuſettsacten einzuhalten und mit Vollzug nen , vt ganz zu wider⸗ ; rufen. e HE a 1 335 Ka Dr Kontra | fu der vierte ad . Akt 4. und 5. Die n bieher von den; Sup ſatzungen eingereichten und entweder nicht angenommenen, oder vernachlaͤſſigten, oder barſch beantworteten Bittſchriften und die, wegen deren Fertigung mit Verweis belegter Bittſteller haben, meines Erachtens, von dieſem Wege ganz abgeſchreckt, und ſeibſt, wenn ihre Freunde jetzt \ 8 448 ihnen wieder dazu rathen follten , ſo würde man es fuͤr Spott halten. Dazu liegt Alles, was ſie wuͤnſchen, in der Bittſchrift der Zuſammenkunft vor, und kann ganz, i oder zum Theil nach Belieben zugeſtanden, oder abge⸗ ſchlagen werden. Sinn und Meinung der Pflanzungen kann aus Bittſchriften mehrerer einzelner Pflanzungen nicht mehr ermeſſen werden, als aus dieſer allgemeinen. Art. 7. ies wie fie abel ic. nöthig. ane mögen, | | . | Art. II. SE, wie er feht, unerheblich Der erſte Vorſchlag war, ſie ſollten als ungerecht widerrufen wer⸗ den. Sie moͤgen aber bleiben, weil ſie a wammthlich nicht aer werden. nd en | Auch mit der ere zu Art. 1. vorgeſchlagenen Ver⸗ beſſerung ſteht derfelbe nicht recht. Waͤre bloß Zweck, ge⸗ genwaͤrtigem Blutvergießem und anderen mit dem Kriege das Land befallenden Ungluͤck zu wehren, dann moͤchte er viel⸗ leicht gut ſeyn; gilt es aber eine durchgaͤngige herzliche Verſoͤhnung, ſo muͤßte alle Urſache zum Groll entfernt und beiderſeits ſtrenge Gerechtigkeit gehandhabt werden. So ſollte nicht nur von Seiten Boſtons der Thee bezahlt, ſondern auch der mittelſt der Havenacte Boſton zugefuͤgte Schaden verguͤtet werden, weil es gegen Brauch aller, ſo wilder, als ER een wäre, ef Braune zu me bn e e een ” Att. 14. Die Richter er nichts vom Könige e er⸗ halten, Die anderen beiden Acte anlangend: Die Maſ⸗ ſachuſetts muͤſſen eher alle Kriegsunfaͤlle und alles Kriegs⸗ ungluͤck tragen, als Veränderung ihrer Verfaſſungsbriefe adj 442 e Geſetze durch das Parlament erlauben. „Wer weſentliche Freiheit aufgeben kann um eine geringfuͤgige bloß jeweili⸗ ge Sicherheit zu e wendet weder We vn ae un ee | et | . 8. en am ri N Ich zweifle, ob man die Einrichtung mit den Ge: faͤllen annehmen wird, ohne daß ſie in Kraft geſetzt wer⸗ den und Macht haben, die n in den DER gen enen un ‚3 | zw sh * Haben wir Ans herzliche Verſöhnung zum aum ſo muͤſſen wir offen handeln und keine Hinterliſt brauchen. | Viele von den Tagſatzungen befinden ſich in einem Zuſtande der Auftoͤſung. Es wird Zeit koſten, ehe neue Wahlen Statt haben, Abgeordnete zuſammentreten und waͤhlen koͤnnen, falls noch Alle zuſammentreten koͤnnten. Aber die Tagſatzungen von Maſſachuſetts-Bay kann nicht unter der neuen Verfaſſung verhandeln, noch dießfalls eine neue Berathung beſcheiden, ohne die Macht des Parla⸗ ments, ihren Verfaſſungsbrief abzuaͤndern, anzuerkennen, was fie nie thun wird. Der Vorſchlag klingt wie: verſucht nur erſt eure Feſſeln, und, wenn ihr fie dann nicht mögt, kommt bittend ein und wir wollen ehen Fuͤr Richter Büſtnungen feet mag agent Geſetz ſeyn, aber nicht fuͤr Statthalter, da die Ver⸗ faſſungen der Niederlaſſungen verſchieden ſind. Schaaren — 5 5 443 können doch vielleicht in einzelne eanbfehaften, ge⸗ | legt werden, um, wenn ſie nicht in Gunſt ſtehen, ſie zu beläftigen. Canada. — Wir koͤnnen keine Zwangsherrſchaft uͤber irgend einen unſerer Mitunterthanen leiden. Wir muͤſſ en Alle frei ſeyn, oder Keiner.“ 8 Nachmittags ſchrieb mir Mrs. Yan: und legte einige Zeilen von Lord Howe bei, nam lie Mrs. Howe empfiehlt ſich Dr Franklin; ho eben hat fie beigebende Zeilen von Lord Home erhalten und hofft, es wird ihm genehm ſeyn, morgen, oder Sonntag, zu welcher Stunde es ihm am gelegenſten iſt, welche er aber guͤtigſt beſtimmen wird, zu ihr zu kommen. 5 Graftonſtraße, Feitag 17 Febr. 75. N ti der Hochehrſamen Mrs Howe. Ich wünſchte, Du ſchafteſt mir, in einer wichtigen Angelegenheit, morgen, oder Sontng fruͤh Galheub i Dr. Fr. bei dir zu ſehen. Erhalten, Freitag 5 uhr, 17. Febr. 1778. Ich hatte eine Zeitlang nichts vom Lord gehoͤrt und antwortete ſogleich, ich wuͤrde mir die Ehre geben, ihr uns; 11 Uhr in ihrem Haufe galttengreegte 5 105 Barclay; Dr. Fothergil 298 ich kamen verabre⸗ determaaßen bei'm Doctor zuſammen. Ich haͤndigte ih⸗ 444 nen die zu Papier Altach Henze ungen ein und wir ſahen ſie durch. Auch las ich die entworfenen Bitt⸗ und Denkſchreiben; da ſie aber der Meinung waren, es werde meine uͤbernommene Verbindlichkeit den Thee zu bezahlen, keiner Maſſachuſettsacte⸗ Widerruf bewirken, die Havens⸗ äcte ausgenommen, ich aber auf Widerruf aller beſtand / widrigenfalls den Antrag ablehnte, ſo ward dieſe Maaß⸗ regel einſtweilen bei Seite gelegt und ich ſteckte meine Ent⸗ würfe wieder ein. Sie beſchloſſen aber doch, meine Ge⸗ finnungen zu berichten und zu ſehen, ob anderweitiges Zu⸗ geſtaͤndniß zu erhalten ſey. Auch bemerkten fie, daß ich meine Bemerkungen unterzeichnet haͤtte; worauf ich ſagte, da ich anderwaͤrts her wie von ihnen, müßte, | daß die Miniſter um die Berathung mit mir in biefer Sache wüßten, ſo ſaͤhe ich nicht ein, warum laͤnger damit geheim thun; und da das Zuſtellen und Empfangen meiner und ihrer Anſichten durch die zweite Hand Aufſchub veranlaßte, und auch wohl Mißverſtand zur Folge haben koͤnnte, wenn etwas verloren gienge, oder aus Verſehen anders hinter⸗ bracht würde, fo fähe ich nicht ein, warum wir nicht zu- ſammenkommen und die Puncte alle mit einemmal eroͤr⸗ tern ſollten; wenn ſie dieß taͤthlich fänden, wäre ich wil⸗ üg und bereit fie zu den Miniſtern, mit welchen ſie Sprachhaltung hätten, zu begleiten. Sie ſchienen dieſen Vorſchlag zu 1 une 2 fi e wolten Ahn er wagen. | Am nächſten Me traf ich betobtedetetmaaßen Lord Howe. Er ſchien ſehr heiter, vermuthlich weil er von Lord Hyde gehoͤrt, was dieſer am 16. Abends von Barclay gehort hatte, daß ich nämlich mich zu einer Bitt⸗ ſchrift und Theezahlung verſtanden; weßhalb man hoffte, pbaäß nun die miniſteriellen Vergleichsbedingungen Statt are 77 ö \ ; 14 N finden wurden. Er ſagte mir, man denke darauf, ihn als Beauftragten zur Beilegung der Americaniſchen Strei⸗ tigfeiten zu ſenden; und ſetzte aͤußerſt artig hinzu, da er | feine Unbekanntſchaft mit dieſer Sache wie meine Kennt⸗ niß und meinen Kopf gar wohl einſehe, ſo koͤnnte, er dieß ohne mich gar nicht unternehmen; mit mir, aber wuͤrde er es ſehr gern thun; denn auf meinen Bei⸗ ſtand rechnete er ganz; hätte alſo gewünſcht, in dieſer Zuſammenkunft meine Gedanken uͤber den Vorſchlag zu erfahren, daß ich auf eine, oder die andere Art, als Freund, als Gehuͤlfe, oder als Geheimſchreiber mit. ihm gienge; er begriffe wohl, wenn er irgend etwas Wuͤn⸗ ſchenswerthes bewirken ſollte, muͤßte er es ganz meinem Rathe und Beiſtand verdanken; er werde alſo bei allen Gelegenheiten unbedenklich mir vollkommene Ehre wider⸗ fahren laſſen; haͤtte den Miniſtern erklaͤrt, daß ich gar ſehr zum Frieden geneigt ſey; jetzt wuͤnſchte er nun von mir bevollmaͤchtigt ſagen zu können, daß ich ihn begleiten und mit ihm das große Verſoͤhnungswerk betreiben wolle. Bekanntlich waͤre mein Einfluß auf die Gemuͤther in Ame⸗ rica ſehr groß und ich allein, wenn einer, koͤnnte fie wohl zur Annahme vernünftiger Vorſchlaͤge beſtimmen. Ich antwortete, ich dankte Sr. Ex. für, die guͤtige Meinung von mir und fuͤr dieſen ehrenvollen Antrag; ich wuͤnſchte nur zu willen, was für. Vorſchlaͤge man denn wohl America thun wuͤrde; waͤren ſie an ſich vernuͤnftig, ſo koͤnnte ich ſie vielleicht auch meinen Landsleuten als ſolche darſtellen; waͤren ſie es nicht, ſo zweifelte ich, ob dieß einer koͤnnte, und ich wuͤrde mich ſicher nicht damit be⸗ faſſen. Der Lord antwortete, er ‚würde. ohne ‚gehörige Ueberlegung meinen Beiſtand nicht verlangen; die Sache ‚wäre gar wichtig und, uͤbernaͤhme er ſie, fo wurde er denen, dae er mitnahme, beſonders mir, nicht nur an⸗ 446 | | ſtändigen und reichlichen Gehalt, fondern auch nachher Belohnungen zu ſichern ſuchen; und damit das Miniſterium, ſprach er, ſeine Geneigtheit Ihnen zu beweiſen Anlaß habe, wollen Sie mir wohl erlauben, Ih⸗ nen vorlaͤuſig einen kleinen Beweiß davon geben zu laſſen, durch Zahlung Ihres ruͤckſtaͤndigen Gefhättsträger. Ger halts, den es, wie ich wohl weiß, vor einiger Zeit ver⸗ kuͤmmert hat? Ex., ſagte ich, es wird mir eine große Ehre ſeyn, in jeder Geſtalt mit Ihnen an einem ſo ſchoͤ⸗ nen Werke vereint zu arbeiten; hoffen Sie aber, daß mein angeblicher Einfluß Ihnen Vorſchub leiſte, ſo laſſen Sie jeden Gedanken, mir im Voraus eine Gunſtbezeu⸗ gung der Miniſter zu erwirken, ſchwinden; naͤhme ich ſie an, fo wäre gerade mein Einfluß, den Sie zu nuͤtzen ges denken, dahin; man wuͤrde ſie fuͤr Beſtechungen anſehen, um mein Vaterland zu verrathen; aber die Vorſchlaͤge laſſen Sie mich ſehen und, kann ich ſie billigen, ſo ſtehe ich keinen Augenblick an, ſondern halte mich bereit, Ew. Exc. auf Beſcheid binnen einer Stunde begleiten zu koͤn⸗ nen. Da ſprach er, ich moͤchte doch mit Lord Hyde dar⸗ uͤber reden, und fragte, ob ich vielleicht dagegen etwas einzuwenden hätte? Ich antwortete: nicht das Mindeſte. Ich haͤtte tiefe Achtung fuͤr Lord Hyde und wuͤrde ihm, wenn er es mir erlaubte, aufwarten. Er ſagte, er wolle mit Lord Hyde ſprechen, und mir Nachricht geben. Montags darauf erhielt ich einen Brief von Lord Howe. Um ihn beſſer zu verſtehen, muß man bedenken, daß unterdeſſen Barclay Gelegenheit hatte, dieſem Herrn meine, uͤber den Plan gemachten, Bemerkungen zu zei⸗ gen, worauf man wohl ſich, hinſichtlich meiner Mitwir⸗ kung in dieſer Sache, anders en haben mochte. Dieß war der Brief: £ % 2 — 447 Graftonſtraße, . 20. Febr. 1778. Da ich bis dieſen Morgen keine ſchickliche Gelegen⸗ heit gefunden habe, mit Lord Hyde über die bewußte Sache zu ſprechen, ſo gebe ich Ihnen, mein wuͤrdiger Freund, hiermit die baldigſte Nachricht von des Lords Meinung über meinen Vorſchlag. Perſoͤnlich, ſagt er, hätte er nichts einzuwenden, er ſpraͤche ſtets gern mit kenntnißreichen Maͤnnern, wuͤrde ſich folglich auch freuen, Sie zu ſehen; nur fuͤrchtete er, daß Ihre und ſeine, oder vielmehr des Parlaments An⸗ ſichten von dem gegenwärtigen Americaniſchen Streithandel noch allzuweit auseinander waͤren, dergeſtalt, daß eine Zu⸗ ſammenkunft, um ſie zu erörtern, wohl für Sie unnuͤtze Muͤhe ſeyn möchte, Sollten Sie hieruͤber anders denken, oder ſollten guͤnſtige Umſtaͤnde dieſe Anſichten einander nähern, fo wuͤrde er ſich freuen, was ein betrauter Mann für die Eintracht thun koͤnnte, den Mächtigen zu wiſſen zu thun. Und das getraue ich mich, ſo weit ich die Welt⸗ und Menſchen Anſichten des Lords kenne, zu behaupten, daß bei einer Ueberlieferung diefer Art nichts zu beſorgen wär. 1 Mit aufeichtiger Hochachtung Ihr ergebenſter Howe An Dr. Franklin. Da ich mich Lord Hyde nicht aufdringen wochte, ob⸗ wohl es mich doch ein wenig verdroß, daß er mich nicht ſprechen wollte, ſo hielt ich fuͤr's Beßte, eine anſtaͤndige Gleichguͤltigkeit darüber zu beobachten, welches ich mit folgender Antwort verſuchte: 44838 e Cravenſtraße den 20. Febr. 1775. ur. Da ich hinſichtlich der Americaniſchen Angelegenheiten zu dem, was Lord Hyde bereits aus den herumgegange⸗ nen Schriften weiß, nichts hinzuzufügen habe, ſo ſcheint die Achtung zu fordern, daß ich Sr. Exe. mit keinen Beſuch behellige; maaßen ja doch eine Eroͤrterung der in jenen Schriften enthaltenen Anſichten, ſeiner Meinung nach, vermuthlich keinen guten Erfolg haͤtte. Doch dan⸗ ke ich Sr. Exc. für die Erlaubniß, ihm aufzuwarten, und werde davon, ſo bald etwas vorfaͤllt, was eine Unter⸗ redung dieſer Art nuͤtzlich machen koͤnnte, Gebrauch machen. Mit aufrichtiger Hochachtung ꝛc. f 8 d . 5 B. Fr. An demſelben Tage fruͤh verbreitete man ſchnell und geſliſſentlich in der ganzen Stadt das Geruͤcht, Lord North würde heute im Unterhauſe einen Vortrag machen, wodurch alle Zwiſte zwiſchen England und Amerita ge: heilt wuͤrden. Das Haus war mithin ſehr voll, und alle Mitglieder waren geſpannt. Die Bedford'ſche Parthei, welche gegen America feindlich geſinnt war und ſtrenge Maaßregeln angerathen hatte, war beſtuͤrzt und zog ges gen die Zaghaftigkeit des Miniſters und ſeine ſchwankende Staatskunſt los, ja fie zählte fogar die Stimmen, ob ſie nicht mit Verneinung ſeines Vortrags ihn aus dem Sattel heben und ganz von der Verwaltung entfernen koͤnnte. Seine Freunde waren daruͤber betreten, und es gab ein gewaltiges Raͤnkeſpinnen und Fluͤſtern. Endlich ward der verſprochene Vortrag gemacht; ob der urſpruͤng⸗ liche, daran zweifle ich ſehr. Nach der unvollendeten Ab⸗ faſſung, der Unangemeffenbeit zu dem vorläufig angeſtreb— ten Zwecke und einigen andern Umſtaͤnden zu urtheilen, vermuthe ich, daß er urſpruͤnglich mehr von der Barclapi⸗ 22 ne, ſchen Anſicht enthalten, aber kurz zuvor, ehe er gehalten ward, auf Warnung abgekuͤrzt worden ſeyn mochte. Mein alter Vorſchlag, die Steuerverordnungen in den Nieder⸗ laſſungen aufzugeben, war zum Theil mit darin, und Viele, die von jener Unterhandlung nichts wußten, ſag⸗ ten, das wäre das Beßte im Vortrag. Dieß war er: Lord North's Vortrag am 20. Febr. 1775. Dieſer Ausſchuß meint, wenn der Statthalter, die Berathungsbehoͤrde oder Tagſatzung, oder ein allgemeiner Gerichtstag in Sr. Majeſtaͤt Niederlaſſungen, oder Lands ſchaften vorſchluͤge, daß ſie nach Verhaͤltniß ihrer Um⸗ ſtaͤnde und Lage ihr Theil zur gemeinſamen Vertheidi⸗ gung beitruͤgen, dieß Theil unter Machtvollkommen heit des allgemeinen Gerichtstags, oder der allgemeinen Tag⸗ ſatzung einer ſolchen Landſchaft, oder Niederlaſſung erhüs ben und vom Parlament daruͤber verfügen ließen, auch ſich anheiſchig machten, fuͤr die Unterhaltung der buͤrger— lichen Regierung und Rechtspflege in ſothaner Niederlaf- ſung, oder Landſchaft zu ſorgen, ſo wuͤrde ſich, wenn ein ſolcher Vorſchlag von Sr. Maj. im Parlament gebilligt, und fo lange mithin dergleichen zu beſorgen ſtaͤnde, ges ziemen, aus Achtung gegen eine ſolche Landſchaft, oder Niederlaſſung, alle Gefaͤlle, Steuern, oder Auflagen fal— len zu laſſen, auch keine fernerhin zu fordern, ausgenom⸗ men die zur Handelsverfaſſung noͤthigen; der reine Be⸗ trag der letzterwaͤhnten Gefälle müßte einer ſolchen Land⸗ ſchaft, Niederlaſſung, oder Pflanzung ausſchließlich in Rechnung gebracht werden.“ Nach ziemlich wildem Wortwechſel, worin, dieſer Vor— trag mit mancherlei unhaltbaren Gruͤnden von der Mi⸗ niſterialpartei unterftügt, von Manchen darunter, die Franklin's Leben. II. Abth. Ff | 450 vermuthlich wegen der oben vermutheten plöglihen Abaͤn⸗ derungen, Mangel an Uebereinſtimmung verriethen, ange⸗ fochten ward, ward, wie gewoͤhnlich am Ende beliebt, daruͤber nach Mehrheit abzuſtimmen. Da ich die ganze folgende Woche nichts von Barclay und Fothergill hoͤrte (außer daß Lord Hyde, nachdem er vernommen, wie ich mich zur Theezahlung anheiſchig gemacht, geſagt, das gaͤbe ihm neues Leben) noch von Lord Howe, ſo erwaͤhnte ich gelegentlich dieſes Schweigens gegen ſeine Schweſter und bemerkte, er moͤchte wohl gefunden haben, daß ſein mir gemachter Antrag nicht ſo leicht ausfuͤhrbar waͤre; in dieſem Falle moͤchte ſie ihn doch erſuchen, mich es nur mit einer Zeile wiſſen zu laſſen, damit ich meine Maaßregeln darnach nehmen koͤnnte. Sie that es, ſobald er vom Lande herein kam, wo er ſich einige Tage aufge⸗ halten hatte, und ich erhielt folgende Zeilen von ihr. „Mrs. Howe gruͤßt D. Franklin. Da Lord Howe die von ihr erhaltene Bothſchaft nicht ganz ver⸗ ſteht, ſo wird er mit Vergnuͤgen Sie entweder heute früh zwiſchen eilf und zwölf — der einzigen Stunde, die er heute frei hat! — in ihrem Hauſe ſehen, oder mor⸗ gen zu jeder Ihnen beliebigen Stunde. Graftonſtraße, Donnerſtag.“ Ich gieng um die beſtimmte Stunde zum Lord. Er ſagte, er haͤtte mich neulich nicht geſprochen, weil er taͤg⸗ lich etwas Wichtigeres, als bis dahin, zu erfahren ges hofft, auch erwartet hätte, daß ich bei Lord Hyde vor⸗ ſpraͤche, wie ich auf nuͤtzlichen Fall verſprochen hätte; er bedauerte, daß ich es nicht gethan. In dem Mrs. Howe mündlich von mir gegebenem Auftrage ſey etwas, was fie vielleicht nicht ganz begriffen; naͤmlich der Wink, daß ich * 451 andere Maaßregeln zu nehmen gefonnen ſey. Ich ant⸗ wortete, da ich ſeit unſerer letzten Unterredung die Todes⸗ nachricht meiner Frau erhalten, welcher ich meine Angele⸗ genheiten in Philadelphia “übertragen hätte, fo wäre es noͤthig geworden, ſobald es ſich thun ließe, dahin zuruͤck⸗ zukehren; ſollte der mir gemachte Antrag, Se. Excellenz nach America zu begleiten, etwa noch in Erfüllung ge⸗ hen, ſo muͤßte ich meine Reiſe aufſchieben; außerdem gienge ich mit dem erſten Schiffe ab. — Weil ich nichts von ihm gehoͤrt, und nach Lord North's Vortrag zu urtheilen, haͤtte ich geglaubt, man habe daran gar nicht wieder gedacht, und nur dieß haͤtte ich von ihm wiſſen wollen. Er ſagte, meine letzten, durch Hrn. Barclay mitgetheilten Bemerkungen, worin ich Boſtons Ent⸗ ſchaͤdigung wegen Sperre ſeines Havens zur Bedingung einer von mir zu uͤbernehmenden Theezahlung gemacht (eine Bedingung, die man unmoͤglich eingehen koͤnne) haͤtte weiter auf die Sache einzugehen abgeſchreckt. Da ich eine Abſchrift der Bemerkungen bei mir hatte, ſo zeigte ich Sr. Excellenz, daß ich weder dieſe, noch eine andere Bedingung gemacht, als den Widerruf aller Maſ⸗ ſachuſettsacten. Was nachher von der Entſchaͤdigung ge⸗ ſagt wäre, wäre bloß meine Privatanſicht, daß es wohl Recht waͤre; keineswegs aber haͤtte ich darauf beſtanden. Er ſagte, noch waͤre nichts uͤber die Einrichtungen be— ſtimmt; wie ich mich jetzt erklaͤrte, waͤre ich offenbar ſehr mißverſtanden worden, und er wuͤnſchte vor allen Din- gen, daß ich Lord Hyde ſpraͤche, und fragte, ob ich ihn lieber hier, bei Mrs. Howe, ſprechen wollte, oder ob er mich beſuchen ſollte. Ich ſagte, ich wollte Lord Hyde nicht bemühen. Da er (Lord Home) glaubte, es koͤnne von Nutzen ſeyn, und es bald wuͤnſchte, ſo wollte ich Lord Hyde suramuns ih wüßte, daß er früh aufſtaͤnde und Ff 2 452 —— wollte morgen fruͤh um 8 Uhr bei ihm ſeyn. Lord Howe uͤbernahm es, mich zu melden. Aber ich ſetzte hinzu, ſo viel ich nach den Umſtaͤnden von der Stimmung des Mi⸗ niſteriums urtheilen koͤnnte, fuͤrchtete ich, mein Beſuch moͤchte wohl nicht viel frommen. Er dachte anders; ich unterwarf mich alfo: f a Tags darauf, am 1. Maͤrz, gieng ich fruͤh zu Lord Hyde, der mich mit gewohnter Hoͤflichkeit empfing. Wir durchſprachen großentheils den Streithandel. Er war mit allen Zeitungs und Flugſchriftanſichten, mit den Koſten unſerer Anſiedelung, dem geleiſteten Schutz, der ſchweren Schuldenlaſt, unter welcher England ſeufzte, der Billig— Feit, daß auch wir zur Erleichterung derſelben beiſteuerten, ſehr freigebig; es waͤren gar Viele in England, die eben ſo wenig Vertreter haͤtten, als wir, und doch vom Pate lament beeſteuert und regiert wuͤrden ꝛc. Ich beantwortete Alles, aber mit wenig Erfolg; denn obwohl Se. Excel- lenz hoͤflich anhoͤrte, was ich ſagte, hatte ich doch Grund zu glauben, daß er auf den Gehalt deſſelben wenig ach⸗ tete, und unterdeſſen auf das ſann, was er zunaͤchſt mir erwiedern wollte. Er haͤtte, ſagte er, gehofft, Lord North's Vortrag waͤre befriedigend ausgefallen; was man denn dagegen einwenden koͤnnte? Ich erwiederte, die Bes dingungen lauteten, daß wir Geld verwilligen muͤßten, bis das Parlament beliebte, daß wir genug gegeben hät: ten, ohne daß wir auch nur im mindeſten über die Schid: lichkeit der Maaßregel, wozu es verwilligt, oder ob wir es im Stande zu leiſten wären, ein Urtheil haben dürfe ten; dazu ſollten dieſe Verwilligungen unter Androhung eines auszuuͤbenden Rechts, uns nach Belieben zu bes ſteuern, und dergleichen Steuern mit Waffengewalt ein⸗ zutreiben, geſchehen, wofern wir nicht gaͤben, bis es genug | „„ — erachtet würde; der Vorſchlag gliche keinem bisherigen, den man noch, um Huͤlfe zu erlangen, gethan, außer etwa dem eines Straßenraͤubers, der an einem Kutſchenfenſter Hut und Piſtol zeigt, und keine beſtimmte Summe for⸗ dert; wenn man ihm aber all' ſein Geld, oder ſoviel er fuͤr hinlaͤnglich haͤlt, gegeben, hoͤflichſt einem nicht ſelbſt in die Taſchen greift. Thut man dieß aber nicht — da iſt ſein Piſtol. Die Art, Feindes Land zu brandſchatzen, waͤre doch weit beſſer; denn da wuͤrde eine beſtimmte Summe verlangt und die Leute, die das Geld erhuͤben, wüßten, was fie ſollten und wenn es gethan ſeyn muͤſſe — kurz, kein freies Volk koͤnnte ſich je einfallen laſſen, auf ſolche Bedingungen etwas zu verwilligen. Dazu wäre . nun noch ein neuer Streit dadurch erhoben worden, daß das Parlament ſich eine Macht anmaaßte, unſere Gnaden⸗ briefe (Charters) und beſtehenden Geſetze zu ändern, was uns noch weit wichtiger, als ſeine Beſteuerung waͤre, weil es uns ganz dem Ungefähr preis gäbe, und uns ohne jede Freiheit, worauf zu fußen, ließ, als feine Willkuͤhr. In dieſer Lage koͤnnten wir uns unmoͤglich fuͤgen und, da Lord Norths Vortrag darauf nicht Bezug hätte, fo wuͤrden wir, wenn der andere annehmbar geweſen waͤre, immer noch gar weit von einer Verſoͤhnung ſeyn. Se. Excellenz meinten, ich mißverſtaͤnde den Vorſchlag; ich nahm ihn alſo zur Hand und las ihn vor. Da ließ er nun dieſen Punct fallen und ſagte, es ſollte ihn freuen zu hoͤren, wie ich eine Verſoͤhnung zu bewirken hoffte. Ich ſagte, Se. Excellenz haͤtten, glaubte ich, mehrere dieß⸗ faͤlige Vorſchlaͤge von mir geſehen. Wohl, fagte er; aber manche meiner Artikel wären durchaus unannehms bar. Man glaubte, ich haͤtte wohl Vollmacht und Wei⸗ ſungen, annehmbarere Vorſchlaͤge zu thun, waͤre aber aus⸗ nehmend zaͤh, vielleicht, was er nicht tadeln wollte, um t I) “ 454 | e | meinen Schuͤtzlingen mehr zu nügen; aber meine Erwartun⸗ gen koͤnnten mich doch taͤuſchen, und er glaubte, ich dürfte ganz gewiß auf beſſere, als die von Lord North gemach⸗ ten Bedingungen nicht rechnen Die Verwaltung wuͤnſchte aufrichtig, die Eintracht herzuſtellen, und man rechnete darauf, daß, wenn ich mitwirkte, dieß auch leicht waͤre. Er hoffte, ich hegte keinen Groll gegen ſie wegen des Vorgefallenen, was Niemand billigte, und wofuͤr man mir Genugthuung geben möchte; er hoͤrte, daß ich unter den Americanern in großer Achtung ſtaͤnde; wenn ich eine Verſoͤhnung auf eine, der Wuͤrde der Regierung ange⸗ meſſene Weiſe zu Stande bringen wollte, ſo wuͤrde ich hier eben ſo allgemein geachtet und vielleicht uͤber meine Erwartung geehrt und belohnt werden. Hierauf erwiederte ich, ich glaubte einen uͤberzeugenden Beweis meines Wunſches, den Frieden zu fördern, dadurch gege⸗ ben zu haben, daß, als ich gehoͤrt, daß nur die Thee⸗ zahlung zur Ehre der Regierung fehle, ich, ohne alle Wei— fung, dieß zu thun, ohne alle Sicherheit, über Ruͤckzah— lung, oder Billigung anderes Verfahrens mich zu dieſer Zablung erboten, wenn die Maſſachuſettsgcten widerrufen wuͤrden; ein Anerbieten, wobei ich mein ganzes Vermoͤ— gen haͤtte auf's Spiel ſetzen muͤſſen, und was außer mir wohl Wenige gethan haben moͤchten. Privatgroll haͤtte in der That in oͤffentlichen Angelegenheiten bei mir kein Gewicht; ich waͤre der zaͤhe Mann gar nicht, wie man glaubte; hätte wirklich keine geheimen Verhaltungsbefehle. Ich wuͤrde ganz ficher ı gern Alles thun, was man ver— nuͤnftigerweiſe von mir erwarten koͤnnte. Wenn man aber glaubte, ich koͤnnte meine Landsleute beſtimmen, Schwarz fuͤr Weiß und Unrecht fuͤr Recht zu nehmen ſo kennte man weder ſie, noch mich; ſie ließen ſich nicht ſo hintergehen und ich wäre dieß nicht im Stande zu ver⸗ ſuchen. Dann fragte er mich, was ich zu einem Bevoll- maͤchtigten ſagte, mit dem oben erwaͤhnten Zwecke. Ich antwortete daſſelbe. Im Vorbeigehen, daß mir Lord Howe mit Lord Hyde hieruͤber zu ſprechen rieth, mochte wohl dieſes Hauptbetrieb im Ganzen ſeyn. Der Lord ſelbſt ſprach ſich hieruͤber nicht aus. Und ſo war denn dieß Geſpraͤch abgethan. f / ER. 455 Drei bis vier Tage darauf erhielt ich folgende Zeilen von Mrs. Howe: | „Mrs. Howe gruͤßt D. Fr. Lord Howe bittet ſich das Vergnügen aus, ihn noch einmal, ehe er abgeht, bei ihn zu treffen; er iſt jetzt nicht in der Stadt, kommt aber Montag wieder und wird von da an jeden Tag, oder Stunde die der Doctor beſtimmen wird, ihn mit Freuden erwarten. Graftonſtraße, Sonnabend 4. Marz.“ Ich antwortete, ich wuͤrde mir die Ehre geben, Lord Howe in ihrem Haufe folgenden Dienſtag um 11 Uhr aufzuwarten. Wir ſprachen uns alſo. Er ſagte Anfangs, ich waͤre ein beſſerer Prophet, als er, indem ich voraus geſehen, daß meine Unterredung mit Lord Hyde nicht viel frommen wuͤrde. Dann ſagte er, er hoffte, ich wuͤrde ihm vergeben, daß er mir dieſe Muͤhe gemacht, weil ſeine Meinung fuͤr mich und das Ganze gut geweſen waͤre; er bedauerte, daß jetzt keine Ausſicht waͤre, die Sache in das erwuͤnſchte Geleiſe zu bringen, ſie muͤßte aber doch eine guͤnſtigere Wendung nehmen; und, da er hörte, daß ich bald nach America gienge, fo hoffte er, wenn er viel⸗ leicht noch in dieſer wichtigen Angelegenheit dahin geſen⸗ det werden ſollte, auf meinen Beiſtand. Ich verſicherte ihm meine Bereitwilligkeit an ſo gutem Werke mit ihm zu arbeiten; damit nahm ich meinen Abſchied, und feine guten Wünſche, und meine Unterhandlung mit ihm war zu Ende. Auch von der mit Barclay und Fother⸗ gill hoͤrte ich nichts weiter. Nur dieß konnte ich aus einigen Winken in ihrem Geſpraͤch abnehmen, daß keiner von Beiden mit dem Benehmen der Miniſter in dieſen Verhandlungen zufrieden war. Und einige Tage vor mei⸗ ner Abreiſe von London ſprach ich ſie, wie ſie gewuͤnſcht hatten, beim Doctor, wo ſie mich erſuchten, ihre Freunde ihrer Seits zu verſichern, es ſey ihnen jetzt ausgemachte Sache, daß nichts America's Freiheit ſichern koͤnne, als ein feſtes, nuͤchternes Beharren bei den in der Zuſam— N gemachten Genoffenfchafts Bedingungen, und AN 456 e daß die Engliſche Freiheit jetzt auf der Ausdauer und Tu⸗ gend America's beruhe. Die ganze Zeit uͤber hatte ich viel mit Freunden zu thun, die mich beſuchten und Nachrichten aus America haben wollten; mit Mitgliedern beider Häuſer, die mir meldeten, was darin vorgefallen, mit mir uͤber die Er⸗ oͤrterungen, wie uͤber die gemachten, oder zu machenden Vortraͤge ſprachen; mit Londoner und anderen Kaufleu⸗ ten aus Manufactur⸗ und Seeſtaͤdten wegen ihrer Ge⸗ ſuche; mit Quaͤkern wegen der iheigen ꝛc. fo daß ich nicht Alles und Jedes aufzeichnen konnte. Daher iſt dieſe Erzaͤhlung zumeiſt aus der Erinnerung und mag unſtrei⸗ tig Manches, wegen Gedaͤchtnißſchwaͤche, fehlen; was aber da iſt, glaube ich, ziemlich genau, außer daß, weil ich um dieſelbe Zeit mit ſo viel verſchiedenen Perſonen uͤber denſelben Gegenſtand geſprochen, ich Manches als von oder zu einer Perſon geſagt angegeben haben mag, was vielleicht im Geſpraͤch mit einer andern vorkam. Kurz ehe ich London verließ, war ich noch im Oberhauſe, wo Lord Camden in einer Erörterung ſprechen ſollte, der auch in der That bewundernswuͤrdig über die Ameris caniſchen Angelegenheiten ſprach; aber von Seiten der Miniſter aͤrgerten mich manche gemeine Bemerkungen über Americaniſchen Muth, Religion, Verſtand ꝛc. wo wir mit der ſchnoͤdeſten Verachtung als die niedrigſten Men⸗ ſchen, faſt als eine von der Engliſchen in Britannien verſchiedene Art behandelt wurden; beſonders wurde die Americaniſche Ehrlichkeit von einigen Lords geſchmaͤht und behauptet, wir waͤren alle Schurken und wollten bloß mittelſt dieſes Streites uns der Zahlung unſerer Schul⸗ den entziehen; haͤtten wir nur einiges Gefuͤhl fuͤr Recht und Billigkeit, ſo muͤßten wir die Theezahlung anbie⸗ ten ꝛc. Ich gieng etwas aufgebracht und erhitzt nach Hauſe; und entwarf, zum Theil des Wiedervergelts im Betreff der Billigkeit wegen, eine Denkſchrift, die Lord Dartmouth vor meiner Abreife eingehaͤndigt wer: den ſollte; als ich aber meinen Freund Herrn Thom. Walpole, Mitglied des Unterhauſes, daruͤber zu Rathe zog, ſah er abwechſelnd bald mich, bald die Denkſchrift an, als ob er beſorgte, ich waͤre ein wenig von Sinnen. Da ich mit Einpacken beſchaͤftigt war, erſuchte ich ihn, er moͤchte ſie ſeinem Nachbar, Lord Camden, zeigen und dieſen um ſeine Meinung befragen, welches er auch ſo artig war zu thun. Er ſtellte ſie mir mit einem Briefe zu, der nebſt der Denkſchrift hier folgt: Dem hochehrſamen Carl von Dartmouth, einem der vorzuͤglichſten Staatsgeheim⸗ ſchreiber Sr. Maj. i Denkſchrift Benjamin Franklins, Geſchaͤftstraͤgers der Landſchaft Maſſachuſetts⸗Bay. f b Sintemal ein zugefuͤgtes Unrecht nur dem, welchem es widerfuhr, ein Recht auf volle Verguͤtung, oder, falls dieß verweigert würde, ein Recht auf gleichen Wiederver⸗ 1 gelt geben kann; und ſintemal die nun neun Monat fort⸗ geſetzte Sperre von Boſton allwoͤchentlich, ſo lange ſie dauert, dieſer Stadt ſo viel Schaden gethan, als die Indiſche Genoſſam daſelbſt erlitten: ſo folgt, daß dieſer übermäßige Schade ein von dieſer Regierung begans genes Unrecht iſt, welches verguͤtet werden muͤßte. Und ſintemal Verguͤtung des Unrechts, nach dem Brauch Aller, ſowohl wilder, als gebildeter Voͤlker, zufoͤrderſt ſtets ge⸗ fordert werden ſollte, ehe durch Wiedervergelt an die An greifenden Genugthuung genommen wird; was Großbris tannien in oberwaͤhntem Falle nicht gethan; ſo thue hier— mit ich Endesunterſchriebener, zum Beßten meines Lan— des und beſagter Stadt Boſton, als derſelben Geſchaͤfts⸗ traͤger, gegen Fortſetzung beſagter Sperre, Einſpruch und fordere hiermit feierlich Genugthuung fuͤr das, ihnen uͤber den Werth des, der Indiſchen Handelsgeſellſchaft vernich— teten Thees, mithin über Maaß und Gebühr zugefuͤgte Unrecht. Und ſintemal die Eroberung des St. Lauren⸗ tius⸗Meerbuſens, der Kuͤſten von Labrador und Neu: Schottland, und der den Franzoſen daſelbſt und an den Ufern von Neufoundland zugefallenen Fiſche⸗ t 458 5 N 8 N reien, ſofern ſie ſich weiter, als jetzt, erſtreckten, mit vereinter Macht Britanniens und der Niederlaſſun⸗ gen gemacht worden, maßen letztere faft eben fo viel Leute, als erſteres, im Dienſt hatten; ſo folgt, daß die Niederlaſſungen nach Recht und Billigkeit ebenfalls die aus dieſen Fiſchereien erwachſenden Vortheile mit genie— ßen muͤſſen. Demnach thue ich zum Beßten der Pflan⸗ zung Maſſachuſetts Bay Einſpruch gegen die, gegen waͤr⸗ tig im Parlament in Erwägung gezogene Acte, dieſe und andere Landſchaften, unter dem Vorwand, daß ſie ſich, Engliſche Waaren zu kaufen weigern, jener Fiſcherei zu berauben, als gegen eine hoͤchſt ungerechte und unbillige Acte; und thue hiermit zu wiſſen, daß wahrſcheinlich der⸗ einſt für all' das, bei Vollſtreckung ſothaner Acte zuges fügte und erlittene Unbill Genugthuung gefordert werden wird; auch, daß dieß ungerechte Verfahren in allen Pflanzungen einen ſolchen Argwohn bewirken, daß in keinem kuͤnftigen Kriege, wodurch man anderweitige Eroberungen zu machen gedenkt, nicht eher ein Mann, oder ein Schilling von ihnen als Hülfe zu derlei Erobe⸗ rungen herauszubekommen ſeyn wird, bis vorbeſagte Ge⸗ nugthuung vollſtaͤndig geleiſtet iſt. Geben zu London, heute am 16. Maͤrz 1775. B. Franklin. An D. Franklin. Werther Herr! Ich ſende Ihnen die Denkſchrift zuruͤck, welche doch gefaͤhrliche Folgen fuͤr Ihre Perſon haben und zur Erbit⸗ terung Anlaß geben duͤrfte. Herzlich wuͤnſche ich Ihnen gluͤckliche Reiſe, lange Geſundheit und bin mit aufrichtigſter Hochachtung Ihr treueſter, gehorſamſter | Thom. Walpole.“ Lincoln's Innfields, 16. Maͤrz 1775. 459 a Tags darauf wollte mich Walpole beſuchen, und als er hoͤrte, daß ich nach dem Oberhauſe gegangen, kam er dort zu mir und ſprach weiter uͤber das, was er mir geſchrieben. Er ſetzte hinzu, da man glauben koͤnnte, daß ich einen ſolchen Einſpruch zu thun nicht Weiſung haͤtte, ſo würde er um fo weniger zu rechtfertigen ſeyn und für. eine Beſchimpfung des Volks gelten. Ich hatte nicht Luſt, die Sache zu verſchlimmern und, da ich ohnedieß kaͤlter geworden war, nahm ich den mir ſo freundlich ge⸗ gebenen Rath an. Den Abend zuvor, ehe ich London verließ, erhielt ich ein Briefchen von D. Fothergill, nebſt einigen Briefen an feine Freunde in Philadelphia. Er erſucht mich, zu dieſen und noch zwei bis drei andern zu gehen und ihnen zu fagen, welche auch noch fo ſcheinbare Vor⸗ waͤnde man brauchen moͤchte, Alles waͤre hohl; es gaͤlte Alles nur, mehr Raum zu gewinnen, eine Heerde nichts⸗ wuͤrdiger Schmarotzer zu maͤſten. Vielleicht wäre es auch gut, ihnen von David Barclay's und unſern verein⸗ ten Bemuͤhungen, wie deren Erfolg Nachricht zu erthei⸗ len. Dieß wuͤrde die Wuͤrdigſten, wenn nicht uͤberzeu⸗ gen, doch mindeſtens ſchlagend treffen, daß nichts Guͤn⸗ ſtiges beabſichtiget wird, wo ſchon unguͤnſtigere Artikel nicht ausgemittelt werden koͤnnen.“ Der Doctor hatte vermoͤge feiner taͤglichen Beſuche bei den Großen in Ges ſchaͤftsangelegenheiten hinlaͤnglich Gelegenheit, ihre Ge— ſinnungen kennen zu lernen, indem das Geſpraͤch immer auf America kam. Soweit Franklin! Er ſchrieb obige Erzaͤhlung un⸗ terwegs nach America; aber er ſtellte auch mittelſt des Thermometers Verſuche und Beobachtungen an, den Lauf des Meerbuſenſtroms genau zu beſtimmen, wonach ſich kuͤnftig die Seeleute richten koͤnnten. Sie befinden ſich in ſeinen philoſophiſchen Schriften. Hier nur Folgendes im Allgemeinen: ö A „Wenn Schifffahrt, die einem Lande mangelnden Vorraͤthe herbeiſchafft und ſomit der Hungersnoth wehrt, 6 welche vor Erfindung dieſer Kunſt häufiger und verheeren⸗ der war, ſo iſt ſie unſtreitig ein Seegen fuͤr die Menſch⸗ heit. Dient fie bloß, Ueberfluß herbeizuführen, fo fragt ſich es, ob der Vortheil das ungluͤckliche Wagniß ſo Vieler Leben an das Weltmeer aufwiegt. Dient ſie aber vollends, Kaufleute auszupluͤndern und Sclaven weg⸗ zuführen, fo iſt fie offenbar ein Mittel, das menſch⸗ liche Elend zu mehren. Es ſetzt in Erſtaunen, wenn man bedenkt, wie viel Schiffe und Menſchenleben daran geſetzt werden, aus China Thee, aus Arabien Kaffee, aus Ame⸗ rica Zucker und Tabak zu hohlen, ohne welches Alles un ſere Vorfahren ſich recht wohl befanden. Zucker braucht beinghe tauſend Schiffe, Tabak faſt eben ſo viel. Ueber den Nutzen des Tabaks laͤßt ſich wenig ſagen; was den Zucker anlangt, wie viel empfehlungswerther waͤre es, wenn wir auf die ein oder zweimal taͤglich genoſſenen Minuten, wo wir Thee mit Zucker trinken, verzichteten, als die bei ſeiner Erzeugung ausgeuͤbten Grauſamkeiten unterſtuͤtzten. Ein vorzuͤglicher Franzoͤſiſcher Sittenlehrer ſagt, wenn er an die Kriege dachte, die wir, um Scla⸗ ven zu bekommen, in Afrika erregen, an die darin noth⸗ wendig Erſchlagenen, die vielen an Krankheit, ſchlechter Nahrung, ſchlechter Luft ꝛc. zur See ſterbenden Gefange⸗ nen, und wie viele noch nachher im Druck der Knecht⸗ ſchaft ſtarben, ſo koͤnnte er kein Stuͤck Zucker anſehen, ohne es mit Menſchenblut befleckt zu denken. Hätte er dazu noch die Kriege geſetzt, die wir fuͤhren, die Zuckerin⸗ ſeln zu nehmen und einander wieder abzunehmen, die Flotten und Heere, die dabei zu Grunde gehen, er haͤtte ſeinen Zucker nicht bloß befleckt, ſondern durchaus auf dem Korn ſcharlachroth geſehen. Dieſe Kriege machen, daß die Europaͤiſchen Seemaͤchte, die Londoner und Pari⸗ ſer, den Zucker theurer bezahlen, als die tauſend Meilen von der See entfernten Wiener; denn ihr Zucker koſtet nicht bloß das, was ſie dafuͤr nach dem Pfunde, ſondern Alles was ſie an Auflagen zahlen, um die Flotten und Heere, die dafuͤr fechten, zu erhalten. 1 * 4 5 14 DAY USE RETURN TO DESK FROM WHICH BORROWED LOAN DEPT. This book is due on the last date stamped below, or on the date to which renewed. Renewed books are subject to immediate recall. 0/15 968 5 2 General Library LD 21A-60m · 7, 66 5 N N (G4427810)476B University eee E * 1 y ri re 2 da 1 2 1 N * e J enn . N e, 1 A Me EN a Fi * \ LIBRARY THE UNIVERSITY OF CALIFORN 7 Er . “ “ . - — = — nr — — u 1 5 x 5 ‘ 8 D g in B Ei 6a N = 5 7 B N — * 5 “ D \ B J . 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